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Full text of "Palaeontographica"

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HARVARD UNIVERSITY. 


LIBRARY 


OF THE 


MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. 


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PALAEBONTOGRAPHICA. 


BEIFRAEGE 


ZUR 


BER EESCHIEL TE DER VORZELE 


Herausgegeben 


von 


KAREL AIYSZEREEL, 


Professor in München. 


Unter Mitwirkung von 


W. von Branco, Freih. von Fritsch, A. von Koenen, A. Rothpletz una W. Waagen 


als Vertretern der Deutschen Geologischen Gesellschaft. 


Sechsundvierzigster Band. 


Mit 27 Tafeln und zahlreichen Figuren im Text. 


Stuttgart. 
E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (E. Naegele). 
1899. 1900. 


En he kit. 


Erste und zweite Lieferung. 


März 1899. 


Kiär, Joh., Die Korallenfaunen der Etage 5 des norwegischen Silursystems. (Mit Taf. I-VIL) 


Dritte Lieferung. 
Juli 1899, 
Broili, Ferd., Ein Beitrag zur Kenntniss von Eryops megacephalus [Cope]. (Mit Taf. VII—NX). 


Stiekler, Ludw., Über den mieroscopischen Bau der Faltenzähne von Eryops megacephalus 
Cope. (Mit Taf. XI u. XIL). 


Vierte Lieferung. 
October 1399. 


Schlosser, Max, Über die Bären und bärenähnlichen Formen des europäischen Tertiärs. 
(Mit Taf. XII u. XIV.) . 


Fünfte und sechste Lieferung. 


Juni 1900, 


Brown, Campbell, Über das Genus Hybodus und seine systematische Stellung. 
(Mit Taf. XV u. XVL) Be INNERE 
Böse, Emil, und Max Schlosser, Über die mittelliasische Brachiopodenfauna von Südtyrol. 
GSnsspel N LEOD ERBEN H) Vesr u ERNE ER Ee Etate ae 
Loomis, Fred. B., Die Anatomie und die Verwandtschaft der Ganoid- und Knochen-Fische 
aus der Kreide-Formation von Kansas. U. S. A. (Mit Taf. XIX—XXVIL) . 


Seite 
1—60 


61— 54 


s5—94 


95—148 


149 —174 


175—212 


215— 284 


APR 28 1899 


Die Korallenfaunen 


der Etage 5 des norwegischen Silursystems 


Johan Kiär. 


Mit Tafel I— Vl. 


Vorwort. 


Die erste Durcharbeitung der Korallen in der Etage 5 des norwegischen Silursystems wurde 
in München in den Jahren 1594—96 unter der Leitung des Herrn Geheimraths von ZITTEL vor- 
genommen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem verehrten Lehrer den aufrichtigsten Dank 
für seine freundliche Unterstützung auszusprechen. 

Ein Theil des in dieser Monographie behandelten Materials wurde mir von Herrn Münzwardein 
Ta. Monster und Herrn Prof. Dr. W. Ü. BröGsER in zuvorkommendster Weise überlassen. Von Herrn 
Prof. Dr. W. ©. Brösser, welcher mir diese Arbeit vorgeschlagen und sie mit Interesse verfolgt hat, 
wurde mir überdies die ganze, reiche Korallensammlung des Universitäts-Museums in Kristiania zur 
uneingeschränkten Benützung anvertraut. Das meiste Material habe ich dann selbst im Sommer 1894 
an Ort und Stelle aufgesammelt. Während meines Studienaufenthaltes in München erfreute ich mich 
der wohlwollenden Unterstützung des Herrn Prof. Dr. R. Herrwıs und des Herrn Dr. Horer, die es mir 
ermöglichten, auch den Bau der recenten Korallen zu studiren, sodann des Herrn Dr. ScHhÄrer und 
des Herrn Prof. Dr. Löwıssox-Lessisg in Dorpat, dem ich die Benützung der Originale zu DyBowskr’s 
Korallenarbeit zum Vergleich mit den norwegischen Formen verdanke. Allen diesen Herren spreche 
ich hiermit meinen verbindlichsten Dank aus. 

Die Korallenarbeit wurde 1896 vorläufig abgeschlossen; da aber meine damaligen Kenntnisse 
der palaeozoischen Korallen nicht genügten, um eine selbstständige Meinung in vielen einschlägigen 
Fragen, namentlich in der Beurtheilung der Heliolitiden, die mir besonders interessant erschienen, ein- 
nehmen zu können, so liess ich die Arbeit vorläufig liegen. Ich besuchte darum im Jahre 1896 mit 
Unterstützung eines Stipendiums des norwegischen Staates unter der unvergesslichen Führung des 


Palaeontographiea. Bd. XLVI. 1 


ARNO a 


Herrn Akademiker Fr. Schmmwr das Esthländische Silurgebiet. Diese Reise und die dabei erhaltene 
Belehrung wurde für meine ganze Arbeit und insbesondere für das Studium der Heliolitiden von 
ausserordentlicher Bedeutung, indem die genaue mikroskopische Untersuchung des reichen, von mir 
aufgesammelten Materials vielerlei unerwartete Resulate ergab. 

In den Jahren 1896 und 1897 habe ich dann weitere Aufsammlungen und Studien im Kri- 
stiania-Gebiete vorgenommen und endlich im letzten Winter die ganze reiche Sammlung im Universitäts- 
Museum in Kristiania von norwegischen obersilurischen Heliolitiden mikroskopisch untersucht. Alle 
diese Studien haben mir eine breitere Basis für meine Untersuchungen und, wie ich hoffe, auch ein 
sichereres Urtheil über die schwierige Gruppe der Heliolitiden verschafft. Allmählich wuchs freilich 
die Bearbeitung dieser Familie so an, dass ich mich entschloss, sie als ersten Theil dieser Monographie 
erscheinen zu lassen; im zweiten Theil sollen dann alle die übrigen Korallen beschrieben werden. 


Kristiania, 12. Juli 1898. 


Alle die in dieser Arbeit genannten Lokalnamen, Niveaus etc. sind in einer geologischen Vor- 
arbeit vom Verfasser erläutert. Dort findet sich auch die stratigraphische Eintheilung und eine genaue 
Parallelisirung der zwei Zonen der Etage 5 mit anderen Silurgebjeten. Ich verweise darum für alle 
diese Fragen auf meine Abhandlung „Faunistische Uebersicht der Etage 5 des norwegischen 
Silursystems“ (Krist. Videnskab. Selsk. Skrifter. M. N. Kl. 1897, Nr. 3.) 


Poren! 


Familie Heliolitidae. 


Ich betrachte diesen alt-palaeozoischen Formenkreis als eine Familie der Zoanthania Madre- 
poraria. Die Gründe für diese Ansicht sind nach den Artbeschreibungen in einem besonderen Abschnitt 
auseinandergesetzt. Ich muss hier nur einige der in den Beschreibungen gebrauchten Ausdrücke kurz 
erläutern. Theka oder Mauer erklärt sich selbst; wie von M. OcınvıE! hervorgehoben wurde, kann 
eine Mauerbildung an verschiedenen Stellen des Kelches stattfinden, bald weit aussen, bald mehr oder 
weniger in der Nähe des Centrums. Die ausserhalb der Theka befindlichen Theile des Skeletes sind 
esshalb durchaus nicht immer gleichartig. Ich bezeichne als Thekalröhren die sogenannten Kelche, 
welche die inneren Theile der Einzelzellen bilden; die innerhalb der Theka vorkommenden Böden, 
welche sich zuweilen in kleine Blasen auflösen können, als Endothek, die äussere Dissepimentzone 
als Exothek®. Diese Bezeichnungen sind sowohl bei den Plasmoporinen als Heliolitinen gleichwerthig, 
wie später gezeigt werden soll. Bei den letzteren nenne ich die von den exothekalen Skelet- 
elementen gebildeten prismatischen Röhren Exothekalröhren; solche finden sich auch bei den Pro- 
heliolitinen, Coccoserinen und Palaeoporitinen. Exothekale Septalelemente nenne ich die in der 
Exothek als Dornen, Stäbchen oder Lamellen auftretenden Gebilde, die denselben Bau und gleiche 
Structur zeigen wie die Septen und die Theka. Sie repräsentiren meiner Meinung nach die Fascikel 
und Trabekeln der typischen Hexakorallen. 


' Osıwvıe, Stramberger Korallen, pag. 92. 
® Man vergleiche auch Doxcas, Revision of Fam. a. Gen. of Scleroderm. Zoanth. 1884 (Linn. Soc. Journ. 
Zool. Vol. XVIII, pag. 202). 


Beschreibung der Arten. 


Unterfamilie I: Coccoserinae. 


Diese wahrscheinlich schon im Untersilur aussterbende Gruppe der Heliolitiden zeichnet sich 
durch das bei den ursprünglichen Formen schwäch poröse Skelet mit unregelmässig röhrenartigem 
Exothekalgewebe und lamellären Septen der Endothekalröhren aus. Diese Stammformen wurden zu 
einer neuen Gattung zusammengefasst, für welche ich den M’Coy’schen Namen Palaeopora wieder auf- 
greife. Unter dieser Bezeichnung hat M’Coy allerdings die ganze Familie der Heliolitiden verstanden; 
da er jedoch für obige Formen ganz besonders passend erscheint und kaum mehr Veranlassung zu Ver- 
wechslungen bieten dürfte, so habe ich ihn wieder aufgenommen. Von Palaeopora hat sich dann. eine 
Formenreihe entwickelt, die durch eine eigenthümliche trabekelartige Verdickung des ganzen Skelets 
charakterisirt ist. Das Skelet wird hierdurch ganz compakt und fremdartig. Diese Reihe bildet die 
schon längst bekannte, aber bis jetzt ganz ungenügend studierte Gattung Coceoseris (= Protaraea und 
Stylaraea). 


Palaeopora M’Coy emend. Kıär. 


Palaeopora inordinata Loxsp. Sp. 
(Taf. I, Fig. 1—6.) 


1839. Porites inordinata LonspALe in Murchisons Silurian-Syst., p. 687, Taf. 16bis, Fig. 12 a—c. 
1850. Lonsdalia inordinata D’Orsıcny, Prodr. de Paleont. Vol. I, p. 25. 

?1851. Palaeopora subtilis M’Coy, Brit. palaeoz. Foss., p. 17. 

1851. Heliolites inordinata M. Epwarps & Haıme, Polyp. foss. terr. palaeoz., p. 217. 

1554. = e M. Epwarps & Haıne, Brit, foss. Cor., p. 253, Taf. 57, Fig. 7, 7a. 
1858. N F. Schuipr, Untersuch. über d. silur. aan v. Esthland ete., p. 228. 
21860. TRecte confluens EıcnwAto, Lethaea Rossica I, p. 463, Tab. XXX, Fig. 10. 

1861. Heliolites inordinata F. Rormer, Foss. Fauna v. Sadewitz, p. 27. 


1880. n inordinatus F. RoEmer, Lethaea Geognostica, p. 504. 

1880. 5 asteriscus F. RoEMER, Ibidem, p. 505. 

1880. 4 inordinata NıcHoLson, Monogr. of silur. foss. of Girvan, III. p. 253. 

21880. „ subtilis NıcHorson, Ibidem, p. 253. ” 

1895. Heliolithes inordinatus Wenzer, Zoantharia tabulata, Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss., Bd. 62, p. 505. 
189. 5 asteriscus WENZEL, Ibidem, p. 505. 


1. Artbeschreibung. Die Form des Stockes ist sehr mannigfaltig und variirt nach Hori- 
zont und Lokalität; auf Ringerike tritt diese Form in Etage 5a entweder als dünne rindenartige 
Ausbreitungen auf anderen Korallen (Halysites parallela, F. Schm. und Syringophyllum organum, Lin.) 
oder als stark ästige Stöcke mit runden, 5—10 mm dicken Zweigen auf; diese beiden Wachsthums- 
formen sind durch Uebergänge verbunden. In den Korallenriffen der Etage 5b auf Ringerike ist der 


en 


Stock gewöhnlich kuchenförmigs oder knollig, ab und zu auch unregelmässig lappig und erreicht viel 
grössere Dimensionen; ich habe von dieser Stelle runde, kuchenförmige Stöcke mit einem Flächen- 
durchmesser von 10 cm und einer Höhe von 4 cm. Noch grössere Dimensionen erreicht diese Form 
im esthnischen Silur. In Zone F. 1 bei Piersal in Esthland ist sie häufig; ich besitze von dort einen 
flach ausgebreiteten Stock von ca. 15 cm Flächendurchmesser und 1,5 cm Dicke; ein anderer ist 
kugelig mit 10—12 cm Durchmesser. Die englischen Formen scheinen durchweg dünne, verzweigte 
Stämme zu bilden. 

Ein Exemplar aus dem Gastropodenkalk von Ringerike, das als eine ganz dünne Lamelle auf 
einer Kolonie von Halysites parallela, F. ScHwm. ausgebreitet ist, zeigt die Oberfläche teilweise schön 
erhalten. Die Endothekalröhren haben ca. 0,5 mm Durchmesser und 
sind ungefähr ebenso weit von einander entfernt, jedoch häufig etwas 
dichter gedrängt; sie sind ohne Abgrenzung in das Exothekalgewebe ein- 
gesenkt und machen einen sehr zierlichen Eindruck. Man zählt durch- 
gehend 12 Septen, die oft von etwas unregelmässiger Dicke und schwach 
gebogen sind; sie haben eine Länge von ca. 0,53 mm. Im der Mitte 
hebt sich eine kleine, gewöhnlich knopfförmige Columella, die an der 
Oberfläche keine Verbindung mit den Septen erkennen lässt. Die Exo- 
thekalröhren sind reich entwickelt, aber unregelmässig angeordnet; ge- Fig. 1. Palaeopora inordi- 
wöhnlich sind sie rundlich, dreieckig oder herzförmig; auf einen Millimeter  operkä a 
zählt man ca. 6; sie stehen zwischen den Endothekalröhren in 1—5, ge- ten Stockes aus d. Etage a, 
wöhnlich 2—3 unregelmässigen Reihen, Hin und wieder sehen sie stark ver- Stavnaestangen, Ringerike. 
längert und meistens etwas wurmförmig gebogen aus. Wenn man diesen Aucı en ee) Y EinSeerE, 
Typus näher untersucht, bemerkt man seichte Querkanäle, die benachbarte EL 
Exothekalröhren verbinden. Aehnliche Kanäle verbinden oft einzelne der 
Septalkammern der Endothekalröhren mit benachbarten Exothekalröhren, ja sie können in ziemlich 
gerader Richtung von einer Endothekalröhre zu der anderen hinüberlaufen. 

Ich habe die Oberfläche dieses Exemplares desshalb so genau beschrieben, weil es das einzige 
ıneiner norwegischen Stücke ist, das eine anscheinend vollkommen unzerstörte Oberfläche zeigt. Diese 
Beschreibung muss aber, um eine allgemein gültige zu sein, in mehreren Beziehungen etwas modi- 
fizirt werden. Die Entwicklung der Exothekalröhren ist sehr mannigfaltig; selten sind sie so reichlich 
vorhanden, wie bei dem oben beschriebenen Stock. Ueberhaupt scheint die reichste Entwicklung der 
Exothekalröhren nur bei den flach ausgebreiteten oder kuchenförmig gewölbten Kolonien in Etage 5a 
des norwegischen Silurs vorzukommen. Bei den in denselben Schichten vorkommenden ästigen Stöcken 
sind die Endothekalröhren viel dichter gedrängt, besonders auf den im Wachsthum begriftenen Spitzen; 
hier berühren sie sich sogar, und Exothekalröhren sind nur in den übrigbleibenden Ecken zwischen 
den Endothekalröhren entwickelt. Bei den kuchenförmigen oder schwach lappigen Stöcken in den 
Korallenriffen der Etage 5b auf Ringerike sind sie auch ziemlich spärlich vorhanden. Dasselbe ist 
bei den esthländlischen Stöcken gewöhnlich der Fall. Hier kommen jedoch auch Stöcke mit reichlich 
entwickelten Exothekalröhren vor. Eine ähnliche Verschiedenheit wird schon von LoxspAue auch bei 
den englischen Exemplaren angegeben und ist auch auf Loxspaue’s und EpwArp & Haıme’s Abbil- 
dungen zu sehen. 

Die oben beschriebenen Öberflächenkanäle, welche sowohl einzelne der Exothekalröhren unter- 
einander als auch die Interseptalloeuli und benachbarten Exothekalröhren hier und da miteinander 


verbinden, sind sehr interessante. Die allgemeine Bedeutung dieser Verhältnisse werde ich an einer 
anderen Stelle auseinandersetzen. Hier möchte ich nur anführen, dass diese Kanäle bei den anderen 
Stöcken keineswegs eine konstante Entwicklung zeigen. 


Es ist nicht leicht, den mikroskopischen Bau des Skeletes genau zu entziffern, und zwar 
hängen die Schwierigkeiten hauptsächlich von den eigentümlichen Verdickungen ab, die hier fast überall 
auftreten. Der ursprüngliche Bau ist am besten an den verzweigten Stöcken zu sehen. Hier muss 
man zwischen einer noch wenig verdickten Markzone und einer stark verdickten Rindenzone unter- 
scheiden. In der ersten laufen die Röhren mit der Längenachse des Zweiges parallel, biegen dann 
allmählich nach aussen, verdicken sich und stehen endlich in der äusseren Rindenzone senkrecht zur 
Oberfläche. Ein ähnliches Verhältniss zeigen, wie bekannt, fast alle mit Skeletverdickungen versehenen 
Favositiden. 


In den nicht verzweigten Stöcken, wo eine solche Entwicklung von verschieden gebauten 
Zonen nicht stattfindet, ist das Skelet von Anfang an mehr oder weniger verdickt. 

Will man den ursprünglichen Bau der Koralle kennen lernen, so muss man in erster Linie 
die Markzone der verzweigten Stöcke studiren. Wie die Quer- und Längsschnitte zeigen, (Taf. I, 1—3), 
sieht man hier ungefähr dasselbe, wie auf der obengeschilderten Oberfläche. Die Endothekalröhren, 
ca. 0,5 mm im Durchmesser, stehen dicht neben einander, ja berühren sich sogar stellenweise; ihre 
Septen sind unregelmässig gebogen und hier und da mit eigenthümlichen Vorsprüngen versehen. Sie 
vereinigen sich in der Mitte zu einer umfangreichen Columella, die hier anscheinend ihren Ursprung 
den vereinigten Septalenden verdankt. Mit voller Sicherheit konnte dies jedoch nicht constatirt 
werden. Einzelne Septen erreichen diese Pseudocolumella nicht. Sie ist von deutlichen unregel- 
mässigen Längskanälen durchzogen, aber auch Querkanäle schlängeln sich durch. Auf Längsschliffen 
zeigt sie ein netzförmiges Aussehen. Ein gleiches Bild weisen auch einzelne der Septen auf, indem 
sie ebenfalls von Kanälen durchzogen sein können. (s. Fig. 2). Darin liegt wohl auch der Grund, 
dass man oft glaubt, mehr als 12 Septen zu sehen. 12 ist gewiss die allgemein gültige Zahl; die 
Unregelmässigkeit und Porosität der Septen macht es aber häufig schwierig, zu bestimmen, was als 
Septum betrachtet werden soll. 


Tabulae sind vorhanden, oft aber schwer zu sehen; sie stehen ungefähr um die Hälfte des 
Endothekaldurchmessers von einander entfernt. 


Die Exothekalröhren sind unregelmässig in Form und Grösse, häufig gebogen und an vielen 
Stellen scheinbar in der Theilung begriffen. Ich bezweifle aber, dass diese Erklärung die richtige 
ist; ich nehme vielmehr an, dass es entweder Fortsätze sind, wie sie auf den Septen vorkommen oder 
Löcher, die zwei benachbarte Röhren verbinden. Dass solche Löcher oder Querkanäle wirklich vor- 
kommen, scheint mir sicher. Sehr interessant sind die Kanäle, die einzelne Interseptalloculi mit Exo- 
thekalröhren verbinden. Solche sind mehrfach (z. B. auf Fig. 2) deutlich zu sehen, zeigen aber 
keine Regelmässigkeit in ihrem Auftreten. Sie können sogar, wie oben rechts auf Fig. 2, zwei Endo- 
thekalröhren direkt verbinden. Betrachtet man den Querschliff, so wird man sofort verstehen, dass 
es sehr schwierig sein muss, in einem Längsschliff die exothekalen von den endothekalen Partien zu 
unterscheiden. 


In Wirklichkeit ist dies auch der Fall; in der Rindenzone heben sich die Endothekalröhren 
bei auffallendem Licht durch dunklere Färbung hervor; in der eigentlichen Markzone tritt das fast 
vollständig zurück, und es ist hier fast unmöglich zu unterscheiden, was die verschiedenen Röhren be- 


deuten. Mit Sicherheit lässt sich nur constatiren, dass hier und da Porositäten vorkommen und dass 
Tabulae deutlich entwickelt sind; der Abstand zwischen diesen letzteren ist ebenso gross wie in den 
Exothekalröhren. 

Bei den nicht verzweigten Stöcken ist das Skelet gewöhnlich von Anfang an stark verdickt. 
Bei einem esthnischen Stocke aus Piersal F 1 (Taf. I 4—6) ist das weniger der Fall. Die Skelet- 
theile sind auch hier stärker verdickt, als in der oben geschilderten Markzone, aber alle Interseptal- 
loculi und die meisten der sparsam vorhandenen Exothekalröhren sind noch im ganzen Skelet als 
wirkliche Röhren bemerkbar. Die Septen sind vielleicht wegen der immerhin bedeutenden Verdickung 
regelmässiger; eine Porosität, die auch in der verdiekten Rindenzone der verzweigten Stöcke nicht zu 
sehen ist, lässt sich nicht nachweisen (Fig. 4—5). 

Die Böden sind in diesem Stocke besonders gut zu sehen. Diese Form aus Esthland be- 
trachte ich als eine besondere Varietät. 

In der Rindenzone wird nun das ganze Skelet nach und nach verdickt, so dass im äusseren 
Teil fast alle Röhren ausgefüllt sind; hier sieht man in den Längsschliffen nur dicht aneinander ge- 
lagerte Balken. Wenn die Oberfläche gut erhalten ist (gewöhnlich ist die Koralle abgerollt), sieht 
man, dass seichte Höhlungen, welche die Röhren andeuten, vorhanden sind. Zwischen diesen ragen 
die verdickten Wände als kleine Papillen hervor. Die Endothekalröhren sind durchwegs am wenigsten 
ausgefüllt und können manchmal bis zur Oberfläche leer bleiben. In der Rindenzone entwickelt sich 
manchmal eine in systematischer Beziehung hochwichtige Erscheinung, nämlich eine trabekuläre 
Struktur. Auch Längsschliffe durch die Rindenzone machen, wie oben bereits angedeutet, den Ein- 
druck einer solchen. 

Bei den esthnischen Exemplaren, die ich bei Piersal in den Lyckholmer Schichten gesammelt 
habe, ist der Anfang des trabekulären Baues schön zu erkennen. Am ersten und deutlichsten wird 
die Columella trabekulär, und es zeigt sich hier, dass diese 
Bildung als eine selbständige und nicht durch die Septen her- 
vorgerufene Erscheinung betrachtet werden darf. Auch auf 
einer gut erhaltenen Oberfläche ist dies zu sehen, indem die 
Columella hier in vielen Kelchen als ein kleiner Haufen von 
Körnchen entwickelt ist. Bei anderen wieder sieht man eine 
einzige knopfförmige Erhöhung, was bei den norwegischen, in 
Etage 5a vorkommenden Kolonien die Regel ist. Die ganze 
Entwicklung eines trabekulären Baues muss demnach als Folge 


einer eigenthümlichen tuberkulären Öberflächenseulptur be- 
trachtet werden. Es ist merkwürdig, wie bei den Heliolitiden, 
jene Structureigenthümlichkeiten, welche bei jüngeren Korallen 


Fig. 2. Palaeopora inordinata Lons». var. 


Oberfläche eines ausgewitterten Stockes 
aus Piersal, Esthland, F.ı. Nach einer 
einen so überaus stabilen Charakter haben, sogar innerhalb Zeichnung d. Verfassers. Vergr. 12:1. 


ein und derselben Species schwanken. Offenbar hat die Ver- 
erbung noch nicht lange genug gewirkt, um eine volle Stabilität hervorzubringen. 

In den Septen kann man gewöhnlich keine Trabekeln entdecken; man erkennt meist nur nach 
aussen gerichtete Kalkfasern. Nur selten bemerkt man in den Längsschliffen eme schwach angedeutete 
trabekuläre Structur; in diesem Fall laufen die feinen trabekulären Gebilde schräg, oft etwas bogen- 
förmig nach oben, ungefähr wie die entsprechenden Septaltrabekeln bei den Plasmoporiden (Fig. 6). 
Bei den esthnischen Stöcken beobachtet man nur selten zwischen den Endothekalröhren scharf be- 


eg 


erenzte Trabekulärgebilde; undeutliche habe ich jedoch mehrmals konstatiren können (Fig. 4). Ein 
Stock aus Piersal (Fig. 2) mit leidlich erhaltener Oberfläche zeigt den Grund dieser Bildung, in- 
dem sich sowohl die Septen als die Begrenzungen der Exothekalröhren zu unregelmässigen Tuberkeln 
erheben. Zwischen den Endothekalröhren verlaufen die trabekulären Gebilde, wenn man sie unter- 
scheiden kann, in vertikaler Richtung. 
Dieser Bau ist bei den noch stärker verdickten Stöcken im Korallenkalk der Etage 5b auf 
tingerike ausgeprägt. Hier treten auch auf Querschnitten die trabekulären Gebilde deutlich hervor. 
Man sieht die länglichen, in die Endothekalröhren hinein sich 
Ar verjüngenden Septaldurchschnitte und in der Exothek scharf be- 


USE grenzte, polygonale Durchschnitte von Trabekeln. Zwischen 
>= N diesen letzteren befinden sich vereinzelte unausgefüllte Röhren. 
Ne Die durchschnittliche Dicke der Trabekeln ist 0,15 bis 0,2 mm. 
AN 3 
7% 


Verkalkungscentren konnte ich nicht beobachten, obwohl die für 
vi a solche Gebilde charakteristische Orientirung der Kalkfaser oft 


NR deutlich zu sehen war. 

RS Ku Eine gut erhaltene Oberfläche von Exemplaren aus Etage 5b 
>= AR | kenne ich nicht. 
3 Br Wegen der Feinheit der Röhren ist es schwierig, die Knos- 


is, nommen Theft ler pung zu studiren. Ich habe jedoch so viel feststellen können 

laeopora inordinata Lonsn. var. aus (Fig. 3), dass die jungen Kelche zwischen den alten angelegt 

Esthland. 2—4 ist eine Schlifiseriee. werden, und dass sie wie bei Proheliolites dubius, F. Schu. all- 

Scnuaen® Mexerössenung: mählig anwachsen. Ein Stadium mit 5 Interseptalloeuli war 
häufig zu sehen. 

2, Synonymik. Loxspares Beschreibung von Porites inordinata ist nicht so eingehend, 
dass danach eine sichere Identifizirung möglich wäre. Immerhin lässt sich aus seiner und MiLxE- 
Epwaros & -Haımes Beschreibungen und nach den betreffenden Abbildungen mit grosser Wahrschein- 
lichkeit schliessen, dass die englische Form mit der hier beschriebenen übereinstimmt oder ihr doch 
jedenfalls sehr nahe steht. Wichtig ist, dass auch die englische Form nach LonspALE eine papilläre 
Columella besitzt, was EpwArns & Haıme nicht hervorheben. Die geringe Dicke der Zweige scheint 
mir kein so wichtiges Merkmal zu bilden, dass sich hierauf eine Unterscheidung von der norwegischen 
Form rechtfertigen liesse. Dazu ist die Stockform viel zu variabel. Auch das Vorkommen im Ro- 
beston Wathen Lmst. bei Haverfordwest, einem Niveau also, das dem oberen Theil unserer Trinucleus- 
abteilung ungefähr gleichaltrig ist, würde für diese Anschauung sprechen. Wie ich schon in meiner 
geologischen Arbeit gezeigt habe, kommt ein grosser Theil unserer Korallenfauna von Et. 5a im 
englisch-schottischen Silur in älteren Niveaus vor. 

Sehr zweifelhaft ist es aber, ob M’Coys Palaeopora subtilis auch hierher zu rechnen wäre. 
Die sehr kleinen Endothekalröhren, nur 0,35 mm im Durchmesser, müssen, wie von NICHOLSON 
hervorgehoben worden ist, Zweifel erwecken. Da bei den neueren Aufsammlungen bei Girvan keine 
derartige Koralle gefunden wurde, so liegt nach der Vermuthung von NıcHorson vielleicht eine Ver- 
wechslung vor und die Existenz dieser Koralle ist darum ganz fraglich. Dagegen kann ich nach den 
von mir selbst bei Piersal in Esthland (F. 1) gesammelten Stöcken Heliolites asteriscus ROEMER 
nur als ein Synonym betrachten. F. RormER sagt, dass sich die Septen bei dieser Form bis zur 
Mitte erstrecken. Ich glaube aber, dass diese Beobachtung auf eine abgeriebene Oberfläche begründet 


N 


ist, wo man ein solches Verhältniss oft zu sehen glaubt; in Wirklichkeit wird aber das Centrum von 
einer Columella eingenommen. Die in älteren Beschreibungen häufig vorkommende Bemerkung von 
den wechselnden Abständen der Endothekalröhren hat nach meinen Beobachtungen keine systematische 
Bedeutung. 

Als nahestehende, aber nicht übereinstimmende Formen betrachte ich Nıcmonsons Heliolites 
Grayi und H.(?) parasitica‘; dagegen ist Ercawauos Thecia confluens möglicherweise hierher zu 
stellen. 

3. Geologisches Auftreten. Im englischen Silur ist Palaeopora inordinata, Lonsp. in Ro- 
beston Wathen Lmst. gefunden; die nahestehende Form Pulaeopora Nicholsoni, nov. nom.? kommt 
in Craighead Lmst. in der Nähe von Girvan vor, während Palaeopora parasitica, NıcH#. und Ers. aus 
Mulloch Hill Group angegeben wird. Nach M’Coy soll P. inordinata auch im Obersilur vorkommen. 
Livpström® giebt sie aus Gotland (c) an. Ob diese obersilurische Form wirklich mit der unter- 
silurischen identisch ist, scheint sehr zweifelhaft. Die in nächster Zukunft erscheinende Mono- 
graphie der gotländischen Heliolitiden vom letztgenannten Forscher wird Auskunft hierüber liefern. 
Im norwegischen Obersilur kommt eine ähnliche Form nicht vor. Bei uns tritt sie dagegen in Etage 
5a—b auf und ist besonders in 5b, in den Korallenkalken auf Ringerike, zahlreich. In Esthland ist 
sie, wie ich selbst gesehen habe, an einzelnen Stellen, z. B. Piersal, häufig in den I,yckholmer Schichten. 


Coccoseris, EıchwALn 1855. 


Für die phylogenetische Entwicklung und Verwandtschaft dieser untersilurischen Gattung weise 
ich auf die allgemeine Uebersicht der Coceoserinen hin. Ich werde hier die Beziehungen dieser 
Gattung zu einigen Formen, die gewöhnlich in ihre Nähe gestellt werden, besprechen, nämlich Pro- 
taraea, Evw. & Ham. und Stylaraea von SEER.*. 

NIcHoLson ist der einzige. der genauere Untersuchungen über diese Form veröffentlicht hat. 
Vergleicht man die von ihm aufgestellten Genuscharacktere von Stylaraeu mit meiner Beschreibung 
von Üoceoseris, so scheint bezüglich der inneren Structur allerdings keine Aehnlichkeit zu bestehen. 
Weder die deutlichen Kelche mit Columella und regelmässigen Tabulae noch das feine Kanalsystem 


' NıcHoLsoxn & ETHERIDGE, Girvan, p. 58 u. 259. 
® Hiermit bezeichne ich die von Nıcnorson & Erueripee (Girvan Sil. Toss. I, p. 58) als Helolites Grayi 
beschriebene Form. Für H. Grayi, Evw. & H., mit welchem sie nicht zu verwechseln ist, siehe weiter unten. 

® Lispström, Foss. Faun. of Sweden. II. p. 21. 
* UVeber Protaraea siehe: 

1847. J. Haur, Palaeont. of N. York. Vol. I, p. 71, Pl. 25, Fig. 5. 

1851. M. Eowaros & Harmue, Polyp. foss. terr. palaeoz., p. 208, Pl. 14, Fig, 6. 

1866. v. Seesach, Zoanth. perfor, d. palaeoz. Per. (Z. d. d. @. Ges. Bd. XVIII), p. 306. 

1876. Romisser, Michigan Corals, p. 66. 

1881. Quessteor, Petrefactenkunde Bd. VI. 

1883. F. Röser, Leth. Palaez. p. 455. 

1896. Sarpeson, Bezieh. d. foss. Tabulaten z. d. Alcyonarien (N. Jahrb. Beilageb. X), p. 300. 
Ueber Stylaraea siehe: 

1866. v. Sergach, Zoanth. perfor. d. palaeoz. Per. (Z. d. d. G. Ges. Bd. XVII). 

1578, NıcuorLson & Eruerioge, „Girvan“, p. 60. 

1880. Lisposrrös, Fragm. Silur. p. 31. 

1883. F. Röser, Leth. Palaeoz. p. 456. 

1893. Saroeson. Bezieh. d. foss. Tabul. z. d. Aleyonarien (N. Jahrb. Beilageb. X), p. 300. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


de 


sind hier vorhanden. Von Protaraea wird ein Querschnitt, der ganz mit Stylaraea übereinstimmt, 
abgebildet; bei dieser sollen keine Querböden vorhanden sein, was ich aus der sehr geringen Dicke 
des incrustirenden Stockes erkläre. Was Protaraea betrifit, so ist das Skelet, wie ich selbst an 
Präparaten von P. vetusta, Hauu (Unt. Silur, Cineinnati) sehen konnte, aus prismatischen, trabeku- 
lären Gebilden, die ganz dieselbe Anordnung und Structur wie bei Coccoseris besitzen, aufgebaut (Taf. I, 
Fig. 7). Die von NıcHouson abgebildeten und beschriebenen Rinnen sind entweder nur ganz oberfläch- 
liche oder nur die zwischen den Trabekeln sich befindenden Grenzlinien. NıcHorsoxs Abbildungen, beson- 
ders der Längsschliff von Stylaraea oceidentalis machen dagegen einen so fremdartigen Eindruck, dass 
ein Vereleich hier schwieriger wird. Man könnte überhaupt daran zweifeln, ob diese Form wirklich zu 
Sitylaraea gehört, besonders da Linpsrröm für Stylaraeca Römeri, von SEEB. eine innere Structur, wie bei 
Coccoseris Ungerni Erchw., erwähnt. NıcHorson sagt ausdrücklich, dass gewöhnlich S Septen vorhanden 
sind, ein Verhalten, das von Coceoseris, Protaraea vetusta, Haıun und Stylarae Römeri, von SEEB. ganz 
verschieden ist, denn bei diesen gilt die 12-Zahl der Septen überall als Norm. NıcHoLsons Stylaraea 
oecidentalis stimmt in allen wesentlichen Merkmalen mit einer in der Etage 5 bei uns vorkommenden 
Koralle überein, die ich nicht als mit Coccoseris nahe verwandt betrachte und auf welche ich an 
anderer Stelle noch einmal zurückkommen werde. 


Stylaraea Römeri von Sep. und Protaraea (= Diplastraea Eıcaw. Leth. Ross. I, pag. 445, 
Taf. XXX, Fig 11) sind dagegen sicher mit Coccoseris nahe verwandt; der Unterschied besteht nur darin, - 
dass bei Coceoseris die Kelche undeutlicher begrenzt und durch reichlicheres Exothekalgewebe von der- 
selben Structur, wie die Septen und die Columella, geschieden sind, während bei den ersteren das 
Exothekalgewebe sehr wenig oder gar nicht entwickelt ist. Es sind z. B. bei Protaraea vetusta, HALL 
die Kelche so’ gedrängt, dass sie polygonal erscheinen, die Septen sind scharf entwickelt mit rund 
zackigem Rande und die äusseren Septalenden verschmelzen zu einer soliden Mauer, auf welcher die 
einzelnen Trabekel als Warzen auftreten. Stylaraea muss mit Protaraea vereinigt werden; eine Colu- 
mella, die auch bei der letzteren schwach entwickelt sein kann, berechtigt nicht zur Aufstellung einer 
besonderen Gattung. Wahrscheinlich müssen überhaupt alle die genannten Formen zu einer Gattung 
vereinigt werden, und Protaraea hat dann die Priorität. Vorläufig führe ich jedoch die hier zu 
besprechenden Formen noch unter Eıckwarv's altem Namen Coecoseris auf. 

Aus den Lyckholmer Schichten bei Sutlep in Esthland bekam ich von Herrn Akademiker Fr. 
ScHmipr den Theil eines Korallenstockes, der in allen Beziehungen eine Uebergangsform zwischen 
Palaeopora inordinata Lonsp. und Coccoseris Ungerni Eıcuw. darstellt. Wegen ihrer Wichtigkeit in 
phylogenetischer Beziehung lasse ich hier eine Beschreibung derselben folgen. 


Coceoseris Schmidtii nov. sp. 
(Taf. II, Fig. 1—2.) 


Der Stock ist flach ausgebreitet und über 20 mm dick. 


Die an meinem Stück nicht sehr gut erhaltene Oberfläche lässt immerhin mancherlei erkennen 
(Fig. 4). Die Kelche haben 1,5—2 mm im Durchmesser und stehen dieht gedrängt, höchstens circa 
0,5 mm von einander entfernt, so dass meistens in den Ecken noch Exothekalgewebe übrig bleiht. 
Die 12 Septen laufen bis ca. '/; des Kelchdurchmessers in den Kelch hinein: anfangs sehr breit, ver- 
Jüngen sie sich rasch. Der Septalrand ist mit kleinen Tuberkeln, die nach aussen in zwei Reihen 


en 


auftreten, besetzt. Die Columella nimmt den ganzen Raum innerhalb der Septen ein und wird von 
einem flachen Haufen kleiner Tuberkeln gebildet. 

Zwischen den Kelchen sieht man ähnliche unregelmässig nebeneinanderstehende Erhöhungen, 
so dass unregelmässige seichte Räume und Kanäle entstehen; diese stehen meistens mehr oder weniger 
direkt mit den Interseptal- 
loculi in Verbindung. Die = 
mikroskopische Beschaften- 
heit des ganz verdickten Ske- 
letes wird nach dieser Ober- 


b. 


flächenstructur leicht ver- 
ständlich. Das Ganze wird 
von dicht aneinander ge- 
lagerten Trabekeln gebildet. 
Diejenigen der Columella sind 
ca. 0.1 bis 0,15 mm, die 
exothekalen etwas unregel- 


inässie, durchschnittlich 0.22 Fig. 4. Coccoseris Schmidtii nov. Sp. 
a. Oberfläche eines Stockes. Sutlep, Estlı- 
land F.ı. Nach einer Photographie. 
Schwache Vergrösserung. b. Ein Theil 
derselben, stärker vergrössert; nach einer 
Zeichnung des Verfassers. 


mm dick. In den Septen 
kann man im Querschliff noch 
meistens die zwei Trabekel- 


reihen unterscheiden. Im 
Längsschliff sieht man beson- 
ders schön die allgemeine Orientirung der Trabekeln (Fig. 2). Exothekal und in der Columella stehen 
sie perpendikulär, in den Septen dagegen ca. 45° gegen das Kelcheentrum geneigt. Sehr deutlich lässt 
sich die Richtung der Kalkfasern bei dieser Form nicht beobachten. Ab und zu sieht man jedoch 
ähnliche Strueturbilder wie bei Coccoseris Ungerni Eıchw. 

Diese schöne und interessante Form habe ich nach dem berühmten Erforscher des esthnischen 
Silurs, dem Herrn Akademiker F. Schuipr, benannt. 


Coceoseris Ungerni Eıcıw. 
(Taf. I, Fig. 3—6.) 
1855. Coccoseris Ungerni Eıcaw., Bull. d. 1. Soc. d. Natur. d. Mosc. Heft IV, p. 466. 


1860. ni Leth. Rossica, Vol. I, p. 442, Pl. XXV, Fig. 4 a—c. 
1880. = = F. Röser, Leth. Palaeozoica, p. 456. 


” 


1. Artbeschreibung. Die Gestalt der Stöcke variirt beträchtlich; die meisten Exemplare 
haben sich auf Schneeken, besonders grossen Maclureaformen, andere auf Strophomenen, Orthoceraten 
oder Stromatoporen angesiedelt und bedecken diese dann vollständig als Ueberzüge von 1—20 mm 
Dicke, Bei einigen habe ich eine solche Unterlage nicht gefunden. Der grösste Stock misst 8 bis 
10 cm im Flächendurchmesser. 

Die Oberfläche ist auf meinen Exemplaren selten gut erhalten; ist dies der Fall, so zeigt sie 
die grösste Aehnlichkeit mit €. Ungerni, Eıcuw.; doch sind die Kelche vielleicht noch flacher als auf 
Eıchwaros Abbildung, die übrigens sicherlich etwas zu schematisch gehalten ist. Die Kelche (die 


eigentlichen Kelchvertiefungen) sind 2—2,5 mm breit und 1—2 mm von einander entfernt. Die 12 
Septen werden von verhältnissmässig grossen Warzen, die etwas in die Länge gezogen sein können, 
gebildet; nach dem Centrum werden sie allmählich kleiner. Im Centrum befinden sich oft einige etwas 
grössere Warzen, die nicht auf bestimmte Septen zu beziehen sind, und so die Andeutung einer Co- 
lumella bilden. Zwischen den Kelchvertiefungen findet man 
1-—3 unregelmässige Reihen von ganz ähnlichen, rundlichen 
Warzen. Studirt man nun etwas näher, wie die Kelchwarzen 
sich zu den einzelnen Septen verhalten, so zeigt es sich, 
dass sich die Septen ausserhalb der Kelchvertiefung fort- 
setzen, hier breiter werden und aus 2, zuletzt wahrscheinlich 
aus 3 Warzen in der Breite zusammengesetzt sind. In dieser 
Weise aufgefasst, stossen die Kelche fast direkt aneinander 
und nur in den Ecken zwischen den Kelchen findet man 
Warzen, die man nicht auf bestimmte Septen beziehen und 
die man desshalb als Exothekalgebilde auffassen kann. 


Das ganze Skelet wird aus parallelen, prismatischen 
Säulchen, die auf der Oberfläche als die schon besprochenen 
Warzen hervortreten, aufgebaut. Diese Säulchen sind ge- 
wöhnlich mehr oder weniger regelmässig 6-eckig, oft aber 
4—5-eckig oder mehr unregelmässig in ihrer Form und. 
0,15 bis 0,5 mm im Durchmesser; sie sind dicht aneinander 


Fig. 5. Coccoseris Ungerni EicHw. 
Oberfläche eines Stockes aus 5a, Vestre Svartö, 
Ringerike, Norwegen. Nach einer Photographie. 

Schwache Vergrösserung. gestellt und haben natürlich gerade hierdurch ihre prisma- 


tische Form bekommen. Ihrer inneren Structur nach müssen 


sie als Trabekel oder jedenfalls trabekelähnliche Gebilde aufgefasst werden; man sieht nämlich im 
Längsschliff dunkle Kalkfasern, die von der Längsaxe bogenförmig nach oben und aussen verlaufen 
und oft büschelförmig angeordnet sind. Im Querschliff befinden sich zahlreiche deutliche Verkalkungs- 
centren, die leer oder mit einer klaren Kalkmasse ausgefüllt sind. 


Die Trabekelreihen stehen so dicht gedrängt, dass Traversen etc. vollständig fehlen, sie lagern 
also direkt neben einander. Diese trabekelähnlichen Gebilde stehen vertical, nur einzelne sind zu 
sehen, die eine schiefe Stellung einnehmen; es sind dies die inneren Septaltrabekeln. Im Querschliff 
ist es fast unmöglich zu erkennen, wo die einzelnen Kelche liegen; nur hier und da bemerkt man 
Stellen mit kleineren Trabekeln, welche die Kelcheentren darstellen. 


2. Systematische Bemerkungen. Im Provinzialmuseum zu Reval habe ich mich über- 
zeugt, dass unsere Form mit Eıchwaups Art, ©. Ungerni, vollkommen übereinstimmt; ich habe Stöcke 
gesehen, die theils eine Pleurotomaria überzogen, theils mit Epithek versehen waren und aus einer 
diekeren (17 mm) oder mehreren dünnen Lamellen bestanden. Die Breite der Kelchvertiefungen 
schwankte zwischen 1,3—3 mm. 


3. Geologisches Auftreten. Coccoseris Ungerni, Eıchw. beginnt in Norwegen im untersten 
Theil der Etage 5a (Frognö, Ringerike) und ist besonders im oberen Theil dieser Zone auf Ringerike 
häufig; in der Etage 5b auf Ringerike ist sie selten. In Esthland findet sie sich in F. 1—2. Von 
den nahestehenden Formen kommt Protaraea vetusta Hau im amerikanischen Untersilur in der Trenton- 
und Cineinnati-Group vor und ist auch aus den Wesenberger Schichten in Esthland beschrieben; P. 


Verneuilli, Enpw. & H. ist im Untersilur in Ohio, P. Roemeri, von Serr. in den Wesenberger Schichten 
in Esthland und im Leptaenakalk in Dalarme gefunden. 


Allgemeine Uebersicht der Üoccoserinen. 


Coecoseris mit der nahestehenden Profaraea (= Stylaraea) ist mir, solange ich mich mit si- 
lurischen Korallen beschäftigt habe, stets als eine der eigenthümlichsten und in systematischer Be- 
ziehung räthselhaftesten Korallen vorgekommen. Die verschiedenen Ansichten über ihre systematische 
Stellung sind auch im Laufe der Zeit zum Vorschein gekommen. Die am meisten verbreitete Ansicht 
(von J. Harz, M. Evwarps & HAIE, v. SEEBACH, QUENSTEDT, NICHOLSON und ZITTEL vertreten) ist 
die, dass sie den recenten Poritiden sehr nahe verwandt seien. Eine ähnliche Auffassung hat auch 
ÖsıtvIE in neuester Zeit ausgesprochen. Eıchwarn stellte sie zu den Lophoserinen, während RonInGEr, 
F. ROEMER, NEUMAYR und SARrDEsoN die Theciiden als ihre nächsten Verwandten betrachteten. 

Bevor ich näher hierauf eingehe, muss ich die phylogenetische Entwicklung der Coccoserinen, 
die ich gefunden zu haben glaube, näher besprechen. Palaeopora önordinat«, Lonsp. bildet hier die 
wichtige Ausgangsform. Bei Beschreibung dieser Art habe ich ausführlich gezeigt, wie sich durch 
eine Skeletverdiekung eine eigenthümliche, trabekuläre Structur nach und nach ausgebildet hat. 

In der noch wenig verdickten Markzone der zweigförmigen Kolonien, ist eine derartige Structur 
nicht zu sehen: sie fängt erst in der allmählich sich verdickenden Rindenzone an und zeigt sich noch 
deutlicher ausgebildet in den kuchenförmigen und stark verdickten Stöcken, die in Esthland und in 
Etage 5b in Norwegen vorkommen. Noch typischer tritt sie dann in der nahestehenden Coccoseris 
Schmidtiüi, nov. sp. auf. Bei dieser Form sind die trabekulären Gebilde noch verhältnissmässig dünn 
und die einzelnen Endothekalröhren, obwohl gewöhnlich ganz ausgefüllt, noch im Querschliff deutlich 
zu sehen; hin und wieder sind sogar einzelne Interseptalloculi noch unausgefüllt geblieben. Hier ist 
auch die Orientirung der Trabekeln schön zu sehen. Sie verlaufen zwischen den Endothekalröhren 
vollkommen perpendikulär, ebenso in der Columella, während sie in den Septen schief nach oben und 
innen gerichtet sind. Dieselbe Richtung werden wir, wie ich später zeigen werde, bei den Plasmo- 
porinen wiederfinden. 

Am stärksten sind endlich diese Gebilde bei Coccoseris Umgerni Eıcuw. und Protaraea ent- 
wickelt; sie haben hier eine kolossale Mächtigkeit und weitere Differenzirung erlangt. Im Querschliff 
sucht man hier vergeblich nach den einzelnen Kelchen, man sieht nur gleichförmige, obwohl in der 
Grösse etwas varürende Trabekeldurchschnitte dicht aneinander gelagert. Kein Zwischenraum bleibt 
übrig. Im Längsschliff bemerkt man hier und da eine schiefe Richtung im Verlauf der 'Trabekeln, 
die Andeutung eines in den Kelch hineinlaufenden Septums. 

Ich habe die ganze Zeit von Trabekeln gesprochen, und in der T’hat scheinen sie mir auch 
als solche aufgefasst werden zu müssen. Die am schönsten entwickelten (bei Coccoseris) zeigen die 
typische nach aussen und oben divergirende Strahlung der Kalkfaser, ja oft sogar deutliche Caleifi- 
cationscentren. Eine andere Frage ist, ob sie direkt mit den bei einzelnen Tetrakorallen und den 
jüngeren Hexakorallen existirenden verglichen werden können. Die Bildungsart ist jedenfalls dieselbe. 
Bei den uralten Coceoserinen wurde anfangs der Kalk vollkommen gleichförmig abgelagert; die Rän- 
der der Septen und der Exothekalröhren waren eben, ein Verhältniss, das sich noch in der Markzone der 
verzweigten Kolonien von Palaeopora inordinata Lonsp. findet. Hierdurch konnten sich keine Tra- 
bekeln bilden; diese sind ja dadurch bedingt, dass die Kalkablagerung sich an einzelnen Punkten des 


Pe 


Septalrandes concentrirt, oder besser ausgedrückt, dass in den Weichtheilen die Radialfalten der Kelch- 
wand (Hazcken’s Sternplatten), worin die Septen abgelagert werden, weitere kleine Einstülpungen 
bekommen, worin die Kalkablagerung besonders rasch vor sich geht. Dies findet dann darin seinen 
Ausdruck, dass der Oberrand der Septen und anderer Skelettheile gekörnelt erscheinen. Diese Eigen- 
thümlichkeit bildet sich bei den verdiekten Skeleten von Palaeopora inordinata Loxs». theilweise aus. 
Bei Coccoseris Schmidtii nov. sp. ist sie schon typisch durchgeführt und hat ihre kräftigste Entwick- 
lung bei Coccoseris Ungerni EıcanwaLp bekommen. Bei dieser ist eine merkwürdige Gleichförmigkeit 
der betreffenden Gebilde sowohl endo- als exothekal eingetreten. Die eben geschilderte Entwicklung 
des trabekulären Baues im Skelet hängt somit innig mit diesen Skulpturverhältnissen der Oberfläche 
zusammen. Diese Bildung von trabekelähnlichen Gebilden bei dem Coccoserinenstamme steht keines- 
wegs vereinzelt in der Familie der Heliolitiden da. Bei der von mir beschriebenen Plasmopors ramosa 
nov. sp- und Pl. Grayi Epw. & H. findet sich eine ähnliche Structur in der verdiekten Rindenzone, 
obwohl diese Formen in dem centralen Theile des Stockes einen vollkommen typischen Proporentypus 
haben. Dieser Umstand hat mich erst auf den Gedanken gebracht, dass zwischen diesen und den Cocco- 
serinen eine nähere Verwandtschaft bestehen müsse, ohne dass ich lange wirkliche Beweise hierfür finden 
konnte. Erst das genaue Studium von Palaeopora und der esthnischen Form gab mir den Schlüssel 
zu dieser Frage. Auch bei einer anderen noch unbeschriebenen Plasmopora, die im norwegischen 
Obersilur vorkommt und von den vorher beschriebenen ganz verschieden ist, habe ich eine ähnliche 
Tendenz gefunden. ; 

Ich führe alles dies hier an, um hervorzuheben, dass trabekelähnliche Gebilde mehrmals in 
dieser Gruppe ganz unabhängig von einander auftreten und immer an einen eigenthümlichen Verdickungs- 
prozess des Skeletes gebunden sind. 

Bei den jüngeren Korallen ist gerade der trabekuläre Aufbau für das gewöhnliche, unverdickte 
Skelet bestimmend. Darin beruht also ein Unterschied. Wichtig ist fernerhin der Umstand, dass bei 
den Plasmoporinen, wie ich noch näher zeigen werde, in grosser Menge Septalgebilde vorkommen, die 
ich mit Sicherheit als einfache Trabekeln deute; diese haben genau dieselbe Orientirung wie die grös- 
seren trabekulärförmigen Gebilde bei den Coccosermen. Wenn aber diese letzteren mit den ordinären, 
‚sicher ächten Fascikeln und Trabekeln bei den Plasmoporinen homolog wären, sollte man annehmen, 
dass solche Gebilde am ehesten bei denjenigen Plasmoporinen sich entwickeln würden, in deren un- 
verdickter Markzone ordinäre Trabekeln reichlich vorhanden sind. Das ist aber nicht der Fall. Sowohl 
Pl. ramosa nov. sp., Pl. Grayi Epw. & H. als die neue, obersilurische Form sind so sparsam wie 
möglich mit solchen versehen; ich konnte überhaupt bei diesen keine beobachten. Ich glaube dess- 
halb, dass man sie nicht als völlig homologe Bildungen ansehen kann und werde die Coccoserinen- 
trabekel nur als trabekelähnliche Gebilde bezeichnen. 

Diese Auseinandersetzung hat also zwei Hauptresultate geliefert, die für die Bestimmung der 
systematischen Stellung der Coccoserinen von fundamentaler Wichtigkeit sind. Erstens, dass diese 
Korallen eine schon im Untersilur aussterbende Formenreihe bilden, in welcher die eigenthümliche 
Trabekelstructur nur bei den am meisten differenzirten Formen typisch entwickelt ist, und dass dess- 
halb das in dieser Beziehung noch undifferenzirte Markskelet bei der Stammform, Palaeopora inordi- 
nata LonsD., allein der Ausgangspunkt für die Bestimmung ihrer Entstehung und Verwandtschaft sein 
muss. Zweitens, dass die trabekelähnlichen Gebilde nicht direkt den ächten Trabekeln bei den jüngeren 
Hexakorallen homolog sind. 

Wenn man die verschiedenen Ansichten über ihre systematische Stellung durchgeht, sieht man 


bald, dass alle diese nur ihre Verbindung mit sehr viel später auftretenden Formen beabsichtigen. 
Selbst wenn eine von diesen die richtige wäre, wäre hiermit kein Licht über ihre phylogenetische 
Entstehung verbreitet. Bevor ich desshalb diese früheren Ansichten einer Kritik unterwerfe, werde 
ich erst versuchen, die letzte Frage zu lösen. 

Der Bau des Skeletes in der Markzone von Palaeopora inordinata LoNnsp., Wovon man aus- 
sehen muss, zeigt im Allgemeinen grosse Uebereinstimmung mit den Heliolitinen. Sie beruht auf den 
erossen Endothekalröhren mit der constanten Zwölfzahl der Septen und dem in deutliche Röhren diffe- 
renzierten Exothekalgewebe, eine Eigenthümlichkeit, die bei keinen anderen palaeozoischen Korallen 
bekannt ist. Als hauptsächlicher Unterschied muss die Porosität des Skeletes bei den ursprünglichen 
Coceoserinen angesehen werden. Ich meine nun, dass diese Eigenthümlichkeit des Baues sich sehr 
wohl mit einer gemeinsamen Abstammung der Coceoserinen, Heliolitinen und Plasmoporinen in Ueber- 
einstimmung bringen lässt. Vergleicht man die Oberflächenbeschaffenheit dieser verschiedenen Formen, 
so gewähren schon die Abbildungen bei Mıuxe Epwarps & Hame in „British fossil Corals“ beson- 
ders von Plasmopora und Propora, obwohl sie etwas zu schematisch gezeichnet sind, einige Anhalts- 
punkte über den Bau des Weichkörpers dieser Formen. 

Sehr instruktiv ist in dieser Beziehung eine Abbildung von Sarpesox ' von Plasmopora tubu- 
lata Loxsp.. sowie die eines ausgezeichnet erhaltenen Exemplars von Plasmopora seita Enw. & H. 
aus Gotland®. Bei letzterem verdicken sich die Septen, die endo- 
thekal aus isolirten Trabekeln bestehen, in der Mauer, setzen sich 
exothekal direkt fort, und sind hier mit eigenthümlichen Seitenvor- 
sprüngen versehen. Zwischen den Septalverdickungen der Mauer ist 
diese tief ausgeschnitten und sehr dünn, so dass man oft glaubt, die 
Interseptalloeuli setzen direkt ohne Unterbrechung in die exothe- 
kalen Rinnen fort. In Wirklichkeit ist dies aber nicht der Fall. 
Ausserhalb der dünnen und niedrigen Theile der Mauer laufen: sehr 
deutliche radiäre Rinnen, die von den eben besprochenen seitlichen 
Vorsprüngen der costalen Teile der Septen in kleinere Räume un- 
vollständig getheilt sein können. Diese Rinnen communieiren mehr 
oder weniger direkt mit denjenigen der benachbarten Kelche. 
Öft können in dieser Weise zwei Kelche durch eine gerade Rinne 


2 = E e M ; £ R m 6 SMoDor« Sci 
verbunden sein, während in anderen Fällen die beiden Rinnen mit- up a0 BElsmepor eig 
Epw. & Haıme, 


Theil der Oberfläche eines Stockes 
Zwischen den Kelchen können diese Rinnen sich in unregel- aus Gotland. Nach einer Photo- 


mässige Räume verzweigen, die in die radiären durch seichtere graphie. Schwache Vergrösserung. 
Lücken einmünden oder auch abgeschlossen sind. 
Bei diesen Formen ist der radiäre Verlauf der exothekalen Rinnen besonders deutlich; bei 
anderen Plasmoporinen, besonders bei denjenigen mit reichlichem Exothekalgewebe ist dies nicht der Fall. 
Bei einer Uebergangsform zu Heliolites, Nicholsonia megastoma, M’Coy, und einer Varietät von 
H. interstinetus, Lıs. aus Gotland habe ich ähnliche Verhältnisse gefunden; die Einsenkungen leiten 
immer in exothekale Räume oder Rinnen aus. 


einander nicht communieiren. 


' Sarpeson, Bezieh. d. foss. Tabulaten p. 279. 
2 Dies im hiesigen Museum sich befindende Stück stimmt nicht vollkommen mit der Beschreibung und Abbhil- 
dung von M. Eowarps & Haınr überein. 


EN are 


Alles dies kann wohl nicht anders erklärt werden, als dass in den Weichtheilen von den ecto- 
coelen Mesentrialtaschen starke Röhren über die Mauer hinausliefen, um dann das Exothekalgewebe 
in mehr oder weniger regelmässig radiärer Richtung zu durchqueren. Hier haben sich auch allmählich 
eigenthümliche Caeca' entwickelt, die bei dem typischen Heliolites am vollkommensten ausgebildet 
sind. Die benachbarten Personen standen dadurch miteinander in Verbindung. 


Ich stimme hierin mit SARDESON überein, ohne desswegen eine nothwendige Verwandtschaft 
ınit Heliopora anzuerkennen. WEISSERMEL? hat in einer kürzlich erschienenen Kritik über SARDESON’S 
Erklärungsversuch der systematischen Stellung der Tabulaten diese Auffassung bekämpft, indem er 
meint, dass sie mit Linpsrröm’s Gebränscheibetheorie nicht in Einklang gebracht werden kann. Allein 
es handelt sich hier um eine Art von Coenenchym, ein Gebilde, das wie Ocınvım? gezeigt hat, in 
verschiedener Weise entstehen kann. In vielen Fällen verschwinden in Korallenkolonien die eigentlichen 
äusseren Wände, womit die Zellen ursprünglich aneinander grenzten, wobei eine innere Mauer in ver- 
schiedenem Abstand vom Kelchcentrum, und zwar gewöhnlich an der Grenze zwischen äusserer und 
innerer Dissepimentzone durch Verbreiterung der Septen entstehen kann. Ausserhalb dieser können sich 
die Costae in verschiedener Weise reduziren oder modifieiren, und hierdurch entsteht oft ein mehr 
oder weniger ausgeprägtes Dissepiment-Coenenchym, das sich auch in ein spongiöses oder poröses um- 
bilden kann. Dieser Vorgang wurde bei den Oyathophylliden nachgewiesen und findet sich bei ihren 
Nachkommen, den Astraeiden, sehr verbreitet. 


Eine andere Art der Coenenchymbildung kann durch ein eigenthümliches Hervorsprossen von 
röhrenförmigen Fortsätzen von den Einzelzellen entstehen. Diese nicht völlig sicher gestellte Bildungs- 
weise glaubt Ocınvır in dem Turbinolidenstamme entdeckt zu haben und leitet das Coenenchym bei 
den meisten recenten Perforaten hiervon ab. 


Auch bei den Heliolitiden kann man meiner Ansicht nach von einem Coenenchym sprechen, 
das in ähnlicher Weise wie im erstgenannten Falle entstanden ist. Es ist dies geradezu eine noth- 
wendige Folge .der Lıwpsrtrönm’schen Theorie, die ja auch von WEISSERMEL angenommen wird. Eine 
Andeutung der ursprünglichen Begrenzung der Personen hat Linpström*) bei einer obersilurischen 
Plasmopora noch nachweisen können. 


Die Bildung einer inneren Mauer lässt sich, wie ich zeigen werde, bei den Plasmo- 
porinen am besten nachweisen; bei diesen sind die innere und äussere Dissepimentzone am 
schönsten und reisten entwickelt; in der äusseren ist eine radiäre oder den endothekalen Septen 
entsprechende Richtung der exothekalen Septalemente bei den ältesten Formen nicht zu sehen, 
und es ist, wie mir scheint, hier unnatürlich anzunehmen, dass die Mesenterien sich ausserhalb der 
(innern) Mauer fortgesetzt haben. Dies ist den Verhältnissen z. B. bei Galaxia vollkommen homolog; 
bei dieser Form muss man auch annehmen, dass die Septen sich ursprünglich von Kelch zu Kelch 
fortgesetzt haben; die äussere Mauer wurde reduzirt, eine innere neu angelegt und die costalen Theile 
der Septen allmählich zum Schwinden gebracht. Bei den Plasmoporinen trat in einzelnen Reihen der 
eigenthümliche Fall ein, dass die Septalemente sich exothekal wieder zu ächten Costae sammelten; 


' Diese Bezeichnung braucht Bourne in seiner Beschreibung von Heliopora (Philos. Transact. 1895). Ich 
brauche sie auch von Heliolites, ohne damit eine Verwandtschaft mit dieser aussprechen zu wollen. 

° Sind die Tabulaten Vorläufer der Alcyonarier? (Z. d. D. G. G. 1898, p. 58.) 

° Microscop. a. systemat. Study of Madreporarian 'Types of Corals, p. 261. 

* Obersilurische Korallen von Tshau-Tiön (Rıcaruoren, China, Bd. IV, p. 59). 


en 


es wäre desshalb möglich, dass bei solchen Formen die Mesenterien sich ausserhalb der Mauer wieder 
ausbreiteten. Bei den meisten scheint das jedoch nicht der Fall gewesen zu sein. Wie bei vielen 
anderen Korallen kann man auch bei den Heliolitiden annehmen, dass die Septen nur endocoel an- 
gelegt wurden. Ich glaube, dass in solchen Fällen die ectocoelen, von Skeletbildungen nicht ein- 
seensten Räume die Nahrungszufuhr zu den ectothekalen Theilen übernahmen. Durch Einschränkung 
der Mesenterien auf die endothekalen Röhren und die hierdurch verursachte Unregelmässigkeit des 
ectothekalen Kanalsystems, ferner durch eine weitere Differenzivung des allmählich entwickelten Coe- 
nenchym wurde dann ein mehr oder weniger regelmässig angeordnetes und in den verschiedenen Reihen 
verschieden differenzirtes System von Coenenchymkanälen, die in den ectocoelen Mesenterialräumen ein- 
mündeten, entwickelt. Bei dem Coccoserinenstamme wurde es mehr und mehr unregelmässig und hat 
nicht nur oberflächliche, sondern auch innerliche Spuren hinterlassen. Eine ähnliche Entwicklung zeigt 
auch Zurbinaria‘), bei welcher die Septen nur entocoel sind und die Verbindungskanäle nach dem 
Conenchym gewöhnlich von den ectocoelen Mesenterialtaschen ausgehen. 

Diese Anordnung der Weichtheile kommt nicht überall im Skelethbau zum Ausdruck. Man 
kann sich wohl denken, dass die Röhren mehr oder weniger oberflächlich verliefen, wobei entweder 
nur einige oder auch alle Spuren auf der Oberfläche des Skeletes hinterliessen. Bei Helolites sind 
nur die meist regelmässig entwickelten Caeca im Skelet angedeutet. 

Alle diese Verhältnisse der Oberfläche werden bei den Plasmoporinen und Heliolitinen durch 
das Anwachsen des Skelets vollständig verhüllt und sind darum im Dünnschliff nicht zu sehen. Die 
Koralle baut weiter, ohne dass die Röhren in den Weichtheilen vom Skelet überwachsen und einge- 
schlossen werden. Die Weichtheile sitzen mit anderen Worten ganz oberflächlich auf dem Skelet. 

Anders bei den Coccoserinen. Hier kann man sich aus der Oberflächenbeschaffenheit den- 
selben Bau der Weichtheile rekonstruiren. Die Röhren waren bei den ursprünglichen Formen z. B. 
in dem Markskelet von Palaeopora inordinata nicht bloss oberflächlich vorhanden, sondern hatten 
sich auch im Innern länger erhalten. Hierdurch erklärt sich die eigenthümliche Porosität dieser 
Formen. Bei den mehr und mehr verdickten Skeleten in dieser Formenreihe verschwinden sie voll- 
kommen. Man kann sich aber nicht vorstellen, dass der Bau der Weichtheile wesentlich anders ge- 
worden sei. Die Ursache der Verschiedenheit beruht wohl darin, dass im späteren Wachsthum die 
Weichtheile nur oberflächlich dem Skelet aufruhten. Die Umbildung eines porösen Skeletes in ein 
dichtes innerhalb der verschiedenen Wachsthumsperioden ein und derselben Form wiederholt sich auch 
in der phylogenetischen Entwicklung der ganzen Gruppe. 

In dieser Weise stelle ich mir den Ursprung der Coccoserinen, Plasmoporinen und Heliolitinen 
vor und vereinige sie desshalb als Unterfamilien in ein und derselben Familie. Ich werde später aus- 
einandersetzen, wie diese Unterfamilien miteinander verbunden sind. Vorläufig wollte ich nur nach- 
weisen, dass die Coccoserinen hier ihren natürlichen Platz finden. 

Die verschiedenen Ansichten über die Verbindung der Coccoserinen mit späteren Formen, 
speziell mit den Hexakorallen, werden sich am besten an die Erörterung über die systematische Stel- 
lung der ganzen Heliolitidengruppe anschliessen. 


! Fowter, Anatomy of the Madreporaria, III (Quart. Journ. Microsc, Science, Vol. 28, 1888), p. 1, Pl. I, 
Fig. 1—3. 


Palaeontographiea. Pd. XLVI, 3 


Unterfamilie II: Palaeoporitinae. 


1. Artbeschreibung. 


Palaeoporites nov. gen. 


Palaeoporites estonicus Krär. 


(Taf. II, Fig. 1—4.) 


Korallenstock kugelig oder unregelmässig knollig. Das grösste Exem- 


plar ist 9 cm hoch und 5 cm breit und dick. 


Eine gut erhaltene Oberfläche zeigt schwach eingedrückte Thekalröhren mit einem Durch- 
messer von 1,5—2 mm. Ihr gegenseitiger Abstand beträgt durchschnittlich etwas weniger als 1 mm 


Fig. 7. Palaeoporites estonicus 
nov. gen. und sp. 
Ausgewitterte Oberfläche eines Stockes 
aus Karjakörts, Esthland, F. 2. 
Nach einer Photographie. 
Schwache Vergrösserung. 


(0,5—1 mm). Die Thekalwände ragen kaum über die umgebende 
Exothek vor und sind überhaupt sehr rudimentär entwickelt. Die 
Exothek ist reichlich vorhanden und macht einen Helöolites-ähnlichen 
Eindruck, mit 1—3 Reihen von unregelmässigen und oft zusammen- 
fliessenden Exothekalröhren zwischen den thekalen. Was diese Form 
besonders charakterisirt, ist der schon auf der Oberfläche zum Vor- 
schein kommende trabekuläre und poröse Bau des Skeletes. Alle 
Skelettheile zeigen einen feinhöckerigen Rand, wodurch diese Koralle 
an Coccoseris Schmidtii Krär erinnert. Wie bei dieser letzteren sind 
die Septen, die immer in Zwölfzahl entwickelt sind und ungefähr 
bis in die Hälfte des Kelches fortsetzen, aus mehreren Reihen kleiner 
Höcker (Trabekelspitzen) zusammengesetzt. 

An der Thekalwand sieht man 2—3 Tuberkeln oder Höcker 
und zwar folgen nach innen 1—2 Paare und zuletzt ein einzelner; 
man kann hier also besser von Quer- als Längsreihen sprechen. In 
der Mitte des Kelches erhebt sich eine kreisrunde, aber nicht stark 
erhöhte Columella, die aus 12—15 kleinen Höckerchen zusammen- 
gesetzt ist. Die Interseptalloeuli sind entweder nach aussen von 
Thekaltrabekeln abgeschlossen oder setzen direkt ohne Wand- 
abschliessung in die benachbarten Exothekalröhren fort. 


Die Ränder dieser letzteren werden alle aus kleinen Höckerchen 


gebildet, welche die Röhren bald vollständig, bald unvollständig begrenzen. In letzterem Falle com- 
inuniciren die Exothekalröhren durch grosse Oeffnungen miteinander; in ersterem führen nur die 
seichten Canäle zwischen den Höckern in die benachbarten hinüber. 


Alle hier geschilderten Verhältnisse der Oberfläche machen den Eindruck einer stark porösen 
Koralle, was durch die mikroskopische Untersuchung auch vollständig bestätigt wird. 


Die Oberfläche hat: Aehnlichkeit mit Heliolites; die Dünnschliffe zeigen aber so eigenartige 
Verhältnisse im Skeletbau, dass man über die Stellung dieser Form zweifeln kann. 


Im Querschlif bemerkt man sofort eine scheinbar erosse Verschiedenheit m der Skelet- 
besehaffenheit der verschiedenen Personen, die aber ihren Grund nicht in einem fundamentalen Unter- 
schiede des Baues der einzelnen Kelche hat, sondern dadurch zu erklären ist, dass die Porosität nicht 
sleichmässig, sondern in horizontalen Zonen stärker oder schwächer entwickelt ist. Ich werde von 
einem Durchschnitt ausgehen. worin die Porosität noch wenig zum Vorschein kommt. 

Der Septalbau ist hier sehr eigenthümlich. Wie bei Coccoseris Schmidtii und Ungerni sind 
die Septen aus doppelten oder mehrfach der doppelten Reihen von Trabekeln aufgebaut. Während 
aber bei diesen die einzelnen Trabekeln lange, regelmässige, massive Gebilde sind, haben sie bei Palaeo- 
porites einen viel unregelmässigeren Verlauf, der in erster Linie in dem stark porösen Bau des ganzen 
Skeletes begründet ist. Die Trabekeln des Septums, die als längere und kürzere Dornen entwickelt 
sind, steigen nahe an der Mauer steiler nach oben als weiter innen, wodurch sie im Grossen und 
Ganzen einen bogenförmigen Verlauf bekommen; ausserdem divergiren sie auf beiden Seiten des Sep- 
tums nach aussen. Man kann sagen, dass sie zu bogenförmigen, nach oben und innen (ca. 25° zu 
der Längenachse der Thekalröhren) aufsteigenden Längsreihen vereinigt sind, die nicht direkt auf den 
vorhergehenden liegen, sondern vielmehr durch einen Zwischenraum von diesen abgeschieden sind, 
ungefähr wie bei Pholidophyllum; sie sind ausserdem mit den benachbarten in verticaler Richtung 
(durch synaptieuläre Gebilde verbunden, die keine gesetzmässige Stellung zeigen. Hiermit dürfen die 
(Querschnitte der Tabulae, die sich auch zwischen den Septalfascikeln fortsetzen, nicht verwechselt 
werden. Stellenweise sieht man, dass sie dicht aneinander liegen, und sehr oft, dass sie einen un- 
regelmässigen und abgebrochenen Verlauf besitzen. 

In den Querschnitten der Septen tritt der eigenthümliche Bau noch klarer hervor. Besonders 
lehrreich sind die Längsschnitte, in welchen die Kelcehröhren etwas schief geschnitten sind; hier sind 
nämlich die medianen Septen unten jedenfalls stellenweise parallel der Längenachse der Trabekeln, 
oben dagegen quer über diesen getroffen. In Verbindung mit den Bildern der Septen, die man im 
gewöhnlichen Querschnitt des Kelches sieht, kann man aus diesen folgende Verhältnisse feststellen. 
Nahe an der Mauer stehen die Trabekeln in mehreren lteihen, die oft sehr unregelmässig angeordnet 
und durch unregelmässige Querkanäle und Höhlungen durchbrochen sind, so dass die Septen dadurch 
oft einen sehr verwickelten Bau bekommen. Weiter innen findet man gewöhnlich nur zwei Reihen, 
stellenweise anscheinend nur eine Reihe, und die Anordnung ist hier eine regelmässigere; in dieser 
Zone kann man Bilder bekommen, die einem zusammengesetzten Trabekel sehr ähnlich sind, indem 
anscheinend Fascikel in zusammenhängender Reihe nach oben und aussen ausstrahlen. Die einzelnen 
Fascikel (?) treten durch diese Stellung aus der Septalfläche hervor, was sich in den Schnitten als 
Vorsprünge zeigt. 

Die Septen treten häufig durch synapticuläre Fortsetzungen mit einander in Verbindung, wie 
sie auch mit der Columella innig verbunden sind; diese wird von vertikalen Trabekeln gebildet» 
zwischen denen ein unregelmässiges System von Längs- und Quer-Kanälen verläuft. Die Mauer ist 
sehr porös und scheint aus vertikal gestellten Trabekeln aufgebaut zu sein. Denselben Bau scheint 
auch das exothekale Gewebe zu besitzen; dasselbe wird aus Längsröhren durchsetzt, die einen in 
Grösse und Form sehr wechselnden Querschnitt haben und durch Querkanäle miteinander in Verbin- 
dung stehen, Ich weise hier auf die Abbildungen hin, die alles dies besser als jede Beschreibung 
zeigen. Die gewöhnliche Form ist eine lappige, und überdies sieht man häufig eigenthümliche Fort- 
sätze in die Röhren hineinragen, die eine grosse Aehnlichkeit mit den Gebilden bei Heliolites lamel- 
latus, Weszeu haben. Bei diesen treten sie jedoch hauptsächlich in den Thekalröhren auf, obwohl 


N 


sie sich auch in selteneren Fällen in den Exothekalröhren finden'. Durch das ganze Skelet laufen dicht- 
gestellte, aber unregelmässige Querblätter (Tabulae). 

Wie aus dieser Beschreibung hervorgeht, ist das ganze Skelet zwar stark porös, aber in ge- 
wissen Zonen beträchtlich verdickt, so dass die Interseptalloculi und die Löcher des Exothekalgewebes 
nur als feine, geschlängelte Ritzen auftreten. In anderen Zonen, wo die Verdickung minimal ist und 
der Schnitt einen sehr porösen Theil des Skeletes getroffen hat, ist das Ganze bis zur Unkenntlich- 
keit des Kelches in einzelnen isolirte Fascikeldurchschnitte aufgelöst. 


2. Geologisches Auftreten. Ich habe diese sehr interessante Form auf meiner Reise in 
Esthland 1896 bei Röa (zwischen Kois und Herküll), Karjakörts und Borkholm in F.2 gefunden; sie 
scheint also ziemlich allgemein in dieser obersten Zone des Untersilurs aufzutreten. 


3. Allgemeine systematische Bemerkungen. Die systematische Stellung dieser Form 
war mir anfangs ganz unklar; erst das genaue Studium von Palaeopora inordinata, M’Coy und der 
Coccoseris-Reihe lieferte die Lösung dieser Frage. Ich muss die Ableitung unserer Art von der ge- 
nannten Palaeopora als ausserordentlich wahrscheinlich betrachten, und zwar aus folgenden Gründen. 
Der allgemeine Typus des Stockes ist dem eines Helolites und folglich auch der Palaeopora inordi- 
nata, M’Coy ganz ähnlich. Die Porosität des Skeletes ist schon bei dieser letzten schwach entwickelt, 
und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Eigenthümlichkeit in einer besonderen Reihe sich weiter 
ausbilden konnte, und dies um so mehr, als die Coccoseris-Reihe, die ja ebenfalls sich von Palaeopora 
entwickelt hat, mit Ausnahme der Porosität vollkommen denselben Bau des Septum, wie den bei Pa- 
laeoporites estonicus beschriebenen zeigt. Das geologische Auftreten steht auch hiermit vollkommen 
in Uebereinstimmung; P. inordinata, M’Coy hat eine weite Verbreitung in älteren Schichten, in Esth- 
land in F.1, während P. estonicus erst in F. 2 auftritt und nach unserer jetzigen Kenntniss als eine 
lokale Art betrachtet werden kann. 

Bei der Artbeschreibung habe ich überall von Trabekeln gesprochen, ohne die Berechtigung 
dieser Bezeichnung näher bewiesen zu haben. Bei Coccoseröis kam ich zu dem Resultat, dass die hier 
mächtig entwickelten, balkenförmigen Gebilde nur als trabekelähnliche Bildungen aufgefasst werden 
können; bei Palaeoporites dagegen sprechen verschiedene Verhältnisse für eine andere Auffassung. 
In beiden Fällen ist der innere Bau eine Folge der Sculptur der Oberfläche, bei der letzteren Form 
dagegen keineswegs in einer Skeletverdickung begründet, indem der trabekuläre Bau schärfer in den 
unverdickten als in den verdickten Zonen des Stockes zu sehen ist. Ich glaube desshalb, dass dieser 
Bau bei P. estonicus ganz unabhängig von der Coccoseris-Reihe sich entwickelt hat, und dass er mit 
dem ähnlichen Bau bei anderen Korallen direkt sich vergleichen lässt. Der Erhaltungszustand ist 
leider nicht günstig genug, um alles, was man wünschen könnte, festzustellen. Nur in Längsschliffen 
konnte die Strahlung der Kalkfaser konstatirt werden und auch hier nicht mit der erwünschten 
Klarheit. Die Kalkfasern laufen steil nach oben und aussen; sichere Caleificationscentren habe ich 
nicht gesehen. 

Ich habe vorher von den eigenthümlichen Bildern in Längsschliffen gesprochen, wenn eine 
Thekalröhre schwach schief getroffen ist. Man kann dann im unteren Theil der getroffenen Röhre 
trabekelähnliche Septaldurchschnitte sehen, in denen die einzelnen sehr deutlichen Fascikel beiderseits 
nach aussen divergiren und in Seitentuberkeln endigen. Dies entspricht jedoch nicht den wirklichen 


‘ In einem Präparat von einer Kolonie aus Kozel, Böhmen, sind diese Gebilde viel stärker entwickelt, als von 
Wenzeu abgebildet. 


Verhältnissen. Das Bild kommt dadurch zu Stande, dass mehrere Reihen von Septaltrabekeln, die in 
der Schnittfläche zufälligerweise in Verbindung standen, schief geschnitten werden; es ist also nicht 
ein Trabekel mit nach beiden Seiten ausstrahlenden Fascikeln, sondern eine grössere Anzahl von Tra- 
bekeln, die in 2 Längsreihen geordnet und im Schlif! schief geschnitten sind. 

Wie aus meiner Beschreibung hervorgeht, besteht das Septum aus mehreren, nach aussen 
an Zahl zunehmenden Reihen von kurzen einfach gebauten Trabekeln, die schief nach oben und innen 
laufen und ausserdem nach beiden Seiten divergiren; sie sind unregelmässig aneinander gefügt und 
bilden ein häufig sehr löcheriges Gewebe. Auf den Seiten laufen die einzelnen Trabekeln als kleine 
Hervorragungen aus. i 

Dieser Bau erinnert an denjenigen bei Hupsammia (OsınvıE, Microsc. a. system. Study of 
Madreporar. Types of Corals, pag. 193—197). Ob eine wirkliche Verwandtschaft mit dieser besteht, 
werde ich an einer anderen Stelle erörtern. 


Unterfamilie II: Proheliolitinae. 


Proheliolites nov. sp. 


Feinröhrige Heliolitiden mit dichten Mauern; Thekalröhren gewöhnlich so dicht gedrängt, dass 
sie sich direkt berühren und dadurch polygonal werden. Septen als Verticalreihen von entferntstehen- 
den, nach unten gewendeten Dornen entwickelt. Exothek sehr redueirt, oft nur in den Ecken zwischen 
den aneinander stossenden Thekalröhren vorhanden. Exothekallamellen oft entwickelt, aber dann in 
keinem gesetzmässigen Verhältniss zu den Septaldornenreihen; in den übrigen Beziehungen ist die 
Exothek Heliolites-ähnlich. Die Knospung geht wie bei Helolites vor sich und ist nur durch die 
Reduction der Exothek modifieirt. Die neuen Kelche und die Septaldornenreihen legen sich ganz all- 
mählich an. 

Obwohl diese Form schon lange bekannt und von mehreren Autoren untersucht ist, war doch 
ihre systematische Stellung so wenig klar gelegt, dass WEnzeu! noch in jüngster Zeit die Zugehörigkeit 
zu den Heliolitiden als sehr unwahrscheinlich ansehen konnte. 

Mit dem sicheren Nachweis einer Knospung, die derjenigen der Heliolitiden gleichwerthig ist, 
scheint mir ihre Stellung unter diesen gesichert; in anderen Beziehungen zeigt sie jedoch so viele 
Eigenthümlichkeiten, dass sie einen ziemlich isolirten Platz in der Familie einnimmt. Das hat mich 
veranlasst, sie nicht nur als besonderes Genus, sondern auch als Vertreter einer eigenen Unterfamilie 
zu betrachten, deren nähere Begründung ich in der allgemeinen Uebersicht liefern werde. 


Proheliolites dubius F. ScHmipr. 
(Taf. III, Fig. 5—6, Taf. VI, Fig. 3—5.) 


1858. Heliolites dubia F. Scuaipr, Untersuch. über die Silur-Formation von Esthland ete., p. 226. 
1861. = „  F. Röner, Die fossile Fauna der silur. Diluvialgeschiebe von Sadewitz, p. 26, "Taf. IV, 
Fig. 5—5b. 


‘ J. Wexzer, Anthozoa tabulata, p. 30. 


DORF 

1865. Chaetetes ? nov. sp. KyEruLr, Veiviser v. Geolog. -excursioner i. Christiania Omesn. (Universitetspro- 
gramm), p. 16. 

1867. Heliolites dubia Törnausst, Lagerföljden i. Dalarnes undersilur. bildn. (Lunds Universitets ärsskrift) 
pag. 19. 

1873. Heliolithes favosus M’Cox, Lıxosrrön, Förteckn. pä svenska undersilur. korallen (Öfvrs. af. Kong]. Ve- 
tensk. Akad. Förhandl. 1873. No. 4) p. 23. 

1877. Heliolites dubia Dysowskı, „Die Chaetetiden“, p. 113, Taf. 4, Fig. 2—2a. 


1880. n »„ Linpsrrön, Fragmente Silurica, p. 32, Tab. I, Fie, I—4. 

1880. ep „  NIcHoLson & ETHERIDGE, „Girvan“ III, p. 250. 

1883. 4 dubius F. Römer, Lethaea, p. 505. 

1889. Heliolithes „ _NıcHoLson & LyDEkker, A Manual of Palaeontology. Vol. I. p. 336, Fig. 217 a—b. 
1393. e „  Anpersson, Ueber Blöcke aus dem jüngeren Untersilur, auf der Insel Öland vorkom- 


i mend. (Öfvers. af. Kongl. Vet. Akad. Förhandl. 1893. No. 8. p. 538.) 
1894. Heliolites dubia WuissermeL, Die Korallen der Silurgeschiebe Ostpreussens u. d. östlich. Westpreuss. 
(Zeitschrift d. Deutsch. Geolog. Ges. p. 666, Taf. 53, Fig. 4.) 
1895. Heliolithes dubius Wenzeu, Zur Kenntniss der Zoanth. Tabulata. (Denkschrf. d. Mathem. Naturwiss. 
Classe d. Kais. Akad. d. Wiss. Bd. LXII, p. 30.) 
1896. Heliolites dubius SarDeson, Ueber die Bezieh. d. fossil. Tabulaten z. d. Aleyonarien (N. Jahrk. Beilage- 
band X), p. 270, 


Beschreibung. 
A. Typische Form. 


(Taf. II, Fig- 5—6, Taf. VI, Fig. 5.) 


Kommt in kleineren oder grösseren, knollenförmigen Stöcken mit kleiner Anheftungsfläche vor 
(der grösste S >< 8.5 ><5 cm); doch treten auch dünne, cylindrische Stämmchen auf, wahrscheinlich 
als Auswüchse auf grösseren Stöcken. 

Wie man an gut erhaltener Oberfläche sehen kann, haben die Thekalröhren, die normal einen 
Durchmesser von 0,8—0,9 mm besitzen, einen ebenen, nicht erhabenen Rand. Die Wand nimmt "he 
bis '/is des Thekaldurchmessers ein und besteht aus hellem Kalk, wie bei den übrigen Heliolitiden; 
sie ist nicht oder ganz schwach eingekerbt. Den Einkerbungen entsprechen 12 ganz. niedrige und 
feine Septalleisten (besonders in ausgewitterten Röhren zu sehen); von diesen gehen kurze, schräg 
nach unten gerichtete Septaldornen aus, von denen wieder eigenthümliche Büschel ausstrahlen; hierdurch 
scheinen die Dornen in schwacher Vergrösserung kalkig verdickt. Die Septaldornen stehen ca. 0,3 mm 
von einander entfernt. Die Böden sind horizontal oder schwach concav und treten in regelmässigen 
Abständen (0,6—1 mm) auf. Die Thekalröhren stehen gewöhnlich so dicht gedrängt, dass sie an 
einander stossen; die Wände sind alsdann ohne Trennungslinie verschmolzen. Je nach der Entwick- 
lung der Exothek erhalten die Kelche eine verschiedene Form, die ausserdem durch die eigenthüm- 
jichen Knospungsverhältnisse beeinflusst wird. In denjenigen Theilen des Stockes, in welchen keine 
Knospung vor sich geht, sind die Thekalröhren durchgehends regelmässig zwölfeckig, indem ein Kelch 
an 6 andere direkt angrenzt und die Exothek in den Ecken zwischen je 3 Kelchen als ein dreieckiges 
Rohr entwickelt ist. Die Exothekalröhren können sich . vergrössern und theilen; hierdurch werden 
natürlich die Thekalröhren weiter von einander entfernt, frei und verlieren ihre eckige Form. An 
anderen Stellen, an denen eine reichliche Knospung stattfindet, ist das Aussehen sehr verschieden. 
Da nämlich die neuen Personen sich nicht plötzlich im vollständiger Grösse anlegen, sondern langsam 
hervorwachsen, so sieht man hier unregelmässige Röhren von sehr verschiedener Grösse und Form; 


‘ Lınpström, Fragmenta silurica, S. 32. 


Fa 33 
a 


sie stehen dicht nebeneinander, oft ohne zwischenliegende Exothek. Der Querschnitt kann stellenweise 
geradezu ein Favosites-ähnliches Bild geben. 

Wie schon hervorgehoben, fehlt die Exothek bald vollständig, bald nimmt sie die Ecken 
zwischen den Thekalröhren und zwar als eine dreieckige Röhre ein; diese Röhren vergrössern sich, 
berühren die benachbarten, theilen sich und bilden auf diese Weise oft einen fast vollständigen Gürtel 
um die Thekalröhren herum. Sie sind dann stets von den angrenzenden durch vollständige Wände 
zeschieden. Ihre Böden folgen in regelmässigen, ca. 0.25 mm entfernten Abständen auf einander; ihr 
Durchmesser ist höchstens '/s—"/a von demjenigen der Thekalröhre. 


B. Mutatio. 
(Taf. VI, Fig. 3—4.) 


Unterscheidet sich von der typischen Form durch stark verdickte Wände ('—!/s des Thekal- 
durchmessers), durch reicher entwickelte Exothekalröhren, durch etwas stärkeres Septalskelet und viel 
näher gestellte Böden. Die letzteren folgen in den Thekalröhren in Abständen von 0,2 mm, in den 
Exothekalröhren von 0,1—0.15 mm auf einander. 


Knospungsvorgänge und Anlage der Septen. Das „Coenenchym“ bei Proheliolites 
dubius F. Sc#mipr tritt so spärlich auf und ist so eigenthümlich entwickelt, dass es auf Längsschliffen 
einen Heterotrypa-ähnlichen Eindruck macht. Schon Schmmr war, wie der Name dieser Art aussagt, 
unsicher über seine wahre Natur, und mehrere Autoren haben in neuester Zeit die Stellung dieser 
Form unter den Heliolitiden bezweifelt. Nıcmorsox ' betrachtet sie in seiner letzten Ausgabe des 
Manual of Palaeontology (p. 337) als eine ächte Heliolitide und macht folgende kurze Bemerkung 
über die Knospungsvorgänge: „In H. dubius ... a single siphonopore may sometimes be observed to 
be developed vertically and directly into an autopore.“ 

Da sich aus den Knospungsvorgängen sowohl die richtige Auffassung der Exothek, als auch 
die systematische Stellung und die Verwandtschaftsbeziehungen zu den Heliolitiden ergiebt, so habe 
ich diese Verhältnisse sowohl durch Dünnschliffe als durch allmähliches Abschleifen und Zeichnen? 
genau studirt und daraus folgende Resultate gewonnen: 

Gewöhnlich geht die Knospung der Thekalröhren so vor sich, dass die feinen, in den Ecken 
zwischen je 3 Thekalröhren entstehenden Exothekalröhren sich erweitern und mit einer benachbarten 
zusammenstossen. Die zwei jetzt aneinander grenzenden Röhren vergrössern sich etwas oder theilen 
sich, bis plötzlich die Zwischenwand verschwindet und der Platz über den zwei oder drei feinen Röhren 
von einer jungen Thekalröhre eingenommen wird. Diese ist anfangs klein, hat eine ausgezogene oder 
etwas unregelmässige Form und gestaltet sich allmählich zu einer normalen, polygonalen oder runden 
Thekalröhre um°. 

An Längsschliffen gewinnt man oft den Eindruck, dass sich einzelne feine Exothekalröhren 


* Weıssermet, Die Korallen der Silurgeschiebe Ostpreussens etc., 1894, p. 667. Wenzeu Anthozoa tabulata 
p- 30: „Die Zugehörigkeit von H. dubius zu den Heliolitiden ist sehr unwahrscheinlich.“ 

® Mehrere Exemplare waren so glänzend erhalten, dass ich trotz der feinen Röhren auf geschliffener Ober- 
fläche alles Wichtige mit Sicherheit erkennen konnte. 

’ Das allmähliche Auswachsen ist auch auf Längsschliffen oft deutlich zu sehen; wenn eine junge Thekal- 
röhre, die fast immer eine ausgezogene Form hat, in ihrer Längsausdehnung geschnitten wird, kommt allerdings dieses 
Verhalten nicht zum Vorschein, 


oe 


selbständig und ganz allmählich zu Thekalröhren erweitern. Immer habe ich jedoch in meinen Schliff- 
serien gefunden, dass auch in solchen Fällen überall ursprünglich zwei Röhren vorhanden waren, oder 
besser ausgedrückt, dass die ursprüngliche, ganz feine, dreieckige Exothekalröhre (ohne mit einer der 
benachbarten zusammenzustossen) sich getheilt und dann erst die allmählich auswacksende Thekalröhre 
eebildet hat. Dieser Vorgang ist natürlich so zu erklären, dass exothekal in den Weichtheilen eine 


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Fig. 8. Knospenvorgänge bei Piroheliolites dubius F. ScHmipr. 


(Schliffserie.) I liegt am höchsten; der Abstand zwischen I und II ist 2 mm, zwischen II und III 0,5 mm, III 
und IV 0,3 mm, IV und V 0,9 mm, V und VI 0,3 mm, VI und VII 0,4 mm, VII und VIII 0,2 mm, VIII und IX 0,7 mm. 


Knospe sich gebildet und dann im Skelet dieselbe Stelle eingenommen hat, an welcher vorher nur 
exothekales, nicht in Differenzirung begriffenes Gewebe vorhanden war; allmählich haben sich dann 
Mesenterialfalten und Septen gebildet. 

An einem schönen Längsschliff fand ich eine Stelle, welche anscheinend klar zeigte, dass eine 
Thekalröhre sich auch durch Quertheilung vermehren kann; da ich jedoch in der Schlifiserie etwas 


ne 


Aehnliches nicht gefunden habe, will ich darauf nur aufmerksam gemacht haben. ohne dass ich mit 
Sicherheit sagen kann, ob hier eine Täuschung vorliest oder nicht. 

Wie man sieht, stimmt die Knospung mit derjenigen bei den übrigen Heliolitiden gut überein, 
wenn man die sehr sparsame Exothek in Betracht zieht. Am bemerkenswerthesten ist das allmähliche 
Auswachsen der Thekalröhren, und hiermit hängt auch eine andere Eigenthümlichkeit dieser Form 
zusammen, nämlich die, dass auch die Septaldornenreihen sich ganz allmählich anlegen. 


Auf den beigefügten Abbildungen einer Schlifiserie habe ich in mehreren der jüngeren aus- 
wachsenden Thekalröhren die Septen eingezeichnet. Wie schon mehrmals angeführt, bestehen die 
Septen aus Reihen von etwas nach unten gewandten Dornen, von denen eigenthümliche Büschel aus- 
strahlen; der letztere Umstand macht es gewöhnlich leicht, die Anzahl der Septen auch an den hervor- 
sprossenden Thekalröhren zu constatiren. Sieht man nur 1—2 Septen, so muss man allerdings vor- 
sichtig sein, um nicht Septen mit Theilungslamellen der Exothek zu verwechseln; gewöhnlich giebt 
aber das weitere Schleifen sicheren Aufschluss darüber. Studirt man die abgebildete Schlifiserie 
näher, so sieht man sofort, dass hier wirklich eine allmähliche und gesetzmässige Anlage der Septen 
stattgefunden hat; Stadien mit 1, 2, 4 und 6 Septen wurden besonders häufig gefunden, 8 Septen 
mit Sicherheit zweimal. Wie sich die 4 letzten anlegen, konnte ich leider nicht mit Bestimmtheit 
nachweisen; sie scheinen fast gleichzeitig zu entstehen. Die Septen 3—S werden paarig angelegt; denn 
wenn auch vereinzelt Stadien mit 3 und 5 gefunden wurden, so glaube ich dies als eine Folge eines 
schief gerichteten Schliffes erklären zu müssen. Dagegen habe ich so häufig ein einzelnes Septum 
gefunden, dass ich annehmen muss, die zwei ersten seien gesondert, nicht gleichzeitig angelegt 
worden. Die Anlage der Septaldornen scheint somit in Uebereinstimmung mit derjenigen der Mesen- 
terialfalten bei den Hexakorallen zu stehen, ein schwerwiegender Beweis dafür, dass diese Dornen wirk- 
liche ächte Septen repräsentiren. Die allmähliche Anlage der Septen bei Prohelöolites sehe ich nur als 
einen primitiven Charakter an, wesshalb diese interessante Form sich zu den übrigen Heliolitiden ver- 
hält wie nach OsınvıE die jurassischen Amphiasteriden zu den jüngsten Hexakorallen !. 

Wegen der Ungewissheit über die Reihenfolge, in der die 4 letzten Septen bei Proheliolites 
sich anlegten, ist es schwierig, etwas Näheres über die Verwandtschaft dieser Form und damit des 
ganzen Heliolitidenstammes mit den Tetrakorallen zu sagen. Dass eine wirkliche Verwandtschaft exi- 
stirt, scheint mir aber überaus wahrscheinlich, was ich in der allgemeinen Uebersicht der Heliolitiden 
auseinandersetzen werde. 

Systematische Bemerkungen. Proheliolites dubius, F. Schu. ist so leicht kenntlich, dass 
ich nicht viel über die Synonymik und Abgrenzung der Art zu sagen brauche. Die esthländische 
Form unterscheidet sich von der typischen nur durch etwas dieckere Wände; dagegen bildet diejenige 
im krystallinischen Korallenkalk auf Oestre Svartö eine wohl ausgeprägte Mutation, die aber durch 
einige Exemplare aus dem Gastropodenkalk, bei denen die Böden etwas näher rücken, mit der Stamm- 
form aufs innigste verbunden ist. Ich werde später zeigen, dass diese Mutation auf biologische Ver- 
änderungen zurückgeführt werden muss, weil ähnliche Veränderungen in der gleichen Weise bei einer 
ganzen Reihe von Formen auftreten. 

Geologische und geographische Verbreitung. Diese Form tritt nur, im baltisch-skan- 
dinavischen Silurgebiet auf und ist hier eine der ausgezeichnetsten Leitfossilien des obersten Unter- 


' Osınvıe, Stramberger Korallen, p. 99. 


Palaeontographica Bd. XLVI. 


Aa 


Silurs. So in Esthland, in den Lyckholmer Sch. (F. Scamipr); in Schweden im Kalkstein mit Zeptaena 
Schmidti Toavsr., auf Oeland (AnnErsson) und im Leptaenakalk in Dalarne (Lisoström). In Nor- 
wegen ist sie überall sehr häufig im Gastropodenkalk (Ringerike, Asker, Sandviken, Porsgrund), sowie 
im Kalksandstein, Etage 5, Kjerulf (Ormöen, Hovedö bei Christiania). Die Mutation findet sich selten 
im krystallinischen Korallenkalk auf Oestre Svartö. 


Unterfamilie IV: Plasmoporinae. 


In einer allgemeinen Uebersicht der Heliolitiden werde ich ausführlich auseinandersetzen, (dass 
die Gattungen Plasmopora, Epw. & H. und Propora, Epw. & H. aus mehreren Gründen nicht aus- 
einander gehalten werden können, und dass Plasmopora als der mehr eingebürgerte Name beibehalten ° 
werden muss; weiter dass die amerikanische Gattung Zyellia, Epw. & H. als mit Propora im alten 
Sinne vollständig übereinstimmend, und Pinacopora, NıcH. & Ern. als auf minderwerthige Merkmale 
begründet auch eingezogen werden müssen; ich brauche also hierauf nicht näher einzugehen. Die 
von mir untersuchten Plasmoporinen habe ich versucht, in Reihen zusammen zu stellen, die der Phy- 
logenie dieser Formen entsprechen sollen. Meine neue Gattung Plasmoporella steht Plasmopora nahe, 
unterscheidet sich aber von dieser durch entschieden primitivere Merkmale, wodurch sie sich als eine 
der Stammform nahestehende Gattung kennzeichnet. 


Plasmopora Epvw. & Haıme. 


1849. _Plasmopora Eow. & Haıme, Compt. rend. Acad. des Se., t. XXIX, p. 262. 

1849. Propora Epw. & Haıme, Compt. rend. Acad. des Sc., t. XXIX, p. 262. 

1851. Lyellia Epw. & Haınz, Polyp. foss. d. Ter. palaeoz, p. 150. 

1878. Pinacopora NicHoLs. & ETHERIDGE, „Girvan“, I. p. 52. 

1881. Diploöpora Quexst., Petrefactenkunde Deutschlands, Bd. VI. p. 147, Taf. 149, Fig. 2—4. 
1895. # Wexzet, Anthozoa tabulata, p. 27. 


A. Plasmopora conferta-Reihe. ' 


1. Plasmopora primigenia nov. Sp. 
(Tafel IV, Fig. 1—2.) 
Beschreibung: Stock etwas unregelmässig knollenförmig (9,5 x 7,5 x 4,5 cm). 
Die Thekalröhren sind ca. 2 mm breit und so dicht gedrängt, dass sie sich oft berühren; sie 
können aber auch bis ca. 0,3 mm von einander entfernt bleiben. 
Die Wand ist stark eingekerbt und mit ziemlich langen Septaldornen versehen. Endothek aus 


verhältnissmässig dicht gedrängten Böden (ca. 4 auf einem Thekaldurchmesser) bestehend; diese sind 
gewöhnlich schwach konvex und etwas unregelmässig. Exothek in Gestalt von Janggestreckten, flachen 


! Für diese und die anderen unter Plasmopora aufgestellten Reihen siehe pag. 54 ft. 


ton 


Traversen; da die Thekalröhren dicht aneinander stehen, sieht man in einem Längsschliff fast nur 
kurze, flache Dissepimentblasen, die nicht stärker gewölbt sind als die Böden. Exothekale Septal- 
elemente fehlen. 


Systematische Bemerkungen. Diese Form steht der später auftretenden Plasmopora con- 
ferta, Epw. & H. nahe; unterscheidet sich aber von dieser durch ihre dichtgedränsten Thekalröhren 
und vollständigen Mangel an exothekalen Septalelementen. Die Uebereinstimmung im Wandbau und 
die Entwicklung der Septen ist jedoch so gross, dass ich sie mit ziemlicher Sicherheit als die Stamm- 
form auffassen zu dürfen glaube. Auf der anderen Seite zeigt sie so viele Beziehungen zu der ur- 
sprünglichen Form der Pl. seita-Reihe, dass wir die Spaltung als eine nicht sehr alte ansehen können. 

Geologische und geographische Verbreitung. Im untern Theil der Etage 5a auf 
Frognö, Ringerike. 


2. Plasmopora conferta M. Enw. & Ham. 
A. Pypische Eorm. 


(Taf. IV, Fig. 3—4.) 


1518. Madrepora mammillaris WAHLENBERG, Petrificata telluris suecana, p. 98 (nach Lixpswrön). 
1851. Propora conferta Mıwn. Eow. & Haıne, Polyp. foss. terr. palaeoz., p. 225. 


1858. = 5 F. Scumipr, Untersuch. über die silur. Form. Esthlands ete., p. 228. 

1860. = = Mırx. Epw. & Harue, Hist. nat. d. Cor. III. p. 242. 

1866. . = Törxguist, Lagerföljden i. Dalarnes undersilur bildninsar. (Lunds Univ. Aarsskrift, 
IV) p. 19, 

1873. Plasmopora conferta Lısosıröm, Förteckn. pa sv. undersilur. Koraller, p. 24. 

1580, = n Fragmenta Silurica, p. 33, Tab. I, Fig. 6—7. 


= 

1882. Propora conferta F. Römer, Lethaea Palaeoz., p, 512. 

1588. Plasmopora conferta Lisoström, List of the fossil Faunas of Sweden. I. Cambrian. and Lower Silurian, 
p. 19, 23. 

= Anperssos, Ueber Blöcke aus dem jüngeren Untersilur, auf der Insel Öland vor- 
kommend. (Öfvers. af k. Vet. Akad. Förhandl. No. 8), p. 538. 


1593. n 


Plasmopora conferta, Evw. & H. ist eine der häufigsten Korallen im Gastropodenkalk, sowohl 
auf Stavnästangen als auf Vestre Svartö und varjirt beträchtlich sowohl in der Thekalröhren als dem 
Abstand zwischen diesen. Die kleinröhrigen Varietäten befinden sich hauptsächlich im unteren Gastro- 
podenkalk und erst im oberen Theil treten die grossröhrigen auf; die ersteren haben enger gestellte 
Thekalröhren und nähern sich in dieser Beziehung der Plasmopora primigenia, nov. sp., die in noch 
älteren Schichten auftritt. 

Die Stöcke sind regelmässig rund, oval oder keulenförmig,, ab und zu etwas knollig; der 
grösste misst 12,5 X 13.5 X 9,5 em; jedoch sind halb so grosse und kleinere Stöcke am häufigsten. 

Die Thekalröhren variiren in der Grösse von 1,8—2 mm bei den im tieferen, bis 2,3—3,2 mm 
bei den im höheren Gastropodenkalk vorkommenden Stöcken. Die Wände sind regelmässig eingekerbt 
und innerhalb dieser Einkerbungen mit langen nach oben gerichteten Septaldornen versehen, die oft 
um mehr als ein Drittel des Rohrdiameters hineinragen. Den feineren Bau der Wand werde ich 
später beschreiben. Der Abstand zwischen den Thekalröhren variirt von durchschnittlich 1,5 mm 
bei den tiefer, bis durchschnittlich 0,9 mm bei den höher auftretenden Varietäten. Die Böden 
sind etwas unregelmässig, durchschnittlich 0,5—0,9 mm (letzteres bei den jüngsten) von einander 


ag. 


entfernt. Exothekal sind vertikale Septalelemente reichlich entwickelt; sie treten fast nur als isolirte, 
etwas unregelmässig verlaufende Stäbchen, selten als ganz kurze Lamellen auf und sind sowohl in 
einem Längs- als Querschliff deutlich zu sehen. Manchmal setzen diese Gebilde sich an die Theka 
an und bilden auf diese Weise kurze Fortsätze der Wand; diese können sowohl septal als interseptal 
entspringen. Die Exothek besteht im übrigen aus verhältnissmässig grossen Blasen, die in der Mitte 
fast eben oder schwach gewölbt sind. Nicht selten sind die hervorsprossenden Thekalröhren ziemlich 
klein angelegt; sie haben in diesem Stadium oft nur I—1,2 mm Durchmesser. 
Zahl der untersuchten Stöcke: 24. 


Systematische Bemerkungen. Linpsrröm ist der einzige, der eine mit Abbildungen ver- 
sehene Beschreibung dieser Form gegeben hat. Leider ist sie etwas kurz und unvollständig. Merk- 
würdiger Weise gibt Lmpström an, dass die Rohrwände des Coenenchyms vertikal und nicht durch- 
brochen sind‘. Wenn das wirklich der Fall wäre, so würde die norwegische Form in einem sehr 
wichtigen Merkmal von der schwedisch-esthländischen verschieden sein und müsste als neue Art be- 
trachtet werden. Obwohl ich schwedische Exemplare nicht gesehen habe, bin ich doch zu der Auf- 
fassung gekommen, dass diese Angabe nicht stichhaltig ist, denn esthländische Stöcke, die sowohl von 
Herrn Professor BRöGGER als von mir selbst in Esthland gesammelt wurden, stimmen mit meinen 
vollkommen überein; sie haben nur enger gestellte Thekalröhren. Es wäre auch merkwürdig, wenn 
eine für die gleichalterigen Ablagerungen in Esthland und Schweden so charakteristische Form nicht 
bei uns vorkäme, da die Fauna sonst so überaus ähnlich entwickelt ist, und wenn sie überhaupt bei 
uns existirt, so muss es diese sein; denn keine andere im Gastropodenkalk auftretende Plasmopora- 
Art könnte mit conferta verglichen werden. Endlich scheint mir der von Lmpsrtröm abgebildete Längs- 
schliff, der mit solchen von meiner Form sehr gut übereinstimmt, zu zeigen, dass keine vollständigen 
vertikalen Exothekallamellen vorhanden sind 

Hervorgehoben habe ich schon, dass die in dem tieferen Gastropodenkalk vorkommenden 
Stöcke sich der Pl. Primigenia, nov. sp. nähern. In der allgemeinen Uebersicht werde ich die wahr- 
scheinliche Abstammung der Pl. petaliformis, Lonsp. von Pl. conferta, Evw. & H. auseinandersetzen. 
Plasmopora Girvanensis, NıcHh. & Ern. aus obersilurischem Kalk bei Woodland Point, Girvan, steht 
unserer Form nahe; doch sind die Böden und die Thekalröhren weiter von einander entfernt, und 
die exothekalen Septalelemente viel schwächer, nur als kurze Dornen entwickelt. 

Geologische und geographische Verbreitung. Plasmopora conferta, Epw. & H, ist 
eins der wichtigsten Leitfossilien für das oberste Untersilur im baltisch-skandinavischem Gebiet. In 
Esthland tritt sie in Lyckholmer und Borkholmer Sch. auf. In Schweden’, besonders häufig im Lep- 
taenakalk in Dalarme, ferner im Kalk mit Zeptaena Schmidti, Tast. auf Oeland und im Brachiopoden- 
schiefer in Vestergötland. 

In Norwegen endlich ist sie überaus häufig im Gastropodenkalk auf Ringerike, auch habe 
ich sie im entsprechenden Niveau bei Sandviken, südlich von Enger See und an mehreren Stellen in 
Asker gefunden. 


‘ „Omnia exempla autem formis esthonis congruentia conformatione Coenenchymatis, quod tubulis integris com- 
ponitur, nec texturam Spongiosam ut apud Pl. tubulatum format“ (Fragm. silurica p. 33). 

° Ich kann auch anführen, dass ein Stock von dieser Form aus dem Gasteropodenkalk bei Skien von Lmp- 
ströu als Pl. conferta bestimmt worden ist. Sie befindet sich nämlich unter einer kleinen Korallercollection, die Herr 
Prof. BrRöGsEr seiner Zeit für seine Arbeit „Die Spaltenverwerfung. Langesünd Skien“ Linpströn zur Bestimmung schickte. 
Das Exemplar ist jetzt in meinem Besitz. 


eg. 


B. Mutation, 
(Taf. IV, Fig. 5—6.) 


Beschreibung. Diese Form steht der typischen Form von P!. conferta sehr nahe; unter- 
scheidet sich aber von dieser durch sehr genäherte Böden (15—20 auf 5 mm Höhe), die sogar oft 
an einander hängen, so dass die Endothek ein blasiges Aussehen bekommt; weiter sind die Septal- 
dornen sehr entwickelt und oft so lang, dass sie das Centrum erreichen, die exothekalen Septal- 
elemente sind noch reichlicher vorhanden, als bei der typischen Form. Bei einem Stock war das 
Skelet compakter als gewöhnlich. Die Thekalröhren sind 2—22 mm im Durchmesser. 

Untersuchte Exemplare: 2, 

Geologische und geographische Verbreitung. Nur im krystallinischen Korallenkalk auf 
Öestre Svartö, Ringerike, 


B. Plasmopora seita-Reihe. 


3. Plasmopora parvotubulata nov. sp. 
(Taf. IV, Fie, 8, Taf. V, Fie. 1.) 


Diese kleinröhrige Plasmopora kommt hauptsächlich in kleinen Stöcken vor (der grösste misst 
6.5 =< 6 = 3 cm) von birnförmiger und etwas knolliger runder oder ovaler Gestalt. Epithek fehlt. 

Die Thekalröhren erheben sich etwas über die Oberfläche des Stockes und sind durchschnitt- 
lich 14—1,5 mm breit mit gewöhnlich (fast immer bei den höher vorkommenden Stöcken) ganz glatter 
oder schwach wellig gebogener Wand; jedoch kommen Stöcke vor, bei denen die Theka gekerbt ist, 
wenn auch lange nicht so stark und regelmässig wie bei Plasmopora stellata nov. sp. oder bei Plas- 
mopora conferta Evw. & H. Septen sind nicht entwickelt. An manchen Stöcken sieht man ab und 
zu, dass der Thekalrand in 12 Septalleisten aufgelöst ist, ganz ähnlich wie bei der im krystallinischen 
Korallenkalk vorkommenden Form, Mit Thekalröhren von 1,4—1,5 mm Breite kommen auch knos- 
pende Kelche in Gestalt von engeren Röhren von nur 1,1—1,2 mm Durchmesser vor. Fast immer 
sieht man diese jungen Kelche dieht neben einem alten hervorsprossen. Der Abstand zwischen den 
Thekalröhren ist gering, durchschnittlich 0,5—0,5 mm (0—1 mm). 

Die Böden sind gewöhnlich eben oder schwach gebogen und stehen in ziemlich regelmässigen 
und verhältnissmässig bedeutenden Abständen, nämlich durchschnittlich 0,8—1 mm. Exothekale Septal- 
elemente fehlen vollständig. Exothek feinblasig in gewöhnlich kurzen und hochgewölbten Lamellen, 
regelmässiger als bei Plasmopora conferta Evw. & H. Auf 1 [Jmm gehen durchschnittlich 5—7 Blasen 
(Längsschliff). 

Untersuchte Exemplare: 15. 

Systematische Bemerkungen. Diese Form ist durch ihre feinen Thekalröhren mit glatter 
oder schwach wellig gebogener Wand, den Mangel an Septen und die entferntstehenden Böden gut 


charakterisirt und leicht von Pl. tubulata Loxso., die später auftritt! und einige Uebereinstimmungen 
zeigt, zu unterscheiden. Die letztere soll nach den Beschreibungen und Abbildungen von LonsDALe, 


’ In Norwegen erst in Etage 6a. 


— 30 — 


MiLne Epwarvs & Harz, Linpsrröm, NICHOLSoN und WEISSERMEL! einen Thekaldurchmesser von 1,6 
bis 1,5 mm, kräftig eingekerbte Theka, stark entwickelte Septaldornen (NıcHorson erwähnt jedoch 
Formen mit kurzen Septen) und stark genäherte Böden, 4—8 auf einen Thekaldurchmesser, haben. 
Hiermit stimmen auch Exemplare aus Gotland, die ich untersuchen konnte, gut überein. Dagegen hat 
Römer in seiner Sadewitzer Fauna Pl. tubulata vielleicht mit meiner Form vermischt. 


Die obersilurische Pl. Edwardsi Nıch. & Erue.” aus Woodland Point, Girvan hat wie diese 
keine Dornen, muss aber ebenfalls als eine besondere Form betrachtet werden. Sie zeichnet sich 
durch tief concave, zahlreiche (0,3 mm von einander entfernte) Böden, sehr regelmässige, feinblasige 
Exothek und noch feinere Thekalröhren aus, ist aber mit vorliegender Form unzweifelhaft sehr nahe 
verwandt. Wie Pl. tubulata Lonsp. und Edwardsi Epw. & H. mit meiner parvotubulata nov. Sp. zu 
verbinden sind, werde ich gleich zeigen. Von den anderen in den von mir auf Ringerike untersuchten 
Ablagerungen vorkommenden Plasmoporen steht die für den krystallinischen. Korallenkalk so charak- 
teristische Pl. stellata nov. sp. der P. parvotubulat« am nächsten, ja ich muss sie, da auch Zwischen- 
formen auftreten, geradezu als ihre direkten Nachkommen bezeichnen. Zuweilen besitzen nämlich 
einzelne Thekalröhren eine stellata-ähnliche Form, indem Septalanschwellungen in der sonst immer 
glatten Wand auftreten. Da auch bei P!. stellata die Entwicklung der Septalleisten in ein und dem- 
selben Stock oft verschieden stark ist, so liegt die Folgerung nahe, dass dieselbe aus der in Rede 
stehenden Form hervorgegangen ist. Pl. intercedens nov. sp. ist auch eine sehr nahe Verwandte; sie 
zeigt jedoch noch nähere Beziehungen zu den obersilurischen Pl. Edwardsi Nicn. & Er#. und Zubu- 
lata Loxsp. und muss als Uebergangsglied zu diesen aufgefasst werden. Auch die eigenthümlich ditfe- 
renzirte Pl. ramosa nov. sp. bietet in den centralen Theilen des Stockes so überraschende Ueberein- 
stimmung mit Pl. parvotubulata nov. sp., dass ich auch für sie und ihre obersilurische Nachfolgerin 
Pl. Grayi Evw. & H. diese oder eine ältere sehr nahestehende Form als Stammform betrachten muss. 


Wir begegnen also hier der überaus interessanten Erscheinung, dass von der untersilurischen 
Pl. parvotubulata, nov. sp. mehrere Formenreihen sich abzweigen, die ins Ober-Silur fortsetzen und 
sich weiter spezialisiren. Es wird dies nach meinen vorläufigen Untersuchungen die Stellata-Seita- 
Reihe’, die Ramosa Grayi-Reihe und die Tubulata-Reihe. Diese Abzweigung scheint in ein und dem- 
selben Gebiete vor sich gegangen zu sein. Ich weiss wohl, dass viele Autoren die Entstehung von 
neuen Arten ohne Migration und Isolirung in Abrede stellen*; allein ich glaube mit Neumayr’, dass 
eine Artbildung auch ohne diese vor sich gehen kann. 


Geologische und geographische Verbreitung. Kommt im Gasteropodenkalk auf Ringe- 
rike (Stavnästangen, Vestre Svartö, Badstuhagen) sehr häufig vor, auch auf Herö im selben Niveau. 
Sie ist auch im Kalksandstein (Et. 5, Kjerulf) bei Christiania vorhanden, hier aber nur abgerollt in 
den Konglomeratbänken, wo sie sicherlich aus einer tieferen Zone stammt. 


1 Siehe: Lonsparz, Silur. Syst., p. 687. M. Epw. & H., Brit. Foss. Cor., p. 255. Linpsıröm, Untersilur, 
Korallen, p. 24. Nıcn., Girvan II, p. 271, und Wersseruer, Geschiebekorallen, p. 668. 

> Nıcn. & Eru., Girvan III, p. 270, Pl. XVII, Fig. 5—3. 

’ Siehe unter Pl. stellata nov. Sp. 

* Siehe z. B. die interessanten Bemerkungen von OrTMANn, „Grundzüge der marinen Thiergeographie“ (1896), 
pP. 28—33. 

° „Stämme des Thierreiches“ (I. p. 108—109). 


4. Plasmopora stellata nov. sp. 
(Taf. V, Fig. 2—3.) 
Diese Form tritt nur in den dicken korallenreichen Crinoidenkalkbänken, die ich „krystallinischen 


Korallenkalk‘“ genannt habe, auf und ist hier sehr häufig in grösseren und kleineren, anscheinend 
kuchenförmigen Stöcken. Eine Epithek wurde nicht beobachtet. 


Die Thekalröhren varüren von 1—1;3 mm im Durchmesser; die Wand besteht aus kräftigen 
Septalleisten, die durch eine feine seitliche Ausbreitung miteinander zu einer Ringmauer verbunden 
sind. Sowohl nach innen als nach aussen springen die Septalleisten von dieser Mauer vor und er- 
zeugen besonders auf polirter Oberfläche eine Zeichnung, die einem Stern gleicht, dessen zwölf nach 
innen zugespitzte Strahlen anscheinend nicht miteinander verbunden sind. Im Dünnschliff sieht man 
meistens, wenn auch nicht immer, noch die feinen, verbindenden Mauertheile. Es scheint, dass hier 
eine ähnliche Auflösung der Mauer in einzelne Septalleisten eingeleitet wird, wie wir sie bei Plasmo- 
porella,. nov. gen. vollständig entwickelt finden. Die Septalleisten sind anscheinend nicht gleichmässig 
ausgebildet, sondern nach innen in regelmässigen Abständen zu Septaldornen verlängert. Auf Quer- 
schliffen öfters und immer auf Längsschliffen bemerkt man die deutlichen Trennungslinien zwischen 
den Septalleisten wie oben angedeutet. Der Abstand zwischen den Thekalröhren beträgt '/;—'/a des 
Durehmessers (ca. 0),4—0,5 mm). Die Böden stehen verhältnissmässig näher als bei .Plasmopora parvo- 
tubulata, nov. sp.. durchschnittlich 0,4—0.5 mm von einander entfernt, in gewöhnlich regelmässigen 
Abständen und sind eben oder schwach konkav. Exothekale Septalelemente fehlen. Die Exothek ist 
gewöhnlich regelmässig blasig, ungefähr wie bei voriger Form. 

Untersuchte Exemplare: 12. 


Systematische Bemerkungen. Von der vorhergehenden Form unterscheidet sich die vor- 
liegende hauptsächlich durch den eigenthümlichen Bau der Wände und durch die enger gestellten Böden. 

Die typische. obersilurische Pr. tubulata, Loxsp. hat grössere Thekalröhren, eine andere Wand- 
bildung und noch mehr genäherte Böden. Es ist möglich, dass gewisse englische Formen, die von 
M’Cor flüchtig besprochen werden und aus Caradoc stammen mit Pl. stellata, nov. sp. übereinstimmen, 
doch lässt sich das nach den vorhandenen Beschreibungen nicht mit Sicherheit feststellen. 

Bei Hvalsbakken, Asker, habe ich in der Etage 5b eine Form gefunden, die einen vollstän- 
digen Uebergang von Pl. parvotubulata zu stellata bildet; die Thekalröhren zeigen nämlich hier alle 
Zwischenstufen zwischen der glatten oder schwach eingekerbten Wand der Pl. parvotubulata und der 
mit starken Septalverlängerungen versehenen bei Pl. stellata. 

In der Bildung von exothekalen Septallamellen bildet diese Form einen Uebergang zu der 
obersilurischen Pl. scita, Eow. & H. und verwandten Formen. 


Geologische und geographische Verbreitung. Im krystallinischen Korallenkalk von 
Oestre Svartö, wo sie eine der häufigsten und charakteristischen Korallenformen ist. Auch bei Hvals- 
bakken, in Asker, in 5b. 


C. Plasmopora tubulata-Reihe. 


5. Plasmopora intercedens novy. Sp. 
(Taf. VI, Fig. 6—7.) 


Stock kuchenförmig, zuweilen von bedeutender Grösse. 


Die Thekalröhren haben durchschnittlich einen Durchmesser von 1,35 mm. Neben diesen sieht 
man aber häufig auch viel kleinere (bis 1,4 mm); es sind dies junge Kelchröhren, die immer dicht an 
einer älteren hervorsprossen. Die Kelchwand ist dünn und eben oder schwach wellig; deutliche Sep- 
taldornen sind selten zu sehen. Die Böden sind stark genähert (0,3—0,5 mm oder noch weniger) 
und gewöhnlich mehr oder weniger blasig; häufig sieht man, dass sie ausserhalb der Wand fortsetzen; 
eine Blase kann in dieser Weise aus einem endo- und einem exothekalen Theile bestehen. In anderen 
Theilen der Thekalröhren sind die Böden flach und weiter von einander entfernt. Der Abstand zwischen 
den Thekalvröhren beträgt durchgehends die Hälfte des Durchmessers derselben. 


Das Exothekalgewebe wird aus ziemlich flachen, grossen, oft wellig gebogenen Blasen gebildet, 
die zonenweise kleiner werden können. Exothekale Septalelemente sind nicht vorhanden. 
Untersuchte Stöcke: 2. 


Systematische Bemerkungen. Diese Form schliesst sich im Wandbau der Pl. parvo- 
tubulata, sowie der tiefer vorkommenden Pl. primigenia an; eine Abstammung von diesen scheint 
überaus wahrscheinlich. Sie leitet auf der andern Seite zu der grossen, obersilurischen Pl. tubulata- 
Reihe über. Eine direkte Fortsetzung von Pl. intercedens in Etage 6 findet statt; ja sogar eine Form 
aus der Etage 9 ist hiervon kaum zu trennen. Diese obersilurischen Nachkommen variiren in der 
Kelchgrösse von 1,5—2,3 mm und die Böden sind selten blasig. Der Wandbau stimmt mit demjenigen 
der untersilurischen Form überein; das Exothekalgewebe ist durchgehend etwas feinblasiger. 

Geologische und geographische Verbreitung. In Etage 5a bei Nyborg in Asker ge- 
funden. In Etage 6 auf \. Svartö, Ringerike und auf Malmö und Ulvö bei Christiania. In Etage 9 
auf Langö und Holmestrand. j 


D. Plasmopora ramosa-Reihe. 


6. Plasmopora ramosa nov. SP. 
(Taf. V, Fig. 5—6.) 


Stock buschförmig; die einzelnen Zweige rund oder etwas plattgedrückt, in abnehmender 
Dicke von 20—5 mm gewöhnlich dichotom. getheilt. Der festgewachsene Basaltheil wurde nicht 
beobachtet. 

Thekalröhren mit deutlich hervortretender knotiger Wand von ca. 1,5 mm. Durchmesser. 
Oberfläche zwischen den Thekalöffnungen mit feinen etwas unregelmässigen Vertiefungen versehen. 
Mauer vollständig, schwach wellenförmig; eigentliche Septen fehlen. Böden gewöhnlich 1,3—0,4 mm 
von einander entfernt, fast horizontal oder schwach gebogen; zuweilen auch dicht gedrängt, unregel- 
mässig blasig. In der Achse stehen die Thekalröhren dicht nebeneinander. Die Sprossung geht nur 
in der centralen Zone und zwar sehr rasch vor sich, dadurch biegen sich die Thekalröhren sehr bald 


© 
os 


nach aussen; in der äusseren Zone bilden sie so einen Winkel von 30—40° mit der Zweigachse. Auf 
der Oberfläche beträgt ihr Abstand durchschnittlich 0,5—1 mm. Infolge der Sprossung ist die Exothek 
in der Achse sehr sparsam und auch in der äusseren Zone nicht reichlich vorhanden. Sie ist ziemlich 
feinblasig, mit durchschnittlich 11—12 Blasen auf 
einem D)mm. Exothekale Septalelemente fehlen 
vollständig. 

Charakteristisch für diese Form ist, dass 
die äusserste Zone bei einer Dicke von 1,2 mm 
eine eigenthümliche Structur zeigt: man sieht 
hier nur eine dichte Kalkmasse in etwas un- 
regelmässige Säulchen getheilt; Mauer, Böden 
und Exothek sind vollständig verschwunden. Um 
diese Verhältnisse richtig zu erklären, ist die 
Thatsache, dass die Spitzen der dünnen End- 
zweige ganz normal gebaut sind, von grösster 
Bedeutung; hier findet man immer Thekalröhren 
mit Böden und Exothek bis zur Oberfläche. In 
kurzer Entfernung von der Spitze (5—6 mm) 
beginnt dann ganz allmählich die fast structurlose 
Randzone und nimmt ziemlich rasch nach unten 
zu. Hieraus lässt sich mit Sicherheit schliessen, 
dass die eigenthümliche Structur der äusseren 
Zone nicht durch nachträgliche Veränderungen 
während des Fossilisationsprozesses, sondern vom 


Thiere selbst gebildet ist. Es ist eine stereo- Lig, 9. Plasmopora ramosa nov. Sp. 
plasmatische Ablagerung, wahrscheinlich von den 'Pheil eines Stockes aus der Etage 5a, Stavnaestangen, 
allmählich absterbenden Theilen des Weichkörpers Ringerike. Natürliche Grösse. 


herrührend, Die säulchenartige Anordnung in 
diesem Stereoplasma hat wohl ihren Grund in den etwas unregelmässigen Vertiefungen und Erhöhungen 
der Oberfläche. 

Untersuchte Stöcke: 3, darunter ein sehr grosser mit reicher Verzweigung. 


Systematische Bemerkungen. Diese niedliche Form ist leicht durch die Form des Stockes 
und die eigenthümliche Stereoplasmabildung von meinen übrigen Plasmaporen zu unterscheiden. In 
den sonstigen Merkmalen steht sie Plasmopora parvotubulata nov. sp. nahe. Bei dieser folgen aber 
die Böden in bedeutend weiteren Abständen aufeinander, auch ist die Exothek gröber. Mit der im 
Isoteluskalk vorkommenden Pl. primigenia nov. sp. hat sie die dichtstehenden Böden gemein, die Kelche 
sind jedoch bei Plasmopora ramosa kleiner und an der Oberfläche weiter von einander entfernt, 
die Böden häufig blasenförmig und die Exothek mehr rundblasig, während Septaldornen fehlen. Die 
ebenfalls in dünnen Zweigen wachsende Heliolites inordinata Loxsp. hat mit unserer Form nichts zu thun', 
dagegen ist Heliolites Grayi Evw. & H.' ihre nächste Verwandte und Nachkomme. Ich habe Ge- 


! LONsDALE, „Silur. Syst“ p. 687, PI.XVI bis Fig. 12; Eow. & H., „Brit, Foss. Cor.“ p. 253, Pl. LVII, Fig. 7; 
NicHorLson & ETHERIDGE, „Girvan“ III p. 253. 


E 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 5} 


legenheit gehabt, ein Exemplar? aus Gotland, das im Aeussern ganz genau mit der Beschreibung und 
Abbildung von M. EpwArps & Haımz übereinstimmt, zu untersuchen und konnte mit aller Bestimmt- 
heit konstatiren (Taf. V, Fig. 7—S), dass der centrale Theil („schaumiges Wesen“ QUENSTEDT) ganz 
wie bei der hier besprochenen Plasmopora gebaut ist, während die Randzone aus einer stereoplasma- 
tischen, in feine Säulchen getheilten Bildung besteht. Die fast senkrecht gegen die beiden Ober- 
flächen verlaufenden Thekalröhren sind noch fast ohne Stereoplasmaausfüllung; auf der Basis einer 
abgebrochenen Erhöhung, wo wahrscheinlich lebhaftes Wachsthum vorging, konnte ich auch eine ganz 
dünne Stereoplasmazone beobachten. 

Der Unterschied von unserer Form beruht in der Gestalt des Stockes, in der noch kräftigeren 
(bis über 3 mm dicken) Stereoplasmabildung und in dem Umstand, dass die Endothekalröhren nicht 
ganz ausgefüllt werden. Weiter sind in der Centralzone die Thekalröhren kleiner (1 mm) und mit 
ganz glatter Mauer versehen. 

QUENSTEDT ist der erste, der auf diesen centralen Theil aufmerksam gemacht hat, ohne den- 
selben aber zu erklären; er bemerkt ganz richtig, dass diese Form kein ächter Zelkolites ist und stellt 
für sie die Gattung Diploöpora auf. Wenxzen hat sie in letzter Zeit wieder aufgefrischt und auf 
Quenstepr’s Abbildung hinweisend folgende Diagnose? aufgestellt: „Der baumförmig verzweigte 
Korallenstock besteht aus flach zusammengedrückten Aesten, welche auf beiden Seiten Kelche tragen. 
Stamm und Aeste bestehen aus zwei Platten (laminae), die in der Mitte durch lockere, undeutlich 
röhrige, einer Diploi gleichenden Masse getrennt werden. Coenenchym röhrig.“ 

Nach (der obigen Darstellung des Baues von Plasmopora ramosa nov. sp. und Grayi Eow. 
& H. ist es klar, dass diese Diagnose falsch ist, und es scheint natürlich, die ganze Gattung fallen zu 
lassen; denn wenn man bedenkt, dass die ganze innere Zone und auch die äussere, wo das Wachs- 
thum vor sich geht, vollständig wie bei typischen Plasmoporen gebaut ist, so kann man auf die Er- 
scheinung, dass die unteren Theile des Weichkörpers als Abschliessung ihrer Skeletausscheidung eine 
Stereoplasmamasse‘ ablagern, nicht viel Gewicht legen, um so weniger, als diese Form mit mehreren 
typischen Plasmoporen, welche diese Figenthümlichkeit nicht zeigen, sehr nahe verwandt ist, ja die 
Uebereinstimmung mit Plasmopora parvotubulata nov. sp. so gross ist, dass ich glaube mit Recht an- 
nehmen zu können, dass sie sich von dieser oder einer dieser nahestehenden Form abgezweigt hat. 

Ich muss zum Schlusse bemerken, dass die von NıcHonson* als Helolites Grayi Evw. & H. 
beschriebene untersilurische Form nichts mit unserer obersilurischen Art zu thun hat. 

Geologische und geographische Verbreitung. Nicht selten im Gasteropodenkalk 5 a 
auf Stavnaestangen und auf Frognö, Tyrifjord. Die nahestehende Plasmopora Grayi Epw. & HaımE 
kommt im Wenlock sowohl in England als auf Gotland vor. 


Plasmoporella nov. gen. 


Die Thekalröhren werden gewöhnlich von vollkommen isolirten Septalleisten begrenzt, zwischen 
welchen sich die Endothek direkt an die Exothek inserirt; zuweilen schalten sich trabekuläre Gebilde 


" Epwaros & Haıne, „Brit. Foss. Cor.“ p. 252, Pl. LVII, Fig. 1; Quexsreor, Petrefaetenkunde Deutschl., 
Bd. VI. p. 147, Pl. 149, Fig. 2—4; Wexzet, „Anthozoa tabulata“ p. 30. 

° Das Exemplar befindet sich im Münchener Museum. 

° Wenzer, ‚‚Anthozoa tabulata“ p. 30. 

* NıcHorson & ETBERIDGE, „Girvan“ I. p. 58, Pl. IV, Fig. 4—4a, Pl. V, Fie. 1. 


zwischen den Septalleisten ein, die fast eine geschlossene Wand bilden können, doch bleiben diese 
Gebilde stets gegen einander abgegrenzt. Die Endothek besteht aus hoch glockenförmigen Böden oder 
ist blasig und alsdann der Exothek sehr ähnlich. Exothekale Septalelemente sind ziemlich spärlich 
vorhanden und nur als Stäbchen (Trabekel), nie als Lamellen entwickelt. Der sonstige Bau stimmt 
sanz mit Plasmopora überein. 

Nach ihrem ganzen Bau muss diese Gattung entschieden zu den Plasmoporinae gestellt werden. 
Der Umstand aber, dass die Wand aus einzelnen, nicht aneinander stossenden Septalleisten besteht, 
bildet ein so eigenthümliches und für die Erklärung der systematischen Stellung der ganzen Gruppe 
so wichtiges Merkmal, dass die Begründung einer neuen Gattung hierauf wohl als berechtigt gelten 
muss. Auch erlaubt die ausserordentliche Feinheit der Exothek in Verbindung mit der eigenthümlichen 
Form der Endothek keine nähere Zusammenstellung mit einer der mir bekannten Plasmoporinen und 
bestätigt dadurch die mehr gesonderte Stellung der neuen Formen. 

Schwieriger ist die Frage. ob der Wandbau einen primären oder sekundären Charakter dar- 
stellt. Ich habe schon gezeigt, dass bei Plasmopora stellata, nov. Sp.. deren wahrscheinliche Vorfahren 
und Nachkommen sicherlich eine geschlossene Thekalwand gehabt haben, eine Art Auflösung der Wand 
eintritt, obwohl dieser Vorgang nicht weiter durchgeführt wird. Man könnte desshalb mit gewissem 
Recht auch für Plasmoporella eine Abstammung von Formen mit vollständiger Mauer annehmen, und 
in diesem Fall dann in der »ar. vesieulosa einen Rückschlag zum ursprünglichen Typus sehen. Diese 
Erklärung scheint mir jedoch unwahrscheinlich. Die zwei Fälle sind nämlich nicht ganz homolog; bei 
der genannten Plasmopora stellata, nov. sp. stossen die einzelnen Septalelemente der Mauer direkt 
aneinander, ihre Trennungslinien sind aber gewöhnlich deutlich sichtbar, was vielleicht theilweise durch 
ihren Erhaltungszustand verursacht wird. Bei der Hauptform von Plasmoporella stehen dagegen die 
einzelnen Septalleisten ganz frei und isolirt, indem die interseptalen Trabekel, die sich bei der (var.) 
vesieulosa unregelmässig eingeschaltet haben, vollständig fehlen. Wenn man weiter die thatsächliche 
Entwickelung des exothekalen Septalaparates bei (den Plasmoporinen bedenkt, so glaube ich mit 
grösserem Rechte die Hauptform, bei welcher der Septalapparat so einfach als möglich gebaut ist, 
für eine ursprünglichere, die Varietät dagegen für eine mehr spezialisirte Form erklären zu können. 


1. Plasmoporella convexotabulata nov. Sp. 
- Forma typiea. 
(Taf. V, Fig. 9—11.) 


Der Stock ist kuchenförmig, mehr oder weniger gewölbt, oft eine sehr beträchtliche Grösse 
erreichend (der grösste ist ca. 12 cm hoch bei einem Durchmesser von ca. 40 em und ist unten mit 
kräftigen Anwachswülsten versehen). 

Die Thekalröhren zeigen sich auf erhaltener Oberfläche als kleine Kreise von 12 Warzen; sie 
sind ca. 2 mm breit (bei einem Exemplar nur 1,5 mm) und von 12 vollkommen isolirten Septalleisten 
begrenzt: diese sind radial verlängert, nach dem Kelchinnern zugespitzt, nach aussen mehr abgerundet 
und in dieser Riehtung ein klein wenig- verlängert; die Länge der Leisten beträgt ca. 0,3 mm, die 
Breite ca. 0,16 mm und der Abstand zwischen den einzelnen ca. 0,25. Die Thekalröhren stehen 0,5 
bis 2, durchschnittlich 1 mm von einander entfernt. Die Böden sind gewöhnlich in ihren centralen 
Theilen hoch glockenförmig, und erscheinen, da der Abstand zwischen denselben (ca. 0,5 mm) kleiner 


ist als die Höhe der Wölbung, in einander eingestülpt, so dass in einem (uerschliff ein oder zwei 
geschnitten werden. Es kommt jedoch häufig vor, dass die einzelnen Böden sich nicht vollständig 
über die Thekalröhren erstrecken, sondern sich an den vorletzten anheften; hiedurch entwickeln sich 
längere Strecken von blasenartigen Böden; doch haben sie stets eine entschiedene Tendenz, sich auf- 
zuwölben. 

Die Exothek ist ungewöhnlich feinblasig. In einem Längsschliff zählt man durchschnittlich 14 
(10—18) Blasen auf einen Jmm; die Blasen sind regelmässig und stark convex. Zwischen den 
Septalleisten sind sie besonders regelmässig übereinander gestellt, noch höher als anderwärts (man 
sieht hier oft fast kreisförmige Blasendurchschnitte), und bilden auf diese Weise eine scharfe Begren- 
zung der Thekalröhren. Exothekale Septalelemente sind ziemlich reichlich vorhanden, besonders bei 
den im krystallinischen Korallenkalk vorkommenden Exemplaren. 


Geologische und geographische Verbreitung. Im Gastropodenkalk (5 a) auf Stavnaes- 
tangen, Ringerike, ist diese Form ziemlich häufig, besonders in einem bestimmten Niveau im mitt- 
leren Theil der Schichtfolge, wo sie massenhaft und in mächtigen Stöcken auftritt. Im oberen Theil 
des Gastropodenkalkes auf Vestre Svartö habe ich sie nicht gefunden. Auch ein Fragment dieser 
Form aus Herö bei Porsgrund liegt vor (BrösgEr). Höher kommt sie im krystallinischen Korallen- 
kalk (5b) auf Östre Svartö reichlich vor und erscheint hier fast unverändert, nur mit etwas reich- 
licheren exothekalen Septalelementen. 


2. Plasmoporella convexotabulata, var. vesiculosa. 
(Taf. VI, Fig. 1—2.) 


Diese Varietät tritt in kleineren Stöcken von flach kuchenförmiger Gestalt auf; der grösste 
ist 3,3 cm diek und ca 10 >< 12 em im Durchmesser. Eine Epithek wurde mehrmals beobachtet. 


Die Thekalvöhren sind ca. 1,4—1,7 mm breit, die Septalleisten etwas unregelmässig geformt 
und zuweilen zu einer geschlossenen Wand zusammengefügt, indem sich kleinere, trabekuläre Gebilde 
- einschieben. An Kelchen mit diesem Bau findet man alle Uebergänge zu solchen mit vollständig iso- 
lirten Septalleisten, die jedoch dichter gedrängt stehen als bei der typischen Form. Auch wenn eine 
geschlossene Thekalröhre vorkommt, sind immer die Grenzen zwischen den einzelnen Theilen der 
Mauer sehr deutlich. 

Die Böden sind nie hoch glockenförmig gewölbt; sie stehen enger beisammen als bei der 
Hauptform. Ab und zu sind sie vollständig und dann concav, sehr selten convex; am häufigsten sind 
sie jedoch blasig und zwar in dem Maasse, dass sie denselben Eindruck wie die Exothek machen, nur 
sind sie nicht so dicht gedrängt und so stark convex wie die Exothekalblasen. 

Auf 1 mm Länge zählt man durchschnittlich S—10 Blasen. Die Exothek ist noch feiner als 
bei der Hauptform (20—30 Blasen auf 1 mm) und besteht aus etwas unregelmässigeren und weniger 
convexen Blasen als bei dieser. In den Exemplaren mit blasiger Endothek ist die Grenze zwischen 
Endothek und Exothek fast verwischt; wenn der Längsschliff dann zwischen die Septalleisten fällt, so 
sieht man nur da, wo die Thekalröhren getroffen sind, etwas grössere Blasen. 

Mehrmals habe ich beobachtet, dass die Septalleisten etwas ausserhalb der Grenze zwischen 
innerer und äusserer Blasenzone stehen. Exothekale Septalelemente sind sehr sparsam entwickelt. 


Untersuchte Stöcke: 7, 


os 
I 


Systematische Bemerkungen. Diese Form unterscheidet sich von der Hauptform haupt- 
sächlich durch die andersartige Entwicklung der Endothek, die feinere Exothek und den Anfang zur 
Bildung einer geschlossenen Mauer. Da sie mit dieser zusammen vorkommt und ich mehrere Zwischen- 
formen gefunden habe, so kann ich sie nur als Varietät betrachten. 

Geologische und geographische Verbreitung. Häufig im Gastropodenkalk (5a) auf 
Stavnaestangen. 


Nicholsonia nov. gen. 


Diese neue Gattung habe ich nach Herrn Prof. St. A. Nıcmotson, dem ausgezeichneten For- 
scher palaeozoischer Korallen, genannt; sie zeichnet sich durch folgende Charactere aus: 

Die Mauer und die Septen sind wie bei Plasmopora gebaut, indem die erstere sich interseptal 
in 12 Erhöhungen (Zacken) erhebt und die letzteren aus isolirten Septaldornen aufgebaut sind. Die 
Exothek ist Heliolites-ähnlich und besteht aus unregelmässigen, jedoch oft unvollständigen Röhren, die 


n 


besonders in den Ecken zwischen je 3 Thekalröhren sogar fehlen können. £ 
Nicholsonia megastoma Me (oy. 
(Taf. VI, Fig. s—9, Taf. VII, Fig. 1—2.) 


1846. Porites megastoma M’Coy, Silur foss. of Irel. p. 62, Pl. IV, Fig. 19. (Nach M. Edw. & H.) 
1851. Palaeopora megastoma M’Coy, Brit. Palaeoz. Foss. p. 16, Pl. Ic, Fig. 4—4b. 


1854. Heliolites = pars, M. Epwaros & Harue, Brit. foss. Corals, p. 251, Tab. 58, Fig. 2 c—d. 
1880. 5 er pars, NıcHotLson & ETHERIDGE, „Girvan“ III, p. 247. 

1895. 2 E Wesxzet, Anthozoa tabulata, p. 508. 

1896. x 2 Sırpeson, Bezieh. d. foss. Tabul. z. d. Aleyonarien, p. 270. 


Der Stock ist mehr oder weniger kugelig, oft unregelmässig; der grösste, den ich gesehen 
habe, befindet sich im Provinzialmuseum in Reyal und war gewölbt mit knolliger Oberfläche, 15 cm 
breit und 9 cm hoch. 

Die Thekalröhren haben einen Durchmesser von 1,5—2 mm und ragen deutlich über die Exo- 
thek hervor. Die Mauer ist auf gut erhaltener Oberfläche mit 12zackigem Rand versehen und erscheint 
deutlich eingekerbt; die Einkerbungen setzen sich als anscheinend kurze Septen fort. Der Abstand 
zwischen den Thekalröhren ist klein; einige berühren sich, während andere bis zu der Hälfte des 
Thekaldurchmessers von einander entfernt sind. Die Exothek ist meistens unregelmässig röhrig ent- 
wickelt und die Exothekallamellen gehen von der Mauer interseptal aus. Oft sieht man, dass sie un- 
vollständig sind, besonders wenn der Abstand zwischen den Röhren grösser ist. 

Im Schliff sieht man die stark, aber nicht ganz regelmässig eingekerbte Mauer; am eigen- 
thümlichsten und interessantesten verhält sich der Bau der Septen; diese sind nämlich nicht, wie man 
aus der Exothek vermuthen könnte, lamellär, sondern vollständig wie bei Plasmopor« aus isolirten 
Septaldornen oder Trabekeln aufgebaut. Im Querschliff sieht man bis zu der Mitte der Thekalröhren 
eine Menge solcher geschnittener Dornen; diese sind, wie die Längsschliffe schön zeigen, nicht sehr 
dieht gedrängt und laufen schief nach oben bis zum Centrum. Der Winkel mit der Längenachse der 
Röhren beträgt ca. 35°, in der Mitte etwas weniger. Die Böden sind gewöhnlich etwas convex, oft 
vollständig glockenförmig; ihr Abstand schwankt zwischen 0,5 und 0,9 mm. In den Schliffen ist 
die eigenthümliche Exothek noch besser als auf gut erhaltener Oberfläche zu studiren. Die Exothekal- 
lamellen heften sich zwischen den Septaldornenreihen an, oft sieht man sogar zwei Lamellen zwischen 


zwei von diesen inserirt. Sie schliessen unregelmässig geformte Röhren ein, die oft streckenweise in- 
einanderfliessen, also unvollständig sind. Oefters sieht man auch, dass die Exothekallamellen, selbst 
wenn die Thekalröhren dicht gedrängt stehen, sehr schnell aufhören, ohne sich mit den Lamellen der 
benachbarten Röhre zu vereinigen. Wenn der Abstand zwischen den Thekalröhren grösser wird, ist 
die Exothek im der Ecke zwischen drei Röhren besonders unvollständig; häufig sind hier in der Mitte 
nur geschnittene Stäbchen oder ganz kurze, isolirte Lamellen zu sehen. Solche isolirte exothekale 
Septalelemente als die ersten Anfänge zu Wände geschlossener Exothekalmauern kann man auch sonst 
häufig beobachten. Die Böden der exothekalen Röhren sind etwas dichter gestellt als in den thekalen 
und stehen ungefähr in gleicher Höhe. Im Längsschliff sieht man desshalb schwache wellig verlaufende 
Dissepimentlinien von Kelchröhre zu Kelchröhre verlaufen. 
Untersuchte Stöcke: 4. 


Systematische Bemerkungen. M’Coy stellte Porites megastoma nach untersilurischen 
Exemplaren von Coniston limestone im Lake Distrikt und Bala limestone in North Wales auf. Von 
M. Epwarnps & Haımz wurde dann diese untersilurische Form mit einer obersilurischen zusammen- 
geworfen und die Beschreibung nach der letzteren abgefasst. Erst NıcHoLson hat hierauf aufmerksam 
gemacht und auf den grossen Unterschied im Septalbau hingewiesen; er sagt ausdrücklich, dass die 
untersilurischen Fxemplare von megastoma aus CGoniston limestone, die er untersucht habe, stark ent- 
wickelte und dornenförmige Septen besitzen. Im Gegensatz hierzu meint Lınpströum!, dass die von 
Epwarps & Hamız abgebildeten Exemplare aus Coniston und auch M'Coy's Originalexemplare zu 
Heliolites interstinctus Lins. gehören. Ich halte Nıcmorson's Auffassung für die richtige und werde 
auch darauf aufmerksam machen, dass man auf M. Epwarp’s & Hamme’s Abbildung, die einen Abdruck 
(cast) der Oberfläche darstellt, deutliche Spuren von dornenförmigen Septen in den Kelchröhren sehen 
kann. Wexzer hat dann in Uebereinstimmung mit NıcHorLson einen neuen Namen (bohemicus) für die 
obersilurische vorgeschlagen und den Namen megastoma der untersilurischen gelassen. Ich stimme 
damit vollkommen überein. Eine ganz sichere Identifizirung der hier beschriebenen Form mit der ur- 
sprünglich von 'M’Coy gemeinten ist wohl zur Zeit nicht möglich. Ich glaube jedoch, dass ich aller 
Wahrscheinlichkeit nach das Richtige getroffen habe. Von grösster Wichtigkeit ist die schon oben 
eitirte Bemerkung von NicHoLson, wenn man, wie ich glaube, aus seiner Beschreibung herleiten kann, 
dass die Exothek Helolites-ähnlich, also röhrig ist; denn wenn das nicht der Fall wäre, hätte er es 
gewiss mitgetheilt. Ferner der Umstand, dass megastoma M’Coy in England aus einem Niveau stammt, 
das faunistisch sehr übereinstimmend mit F.1 in Esthland entwickelt: ist. 

Aus meiner Beschreibung dieser Form geht es wohl zur Evidenz hervor, dass sie nicht zum 
Genus Heliolites gestellt werden kann; ein Hauptmerkmal dieser Gattung ist ja die lamelläre Ent- 
wicklung der Septen. Auf der anderen Seite verbietet die röhrig entwickelte Exothek eine Vereini- 
gung mit Plasmopora, mit welcher der Septalbau übereinstimmt. Nach meiner Meinung nimmt sie 
gerade eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Gruppen ein. Es wäre desshalb ziemlich gleich- 
gültig, ob man diese neue Gattung zu den Plasmoporinen oder den Heliolitinen stellte. Ich halte es 
jedoch für natürlicher, sie bei den ersteren unterzubringen. Die Plasmoporinen bilden den Grund- 
stamm, aus welchem sich, wie ich glaube, die Heliolitinen auf verschiedenen Wegen entwickelt haben. 
Obwohl ich Heliolites in dieser Weise als eine polyphyletische Gattung betrachte, sind doch als End- 
resultat der verschiedenen Entwicklungsreihen die Merkmale in dieser sehr constant. Gerade das 


! RıcHTHoren, China, IV, p. 54 u. 57. 


Entgegengesetzte ist bei den Plasmoporinen der Fall. Wir finden in dieser Gruppe alle Merkmale 
in grosser Variation und rascher Entwicklung begriffen. Bald in der einen, bald in einer anderen 
Entwicklungsreihe sehen wir Heliolites-ähnliche Charactere sich ausbilden, ohne dass es immer möglich 
ist zu sagen, ob diese Reihen sich wirklich immer zu typisch entwickelten Heliolitinen ausgebildet 
haben. So auch hier. Ich kenne keine obersilurische ZHeliolites- Art, die ich als Nachkommen von 
Nicholsonia megastoma M’Coy betrachten kann. Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass diese Ent- 
wieklungsreihe sich nicht weiter fortgesetzt hat. Dagegen ist es leichter, ihre wahrschemliche Ab- 
stammung zu bestimmen. 

Meiner Ansicht nach kann man diese Form ganz natürlich von Plasmopora conferta herleiten. 
Der Wandbau und die Entwickelung der Septen ist bei beiden sehr ähnlich. Durch die reiche Ent- 
wickelung von exothekalen Septalelementen, die sich oft in der Form von ganz kurzen Lamellen in 
verschiedener Anordnung an der Mauer inseriren, ist bei P7. conferta die Tendenz zur Bildung einer 
röhrigen Exothek angegeben. Es ist dies eine frühere und raschere Entwickelung in derselben Rich- 
tung, aber in etwas anderer Weise als diejenige, welche sich in einer späteren Zeit (im oberen Ober- 
silur) bei Pl. petaliformis vollzieht. 

Geologische und geographische Verbreitung. In Esthland scheint diese Form auf die 
Zone F.1 beschränkt zu sein; sie ist mir aus folgenden Lokalitäten bekannt: Kirna, Piersal, Soida, 
Hohenholm, Worms. In England wurde sie von M’Coy aus Coniston in Lake Distrikt und Bala in 
North Wales beschrieben: wahrscheinlich ist sie unter verschiedenen Namen in den neueren Fossilien- 
listen aus gleichalterigen Niveaus daselbst verborgen. In Norwegen wurde sie bis jetzt nicht gefunden. 


Unterfamilie V: Heliolitinae. 


Heliolites Dana. 


18346. Heliolites Dasa, Zoophytes, p. 541. 
1595. Stelliporella Weszer, Zoantharia tabulata, p. 27. 


1. Heliolites parvistella F. Römer. 
(Taf. VII, Fig. 6—8.) 


1861, Heliolites parvistella F. Röm., Die foss. Fauna der silur, Diluv.-Geschiebe von Sadewitz, p. 25, Pl. IV. 
Fig. 6—6b. 


1880. „ , NıcHöLsoNn & ETHERIDGE, „Girvan“ III, p. 247. 
1882, zs + F. Rösr., Lethaea palaeoz., p. 506. 
1895. Weszer, „Zoantharia tabulata“, p. 29. 


1896. % En Sıroeson, Die Bezieh. der foss. Tabulaten zu den Aleyonarien, p. 270. 


Die norwegischen Stöcke sind alle kuchenförmig, der grösste ist 5 cm hoch und hat 12 X 15 cm 


im Flächendurchmesser. Eine Epithek wurde nicht beobachtet. 
Die esthnischen Stöcke bilden kugelige oder knollige Massen und erreichen noch grössere 


Dimensionen, 


BE 


Die Oberfläche ist an meinen norwegischen Exemplaren abgerieben; eines der esthnischen 
zeiet sie aber ganz gut. Die feinen Thekal- und Exothekal-Röhren sind mit ebenem scharfen Rand 
versehen. Die Thekalmauern sind schwach erhöht, und da auch die Kelchvertiefungen deutlich ent- 
wickelt sind, heben sich die Thekalröhren scharf von der Exothek ab. F. Römer’s Beschreibung! der 
Oberfläche bezieht sich auf verwitterte Exemplare; ich hahe solche auch in Esthland gesammelt. 


Die Endothekalröhren haben einen Durchmesser von ca. 0,75—0,85 mm mit stark winkelig 
eingekerbter Wand, die genau dieselbe Dicke wie die feinen ectothekaten Röhren hat, in Folge dessen 
die Thekalröhren (NB.! im Schliff) sehr wenig von ihrer Umgebung abstechen. Die Einkerbungen 
setzen sich als ca. 0,15 mm lange Septen fort, die dann theilweise mit der im Centrum befindlichen 
Columella verschmelzen. Diese ist eine deutliche Pseudocolumella, zeigt aber eine etwas verschiedene 
Entwickelung in verschiedenen Kelchen. Am einfachsten ist der Fall, dass 2—4 der Septen' sich stark 
verlängern, eines sogar bis zum entgegengesetzten Septum hinüberläuft. Es scheint, dass diese Septal- 
verlängerungen sich zu einzelnen Längsbalken auflösen können. Die Böden stehen sehr dicht, 0,08 
bis 0,09 mm von einander entfernt und sind ziemlich stark convex. Da die Tabulae natürlich auch 
zwischen den Columellaleisten entwickelt sind, sieht man in Längsschliffen gewöhnlich mehrere mit 
Tabulae versehene Röhren; dass diese jedoch nicht geschlossene Röhren repräsentiren, wurde schon 
oben ausgeführt. Der Abstand zwischen den Thekalröhren schwankt zwischen 0,35—1l mm und ist 
im Durchschnitt 0,8 mm. Die Exothekalröhren sind sehr regelmässig 5—6eckig, ca. 0,12 mm breit 
und in Abständen von 0,09 —0,12 mm mit regelmässigen, schwach concaven Böden versehen; sie ver- 
mehren sich durch Theilung. 


Untersuchte Stöcke: 8. 


Systematische Bemerkungen. WENZEL? erwähnt diese Form und sagt, dass neue Unter- 
suchungen vielleicht zeigen werden, dass eine röhrige Pseudocolumella vorhanden ist; in diesem Fall 
wäre sie als eine Siellöporella, WExz. anzusehen. 


Es lässt sich nun nicht leugnen, dass Heliolites parvistella, F. Röm. mit Stelliporella Tamellata, 
Wxnz. nahe verwandt ist. Das geht deutlich hervor aus den feinen regelmässigen Exothekalröhren, 
den stark eingekerbten Wänden der Endothekalröhren und dem ungewöhnlich kräftigen Septalapparat, 
alles Merkmale, die beiden gemein sind. Der Unterschied besteht darin, dass bei dem untersilurischen 
H. parvistella F. Röm. die Fxothekalröhren noch viel feiner sind, die Thekalröhren sich viel weniger 
von der Exothek abheben und die Golumella nicht röhrig ausgebildet ist. 

Man könnte desshalb mit Recht beide in eine gemeinsame Gattung stellen; ich habe sie je- 
doch unter Heliolites stehen lassen, weil mir WEnzEL’s neue Gattung wenig glücklich characterisirt 
zu sein scheint. 

Stelliporella ist nach WENZEL? durch folgende Merkmale ausgezeichnet: 


1. Die Septen vereinigen sich im Centrum zu einer röhrigen Pseudocolumella, die den 
Bau der Coenenchymröhren wiederholt. 

2. Die Septen sind mit synaptikulären Gebilden versehen. 

3. Die Exothekalröhren vermehren sich durch Zwischenknospung. 


! F. Römer, „Sadewitz“, p. 25. 
” „Anthozoa tabulata“, p. 29. 
” „Anthozoa tabulata“, p 27. 


BA 


Die Pseudocolumella ist wichtig für eine richtige Auffassung der Organisation der Helio- 
liten; grössere systematische Bedeutung können wir ihr dagegen nicht beilegen. Man muss sich er- 
innern, wie überaus variabel die Columellarbildung bei vielen Korallen ist; bei Heliolites findet man 
in dieser Beziehung alle Uebergänge von kurzen Septalleisten zu stark entwickelter Columella. Vel. 
z. B. diejenigen Formen, die Nıc#orson in „Girvan“ III! als Varietäten von Heliolites interstinctus, 
. Lm. beschreibt: Fig. 2b zeigt hier eine schöne, röhrige Pseudocolumella und repräsentirt sicherlich 
Wexzen's Stelliporella lamellata, während Fig. 1a und 2 Formen mit fast rudimentären Columellen 
darstellen. Ich habe Gelegenheit gehabt, mehrere Stöcke von Wexzer's Art aus Kozel zu unter- 
suchen und konnte bei diesen beobachten, dass die Entwicklung der Columella bedeutenden Schwank- 
ungen unterworfen ist: bald ist sie verhältnissmässig schwach, wie im Wexzev's Abbildung”, bald so 
stark, dass die sanze Thekalröhre von einer röhrigen Masse ausgefüllt wird und die äusseren Inter- 
septalloeuli kleiner als die Exothekalröhren werden. Wie man sieht, schwankt dieses Merkmal sehr 
bedeutend und lässt sich desshalb nicht als Genusmerkmal benützen. 


Was die Zwischenknospung der Exothekalröhren betrifft, so konnte ich mehrmals in meinen 
Präparaten der böhmischen Form mit Sicherheit gewöhnliche Theilung derselben konstatiren, während 
die Stellen, wo anscheinend Zwischenknospung zu sehen war, sich leicht durch nicht ganz parallel 
getroffene Röhren erklären lassen. 

Die „synaptikulären“ Gebilde bleiben noch übrig und machen wirklich einen fremdartigen 
Eindruck. Wenn man sie etwas näher studirt, so sieht man leicht, dass sie von der Columellarbildung 
abhängig sind. In Stöcken, wo die (olumella besonders gross ist, treten sie massenhaft auf, während 
sie in solchen mit schwacher Columella oft schwierig nachzuweisen sind. Es sind wahrscheinlich fasci- 
kuläre Gebilde und können wegen ihrer grossen Variabilität ebenfalls kaum als Gattungsmerkmal 
gebraucht werden. 

Heliolites lamellatus Wexz. hat eine weite Verbreitung. In der Münchener Staatssammlung 
liegt ein schöner Stock von Dudley; ich selbst habe sie weit verbreitet im norwegischen Obersilur 
gefunden (Etage 6—9), und ein Exemplar derselben aus einem norddeutschen Diluvialgeschiebe befindet 
sich im Besitze des Herrn cand. med. WEBERLEIN in Greifswald. Wie ich schon bemerkt habe, ist 
NıcHorsox’s Heliolites interstinetus var. 3 auch hierzu zu stellen; sie kommt im Wenlock Kalk von 
Dornington Stoke Edith vor. Von Amerika befindet sich ebenfalls ein Exemplar, aus Louisville Kentucky 
(Devon), in der Münchener Staatssammlung, dasselbe lässt sich von der europäischen Form nicht 
unterscheiden; die amerikanische Form dürfte Romıger’s Heliolites pyriformis® vepräsentiren. 

Geologische und geographische Verbreitung. Im krystallinischen Korallenkalk auf 
Vestre Svartö ist Heliolites parwistella F. Röm. eine der häufigsten und für diese Schichten eigenthüm- 
lichsten Versteinerungen; anderswo habe ich sie nicht gefunden. Bis jetzt war sie nur aus Geschieben 
bei Sadewitz von F. Römer bekannt. Auf meiner Reise in Esthland habe ich sie weit verbreitet in 
F nachgewiesen, so bei Pattakomeggi, Soida und Hohenholm in Fı und auch in F». 

In der Münchener Staatssammlung liest ein Stück dieser Art aus Staftord, England, leider 
ohne nähere Angabe des Niveaus, 


! Plate XVI, Fig. 1—2. 
: Weszet, Anthozoa tabulata, Taf. IV, Fig. 11. 
> RominGer, „Michigan Corals“, p. 11, Pl. I, 2. 


Palaeontograpbica. Bd. XLVI. 6 


2. Heliolites intrieatus var. lamellosa Lixpste. 
(Taf. V, Fig. 13, Taf. VII, Fig. 3—5.) 
1880. Heholites intricatus var. lamellosa Linpste., Fragmenta silurica, p. 32, Tab. I, Fig. 5. 


Der Stock hat eine charakteristische, aber variirende Form; er bildet dünne, oft weit aus- 
gebreitete Lamellen, deren Dicke zwischen 0,5 und 0,7 mm schwankt. Sein Flächendurchmesser kann 
20 cm erreichen; gegen die Ränder zu nimmt er allmählich an Dicke ab. Oft findet man mehrere 
aufeinander gewachsene, lamellenartige Stöcke, die von einander durch Gesteinsmaterial geschieden 
sind. Selbst ganz dünne Stöcke zeigen sich im (@uerschnitt aus mehreren solchen Lamellen zu- 
sammengesetzt; so fand ich z. B. in einem 4 cm dicken Stock 3 verschiedene Lamellen von 1,2 
bezw. 1,5 und 0,4 mm Dicke. Einer der vorliegenden Stöcke ist auf einer Stromatopora fest- 
gewachsen, die anderen scheinen sich frei auf 
dem Meeresboden ausgebreitet zu haben und 
werden dann natürlich beträchtlich von der Unter- 
lage in ihrer Form beeinflusst. Sie sind fast alle 
mehr oder weniger unregelmässig convex, aber 
mit einer entsprechenden concaven Unterseite, nur 
ein Exemplar hat eine convexe Unterseite mit 
unregelmässiger, wellenförmiger Oberseite. Einige 
haben eine ziemlich regelmässig elliptische Form 
und sind dann in ihrem äusseren Habitus den 
von NıcHoLson beschriebenen Pinacoporen sehr 
ähnlich. Die Unterseite ist immer mit einer con- 
centrisch gestreiften Epithek versehen. 

Sehr selten bildet diese Form kuchen- 
förmige, also nicht lamelläre Stöcke; ich habe 
einen solchen Stock in 5a in Asker gefunden, der 
mit einem wahrscheinlichen Flächendurchmesser 
von 12 cm in der Mitte eine Höhe von 4 cm 
besitzt. Dieser ist somit wahrscheinlich die 
“= Hauptform. 

Fig. 10. Heliotites intricatus var. lamellosa LinpsıR. Die Thekalröhren schwanken in ihrem Durch- 

Ein Stock aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike. messer zwischen 0,8 und 1,5 und heben sich 

Ne etwas von ihrer Umgebung ab; man bemerkt 

oft eine allmähliche Erhöhung der letzteren gegen 

(die Röhren hin. Die Wand ist schwach eingekerbt, die Septen sind sehr kräftig und vereinigen sich 

mit der sehr voluminösen Columella, die gewöhnlich die Hälfte des Röhrendurchmessers einnimmt. Auf 

einer gut erhaltenen Oberfläche zeigt diese sich in den sehr seichten Kelchen als eine ganz schwache 

Wölbung, während die Septen schärfer hervortreten. Der Abstand zwischen den Kelchröhren beträgt 

durchschnittlich 1—1,5 mm. Die Exothek ist auf der ÖOberfiäche aus etwas unregelmässigen Röhren 

gebildet, deren Durchschnitt zwischen 0,2 und 0,5 mm schwankt (das letztere bei den mit 1,5 mm 
breiten Thekalröhren verselienen Stöcken). 


ak —ı Ss 


Die Oberfläche des Stockes stimmt also mit Lınosrröm’s Beschreibung gut überein und hat 


das normale Aussehen derjenigen von Heliolites; um so mehr wird man überrascht von den Dünn- 
schliffen. Es ist nämlich eine enorme Verdickung des ganzen Skeletes eingetreten, die oft zur voll- 
ständigen Verschliessung der Röhren führen kann. Auf einem Längsschliff sieht man dann gewöhnlich 
sehr regelmässige Säulchen dieht aneinander gelagert, die auf der Oberfläche in feine Spitzen aus- 
laufen, welche die hier noch dünnen Wände der Exothekalröhren darstellen. Auf dem entsprechenden 
Querschliff sieht man nur, wenn dieser ganz nahe der Oberfläche gelegt ist, noch offene Röhren und 
Septalräume zwischen den schon verdichteten Wänden und Septen; weiter nach unten sind alle Hohl- 
räume vollständig ausgefüllt. In anderen Stöcken ist dieser Prozess nicht so weit vorgeschritten; viele 
Röhren sind auf lange Strecken offen und noch mit deutlichen, etwas unregelmässigen Böden versehen, 
ebenso die Interseptalräume. | 

Ich fasse diese Ausfüllungsbildung als eine Stereoplasmaablagerung auf, die gewöhnlich so voll- 
ständig ist, dass die Bödenbildung gänzlich ersetzt wird, ohne dass jedoch die ursprüngliche Bauart 
der Korallen mit Exothekalröhren. Septen ete. aufgehoben wurde. 

Eine (nachträgliche?) Veränderung kann dadurch eintreten, dass das ganze verdickte Skelet 
in etwas unregelmässige Kalkprismen zerfällt; man sieht dann in Schliffen sehr wenig von der ursprüng- 
lichen Struetur. 

Wenn die Oberfläche gut erhalten ist, wie auf vielen der obersilurischen Exemplare, zeigt die 
Columella eine fein papilläre Seulptur: im Schliff hat sie dann auch einen ausgesprochen trabekulären 
Bau mit dichtgedrängten, trabekelähnlichen Gebilden, die gewöhnlich eine vollkommen dichte Masse bilden. 

Untersuchte Stöcke: 10. 

Systematische Bemerkungen. Obwohl Lixvsrröm den inneren Bau von Heliolites intri- 
catus var. lamellosa nicht beschreibt, muss ich doch vorläufig meine Form mit dieser vereinigen, da die 
Beschreibung des Aeusseren vollkommen übereinstimmt, und da die von Liwpsrröm beschriebene Form 
in entsprechenden Ablagerungen in Dalarne, im Leptaenakalk, vorkommt. 

NıcHorson beschreibt in seiner wichtigen Arbeit über Girvan Heliolites foliaceus', der in 
Stockbildung, Grösse der Thekalröhren und Verdickung der Wände mit unserer Form sehr gut über- 
einstimmt; nur sind die Septen verhältnissmässig kurz und bilden keine Pseudocolumella, auch ist die 
Wandverdickung nicht ganz so weit vorgerückt. H. foliaceus ist eine obersilurische Form aus dem 
Öberen Llandovery von Woodland Point. 

In seinen „Zoantharia tabulata* stellt Wexzei eine neue Gattung Pachycanalieula für Helio- 
liten mit verdiekten Wänden auf?. Als Typus wird Hel. Barrandei R. Hoerrnes aus dem Unterdevon 
der Ostalpen aufgeführt. Bei dieser und der nahestehenden Form Hel. vesiculosa PENNECKE’ sind die 
Wände beträchtlich verdickt, doch lange nicht so stark wie bei den silurischen Formen; weiter sind 
die Septen kurze Längsleisten, die an ihren freien Rändern schräg nach oben gerichtete, am distalen 
Ende schwach kolbig verdiekte Dornen besitzen; die Böden sind sowohl in den 'Thekalröhren als den 
Exothekalröhren horizontal oder blasenartig entwickelt. Beide Arten bilden massige Stöcke. 

Wenn wir vom ganzen Bautypus, der mit Heliolites übereinstimmt, absehen, so müssen wir 
bekennen. (dass die silurischen Formen mit den devonischen ausser der Wandverdickung nichts 
semein haben. 


1 NıcHotson & Ere., „Girvan“, Bd. III, p. 261, Pl. XVI, Fig. 6 und Pl. XVII, Fig. 1—-1b. 

2 Wexzer, Zur Kenntniss d. Zoanth. tabulata, p. 27. 

3 Ppysecke, Ueber die Fauna und Alter einiger palaeoz. Korallenriffe der Ostalpen (Zeitschr. d. D. Geol. G. 
1887 p. 272, Tab. XX, Fig. 4—5.) 


ON Ag 


Der ganze Septalapparat ist total verschieden, ebenso die Stockbildung. Wir haben desshalb 
keinen Grund, anzunehmen, dass diese Formen einen gemeinsamen Ursprung haben, und können die 
silurischen nicht m Wexzev's Gattung einreihen. Diese ist lediglich auf Grund der Septaldornen auf- 
recht zu halten; ähnliche treten auch bei Prohel. dubius auf, obwohl beide Arten in gar keiner 
näheren Verwandtschaftsbeziehung stehen. 

Geologische und geographische Verbreitung. Kommt im Gastropodenkalk (5 a) sehr 
häufig vor. In Schweden ist er in dem mit dem Gastropodenkalk gleichalterigen Leptaenakalk gefunden 
worden und soll nach Linpström auch im Obersilur auf Gotland vorkommen, wird aber nicht in der 
„List of fossil Faunas of Sweden“ (1888) erwähnt. Nach Anpersson! ist er auch für den Kalkstein 
mit Zeptaena Schmidtii auf Oeland charakteristisch. 

Im Provinzialmuseum in Reval lagen Stöcke dieser Art von Hohenholm und Lyckholm, Fı; 
sie kommt also auch im esthnischen Silur vor. 

Im norwegischen Obersilur ist Hel. intricatus sehr verbreitet in Asker in der Etage 6, scheint 
aber nicht höher zu gehen; eigenthümlicherweise ist mir diese Form aus anderen Lokalitäten in der 
Etage 6 nicht zu Gesicht gekommen. 


‘ Anpersson, Ueber Blöcke aus d. jüngeren Untersilur, auf d. Insel Oeland vorkommend (Oefvers. af K. Vet. 
Akad. Förh. 1893, Nr. 8), p. 538. 


Allgemeine Sehlussfolgerungen. 


Die systematische Stellung der Heliolitidae. 


Die Heliolitiden treten in den von mir untersuchten Ablagerungen in so vielen schön erhal- 
tenen Formen auf und gewähren so mancherlei Aufschlüsse über ihre Organisation und systematische 
Stellung, dass wir diesen allgemeinen Fragen etwas näher treten wollen. 

Es hätte keinen Zweck, eine ausführlichere Erörterung aller hierüber ausgesprochenen Auf- 
fassungen zu geben‘, Ich will nur die in der Neuzeit vertretenen kurz anführen. Am meisten ver- 
breitet ist die von NıcHorson wissenschaftlich begründete Auffassung, wonach die Heliolitiden den 
Helioporen nahe verwandt und wie diese letzteren zu den Octokorallen zu stellen seien. Schon im 
Jahre 1745 hatte Lıysaeus Heliolites als Millepora® (diese wurde früher allgemein mit Heliopora 
zusammengestellt), Braımsvitte 1830 als Heliopora beschrieben, und diesen Autoren haben sich später 
Dana, Harr, M. Enwarnps & Hamme, EıcawauLp, BRONN, ROMINGER, NICHOLSON, MOSELEY, QUENSTEDT 
und Zırreu angeschlossen. SarDEson® hat diese Anschauung eingehend zu begründen versucht und von 
Heliolites — Heliopora ausgehend alle Tabulaten als Aleyonarier erklärt; ja damit noch nicht zufrieden, 
sogar für alle ausgestorbenen Tabulaten Nachkommen in den recenten, meistens skeletlosen oder mit 
isolirten Kalkspieulis versehenen Alecyonarienfamilien gefunden! 

Dieser Auffassung stehen zwei andere gegenüber; nach der einen, die von LinDström vertreten 
ist, bilden die Heliolitiden eine alte Familie der Hexakorallen, die zu den Halysitiden und Theciiden 
Beziehungen haben und von recenten Formen den Pocilloporen am nächsten stehen; nach der anderen 
haben sie weder mit den Helioporen noch mit den Hexakorallen Verwandtschaft, sondern bilden in 
der Gruppe der Tabulaten eine ganz isolirte Familie. Diese letztere Anscnauung wird von F. Römer, 
NEUMAYR und neuerdings von WEISSERMEL und WENZEL verfochten. 

Die Nıchorson-Sarpesox’sche Auffassung beruht hauptsächlich auf der grossen äusseren Ueber- 
einstimmung* von Heliopora und Heliolites und auf der beiden gemeinsamen Coenenchymknospung, 
lässt sich aber nur schwer auf die besonders in untersilurischen Ablagerungen häufig auftretende 
Stammgruppe der Plasmoporinen anwenden. Der Dimorphismus des Heliolitenstockes, der von NıcHon- 
sox sehr bestimmt behauptet wurde, kann jetzt nicht mehr aufrecht erhalten werden; denn dagegen 


! Quessteor giebt in der Petrefactenkunde Deutschlands Bd. VI. Korallen p. 125 eine interessante Zusammen- 
stellung der älteren Ansichten. 

2 Lrssaevus, Corallia baltica p. 30, No. XII, F. XXIV. Lisoström, On the „Corallia baltica“ of Lınnawus 
Oefvers. K. Vet. Akad. Förh. 1895, Nr. 4, p. 636. 

® Deb. d. Bezieh. d. foss. Tabulaten zu den Alcyonarien (N. Jahrb. f. Min. Beilageband X, 1896), p. 249. 

* Die von F. Röuer ausgesprochene Ansicht, dass das Skelet bei Heliopor«a perforirt sei, beruht auf einem 
vollständigen Missverständniss des Moseurv’schen Textes. Sie ist leider nach F. Römer in mehrere neuere Arbeiten 
übergegangen, obwohl sie neuerdings von Wexzer corrigirt wurde, 


N 


spricht der Bau von Hel. lamellata Wexzen'" und noch mehr derjenige von Plasmoporella con- 
vexotabulata nov. Sp., bei welcher die Wände nur aus isolirten Septallamellen bestehen, und in Folge 
dessen die inneren Tabulae zwischen diesen mit dem äusseren Blasengewebe direkt sich verbinden. 
Diese Frage spielt hier allerdings keine besondere Rolle, da nach den neuen Untersuchungen von 
Bourne? auch Heliopora keine dimorphen Individuen hervorbringt; Moserey's diesbezügliche Behaup- 
tung war nur eine Hypothese, für welche er keine beweiskräftigen Gründe anführen konnte. Wenn 
somit dieser Dimorphismus, über den so viel gestritten wurde, jetzt wohl endgültig aus der Welt 
geschafft ist, so scheinen mir doch die Heliolitiden in anderen Verhältnissen so viele und tiefgreifende 
. Eigenthümlichkeiten aufzuweisen, dass eine Verwandtschaft mit Heliopora nicht angenommen werden kann. 


In einer kleinen Abhandlung hat WeIsserueL°® in klarer und übersichtlicher Weise verschie- 
dene wichtige Gründe gegen die NICHOLSON-SARDESoN’ sche Theorie geltend gemacht. Ich kann mich 
in den meisten, wenn auch nicht in allen Punkten an WEIssErMEL anschliessen, dem, wie es scheint, 
die wichtige Arbeit von Bourye über Heliopora unbekannt war. 


Folgende Momente scheinen mir von besonderer Bedeutung zu sein: 


1. Der mikroskopische Bau des Skeletes. 

2. Die Natur der Septen. 

3. Die Entwicklung des Stockes. : 

4. Die Ergebnisse der phylogenetischen Entwicklung für die Entstehung und die Natur 
des Coenenchyms. 


1. Der mikroskopische Bau des Skeletes. Das Skelet von Heliopora ist ectodermal. 
Das Verhalten bei den Alcyonarien ist in dieser Beziehung sehr variabel, mdem man bald ectodermale, 
bald mesodermale Skelete findet, bald einen Wechsel von beiden. Bei den Heliolitiden muss man mit 
Notwendigkeit auf ein ectodermales Skelet schliessen. In dieser Beziehung stimmen also die Zelio- 
poridae, Heliolitidae und alle skeletbildenden Zoantharien überein. Wir dürfen desshalb erwarten, dass 
viele Eigenthümlichkeiten des Zoantharienskelets sich auch bei einem ähnlich entstandenen Aleyonarien- 
skelet wieder finden können. Man braucht darum auch nicht in allen übereinstimmenden Merkmalen 
des Skeletes eine wirkliche Verwandtschaft zu sehen. 


Sehr charakteristisch für die recente Heliopora coerulea ist der trabekelartige Aufbau ihres 
Skeletes. Moseuey'’s Angaben sind von BoURNE corrigirt worden; es besteht nach diesem letzteren 
aus dünnen, verticalen Trabekeln oder Gebilden, die denen der Hexakorallen vollkommen ähnlich 
sind, und nicht, wie Moserey angiebt, aus (im Querschnitt) Y-förmigen „Rods“. Dieser Bau 
ist besonders in den Wachsthumszonen des Stockes zu sehen; sie wird anderswo durch Skeletver- . 
dickungen verwischt und verhüllt. Einen solchen Bau sieht man bei Helolites nicht; hier sind 
gewöhnlich die Wände und Septen nur als einförmige Lamellen entwickelt, in denen selten eine 
bestimmte krystallinische Streifung zu konstatiren ist. SARDESON und noch mehr WEISSERMEL erwähnen 
einen dunkeln Primärstreifen, den sie an einzelnen Stellen bei Heliolites porosus Gonpr. und inter- 
stinctus Lın. gesehen haben wolien. Auf diese offenbar überaus seltene Erscheinung (ich habe sie bei 


! Wexzer, „Anthozoa tabulata“, p. 8. 

? Bourne, Struct. a. Affın. of Heliopora coerulea (Philos. Trans. R. Soc. London Vol. 186 B,, p. 455—85). 
Abstr. Journ. R. Micro. Soc. London, 1896, I, p. 73— 75. 

° Sind die Tabulaten die Vorläufer der Aleyonarien? (Z. d. D. G. Ges. 1898) p. 54—64. 


den zahlreichen Formen aus Norwegen, Gotland, Esthland und Böhmen niemals gefunden) möchte ich 
kein besonderes Gewicht legen. Wie ich in einer phylogenetischen Uebersicht der Heliolitidae zeigen 
werde, muss Heliolites von den Plasmoporinae abgeleitet werden. Bei diesen findet man nun sehr ver- 
breitet Gebilde, die ich als Trabekeln ansehe. Am schönsten sind sie bei Formen wie Pl. conferta 
M. Epw. &H. zu sehen; man kann hier an gut erhaltenen Exemplaren im Schliff beobachten, wie die 
Mauer aus einzelnen verticalen Stäbchen von hellem Kalk aufgebaut ist, in welchem die Kalkfasern 
steil nach oben und aussen strahlen: die Septen bestehen aus ähnlichen, meistens isolirten Stäbchen, 
die schräg nach oben und innen verlaufen, genau so, wie die Trabekeln in den Septen der meisten 
Rugosen und bei vielen jüngeren Madreporariern. Im exothekalen Gewebe finden sich zahlreiche, fast 
verticale, gewöhnlich ziemlich kurze Stäbchen von ähnlicher Structur; oft sind sie zu kurzen Lamellen 
vereinigt. Alle diese Gebilde glaube ich als trabekuläre Gebilde erklären zu können und halte sie für 
homolog mit den einfachen Trabekeln bei den ächten Zoantharien. Sie ragen wie diese als kleine 
knopfartige Erhöhungen auf der Oberfläche hervor. Bei mehreren der ältesten Plasmoporinen (Pl. 
primigenia Kıär, Pl. parvotubulata Kıär) scheinen sie exothekal vollkommen zu fehlen; bei anderen 
wie Plasmoporella und Pl. Girvanensis Nıc#. & Erm. und mehreren Formen der Pl. tubulata-Reihe 
sind sie exothekal nur als minimale Dörnchen, die auf den Dissepimentblasen sitzen, entwickelt, und 
diese sind wohl als einzelne Fascikel anzusehen. In anderen Reihen (Pl. conferta-Reihe und Pi. 
seita-Reihe) vereinigen sie sich zu grösseren Lamellen und können in dieser Weise ein ähnliches Coe- 
nenchym wie bei Heliolites bilden. In gleicher Weise muss man sich die Entstehung der Septal- 
lamellen bei den Heliolitinen denken: sie ist schon bei Pl. petaliformis Los. eingetreten. 


Ich finde demnach, dass in den zahlreichen Entwicklungsreihen von den Plasmoporinen zu den 
Heliolitinen ein Schwinden des trabekulären Baues eingetreten ist, also das Gegentheil von dem, 
was SARDESOv gemeint hat. Durch Hintansetzung der geologischen Reihenfolge dieser Formen und 
durch gewisse hypothetische Voraussetzungen ist er wohl zu seiner Annahme getrieben worden. 


Bei einer eigenthümlichen und sehr alten Heliolites-Form, H. intricatus var. lamellosa Im. ist 
ein gewisser trabekulärer Aufbau besonders der Columella zu sehen. Ob dies primär ist, oder erst 
secundär durch einen Verdickungsprozess zu Stande kam, lässt sich schwer entscheiden. 


Eine ähnliche Entwicklung trabekulärer Gebilde findet man besonders schön bei den Cocco- 
serinae. Ich kam bei der Besprechung dieser (p. 13 ff.) zu dem Resultat, dass man es hier mit Gebilden 
zu thun hat, die nicht den Trabekeln der ächten Madreporarier vollkommen homolog sind, glaubte 
aber bei der Palaeoporites-Reihe wirkliche ächte Trabekel gefunden zu haben. 

Wir sehen also. dass sowohl bei den Helioporiden als bei den Heliolitiden eine trabekuläre 
Entwicklung des Skeletes vorkommen und bei den letzteren in einzelnen Gruppen wieder verschwinden 
kann. Es scheint fast, als ob bei dieser alten Familie diese bei jüngeren Formen so constanten 
Merkmale noch keine Festigkeit erlangt haben und desshalb auch keine sonderlich grosse systematische 
Bedeutung beanspruchen können. Jedenfalls besitzt der trabekuläre Bau der Heliolitiden eine viel 
grössere Aehnlichkeit mit demjenigen der Hexakorallen als mit den Helioporiden. Das zeigt sich be- 
sonders in der Anordnung der Septaltrabekeln, die vollkommen mit denen der ächten Madreporarier 
übereinstimmen. 

Während ferner bei den Heliolitiden die Dissepimente, wie Blasen und Böden, in ihrem mikro- 
skopischen Bau vollkommen mit den entsprechenden Bildungen bei den ächten Madreporariern über- 
einstimmen, bestehen sie bei den Helioporiden aus demselben hellen Kalk wie die Trabekeln. Sie sind 


ee 


dick und stecken hülsenförmig ineinander. Am Rand des Coenenchymrohres biegen sie sich nach oben 
und gehen direkt in das Skelet über, wodurch dieses einen lamellösen Aufbau erlangen! kann. 


2. Die Natur der Septen. Von besonderer Wichtigkeit ist die Auffassung der Septalleisten 
als Pseudosepten oder ächte Septen. Alle Zoologen, die Heliopora in neuerer Zeit studirt haben, 
sind darüber einig, dass die „Septen“ bei dieser in keiner Verbindung mit den Mesenterien stehen, 
dass sie vielmehr nur zurückgebliebene Wände der begrenzenden Coenenchymröhren darstellen. Eine 
bestimmte Septenzahl existirt desshalb auch nicht. Bei H. coerulea Pauz. giebt Bourne als Mittel 
15 an, bei H. macrostoma Reuss finden sich bis 24. Bei den Heliolitiden, bei denen normal 12 Septen 
auftreten, ist ein derartiger Ursprung der Septen nicht denkbar’. Ich kann den Weısseruer’schen 
Ausführungen in dieser Hinsicht noch beifügen: Wie kann man bei Proheliolites dubius F. ScHm.. 
Plasmop. primigenia Kıär und zahlreichen anderen sowohl Plasmoporinen als Heliolitinen, bei denen 
die Thekalröhren dicht gedrängt stehen, behaupten, dass die Septen zurückgebliebene Wände über- 
wachsener Coenenchymröhren darstellen, wenn nur eine minimale Anzahl solcher auf dem von der neuen 
Thekalröhre eingenommenen Platz vorhanden war? Eine natürliche Erklärung hierfür bietet die Sar- 
peson’sche Theorie in keiner Weise. Wenn ich weiter erwähne, dass die Septen sich bei sehr alter- 
thümlichen Heliolitiden wie Prohel. dubius F. Schm. in einer Reihenfolge einschalten, die mit der 
Anlage der Mesenterien bei den Hexakorallen übereinstimmen, so scheint mir kein Grund vorhanden zu 
sein, dass es sich hier nicht um ächte Septen handle. Die Abhängigkeit der Septen bei Heliolites 
von den Wänden der begrenzenden Coenenchymröhren, die SARDESoN entdeckt hat, ist ganz interessant. 
Es ist dies, wie bereits WEISSERMEL bemerkt, die einzige neue Beobachtung, die er überhaupt über 
Heliolitiden gemacht hat. 


3. Die Entwicklung des Stockes. Bourne hat dieselbe in anschaulicher Weise bei Helio- 
pora geschildert. „The Coenenchymal caeca are the active agents of growth and expansion, and 
the polyps are only secondarely formed amongst and out of these“ (Op. eit. p. 465). Ganz anders 
sind, wie auch WEISSERMEL®? hervorhebt, die Verhältnisse bei den Heliolitiden; bei diesen findet man 
nie grössere Theile des Stockes nur aus Coenenchym bestehend. Seine Aussage: „das Coenenchym 
habe ich stets in strengster Abhängigkeit von den Kelchen gefunden“, kann ich nur bestätigen. Der 
Gegensatz tritt besonders in zweigförmigen Stöcken wie bei Pl. ramosa Kıär und Palaeopora inordi- 
nata Loxsp. scharf hervor. Die Thekalröhren spielen hier überall die wichtigste, das Coenenchym nur 
eine nebensächliche Rolle. Man vergleiche nur meine Abbildung von Pl. ramosa, Taf. V, Fig. 6, mit 
Bourne’s Diagram. Bei mehreren Plasmoporinen, wie Pl. parvotubulata Kıär und äntercedens Kıär, 

- legen sich die neuen Thekalröhren dicht an die älteren an. Darin erkenne ich eine Erbschaft aus 
früherer Zeit, wo anstatt des Coenenchyms noch gut zu unterscheidende Dissepimentzonen ausserhalb 
der einzelnen Zellen vorhanden waren. Die Knospung ist ursprünglich wie bei vielen Rugosen in 
dieser äusseren Dissepimentzone vor sich gegangen, und erst nach und nach hat sich mit der stärkeren 
Entwicklung und Differenzirung des Coenenchyms dies ursprüngliche Verhalten verwischt. 


' Bei Heliopora macrostoma Rzuss aus Gosau-Kreide, die ich mikroskopisch untersucht habe, ist dieser Bau 
in den verdickten Zonen noch mehr gesteigert; das ganze Skelet besteht aus solchen hülsenförmig ineinander gesteckten 
Tabulae, die in den „Trabekeln“ in einen conischen Zapfen auslaufen. 

: Man vergleiche damit Weıissermet, Z. d. D. G. Ges. 1898, p: 55. 

IE 


4. Folgerungen aus der phylogenetischen Entwicklung für die Entstehung und 
Natur des Coenenchyms. Aus der Phylogenie der Heliotiden, die ich an einer anderen Stelle aus- 
führlich geschildert habe, geht wohl unzweifelhaft hervor, dass die Heliolitinen von den Plasmeporinen 
abstammen; sie sind die stark specialisirten Nachkommen der letzteren. Dann muss aber das Ver- 
halten bei den Plasmoporinen als Grundlage für die richtige Auffassung der Natur des Coenen- 
chyms angesehen werden. Ich gehe hier von der Auffassung Lmpström’'s aus; er hat schon 1871! 
die Frage in der Weise gelöst, dass das Coenenchym wie bei Arachnophyllum, Turbinaria und Smithia 
aus den zusammengewachsenen Rändern („Gebrämen“) der einzelnen Kelche entsteht. „Es fehlt in 
solchen Korallen wie den Heliolitiden eine Aussenwand, und die Bedeutung des inneren Kelches wird 
mit der sogenannten inneren Mauer bei Acervularia homolog.“ Diese Anschauung ist wohl vom Ver- 
halten der Plasmoporinen ausgegangen; bei diesen sind die zwei Dissepimentzonen noch vollkommen 
wie bei vielen Rugosen und jüngeren Korallen entwickelt. Gerade auf der Grenze zwischen den beiden 
Zonen hat sich eine secundäre. innere Mauer entwickelt, die bei der ursprünglichen Plasmoporella 
noch nicht zur Entwicklung gelangte. Das Coenenchym bei den Plasmoporinen repräsentirt somit die 
äusseren Dissepimentzonen, die durch ein Schwinden der ursprünglich vorhandenen äusseren Mauer 
und der peripherischen Theile der Septen zu einem einförmigen Blasengewebe umgewandelt sind. Eine 
analoge Entwicklung zeigen die Reihen der Acervularia — Phillipsastraea — Pachyphyllum?’. Hier 
zeigt sich eine ähnliche Bildung einer inneren Mauer, ein Schwinden der äusseren Mauer und eine 
Reduetion der Septen. Eine Zurückbildung der Mauer und Septen lässt sich z. B. auch bei Strom- 
bodes, Darwinia, Endophyllum, Aulastraea, Thammastraea etc. beobachten. Bei den Plasmoporinen 
tritt aber der eigenthümliche Fall ein, dass in diesem indifferent gewordenen Dissepiment-Coenenchym 
wieder Septalbildungen entstanden und zwar zuerst isolirte Faseikel und Trabekel, die sich allmählich 
zu verticalen Lamellen vereinigten; diese können entweder Fortsetzungen der endothekalen Septen sein 
oder sich zwischen diesen entwickeln, oder beide Bildunesweisen können sich combiniren (Heliolites), 
Hiermit wäre möglicherweise die Bildung der Wand und des Coenenchyms bei Turbinaria” zu ver- 
gleichen. 

Ist es aber wirklich nothwendig anzunehmen, dass die Stammformen der Plasmporinen eine 
äussere Mauer mit von dieser entspringenden Septen gehabt haben? Ich habe dies hier angenommen, 
weil man überall in analogen Fällen bei skeletbildenden Zoantharien findet, dass die Stammformen 
solche besassen. Es wäre aber durchaus nicht unmöglich, dass das Skelet der Stammformen ähnlich 
oder noch einfacher als bei Plasmoporella gebaut, also fast nur aus Dissepimenten ohne Septen und 
Mauer zusammengesetzt war. Die erste Annahme halte ich für die wahrscheinlichere. 

Auch bei Heliopora muss man jetzt, da die Dimorphismus-Theorie durch Bourne’s Unter- 
suchung den Todesstoss erhalten hat, ein Coenenchym annehmen; allein es ist in ganz anderer Weise 
entstanden und hat wesentlich andere Bedeutung als bei den Heliolitiden. 

Aus den hier angeführten Gründen kann ich eine Abstammung der Alcyonarierfamilie Helio- 
poridae von den Heliolitinen nicht annehmen; meiner Meinung nach ist die Aehnlichkeit nur als Con- 
vergenzerscheinung zu erklären. Das von WEıssermen hervorgehobene Beispiel von Oyathophora helio- 
litiformis, die eine überraschende Uebereinstimmung mit mehreren Heliolitinen zeigt, ohne dass an eine 


i Obersilur. Korallen von Tshan-Tiön (RıcarHoren, China, TV), p. 59. 

2 Freou, Die Korallenfauna des Oberdevons in Deutschland (Z. d. D. g. Ges. Bd. 37, 1885), p. 44. — Wriss- 
ermer, Korallen der Silurgeschiebe (Z. d. g. Ges. 1894), p. 609. 

3 Osınvie, Microscop. a. systemat. Study of Madreporarian, p. 205, Fig. 55. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


— 50° — 


phylogenetische Verbindung gedacht werden kann, ist sehr lehrreich. „Gerade bei Korallen spielen 
Umbildungsvorgänge eine grosse Rolle. Gleichsinnig gerichtete Umbildungsvorgänge haben nicht nur 
in einer Gruppe zu verschiedenen Zeiten stattgefunden und fast gleiche Formen erzeugt, sondern auch 
aus verschiedenen Gruppen zu verschiedenen Zeiten sehr ähnliche Formen entstehen lassen.“ ' 

Ich glaube so viele und wichtige Uebereinstimmungen mit den ächten Madreporariern nach- 
gewiesen zu haben, dass ich sie nicht mit F. Römer, NEuMmAYR, Wenzen und WeısseRMmEL als eine 
isolirte Gruppe der Tabulaten, diese Rumpelkammer für Formen mit unbekannter Organisation, anzu- 
sehen brauche, sondern sie mit Bestimmtheit als eine alte Familie der ächten Zoantharien betrachte. 
Diese Auffassung scheint auch Lıspström zu vertreten. Ihre näheren Verwandtschaftsverhältnisse zu 
den Rugosen und jüngeren Korallen sind aber sehr schwierig zu entzifftern. Möglicherweise hat eine 
Reihe, die Palaeoporitinen, sich weiter fortgesetzt (p. 52), sonst scheint diese alte Familie sehr isolirt 
zu stehen.. Ich betrachte sie als einen uralten, stark specialisirten Seitenzweig der Madreporarier, die 
schon im Devon ausgestorben ist. Eine Bekämpfung der Sarpeson’schen Hypothesen’, welcher in der 
recenten skeletlosen Aleyonaria Sarcophyton einen Nachkommen von Plasmopora, in Aleyonium von 
Heliolites Murchisoni und in Xenia von Proheliolites dubins entdeckt haben will, scheint mir über- 
flüssig, da diesen Phantasien jede wissenschaftliche Begründung fehlt. 

Was die Beziehungen der Heliolitiden zu den Favositiden und Monticuliporiden betrifft, so 
möchte ich mich den Auseinandersetzungen von Wexzen” anschliessen. Die Fistuliporiden werden 
bekanntlich von Wenzez zu den Heliolitiden gestellt. Die mikroskopische Structur des Skeletes und 
verschiedene Wachsthumserscheinungen (Maculae, Acanthoporen), die bei den Heliolitiden niemals 
beobachtet worden sind, machen es indess wahrscheinlich, dass sie, wie NicHoLson’ meint, eine selbst- 
ständige Familie der Monticuliporiden bilden. Nach allem, was wir zur Zeit über die Halysitiden 
wissen, finde ich dagegen, dass Wenzen mit Recht der Auffassung von LixDSTRöm, der SARDESoN sich 
auch angeschlossen hat, widerspricht und gewisse Uebereinstimmungen nur als Convergenzerscheinungen 
betrachtet. Dass auch die Theciiden — und weiter Calapoecia Biuu (= Houghtonia Rom.) nicht wie 
Wenzeu® und nach ihın SArDEsoN” meinen, zu den Heliolitiden gehören, werde ich im zweiten Theil 
dieser Arbeit zeigen. Sarpeson® hält auch Oyrtophyllum densum für eine Plasmoporine. Wie aber 
Linpström hervorhebt, findet diese Form ihren natürlichen Platz in der Nähe der Acervularien. 


Die Phylogenie der Heliolitidae. 


Die Heliolitiden gehören im derjenigen Begrenzung, die icb ihnen in dieser Arbeit gegeben 
habe, zu den am frühesten auftretenden skeletbildenden Anthozoen. Formen aus der Unterfamilie der 
Coccoserinen sind in Verbindung mit dem noch früher auftretenden Zaphrentidenstamm sehr charakte- 
ristische und weit verbreitete T'ypen in der untersilurischen Korallenfauna. In der Trenton Group 


1 WEISSERMEL, op. cit. p. 64. 

2 Op. eit. p. 282. 

> Anthoz. tabulata, p. 23. 

* WaAGEen & Wenxzer, Salt Range fossils, I. 1887, p. 904—910. 
° Manual of Palaeontology, Bd. 3, 1889, I, p. 357. 

® Anthoz. tabulata, p. 511. 

“Oi Elan Al 

5 Idem p. 276. 


= ine 


findet sich Profaraea, bei Craighead in Girvan Pulaeopora und vielleicht eine Coccoseris, in den 
Wesenberger Schichten in Esthland Protaraea. Von den übrigen Unterfamilien der Heliolitiden ist 
noch keine Spur vorhanden‘. Erst im oberen Untersilur erscheinen diese, und zwar sämmtliche Unter- 
familien ungefähr gleichzeitig, doch wahrscheinlich im englischen Silurgebiet etwas früher als im 
skandinavisch-baltischen. Von diesen Unterfamilien stirbt eine, die Proheliolitinen, schon im Unter- 
silur aus, eine andere, die Palaeporitinen, sind bis jetzt nur im Untersilur bekannt, haben jedoch 
möglicherweise spätere Nachkommen hinterlassen; die zwei übrigen sind sowohl unter- als obersilurisch ; 
während aber von diesen die Plasmoporinen schon im Untersilur in voller Blüthe stehen, erlangen die 
Heliolitinen erst im Obersilur ihre reichste Entwicklung und sind auch in devonischen Ablagerungen 
vertreten. In dieser Periode verschwindet die ganze Gruppe°; ich sehe hier von einer möglichen und 
später zu besprechenden Fortsetzung der Plaeoporitinen ab. Dies ist in grossen Zügen das geologische 
Auftreten der Heliolitiden. 

Die erste Frage, welche in phylogenetischer Hinsicht entschieden werden muss, ist die, ob die 
Coceoserinen, wie ihr geologisches Auftreten vermuthen lässt, den Grundstamm bilden, aus welchem 
alle übrigen Heliolitiden sich entwickelt haben. Ich habe in einer allgemeinen Uebersicht der Cocco- 
serinen zu zeigen versucht, wie der Skeletbau dieser Gruppe sich mit demjenigen der früher zu den 
Heliolitiden gerechneten Formen (der Plasmoporinen und Heliolitinen) in Uebereinstimmung bringen 
lässt. Die Stammform dieser alten Gruppe, Palaeopora, zeiet im allgemeinen Bau unläugbar die 
grösste Uebereinstimmung mit den Heliolitinen; diese treten etwas später, im obersten Untersilur, 
auf und zwar eigenthümlich genug mit Formen, die eine grössere Difterenzirung aufweisen als die 
meisten obersilurischen. Auf der anderen Seite deuten viele Verhältnisse der Oberfläche auf eine nahe 
Verwandtschaft mit den Plasmoporinen hin. Es sind hier verschiedene Fälle möglich; leider ist unsere 
Kenntniss der untersilurischen Korallenfaunen noch so dürftig, dass sich über den tieferen Theil des 
Stammbaumes der Heliolitiden nichts Bestimmtes sagen lässt. Ich halte es aber für wahrscheinlicher, 
dass die Plasmoporinen und nicht die Coccoserinen den Grundstamm bilden. Die Porosität bei den 
letzteren ist nämlich eine in dieser Unterfamilie in rascher Entwicklung begriffene Eigenthümlichkeit 
(Palaeopora — Palaeoporites), und es ist desshalb sehr möglich, dass diese Formenreihe sich aus 
einem ächten, dichten Heliolites (z. B. Vorfahren des H. parvistella F. Röm.) entwickelt hat. Weiter 
besteht bei den Plasmoporinen eine starke Tendenz zur Bildung von Formenreihen, deren Endglieder 
einen typischen Heliolites oder doch eine Heliolites-ähnliche Form bilden, wie dies später im Detail 
gezeigt werden soll. 

Wie die Entwicklung der alten ächten Heliolitinen von Plasmopora-ähnlichen Vorfahren vor 
sich gegangen ist, wird durch diese Entwicklungsreihen angedeutet. Hier möchte ich nur die Cocco- 
serinen, welche ich von Heliolites-ähnlichen Vorfahren ableite, noch einmal besprechen. Die phylo- 
genetische Entwicklung in dieser Gruppe habe ich früher ausführlich auseinandergesetzt (p. 13). Die 
meisten Forscher, welche diese besprochen haben, meinen, dass sie den recenten Poritiden sehr nahe 
verwandt seien (J. Harz, M. Epwarps & HaımE, v. SEEBACH, (JUENSTEDT, NICHOLSON, ZITTEL und 
ÖsınvıeE). Eıchwaro stellte sie zu den L,ophoserinen, RominGzr, I. Römer, NEUMAYR und SARDESON 


t Brösser giebt zwar Proheliolites dubius für den Trinucleuskalk (Et. 4c $) an; das Stück ist mir nicht zu 
Gesicht gekommen und muss noch als fraglich betrachtet werden; verschiedene Montieuliporen sind dieser Koralle 
sehr ähnlich. 

2 Eıcuwanv’s Stylidium spongiosum (Leth. Ross. Vol. I. p. 456) ist, wie ich am Öriginalstück in St. Peters- 
burz sehen konnte, kein Heliolitide; es ist eine verwitterte rugose Koralle und gehört zu den Axophylliden, 


halten die 'Theciiden für ihre nächsten Verwandten. Alle diese Anschauungen beruhen auf einer 
mangelhaften Kenntniss oder besser auf einer Unkenntniss des mikroskopischen Skeletbaues dieser ur- 
alten Gruppe. Der Bau von Theeia ist sehr complieirt; wie bei Palaeopora findet auch hier ein eigen- 
thümlicher Verdiekungsprozess des Skeletes statt; während aber die unverdickte Skeletzone bei Palaeo- 
pora Heliolites-ähnlich ist, hat dieselbe bei Thecia eine unläugbare Verwandtschaft mit den Favositiden, 
bei welchen ebenfalls in verschiedener Weise Verdickungen des Skeletes vorkommen. Die Septen bei 
Thecia sind lamellenförmig, und dies ist wohl das einzige Merkmal, welches ein unverdicktes Thecia- 
Skelet von dem eines gewöhnlichen Favosites scheidet. Es wäre desshalb möglich, dass Thecia von 
Nyctopora-ähnlichen Vorfahren abstammt. Eine Verwandtschaft mit den Coccoserinen scheint mir 
ausserordentlich unwahrscheinlich. Was EıcmwaArp’s Ansicht betrifft, so handelt es sich bei Lophoseris 
nur um eine gewisse äusserliche Aehnlichkeit; der innere Bau kann gar nicht verglichen werden. Zu- 
dem ist die Abstammung der Lophoserinen von den Thamnastraeinen und die der letzteren von den 
Astraeiden jetzt wohl sichergestellt. Es bleibt nunmehr noch die erstgenannte verbreitete Meinung 
übrig, wonach die mezo- und neozoischen Poritiden von den altpalaeozoischen Coccoserinen abzuleiten 
wären. OcıtvıE! sagt hierüber: 

„Ihe palaeozoic family of Thecödae (Thecia, Protaraea, Stylaraea, Coccoseris) seems to 
be the ancestral types of our recent reef-builders. An interesting transitional genus is Astraeo- 
morpha, a Triassic genus, whose thick septa and calicinal features show more the character of 
the palaeozoic types, yet the fine structure proves its affınity with the recent Porites.“ etc. 


Die Astraeomorphinen sollen also nach dieser Forscherin die triassischen Uebergangsformen 
zwischen den Coccoserinen und Poritiden darstellen. Eine andere Auffassung vertritt F. Frec#?. Er 
meint, dass die Astraeomorphinen und die noch viel sonderbareren Spongiomorphinen zu Actinacis und 
den übrigen mit Turbinaria verwandten Perforaten hinüberleiten, setzt aber deutlich auseinander, dass 
diese triassischen Formen von den Thamnastraeinen abstammen, ja Vonz? lässt sogar Astraeomorpha 
nur als eine Untergattung von Thamnastraea gelten. Eine Ableitung von den Coccoserinen ist folglich 
nach diesen Forschern vollständig ausgeschlossen. Dagegen hat wohl Ocınvır darin Recht, dass die 
Poritiden und nicht die Madreporiden die Nachkommen der Astraeomorphinen sind. Der Septalbau ist 
hier massgebend. 

Existirt aber wirklich keine Verwandtschaft zwischen den Coccoserinen und einigen der recenten 
Perforaten? Wir haben gesehen, dass die Coccoserinen sich in zwei Reihen spalten, Coccoseris und 
Palaeoporites. Mit dem sehr compakten Skelete der ersteren Gattung kann wohl keine der jüngeren 
Perforaten verglichen werden. Sie umfasst stark specialisirte Formen, die sicherlich schon im Silur 
ausgestorben sind. Palaeoporites dagegen zeigt merkwürdige Aehnlichkeiten mit gewissen jüngeren 
perforaten Korallen. So ist die Aehnlichkeit besonders zwischen Querschliffen von Palaeoporites esto- 
nicus und der kretaceischen Gattung Actinacis sehr auffallend‘; doch ist das Skelet bei Palaeoporites 
noch stärker perforirt, auch sind die Septen anders gebaut. Die Hauptrichtung der Septaltrabekel ist 
bei beiden dieselbe; während aber die Turbinarinen wie auch die jurassische Gattung Thamnaraea°, 
der älteste, sichere Repräsentant dieser Unterfamilie, compakte Septen besitzen, ist der Septalbau bei 


‘ Microscop. a. systematic Study of Madreporarian Types of Corals, p. 339. 

* Die Korallen der juvavischen Triasprovinz, p. 64. 

° Die Korallen von St. Cassian, p. 57. 

‘ Ösınvır, Microsc. a. system. Study of Madrepor. Types of Corals, p. 211, Fig. 58. 
° Osıwvır, Die Korallen der Stramberger Schichten, p. 152. 


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Palaeoporites, wie wir gesehen haben, verschieden und zeigt grössere Aehnlichkeit mit Eupsammıa, 
ohne dass damit eine Verwandtschaft besteht. Noch auffallender ist die Aehnlichkeit mit der alt- 
tertiären Zitharaea‘, bei welcher die Septen durchlöchert sind. Allein man findet bei dieser 24 dünne, 
regelmässige Septen, und auch das Coenenchym scheint nicht röhrig zu sein wie bei Palaeoporites. 

Die carbonische Gattung Palaeaeis wird von den meisten Forschern als eine alte, ächte 
Perforate angesehen; OsItvıe stellt sie als eine Stammform der Madreporiden auf. Die verschiedenen 
Formen, die man zu Palaeacis® gestellt hat, scheinen nach Hmpe’s neuen Studien zu zwei heterogenen 
Formenkreisen zu gehören; Hype betrachtet die Formen vom Typus der Palaeacis cuneiformis, M. 
Eow. als eine besondere Familie der perforaten Korallen, die in einigen Merkmalen den Favosi- 
tiden näher als den Madreporiden und Poritiden stehen. Eine andere Gruppe wird von Palaeacıs 
(Hydnopora) eyelostoma Pruww. gebildet: für diese errichtet Hınpz eine neue Gattung Microcyathus, 
die er als nahe verwandt mit recenten Perforaten betrachtet. Diese letztere Form besitzt ein gut 
entwickeltes, lacunäres Coenenchym und könnte möglicherweise mit Palaeoporites verglichen werden. 
Bei genauerer Betrachtung der Beschreibung und der Abbildungen von Mierocyathus sieht man aber 
leicht, dass wirkliche Uebereinstimmung, die auf eine phylogenetische Verbindung hindeutet, fehlt. 

Eine wirklich grosse äusserliche Aehnlichkeit hat dagegen Palaearaea Lopatini Lm.°, die aus 
einem fast gleichalterigen. aber wahrscheinlich doch etwas jüngeren Niveau als die hier beschriebenen 
Coceoserinen stammt; leider ist die Beschreibung zu kurz und die Abbildung zu ungenügend, um einen 
erfolgreichen Vergleich anstellen zu können. Unterscheidend ist jedenfalls die viel grössere Septen- 
zahl bei Palaearaea (28—32), obwohl dieser Umstand nicht von grosser Bedeutung ist, ferner dass 
die Septalblätter nicht durchlöchert sind. Eine Verwandtschaft wäre hier möglich, kann aber zur Zeit 
nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. 

Nach allen bis jetzt bekannten Thatsachen halte ich eine phylogenetische Verbindung zwischen 
den Coceoserinen und mezozoischen und neozoischen Korallen für unwahrscheinlich. Es sind wohl nur 
Convergenzerscheinungen, die Aehnlichkeiten hervorgerufen haben. Die sogenannten Perforata sind 
bereits als eine unnatürliche Gruppe aufgelöst worden, und auch die palaeozoischen perforirten Formen, 
wovon wir ja jetzt eine ganze Reihe kennen, sind offenbar auf verschiedenen Wegen entstanden. 

Ich kehre nun zu den Plasmoporinen zurück, welche ich, wie gesagt, als die ursprüngliche 
Stammgruppe der Heliolitiden ansehe. Man hat hier gewöhnlich zwei Gattungen oder Untergattungen, 
Plasmopora und Propora, unterschieden, deren Berechtigung von Lixpsrröm und NrcHoLson bestritten 
wird. Die meisten Forscher, die hierüber arbeiteten, sind theils von falschen Voraussetzungen aus- 
gegangen, theils haben sie in ihrer Untersuchung ungenügende Methoden angewandt, so dass sie eine 
Kenntniss des wirklichen Skeletbaues dieser Formen nicht erlangt haben. In der Regel werden Pl. 
petaliformis Lossv. und seita Eow. & H. als die typischen Repräsentanten dieser Gruppe angesehen; 
allein gerade sie sind spät auftretende und stark differenzirte Glieder verschiedener Entwicklungsreihen 
dieser Unterfamilie und können darum nicht als Ausgangspunkt benützt werden. Die meisten Forscher 
(sogar solche, die mit Dünnschliffen gearbeitet haben, wie Nıcnotsox und Wexzer) haben nicht oder 
nur sehr ungenügend zwischen geschnittenen Dissepimenten und Theilen des Septalapparats unter- 


M. Eowaros & Haıme, Brit. foss. Corals, p. 38, Pl. 7, Fig. 1. 

® Erserivse & NicHorsos, Ann. a Mag. of Nat. Hist. Ser. V, Bd. I, 1878, p. 206. — F. Römer, Lethaea 
palaeoz. p. 515. — Hısoe, Quat. Journ. Vol. 52, 1896, p. 40. 

> Lısoström, Silur. Korallen aus N.-Russland und Sibirien (Bih. K. Sv. Vet. Akad, Handl, Bd. 6, 1882), p. 11, 
Tab. I, Fig. 8. 


schieden. In meiner grossen Sammlung von Dünnschliffen dieser Formen ist diese Unterscheidung 
fast überall sehr leicht durchzuführen, da die Septalelemente aus hellem Kalk bestehen, während die 
Durchschnitte der Dissepimente dunkel erscheinen. Welche Fehler hierdurch begangen werden können, 
zeigt die Arbeit von WENZEL, worin z. B. behauptet wird, dass bei Pl. tubulat« Loss. alle Septen 
sich in das Coenenchym forsetzen unter Bezugnahme auf EpwAres & Hanıe’s Abbildung in „British 
foss. Corals“, Pl. 59, Fig. 3. In Wirklichkeit setzen sich die Septen bei dieser Art in das Coenen- 
chym gar nicht fort. Was Wexzeu als Fortsetzungen der Septen aufgefasst hat, sind nur angeschnit- 
tene Blasen. Denselben Fehler macht er bei der Besprechung von Pl. Girvanensis Niıca. & Era. und 
exserta NıcH. & Ere. Alle älteren Abbildungen von Plasmoporinen sind desshalb nur mit Vorsicht 
zu benützen‘. Gerade durch eine minutiöse Unterscheidung der verschiedenen Skeletelemente bei 
einer grossen Anzahl untersilurischer und obersilurischer Formen, die mir zur Untersuchung vorlagen, 
und durch eine genaue Feststellung ihres geologischen Auftretens ist es mir gelungen, verschiedene 
nicht unwichtige Resultate zu gewinnen, zu deren Auseinandersetzung ich jetzt übergehe. 

Bei meinen Studien über die Plasmopormen im den Etagen 5a-b kam ich sehr bald zu der 
Ueberzeugung, dass die in den verschiedenen Horizonten auftretenden Formen sich in natürliche Reihen, 
die eine bestimmte Differenzirungstendenz zeigen, ordnen lassen. Diese Reihen bezeichnen offenbar 
die phylogenetische Entwicklung. 

In den tiefsten Schichten der Etage 5a habe ich auf Ringerike Plasmopora primigenia var. 
ramosa Kıir gefunden, dagegen kommt die höher so überaus häufige Pl. conferta Enpw. & H. 
hier noch nicht vor; dies hängt meiner Meinung nach damit zusammen, dass sie von Pl. primigenia 
abstammt und sich noch nicht typisch entwickelt hat. Der Wandbau und die Entwicklung der Septal- 
dornen sind. bei beiden übereinstimmend; der Unterschied besteht darin, dass die Thekalröhren bei der 
Stammform kleiner sind und viel dichter stehen, und dass exothekale Septalelemente fehlen. Zwischen- 
formen stellen die im unteren Theil der Etage 5a vorkommenden Mutationen von Pl. conferta Epw. 
& Haımz dar, bei welchen die Thekalröhren noch nicht die typische Grösse erlangt haben und etwas 
enger stehen als bei den späteren. Ich nehme also an, dass exothekale Septalelemente sich in dieser 
Reihe entwickelt haben; bei den im oberen Theil von 5a auftretenden Formen sind diese reichlich 
vorhanden und sind als isolirte, etwas unregelmässig verlaufende Stäbchen, selten als ganz kurze La- 
mellen entwickelt, die als kurze Trabekel aufgefasst werden müssen; sie zeigen denselben Bau wie die 
endothekalen Septaldornen oder besser Septaltrabekel. Manchmal setzen sich diese Gebilde an die 
Theka an und bilden auf diese Weise kurze Fortsetzungen der Wand, die sowohl septal als interseptal 
entspringen können. Bei der Mutatio m 5b auf Ringerike sind die exothekalen Septalelemente noch 
reichlicher entwickelt. Von diesem Formenkreis leite ich die eigenthümliche Form ab, die ich in dieser 
Arbeit als Necholsonia megastoma M’Coy ausführlich beschrieben habe. Der Wand- und Septalbau 
erinnert sehr an Pl. conferta Epw. & H.; exothekal sind die Septalelemente zu unregelmässigen Helio- 
lites-ähnlichen Röhren geordnet, deren Wände sich meistens, aber nicht immer, interseptal an die 
Thekalröhren ansetzen. Sehr interessant ist es nun, dass an vielen Stellen, besonders wenn der Raum 
zwischen den Thekalröhren grösser wird, z. B. in der Ecke zwischen drei solchen, diese Exothekal- 
röhren verschwinden und nur isolirte Trabekel oder kurze Lamellen vorhanden sind, genau so, wie wir 


! Sarpeson (Beziel. der foss. Tabulaten) scheint dieselbe Beobachtung gemacht zu haben, hat aber wegen der 
Oberflächlichkeit seiner Arbeitsmethode keine sicheren Resultate gewonnen; WEISSERMEL dagegen hat in einer Kritik der 
Arbeit von SArDeEson, die mir beim Abschluss dieser Arbeit noch in die Hand kam, diesen Unterschied klar auseinander- 
gesetzt (Sind die Tabulaten die Vorläufer der Aleyonarier? Z. d. D. geol. Ges. 1898, p. 56). 


es bei Pl. conferta Epw. & H. gefunden haben. Ich betrachte desshalb N. megastoma M’Coy als eine 
ausgeprägte Uebergangsform zwischen Plasmopora und Heliolites, ohne dass ich vorläufig nachweisen 
kann, welche Zeliolites-Formen ihre Nachkommen repräsentiren. 

Im Obersilur finden wir zahlreiche Plasmoporinen, die in diese Entwicklungsreihe gehören, so 
z. B. Pl. Girvanensis NıcH. & Erı. und Pl. exserta Nıc#. & Erm.; die erstere kommt im norwegi- 
schen Silur in der Etage 6, die letztere in Sb vor; ähnliche Formen haben eine weite Verbreitung 
im schottischen, böhmischen und esthnischen Silur und repräsentiren einen noch wenig differenzirten 
Grundstamm dieser Reihe. Im Obersilur ist dann wahrscheinlich ein neuer Zweig hervorgesprosst, von 
welchem P/. petaliformis Lossp. ein schon sehr stark differenzirtes Glied bildet. Einen Querschlift 
dieser Form habe ich abbilden lassen, um die Entwicklung der exothekalen Septalelemente klar zu 
zeigen. Die Septen sind hier leistenförmig, bilden durch Gabelung die Mauer und setzen sich fast 
überall interseptal in langen, dünnen Lamellen fort: diese spalten sich weiter, sind aber an vielen 
Stellen abgebrochen und nur als isolirte, oft dreigabelige Lamellen entwickelt. Hierdurch wird zwi- 
schen den Thekalröhren ein System von weiten, mit unvollständigen Wänden versehenen Röhren 
gebildet. Dissepimente sind in Gestalt reichlich entwickelter Blasen, die im Schliff dunkel erscheinen, 
vorhanden. Die Entwicklung der exothekalen Septallamellen lässt sich sehr leicht von den Verhält- 
nissen bei Pl. conferta Epw. & H. ableiten. Sie ist eine Parallelform zu Nicholsonia megastoma M’Cor 
und führt wie diese zu Heliolites über: sie ist aber noch einen Schritt weiter gekommen, indem die 
Septen lamellär geworden sind. Ich muss freilich bemerken, dass Uebergangsformen zwischen Pi. 
petaliformis Loxsp. und Pl. conferta Evw. & H. oder Pl. exserta NıcHh. & ErH. noch nicht nach- 
gewiesen sind; ich bezweifle aber nicht, dass sie sich später noch finden werden. Wir sehen also, 
dass von dieser Pl, conferta-Reihe zwei Seitenreihen sich abgezweigt haben, eine untersilurische und 
eine obersilurische; beide führen zu Heliolites über, oder differenziren sich jedenfalls in dieser Richtung 
so stark, dass eine Fortsetzung der Reihe typische Heliolites-Formen entwickelt haben muss, wenn 
eine weitere Entwicklung wirklich vor sich gegangen ist. Consequent müsste man eigentlich auch für 
Pl. petaliformis l.ossp. eine neue Gattung aufstellen. die denselben Rang wie Nicholsonia besässe. 
Diese ganze Entwicklungsreihe der Plasmoporinen bezeichne ich als die Conferta-Reihe. 

Die in 5a häufige Pl. parvotubulata Kıir ist in phylogenetischer Beziehung von Wichtigkeit. 
Sie bildet nämlich den Ausgangspunkt mehrerer Formenreihen. Sie unterscheidet sich leicht von Pi. 
primigenia Kıär und lässt sich schwer von dieser ableiten, wohl aber von einer gemeinsamen älteren, 
noch unbekannten Stammform. Von Pl. parvotubulata Krär habe ich einen vollständigen Uebergang 
zu Pl, stellata Kıik in 5b gefunden. Mit dieser ist eine neue, grosse Form in den Etagen 6—7 
nahe verwandt. ebenso eine bei uns in Etage 7 vorkommende Plasmopora, die den Uebergang zu Pl. 
seita Evw. & H. bildet. In dieser Reihe findet man also, dass die costalen Verlängerungen der Septen, 
die endothekal als kräftige Dornen auftreten, nach aussen sich mehr und mehr verlängern, bis beim 
Endglied ein Bau erzielt wird, der demjenigen von Hekolites nicht fern steht. Von dieser Reihe hat 
sich schon früh eine Seitenreihe abgezweigt, die von grossem Interesse ist, weil sie einen vollkommenen 
Uebergang zu Heliolites bietet. In der Etage 6 habe ich nämlich eine Form gefunden, die sich leicht 
von dieser Seita-Reihe entwickelt haben kann. Die eostalen Verlängerungen der Septen sind stark 
entwickelt und verbinden sich gewöhnlich miteinander zu wirklichen, aber unregelmässigen Röhren; in 
dieser Beziehung steht sie der schon besprochenen, aber anscheinend später auftretenden Uebergangs- 
form zu Pl. seita sehr nahe. Unterscheidend ist besonders, dass die endothekalen Septen bei der hier 
zu besprechenden Form rudimentär sind. Von dieser zu einer in Etage 7 auf Malmökalk gefundenen 


— 80 — 


Form, die fast vollkommen mit Heliolites decipiens M’Coy übereinstimmt, ist es nur ein kleiner Schritt. Ich 
glaube darum, dass Helvolites decipiens M'Coy das Endziel eines Seitenzweiges der Pl. scita-Reihe darstellt. 

Von Pl. parvotubulata Kıär hat sich ferner eine andere Reihe entwickelt, die sehr leicht zu 
bestimmen ist; es ist die Ramosa-Reihe. P/. ramosa Kıär zeigt im Innern des Stockes eine über- 
aus grosse Uebereinstimmung mit Pl. parvotubulata, es hat sich hier aber eine eigenthümlich ent- 
wickelte Randzone ausgebildet (siehe p. 29); ich habe dort auch näher auseinandergesetzt, wie sich 
diese untersilurische Form in der obersilurischen Form Pl. Grayi Epw. & H. fortgesetzt hat. Diese 
wurde früher als ein ächter Heliolites angesehen; ich konnte aber durch Dünnschliffe constatiren, dass 
sie den Bau einer typischen Plasmopora besitzt. 

Noch muss ich die Verwandtschaftsverhältnisse und die möglichen Nachkommen von Pl. inter- 
cedens Kıär besprechen. Diese Form schliesst sich im Wandbau der Pl. parvotubulata Kıir, noch 
mehr vielleicht der noch tiefer vorkommenden Pl. prömigenia Kıär an; möglicherweise wäre sie von 
den Uebergangsformen zwischen diesen abzuleiten. Sie leitet auf der anderen Seite zu einer grossen, 
obersilurischen Formenreihe über, welche ich die Tubulata-Reihe nenne. Eine direkte Fortsetzung 
der Pl. intercedens habe ich in der Etage 6 constatirt; ja eine Form in der Etage 9 ist hiervon kaum 
zu unterscheiden. Von dieser Art lassen sich zahlreiche obersilurische Plasmoporen ableiten; ich stelle 
hierher die schon beschriebenen Pl. tubulata LoxsD., Pl. Edwardsiüi NıcHn. & ErH. und Grayöi NıcH. 
& Ere.'! Möglicherweise muss jedoch diese letztere als eine eigene, direkt von Pl. parvotubulata 
Kıär ausgehende Reihe aufgefasst werden. Im norwegischen Obersilur habe ich viele unbeschriebene 
Formen gefunden, die ebenfalls hierhin zu stellen sind. Sie bilden den am wenigsten differenziirten 
Theil des Plasmoporinenstammes und scheinen besonders plastisch zu sein. Sichere Reihen sind dess- 
halb hier besonders schwierig zu finden. 


Nach der hier geschilderten Pbylogenie der Plasmoporinen wäre die Aufrechterhaltung der 
Gattungen Plasmopora und Propora ganz umnatürlich, selbst als Subgenera, wie NıcHoLson ?2 vor- 
geschlagen hat. Der Grund hierfür ist nicht, dass Zwischenformen auftreten und die Grenze ver- 
wischen; denn- wenn die Plasmopora- und Propora-Formen zwei von einem gemeinsamen Stamm diver- 
girende Reihen bildeten, hätte man allen Grund, sie als zwei Gattungen aufrecht zu halten, obwohl 
die älteren Formen in den beiden Reihen sich notwendigerweise einander nähern und „Zwischenformen“ 
bilden müssten. Allein die Sache liegt anders; Plasmopora ist in ihrer alten Fassuug eine polyphy- 
letische Gattung. Um die phylogenetische Verbindung dieser Formen folgerichtig auszudrücken, 
muss desshalb eine dieser Gattungen aufgegeben werden. Ich schlage vor, dass man Plasmopora als 
den am meisten eingebürgerten Namen für die ganze Gruppe behält. NicHorsox’s Gattung Pina- 
copora° unterscheidet sich durch so geringfügige Merkmale von Plasmopora (Propora im alten Sinne), 
dass sie nicht aufrecht zu halten ist. Auch das amerikanische Genus Zyellia stimmt mit Formen der 
Tubulata-Reihe vollkommen überein und muss ebenfalls eingezogen werden‘. Diploepora QUENST. ist 
ebenfalls nur ein Synonym’, 


" Nicht mit Nıc#h. & Erueriner’s Heliolites Grayi zu verwechseln, der eine Palaeopora ist. Da Epwarns & 
Haıne’s Hel. Grayi eine Plasmopora ist, sollte eigentlich diese Form, Pl. (Pinacopora) Grayi Nıch. & ETHERIDGE einen 
neuen Namen bekommen; ich schlage Pl. Nicholson: vor. 

2 „Girvan“, III, p. 264. 

> „Girvan‘ T, p. 52. 

* Ich habe Gelegenheit gehabt, Lyellia parvituba Rom. zu untersuchen (Münchener Staatssammlung). 

5 Siehe unter Plasm. ramosa Krär. 


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Einen noch ursprünglicheren Bau als bei Plasmopora glaube ich in der neuen Gattung Plasmo- 
porella zefunden zu haben. Ich fasse die Endothekalröhre als eine innere Wand, die sich secundär 
gebildet hat, auf. Diese existirt hier noch nicht oder ganz unvollständig. Die Septen sind als ganz 
schmale, isolirte Septalleisten entwickelt und bilden mit den kurzen, nicht reichlich auftretenden exo- 
thekalen Trabekeln zusammen die einzigen vorhandenen verticalen Skelettheile; das Skelet wird somit 
bei diesen Formen hauptsächlich aus horizontalen Dissepimenten gebildet. Plasmoporella muss folglich 
als eine uralte Entwicklungsreihe betrachtet werden, aus welcher die übrigen Plasmoporinen sich ab- 
gezweigt haben. 

Für die schon längst als Heliolites dubius F. Schau. bekannte Form habe ich eine neue Gattung, 
Proheliolites, und eine neue Unterfamilie, Proheliolitinae, vorgeschlagen. Sie wurde gewöhnlich als 
ächter Heliolites aufgeführt; in letzter Zeit ist aber ihre systematische Stellung angezweifelt worden, 
so von Wexzer. Nach der in dieser Arbeit gelieferten Beschreibung ihres Baues und ihrer Knospung 
kann ihre Stellung unter den Heliolitiden nicht bestritten werden; wohl aber könnte man in Zweifel 
über ihre Verwandtschaftsbeziehungen kommen. Es lässt sich nicht läugnen, dass sie mit Helolites 
viel Gemeinsames hat; das exothekale Gewebe ist, wenn es reichlicher auftritt, durch vollständige La- 
mellen in Röhren getheilt; diese Lamellen zeigen aber kein gesetzmässiges Verhältniss zu den Septen 
und diese letzteren treten als Längsreihen von entferntstehenden, kurzen Dornen auf, die nicht nach 
oben, sondern merkwürdigerweise nach unten gewandt sind. Diese Eigenthümlichkeiten stellen sie den 
Plasmoporinen näher. Die Knospung ist dadurch besonders interessant, dass die neuen Thekalröhren 
sehr klein angelegt werden und ganz langsam auswachsen, und weiter, dass die Septaldornenreihen 
sich auch ganz allmählich anlegen und zwar in einer Reihenfolge, die mit der Anlage der Mesentrien 
bei den Hexakorallen übereinstimmt, ein schwerwiegender Beweis dafür, dass die Heliolitiden ächte 
Anthozoen sind. Diese Eigenthümlichkeiten ihrer Entwicklung deuten ohne Zweifel auf sehr ursprüng- 
liche Verhältnisse hin, die in Verbindung mit der eigenthümlichen Richtung der Septaldornen wohl die 
Aufstellung einer besonderen Unterfamilie rechtfertigen. Proheliolites dubius F. Schm. nimmt in Wirk- 
liehkeit eine isolirtere Stellung als die meisten übrigen Heliolitiden ein; ich glaube jedoch, dass man 
diese Form als einen sehr alten Seitenzweig des Plasmoporinenstammes ansehen kann, der eine Helio- 
lites-ähnliche Richtung eingeschlagen, aber viele ursprüngliche Merkmale behalten und auch einige für 
sie ganz eigenthümliche Charaktere erworben hat. Zu den letzteren rechne ich die Richtung der 
Septaldornen. 

Ich habe nun noch die ächten Heliolitinen zu besprechen. Eine nothwendige Konsequenz der 
oben ausgeführten Anschauungen ist die Auffassung dieser als einer polyphyletischen Gattung. Wir 
finden ja in der alten und sehr interessanten Heliotidenfauna im oberen Untersilur sofort typische, 
ächte Heliolites-Formen. die einen differenziirteren Bau als die gewöhnlichen obersilurischen besitzen. 
Sind nun alle obersilurischen Heliolitinen Nachkommen dieser untersilurischen? Ich glaube nein. Nach 
meiner Anschauung haben sich zu verschiedener Zeit von den Plasmoporinen Reihen entwickelt, die 
sich mehr und mehr in Helolites-ähnlicher Richtung entwickelt und auch mehrmals wirklich ächte 
Heliolitinen hervorgebracht haben. Eine uralte Reihe sind die Proheliolitinen, die sich wahrscheinlich 
nicht weiter differenzirt haben. Eine spätere, aber noch untersilurische, wird von Nicholsonia reprä- 
sentirt; ob sie ächte Heliolites-Formen hervorgebracht hat, weiss man noch nicht. Noch weiter ist 
die obersilurische Pl. petaliformis gekommen, die von Pl. conferta Evw. & H. abstammt; es ist sehr 
wahrscheinlich, dass die Entwicklung in dieser Reihe weiter gegangen ist. Sicheres kennt man hier- 
über noch nicht. Einen thatsächlichen Uebergang glaube ich jedoch in der Pl. scita-Reihe gefunden 

Palaeontographica Bd. XLVI. 8 


zu haben; aus dieser Reihe sind im Öbersilur Heliolites-Formen mit dem Bau von A. decipiens M’Cox 
hervorgegangen. Die untersilurischen Formen, H. parvistella F. Röm. und intricatus var. lamellosa 
Im. muss man in ähnlicher Weise von uralten Plasmoporinen ableiten; dieser alte Seitenzweig hat 
dann sowohl den alten Heliolitinenstamm als auch die Coccoserinen hervorgebracht. Diese älteste 
Gruppe der ächten Heliolitinen setzt sich im Obersilur direkt fort; H. intricatus ist im Obersilur weit 
verbreitet, und auch H. parvistella F. Röm. hat sich wahrscheinlich in Formen wie H. lamellatus Wexz. 
weiter entwickelt. Meine Studien über obersilurische Heliolitinen sind jedoch noch nicht so weit vor- 
geschritten, dass ich hier weiter ins Detail gehen kann. Ich werde desshalb diese Gattung vorläufig 
nicht auflösen und brauche sie bis auf Weiteres als einen Sammelnamen; sie umfasst eine grosse 
Menge von Formen mit fast übereinstimmendem Skeletbau, die auf verschiedenen Wegen und zu ver- 
schiedener Zeit sich von einem gemeinsamen Grundstamm abgezweigt haben. 

Diese meine Anschauung von der Verwandtschaft zwischen den Heliolitinen und Plasmoporinen 
steht im Gegensatz zu der Auffassung von Wenzen! über die Coenenchymbildung bei diesen Unter- 
familien. Er meint, dass die röhrige Zwischenmasse bei den Heliolitinen eine äussere Mauer reprä- 
sentirt, während bei den anderen ein Costalcoenenchym vorhanden sein soll, indem die Septen sich als 
ächte 'Costae direkt ausserhalb der falschen, inneren Mauer fortsetzen und mehr oder weniger mit 
denjenigen der Nachbarkelche in Verbindung treten. Bei den ersteren soll demnach eine Aussen- 
knospung, bei den letzteren eine Costalknospung vorhanden sein. Ich halte dies für ganz falsch. Wie 
bei der Petaliformis-Reihe der Plasmoporinen haben sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei dem 
Urstamm der Heliolitinen die Exothekalröhren entwickelt; die exothekalen Trabekel haben sich weiter 
und weiter nach aussen zu Lamellen vereinigt, wieder gegabelt ete.e Wir müssen uns bei diesem 
Vorgang vorstellen, dass die Septalelemente sich exothekal sowohl endo- als exocoel, endothekal da- 
gegen nur endocoel entwickelt haben. Ich betrachte desshalb nur diejenigen Theile des Septalskeletes, 
die den Kelch direkt begrenzen, als der Theka bei den Plasmoporinen homolog und fasse auch bei 
den Heliolitinen die kleinen Traversen in den Exothekalröhren als eine ursprüngliche äussere Blasen- 
zone auf. Die Knospung wird hiernach bei beiden vollständig gleichwerthig. Meiner Meinung nach 
ist dieser Entwicklungsvorgang mehrmals zu verschiedener Zeit vor sich gegangen. Wann der älteste 
Stamm der Heliolitinen sich abgezweigt hat, wissen wir noch nicht; es muss dies jedenfalls tief im 
Untersilur geschehen sein. 


Zur besseren Uebersicht lasse ich hier einen Stammbaum der ganzen Familie so, wie dieser 
sich nach den vorhergehenden Auseinandersetzungen construiren lässt, folgen. 


! Anthozoa tabulata, p. 9 und 11—12. 
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Stammbaum der Heliolitidae. 


AUG 19 1899 


Ein Beitrag zur Kenntniss von Eryops 
megacephalus. (Cope) 


Ferdinand Broili. 


Mit Tafel VIII—X. 


Einleitung. 


Das Perm von Texas ist im Laufe der siebziger und achtziger Jahre durch die Veröffent- 
lichung seiner ungemein reichen Wirbeltierfauna von Seiten Copr’s in paläontologischer Beziehung 
allgemein bekannt geworden. J. Marcou war der erste, welcher im Jahre 1854 in seiner Publikation: 
„Report of Exploration for a Railroad Route near the 35th Parallel of Latitude“ auf das Perm von 
Texas aufmerksam machte, Uebereinstimmend mit diesem Forscher erklärt 1868 Dr. WiıtLıAm on Rye 
in einem Berichte der „Texas Copper Mining and Manufacturing Company“ die rothen Ablagerungen 
des Bezirkes Archer als solche permischen Ursprungs. 

Derselben Ansicht ist Professor J. Borr, welcher in der Abhandlung: „Geological Examinations 
in Texas. Americ. Naturalist Vol. XIV. pag. 654—686 Sept. 1880“ die rothen Schichten von Texas 
als zweifellos zum Perm gehörig erklärt. Von eben diesem J. Bott, einem ungemein eifrigen Sammler, 
erhielt CorE die meisten jener Vertebratenreste, welche er in seinen verschiedenen Werken über die 
Wirbeltiere des Perms von Texas beschreibt. 

Was die Invertebraten betrifft, so behandelt dieselben — 32 Species an der Zahl — C. A. 
Waıme im Amerie. Naturalist 1889 pag. 109—128. Er sammelte sie in den permischen Ablage- 
rungen der Bezirke Baylor, Archer und Wichita. 

Ueber die geologischen Verhältnisse endlich giebt uns W. F. Cummins vollkommen Aufschluss 
im Annual Report of the geological Survey of Texas, Band I, 1889: „The Permian of Texas and its 
overlying beds“ und im Band II derselben Zeitschrift: „Report on the Geology of Northwestern Texas“. 

Den südwestlichen Theil der grossen centralen, paläozoischen Ablagerungen in Nordamerika 
bildet das Perm von Texas, dessen Grenzen jedoch noch nicht genau festgestellt sind. Dieselben 
sind, soweit sie bis jetzt bekannt sind, ungefähr folgende: Die Südsrenze bildet der Concho River, 
im Östen zieht sich die Grenze vom Red River durch die Bezirke Clay, Joung, Shackelford, 


Callahan und Runnels zum Colorado River. Im Westen erstreckt sich die Grenze vom Canadian 
River zum Concho River durch Hemphill, Wheeler, Douley, Briscoe, Motley, Dickens, Garza und Ho- 
ward. Im Norden stösst das Perm von Texas an das Indianerterritorium an, wo es sich an die 
centralen, paläozoischen nordamerikanischen Ablagerungen anschliesst. 

Die permischen Schichten liegen concordant auf den Coal Measures. Im auffallenden Gegen- 
satze hiezu steht die Discordanz der Trias über dem Perm. Die Mächtigkeit des letzteren beträgt in 
Texas ungefähr 5000 Fuss. 

Die stratigraphischen Verhältnisse sind nach Cummms, welcher die Permablagerungen in 

a) Wichita Beds, 

2) Clear Fork Beds, 

3) Double Mountain Beds 
eintheilt, folgende: 


a) Die Wichita Beds. 


Das unterste Glied des texanischen Perm setzt sich aus Sandsteinen, Sandschiefern, 'Thonen 
und einem Conglomerat zusammen. Kalke fehlen. Die rothen, grauen oder gefleckten Sandsteine, 
welche bald eine schieferige, wellige, bald eine massive Structur aufweisen, sind reich an ungemein 
harten Concretionen. Die Thone zeigen blaue und rothe Farben; die rothen führen sehr viel Eisen, 
in den blauen findet sich stellenweise Kupfer. Das Conglomerat wird von Thonen und Thoneisensteinen 
gebildet, welche in einem eisenhaltigen Muttergestein eingebettet sind. Ihre Hauptentwicklung erfahren 
die Wichita Beds am Big Wichita River, wo sie bis 2000 Fuss anschwellen. Aus ihnen stammt die 
grösste Zahl der von Core beschriebenen Vertebraten. Cummms erwähnt ferner noch in denselben 
das Vorkommen von Pflanzen. Invertebraten sind ungemein selten. 


b) Die Clear Fork Beds. 


Die mittlere Abtheilung besteht aus geschichteten Kalken, Thonen, Schieferlagen und Sand- 
steinen. Einzelne von den Kalken sind in Folge ihres starken Gehaltes an Bitumen als Stinksteine 
entwickelt. Die in den geschichteten Kalken enthaltene reiche und charakteristische Fauna ist, wie 
oben gesagt, der Gegenstand einer. eingehenden Beschreibung von Seiten Wnaıre's. Die rothen Thone 
sind eisenhaltig, die blauen Thone führen Kupfer. Gegen oben werden die Ablagerungen sandig und 
es stellen sich Adern von Gyps ein. 


c) Die Double Mountain Beds. 


Sandsteine, Sandschiefer, Kalke, rothe und blaue Thone, sowie dicke Lagen von Gyps bilden 
die oberste Abtheilung des texanischen Perms. Die Kalke sind reich an Fossilien. Die mit Salz im- 
prägnierten Schiefer enthalten viel Gyps. Die rothen, grauen, fleckigen Sandsteine weisen eine sehr 
brüchige Struetur auf. Gyps durchsetzt in mehr oder weniger dicken, zahlreichen Adern und Bänken. 
Thone und Schiefer kreuz und quer. In den obersten Bänken zeigen im westlichen Gebiet diese Ab- 
lagerungen eine Pressung und Faltung. Es scheint also, dass von Westen her ein Druck diese Faltung 
hervorgerufen hat. Aus diesen Double Mountain Beds rührt der kleinere Theil der von Core be- 
schriebenen Wirbeithiere ‚her. Invertebraten-Fauna und Flora dieser Schichten sind bis jetzt noch un- 
bearbeitet. 


CopE hat im Ganzen aus dem Perm von Texas nicht weniger als 30 Genera mit 57 Species 
Vertebraten beschrieben. 


Das meiner Arbeit zu Grunde liegende Material wurde im Frühjahr 1895 bei Indian Creek, im 
Thale des Big Wichita in der Nähe der Stadt Seymour (Baylor) von dem bekannten Sammler CHARLES 
STERNBERG aus Lawrence City im Auftrag des Herrn Geheimrath von ZırreL für das Münchener 
Museum zusammengebracht. Diese Reste stammen aus den Big Wichita Beds, die am Big Wichita 
River sehr stark entwickelt sind. Ausser anderen Wirbelthierresten fand STERNBERG von Eryops mega- 
cephalus 4 Schädel, etliche Unterkiefer, eine Anzahl von Wirbeln, 1 Becken, 1 Scapula mit Coracoid, 
die nun im Folgenden einer eingehenden Beschreibung unterzogen werden sollen. 

Herr Geheimrat vox Zırreu hatte die grosse Güte, mir dieses kostbare Material zur Bearbei- 
tung anzuvertrauen, wofür ihm, ebenso wie für seine-die-Arbeit ungemein fördernden Winke und Rat- 
schläge auch an dieser Stelle mein bester Dank ausgesprochen sei. 


Beschreibung der Stücke. 


Schädel. 


Vorhanden sind 4 Exemplare, welche der Unterscheidung halber im Folgenden mit A, B, C 
und D bezeichnet werden sollen. 


Schädel A. 


Der Schädel A ist zwar der vollständigste, doch zeigt er den schlechtesten Erhaltungszustand, 
denn das Muttergestein, ein rother, eisenhaltiger Thon hat sich so fest in die Vertiefungen der Ober- 
und Unterseite eingefügt, dass allein schon der Versuch des Präparirens eine Zertrümmerung des 
bereits an mehreren Stellen gekitteten Schädels herbeiführen würde. Trotzdem giebt er uns ein klares 
Bild über seine allgemeinen Verhältnisse. Der Schädel unterlag auf der rechten Seite einem seitlichen 
Druck. Dieser äussert sich in einer ziemlich starken Knickung, die sich von der Praefrontalregion 
einerseits durch die beiden Augenwinkel zur Postorbitalregion andererseits erstreckt. In Folge dieses 
Bruches erscheint, da die rechts von der Bruchlinie befindliche Schädelpartie sehr stark geneigt ist, 
die rechte Augenöffnung bedeutend kleiner als die normale linke. 


Schädel B. 


Derselbe ist das Fragment des kleinsten Schädels, der von einem jungen Thiere herstammt; 
er zeigt uns die Unterseite. Das linke, hintere, grössere Viertel von der Region des Quadratojugale 
bis fast an die über den Choanen stehenden Palatinzähne ist abgebrochen. Parasphenoid und Ptery- 
goidea sind nicht vorhanden, ebenso fehlt das Hinterhaupt; dadurch liegt die untere Fläche des eigent- 
lichen Knochendaches in seiner hinteren Hälfte vollkommen frei. Die anderen, die Unterseite des 
Schädels charakterisirenden Stücke sind erhalten. Die Schädeloberseite ist dicht von Gesteinsmasse 
umgeben und verbietet wegen der Brüchigkeit des Materials ein Herauspräpariren. 


Schädel C. 


Auch dieses Stück ist nicht ganz vollständig, denn jederseits fehlt das hintere Drittel d. h. 
die von den Augenhöhlen ab rückwärts zu beiden Seiten des Parasphenoids liegenden Theile. Das 
Parasphenoid selbst, die Condyli occipitales, sowie der Beginn der Pterygoidea dagegen sind vollkommen 
erhalten. 

Dieser Schädel unterlag ebenfalls einem Druck auf seiner linken Seite, welche in Folge dessen 
stark geknickt ist; durch die parallele Druckwirkung auf die gegenüber liegende Seite wurde diese 
weniger in Mitleidenschaft gezogen, als das Parasphenoid, welches aus seiner horizontalen, normalen 


u, 

Lage verschoben und in etwas gegen die rechte Seite geneigter Stellung nach links hinausgepresst 
wurde. Die linke Seite, sowie andere brüchige Stellen erhielten durch Kitten und Ausfüllen mit Gyps 
einen grösseren Halt. 


Schädel D. 


Dieser Schädel war fast vollständig zertrümmert. Praemaxillare und Vomer waren die einzig 
zusammenhängenden Theile. Um die übrigen Stücke zusammenzufinden, war geraume Zeit nothwendig, 
doch gelang es, fast alle die Unterseite des Schädels bildenden Knochen, wenn auch leider nicht voll- 
ständig erhalten, zusammenzustellen. Von den Deckknochen konnten nur einzelne Stücke miteinander 
vereiniet werden. 


Die Schädeldecke. 


Der Schädel zeigt, was die allgemeine Gestalt betrifft, dieselben Verhältnisse, wie sie von 
Core (Pal. Bulletin Nr. 26 pag. 188 tl.) bereits gegeben wurden, doch soll derselbe nochmals an der 
Hand des zur Verfügung stehenden Materials in Betracht gezogen werden. 

Der Umriss des Schädels ist länglich dreieckig. Von der Seite betrachtet, fällt das Schädel- 
dach von der Höhe der Augen wenig geneigt zum Schnauzenrand, während an den Seiten eine grössere 
Neigung eintritt. Der Schnauzenrand ist breit und zeigt eine stumpfe Rundung. Die Hinterhaupts- 
region, unter welcher die Condyli oceipitales nur wenig hervortreten, zeigt sich nach hinten’ halbmond- 
förmig ausgebogen. Die Region der Supratemporalia und Quadratojugalia, deren Innenrand flügel- 
artig geschweift ist, ragt ziemlich bedeutend über die Supraoceipitalregion hervor. Lyra fehlt. Die 
Augenhöhlen weisen eine annähernd runde Gestalt auf, sind jedoch etwas länger als breit. Sie 
liegen im vorderen Theile des letzten Drittels des Schädels, gemessen vom Schnauzenrand einschliess- 
lich der Region der Epiotica. 

Die Parietalregion ist ziemlich eben, die Frontalregion etwas concav. Die Postfrontalregion 
steigt zu den Augenhöhlen ziemlich steil an, ebenso auch die Region des Squamosum. Parietal- und 
Frontalregion liegen also in einer Mulde, deren von der Region des Postfrontale und Squamosum 
gebildeten Wände ziemlich steil zu den Augenhöhlen und zu der Postorbitalregion ansteigen. 


Die Nasenlöcher sind gross, rund und sehr weit von einander getrennt. Sie liegen ziemlich 
weit zurück d. h. mehr in der Maxillarregion als in der Praemaxillarregion. Die Nasalgegend zeigt 
eine schwache Wölbung und die Praemaxillarregion fällt anfangs schwach geneigt zum Schnauzenrand, 
um dann nach unten plötzlich stark umzubiegen. 


Im Vorausgehenden wurde mit Absicht bloss von „Regionen“ gesprochen. Der Grund hiezu 
liegt in dem gänzlichen Mangel an Nähten. Diese Thatsache soll nun im Folgenden näher in Betracht 
gezogen werden. 

Die Oberfläche des Schädels ist am besten an Stück C zu erkennen, die, vollkommen von 
Gesteinsmasse befreit, eine klare Uebersicht gestattet. Sie ist „rauh“ d. h. die ganze Oberfläche der 
Schädeldecke ist mit warzenähnlichen, in der Grösse ziemich wechselnden Erhöhungen bedeckt, deren 
gegenseitige Entfernung eine unregelmässige ist. Diese Erhöhungen sind miteinander durch mehr oder 
weniger grosse Leistchen verbunden. Die dadurch entstehenden grubenartigen Vertiefungen geben mit 
den regellos dicht eingelagerten und durchschnittlich ziemlich grossen Warzen ein ganz eigenartiges 
Bild. das wir auf der ganzen Oberfläche mit Ausnahme der Region des Maxillare und Praemaxillare 


finden. Hier macht diese höckerige, rauhe Anordnung einer mehr regelmässigen Structur Platz, die 
Palaeontographica, Bd. XLVI. 9 


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sehr an die von Cochleosaurus bohemicus (Frırsch, Fauna der Gaskohle, Tafel 60) erinnert. Kleine, 
ziemlich tiefe, bald runde, bald drei- oder viereckige Grübchen, die durch ziemlich scharfkantig hervor- 
springende Leistchen von einander getrennt sind, verleihen den beiden Regionen ein grobes oder eng- 
maschiges Aussehen, welches diese Regionen scharf vom übrigen Schädeldach abhebt. 

Ossifieationspunkte, von denen die Grübchen wie bei Cochleosaurus strahlenförmig auslaufen, 
sind weder an Maxillare und Praemaxillare noch an anderen Regionen der Oberfläche zu finden. 

Natürlicherweise sind bei einer so starken Oberflächenverknöcherung absolut keine Nähte zu 
erkennen. 

Auf der Oberfläche des soeben besprochenen Schädels C, in der Mitte zwischen den Nasen- 
öffnungen — also in der Nasalregion — ist ein Theil der rauhen Oberfläche der Schädeldecke heraus- 
gesprengt und lässt nun eine ziemlich glatte, grosse Fläche erkennen. Da dieser Theil in der Mitte 
zwischen den Nasenlöchern liegt, so liesse sich hier die Naht, welche die Nasalia trennt, vermuthen, 
allein es zeigt sich keine Spur einer solchen, obwohl, um ganz sicher zu sein, die Fläche der gänz- 
lichen Reinigung halber mit verdünnter Salzsäure angeätzt wurde. 

Der mit B bezeichnete kleinste Schädel bietet in seinem grössten Theile die untere Fläche der 
Schädeldecke, da, wie oben schon erwähnt, fast alle Belegknochen der Unterseite fehlen. Auch hier 
wurde mit verdünnter Salzsäure geätzt, um die Flächen gänzlich zu säubern und dann eventuell das 
Vorhandensein von Nähten zu constatiren. Allein umsonst, auch auf der Unterseite des Schädels 
dieses noch jungen Thieres ist durchaus nichts von einer Sutur zu erkennen. 


Auch auf den isolirten Stücken der Schädeldecke von D, die in ziemlicher Menge vorhanden 
sind, sind Suturen nicht nachzuweisen. Ein über der Mitte des Parasphenoids, also aus der Frontal- 
region entnommenes Stück, zeigt auf der Oberseite sowohl, als namentlich auf der angeschliffenen 
Unterseite einen von hinten nach vorn in ziemlich gerader Richtung bald in der Stärke eines Seiden- 
fadens, bald haarfein verlaufenden Sprung, der in seinem ganzen Verlauf durch eingedrungenes Eisen- 
oxyd roth gefärbt wohl sichtbar ist. Dieser Sprung, welcher sich in der Mitte der Frontalia befindet, 
könnte wohl in Beziehung mit der die Frontalia trennenden Sutur gebracht werden. Allein die That- 
sache, dass der auf der Oberseite befindliche Sprung sich mit demjenigen auf der Unterseite nicht 
deckt, und ferner, dass solche Sprünge an Stellen, wo keine Nähte zu erwarten sind, auch auftreten, 
musste jeden Zweifel beseitigen und diese Bildung als eine rein zufällige erklären. 

Dünnschliffe durch die Deckknochen in horizontaler wie in vertikaler Richtung ergaben ein 
überraschend schönes Resultat, da die Knochenreste durch und durch mit Eisenoxyd infiltrirt sind. 

An der Schädelinnenseite verlaufen mehrere Lamellen, die sogenannten generellen oder Grund- 
lamellen, auch innere umfassende Lamellen genannt, parallel der Oberfläche des Knochens. Die Lamellen 
sind von einander durch der Basis parallele rothe Streifen eingedrungenen Eisenoxyds getrennt, so dass 
man auf diese Weise jede einzelne Lamelle von der darauffolgenden unterscheiden kann. Bald treten 
über diesen generellen Lamellen eine Reihe von Querschnitten roth gefärbter Haversischer Kanäle auf, 
um die sich nun in concentrischer Anordnung die sogenannten Haversischen (Special-) Lamellen 
gruppiren. Zwischen diese drängen sich die sogenannten Spaltlamellen ein. 

In den Lamellen finden sich sehr zahlreich eingestreut die Knochenkörperchen, oder besser 
Knochenhöhlen, die ebenfalls durch Eisenoxyd eine rothe Färbung erhalten haben. Selbst die Primitiv- 
röhrchen weisen an manchen Stellen intensive Farbe auf und zeigen sehr genau die netzartig anastomo- 
sirende Verbindung, welche sie zwischen den einzelnen Knochenhöhlen herstellen. 


euere 


Gegen die Oberfläche des Schädels stellen sich wieder die generellen (äusseren, umfassenden) 
Lamellen ein, welche, da der eben besprochene Schliff durch eine warzenartige Erhöhung gelegt wurde, 
eine ziemlich wellige Form zeigen. 


Durch das Eindringen von Eisenoxyd in die Grundlamellen, deren scharfe Trennung dadurch 
herbeigeführt wurde, ist ferner bewirkt worden, dass sich diese der Innenseite des Schädels parallel 
liegenden Lamellen sowohl leicht von einander, als auch von der über ihnen liegenden Schicht der 
Haversischen und Spaltlamellen losblättern, welch letztere regellos aneinander gelagert sind und jetzt 
den festeren Theil der Schädelknochen bilden. Auf diese Weise lässt sich auch das bei Schädel C 
erwähnte Lossprengen des oberen Theiles von dem unteren erklären, da hier die äusseren, umfassenden 
Lamellen sammt den Haversischen und Spaltlamellen weggesprengt sind und nur die eigentlichen 
Grundlamellen eine so glatte Fläche liefern konnten. 


Durchschnittliche Höhe des Schädeldaches ohne die warzenartigen Erhöhungen. . 0,5 cm, 
mit den grössten derselben. . . . . 1 cm, 
mibsdengkleinstene Sr Ei Natem® 
Absolute Höhe der letzteren . . 0,5—0,2 cm. 


Aus dem Vorausgehenden ist also zu ersehen, dass Zryops megacephalus (CopE), wie es auch 
bei Aecfinodon Frossardi (Gaupry) der Fall ist, ein durchaus verknöchertes Schädeldach besitzt, an 
dem sich keine Spur von Nähten nachweisen lässt. Da dieselben auch an dem kleinen Schädel sich 
nicht zeigen, so lässt sich daraus der Schluss ziehen, dass sie schon in einem frühen Stadium der 
Entwicklung verloren gegangen sind. 

An Schädel A, © und D findet sich auf der Oberseite des Schädeldaches kein Foramen 
parietale. Die Unterseite erlaubt hier kein Nachforschen, da die Schädeldecke an das darunter 
befindliche Parasphenoid angepresst ist. Dagegen zeigt uns der kleinste Schädel B, bei dem das 
Parasphenoid fehlt, auf der Unterseite ein vollkommen erhaltenes Foramen parietale, von kreisrunder 
Form mit einem Durchmesser von 1,1 cm. Gegen oben verjüngt sich dasselbe trichterförmig und 
scheint auch noch an die Oberfläche zu treten. Da jedoch ein Blosslegen der ganz mit Muttergestein 
verwachsenen Oberseite unmöglich ist, so kann dies nicht als sicher hingestellt werden. 


Es scheint also die bei dem jungen Thiere noch ziemlich ausgeprägte Anlage bei &em älteren 
durch Ueberwachsen und Ueberwucherung von Knochen vollkommen verwischt zu werden. 


Unterseite des Schädels. 
(Tafel VIII.) 


Core erwähnt an keiner Stelle etwas von der Unterseite des Schädels von KEryops megace- 
phalus, ausgenommen einzelne Zahnmaasse (Pal. Bulletin 26 pag. 190) von Maxillare und Praemaxillare. 


Gaumengruben, 


Die Gaumengruben werden durch das Parasphenoid, sowie dessen nach vorne verlaufenden 
Fortsatz, den processus eultoiformis, von einander getrennt. Sie haben eine länglich herzförmige Gestalt, 
welches charakteristische Aussehen ihnen durch die eigenthümlich flügelartig geschwungenen Ptery- 
soidea verliehen wird. Diese letzteren begrenzen die Gaumengruben an ihrem Hinterrand und auch 
noch auf dem grössten Theile der Flanken. Vorne macht der Vomer den Abschluss. 


EL 


Gaumenschläfengruben. 


Die auf beiden Seiten befindlichen grossen Gaumenschläfengruben werden von der Region des 
Quadratojugale aussen, hinten und an dem grösseren Theile der Innenseite umrahmt. In der vorderen 
Hälfte und vorne schliessen sich die Pterygoidea an. Ob sich bei der Begrenzung von aussen noch 
das Maxillare betheiligt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. 


Zwischenkiefergruben. 


Zwischen Praemaxillare und Vomer befinden sich zwei Vertiefungen: die sogenannten Zwischen- 
kiefergruben, Foramina intermaxillaria, welche hier jedoch keine Durchbrüche, sondern bloss Gruben 
bilden. Ihre Aufgabe ist, bei geschlossenem Rachen die Fangzähne des Unterkiefers aufzunehmen. 


Parasphenoid. 


Das Parasphenoid wird von einem starken, die Mitte der Schädelunterseite einnehmenden 
Knochen gebildet. dessen Länge (processus eultriformis inbegriffen) an dem besterhaltenen Schädel C 
26 cm beträgt. Die durchschnittliche Höhe desselben ist im hinteren Theile bei dem grössten 
Schädel © 3,8 cm, bei Schädel D 3,3 cm; seine dem Schädeldach zugewandte Fläche ist bei C 4 cm, 
bei D 3,2 cm breit, während die Breite seiner allerdings gerundeten Unterseite in derselben Gegend 
bei beiden Stücken ungefähr 0,5 cm beträgt. Das hintere Ende des Parasphenoids klemmt sich zu- 
gespitzt in der Form eines kleinen Dreiecks zwischen die Pterygoidea ein. In seinem Verlaufe von 
hinten nach vorne ist das Parasphenoid schwach geneigt, mit flacher Oberseite, gerundeter Unterseite 
und ein- und abwärts geneigten, gleichfalls etwas gerundeten Seitenflächen. In seiner hinteren Hälfte 
verbreitert und verflacht sich dieser Knochen allmählich nach vorne in allen seinen Theilen. An der 
Stelle, wo der processus cultriformis einsetzt, sieht es aus, als ob sich das Parasphenoid in zwei 
Theile spalten wolle, da sich dessen beide Seiten flügelartig nach rechts und links scharf ausbiegen, 
um nach einer kurzen Rundung wieder in vertikaler Richtung zu seinem ursprünglichen Verlaufe zurück- 
zukehren. Hiedurch gewinnt das Parasphenoid in seiner ganzen Länge das Aussehen eines Dolches, 
dessen Griff vom hinteren Theile des Parasphenoids und dessen Parierstange von den soeben besprochenen 
tlügelartigen Theilen gebildet wird. An diesem Theile sitzt dann der bei Schädel © 15 cm, bei Schädel 
D 14 cm lange processus cultriformis wie im einem Griffe fest und verläuft von da in gleichmässiger 
Breite von nicht ganz 2 cm nach vorne zum Vomer, mit welchem er sich vereinigt. Ob er in diesen 
noch eindringt, kann aus keinem der vorliegenden Exemplare ersehen werden. 

Die Höhe des processus cultriformis beträgt 2,9 cm (gemessen an Stück D). Auf beiden 
Seiten desselben verläuft eine rinnenförmige Vertiefung, 0,4 cm breit, welche man bis zum Vomer ver- 
folgen kann. Sie nimmt ihren Anfang am Ausgangspunkt des processus cultriformis vom Parasphenoid. 
Ferner sind die beiderseitigen Fortsätze des Parasphenoids von der Umbiegungsstelle an, wo sie in 
vertikaler Richtung zum Parasphenoid zurückkehren, in sich selbst rinnenförmig eingebuchtet und diese 
Einbuchtung verbindet sich mit der Rinne des processus ceultriformis, wo dieser vom Parasphenoid 
ausgeht. 

Die Bedeutung dieser Einbuchtung und der Rinne lässt sich wohl sicherlich damit erklären, 
dass der Nervus olfactorius von der Oberseite des Schädels zunächst in der Einbuchtung der Fortsätze 
und von da in die Rinne des processus cultriformis trat, von wo aus er zu den Nasenöffnungen hin- 


geleitet wurde. 


» we‘ 


en 


Die Pterygoidea. 


In die Pterygoidea, welche sich in der Mitte gegenseitig begrenzen, schiebt sich von vorne 
das Parasphenoid dreieckig zugespitzt ein, während sich von hinten ein schmaler Fortsatz der oceipi- 
talia lateralia zwischen sie drängt. Die Pterygoidea setzen sich nun seitlich vom Parasphenoid an und 
verlaufen dann horizontal bis zur Höhe des hinteren Augenwinkels. Dieser Theil, welcher die Gaumen- 
gruben gegen rückwärts begrenzt. bildet somit auch einen Abschluss des Schädels gegen hinten,” da 
von den Pterygoideen eine ziemlich starke Knochenleiste nach aufwärts steigt. 

In der Höhe des hinteren Augenwinkels tritt jetzt eine Theilung ein. Der hintere kürzere 


Flügel biegt nun in einem stumpfen Winkel nach rückwärts, um zur Gaumenschläfengrube aufzusteigen, 


die er dann mit der Quadratojugalregion auf der Innenseite einrahmt. Leider lässt kein Schädel durch 
irgend eine Naht den Ort der Vereinigung dieser beiden Knochenstücke erkennen. Theils durch den 
Abschluss der Gaumengruben, theils durch die Theilnahme an der Begrenzung der Gaumenschläfen- 
gruben nimmt das Pterygoid am Abschlusse des Schädels und am Aufbau des Hinterhauptes wesent- 
lichen Antheil. Der vordere grössere Flügel betheiligt sich mit seiner Aussenseite ebenfalls an der 
Einfassung der Gaumenschläfengruben, indem er sie vollkommen gegen vorne abschliesst. Der innere 
d. h. der an die Gaumengruben grenzende Theil wendet sich nun in ziemlich grossem Bogen nach 
vorne. An der Stelle nun, wo diese Wendung eintritt, ist das Pterygoideum am breitesten. Bei 
Schädel A, welcher die allgemeinen Verhältnisse am besten zeigt, beträgt die Breite an dieser Stelle 
5,5 cm. In dieser Breite verläuft es nun eine kurze Strecke von hinten nach vorn, immer an die 
Gaumengruben grenzend und aussen vom Maxillare umfasst. Der weitere Verlauf des Pterygoids ist 
an allen Stücken unklar. ‚Jedenfalls steht die Thatsache fest, dass das Pterygoid bis in die Höhe des 
Bezinns des processus eultriformis die Gaumengruben einrahmte, wie aus einem Bruchstück von 
Schädel D ersichtlich ist. Wie freilich die Begrenzungslinien gegen das Palatinım gewesen sein mögen, 
ist nirgends zu erkennen. 
Palatinum. 


Dasselbe ist nur in seinen rückwärtigen Lagebeziehungen am besten zu beurtheilen, indem es 
bei ÜC und D an seinem äussersten Ende sich als ein ziemlich schmaler Knochen zu erkennen giebt. 
Das Palatinum legt sich an seiner Aussenseite dicht an das Maxillare an. Sein Hinterrand wird von 
den Pterygoideen umfasst, ebenso seine Seiten, auf welche Weise und auf welche Erstreckung ist unklar. 
Das Palatinum trägt sowohl in seiner Mitte als auch direkt über den Choanen je ein paar Zahngruben, 
die sehr stark von Knochen umwallt sind. 

Analog allem bisher Bekannten (Mastodonsaurus gig. | JAEGER], Trematosaurus Brauni [Burn.], 
CUyelotasaurus robustus |H. v. MEYEr]) dürfte sich das Palatinum in seinem weiteren Verlauf verbreitert 
und das Pterygoid schliesslich bei der Begrenzung der Gaumengruben abgelöst haben, um dann auf 
einer schmalen Brücke als Begrenzung der Innenseite der Choanen an den Vomer zu stossen und unter 
allmählicher Verbreiterung an der Praemaxillarregion sein Ende zu finden. 

Jedoch soll das eben Gesagte nur eine Annahme sein, da durchaus keine Nähte Aufschluss 
über die Grenzen von Pterygoideen, Palatinum und Vomer geben könnten. 


Vomer. 


In Folge der eben besprochenen Verhältnisse sind natürlich auch die Lagebeziehungen des 
Vomer gegen die Choanen hin unklar. Die Begrenzung gegen rückwärts ist durch die Gaumengruben 


—.ı UN). = 


gegeben. Gegen vorne tritt der Vomer als eine, wie es scheint durch eine Mediannaht getrennte, 
schmale Knochenbrücke, die Foramina intermaxillaria trennend, an ‘das Praemaxillare heran. 


Maxillare und Praemaxillare. 


Wie weit das Maxillare, das mit dem Praemaxillare die Aussenseite des Schädels begrenzt, 
gegen rückwärts reicht, ist an keinem Exemplare zu erkennen, doch lässt es sich mit Ausnahme einer 
kurzen Strecke bis vor den vorderen Winkel der Gaumenschläfengrube verfolgen. Ebenso ist nirgends 
der Beeinn des Praemaxillare zu erkennen, das analog dem bisher bekannten in der Gegend der 
Choanen begonnen haben dürfte. Man kann also auch hier bloss von einer Maxillar- und Praemaxillar- 
region reden. Beide Regionen weisen eine starke Bezahnung auf. 


Bezahnung. 


Ueber die Art der Bezahnung giebt Core im American Naturalist Jan. 1554: The Batrachia 
of the Permian Period of North America pag. 33 folgende Notiz: In Eryops the teeth are arranged 
much as in Trimerorhachis, in external series, of nearly uniforme size, with some large ones in the 
anterior parts of both jaws, a little within the external rows. Und in Bezugnahme auf die Erwähnung 
von Trimerorhachis charakterisirt Core dessen Bezahnung auf Seite 32 derselben Abhandlung: „The 
teeth are rather small and of equal size, except a large one or two inside the external series near 
the anterior part of the mouth.“ 

Durch diese Notiz sind die allgemeinen Verhältnisse vollkommen klar gelegt. i 

Unter den in „external series“ sitzenden Zähnen sind die Maxillar- und Praemaxillarzähne zu 
verstehen, während die „some large ones in the anterior parts of both jaws, a little within the ex- 
ternal rows“ als die auf dem Palatin stehenden zu betrachten sind. 

Die Zähne des Maxillare und Praemaxillare sind einerseits pleurodont, d. h. ihr Aussenrand 
lest sich an die Innenseite des erhöhten Kieferrandes fest an und sie ragen nur mit ihrer oberen 
Hälfte über denselben empor, andererseits ist jedoch eine seichte Alveolarrinne deutlich zu erkennen. 
Wir haben also hier eine Zwischenstufe von pleurodonter und thekodonter Zahnform, welche C. Röse! 
mit protothekodont bezeichnet hat. 

Zahnlücken sind namentlich bei dem zertrümmerten Schädel des ältesten Thieres häufig 
(Schädel D), wo sie von der Höhe der hinteren Palatinzähne bis zur Mitte der Praemaxillarregion ver- 
folgt werden können. Diese Gegend zeigt 16 Zahnreste, die durch mechanische Einwirkung abgebrochen 
sind, dagegen 24 Zahnlücken, also ein volles Drittel mehr Lücken als Zähne. An einer Stelle sind 
z. B. 4 Lücken hintereinander. 

Am Schädel C, dem eines kleineren Exemplares, kann man dieselben Verhältnisse nicht in 
derselben Ausdehnung, sondern von der Höhe der hinteren Palatinzähne bis zum Foramen intermaxillare 
verfolgen. Hier finden sich 6 Zahnlücken. 4 Zähne wurden zur Fertigung von Dünnschliffen heraus- 
gesägt. Vorhanden sind 17 andere Zähne, von denen die über dem Maxillare hervorragenden Spitzen 
abgebrochen sind: im Ganzen 21 Zähne und 6 Lücken, also das umgekehrte Verhältniss wie oben. Es 
scheinen hier ähnliche. Verhältnisse zu walten, wie sie Fraas bei Mastodonsaurus annimmt, dass nämlich 
das Nachrücken der Ersatzzähne nicht gleichmässig durch das ganze Leben der Tiere fortdauert, 


1 6. Röse, Das Zahnsystem der Wirbelthiere. Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte von 
MeErkeL & Boxser. Il. Abtheilung. 1894, pag. 558. 


sondern im Alter nachlässt. -Ob das Abstossen der Zähne an der Basis des Dentins erfolgt wie bei 
den Labyrinthodonten der schwäbischen Trias, kann hier nicht gesagt werden, vielmehr scheinen Löcher 
an der Innenseite von etlichen Zähnen oberhalb des umwallenden Knochenrandes, also an der unge- 
schütztesten Stelle, darauf hinzudeuten, dass von dieser Stelle aus die Zerstörung des Zahnes ihren 
Anfang genommen, von da nach abwärts gegriffen und dann das Abstossen des Zahnes zur Folge 
gehabt habe. 

Die Zähne des Maxillare können an allen Exemplaren bloss vom Beginn des Palatin ver- 
folet werden. 

Die Grösse der Zähne ist ziemlich schwankend. Die kleinsten Zähnchen von annähernd gleichen 
Grössenverhältnissen befinden sich auf dem Maxillare von der Höhe des hinteren Palatinzahnpaares 
bis gegen das vordere. An dieser Stelle finden sich nun etliche grössere, welche über den Choanen 
wieder kleineren weichen, die am Ort der wahrscheinlichen Vereinigung von-Maxillare und Praemaxillare 
im eigentlichen Mundwinkel wieder sehr starken Fangzähnen Platz machen. Einer dieser Zähne hat 
an der Stelle, wo er aus der Alveole hervortritt, einen Durchmesser von 1,2 cm. Die folgenden in 
Praemaxillarregion liegenden Zähne sind wieder kleiner. Wie eben auseinandergesetzt, kann man nun 
ein zweimaliges Auftreten von grossen und ein drejmaliges von kleinen Zähnen constatiren. 

Betrachten wir nun die grösseren, innerhalb der Maxillarzahnreihe stehenden, die Palatinzähne. 


Das hintere Palatinzahnpaar steht ungefähr in der Mitte des Palatins, während das vordere 
direkt über den Choanen seinen Platz hat. Um jedes dieser Zahnpaare hat sich ein umwallender 
Knochenrand gebildet. Ferner sitzt noch am vorderen Winkel der Choanenöffnung auf dem Knochen- 
stück, dessen Zugehörigkeit zum Palatin oder zum Vomer fraglich ist, ein ebensolches Zahnpaar, das 
aber viel kleinere Dimensionen als die auf dem Palatin stehenden aufweist. Diese drei Zahnpaare sind 
also acrodont mit beginnender thecodonter Zahnform, was nach C. Röse ]. ec. wieder mit prototheco- 
dont bezeichnet werden kann. 

An allen Schädeln, mit Ausnahme von A, bei dem diese Verhältnisse nicht zu erkennen sind, 
sogar bei dem kleinsten Schädel B ist zu bemerken, dass einer der Zähne ausgefallen ist und dass 
nur der Zahnsockel eines Zahmes sich in der Knochenumwallung befindet, dass also ein Zahn nur in 
Funktion war. 

Die stärksten Zähne befinden sich, wie oben gezeigt wurde, im Mundwinkel und auf dem 
Palatin. Jedoch ist der Unterschied nicht so bedeutend zwischen den grossen und kleinen Zähnen, 
wie dies bei den schwäbischen Triassauriern der Fall ist. Während FraAs bei den Fangzähnen von 
Mastodonsaurus 6—Tfache Länge und 10fache Breite gegenüber den kleineren Zähnen angiebt, ist hier 
«das Verhältniss im Durchschnitt — gemessen an Stümpfen — ein um vieles geringeres. Die grösseren 
haben 1,2 cm, die kleineren 0,5 cm im Durchmesser, das Verhältniss ist also gleich 4 : 1. 

Vomer, Palatinum, Pterygoid sind mit kleinen Körnchenzähnen übersät, auch das Parasphenoid 
dürfte wenigstens in seinem vorderen Theile damit versehen gewesen sein, was sich jedoch wegen des 
gerade an dieser Stelle mangelhaften Erhaltungszustandes nicht sicher behaupten lässt. 

Was die Structurverhältnisse der Zähne von Eryops megacephalus betrifft, so sei hier auf 
die dieser Arbeit sich anschliessende Abhandlung von L. SrickLer „Ueber den mikroscopischen Bau 
der Faltenzähne von Kryops megacephalus (CorE)* verwiesen. 


Hinterhaupt, 
(Tafel IX, Fig. 12.) 


Ueber die Beschaffenheit der Schädelbasis giebt uns Schädel C, sowie das zertrüämmerte 
Stück D Aufschluss. 

Als kreisförmige Oeffnung von 1,7 cm im Durchmesser bildet das Foramen magnum den 
Mittelpunkt der Schädelbasis. An seiner Umrahmung sind ausschliesslich die Ocecipitalia lateralia 
betheiligt und das auf folgende Weise: Die Abgrenzung gegen unten geschieht durch den basalen 
Theil der Oceipitalia lateralia, die durch eine mediane Naht von einander getrennt sind. Dieser basale 
Theil der Oceipitalia drängt sich keilförmig zugespitzt zwischen die Pterygoidea, nach hinten tritt eine 
Verbreiterung der Oceipitalia ein, welche nur sehr wenig, etwa '/. cm, unter der Oeffnung des Foramen 
magnum hervortreten und welche den Doppecondylus bilden. 

Wie bei Actinodon (L’Actinodon GAuDrY, Paris 1887, Masson editeur pl. III. Fig. 4) sind bei 
Eryops diese condylenartigen Vorsprünge concav und standen wohl durch dicke Knorpelparthien mit 
dem Atlas in Verbindung. Es liegt also, wie Ammon angiebt (Die permischen Amphibien der Rhein- 
pfalz, von L. v. Ammon, München 1889, Academische Buchdruckerei von E. Straub), der Schluss nahe, 
„dass, was man für Condyli bei diesen Formen zu halten geglaubt hat, wohl grösstentheils nur auf 
solche Fortsätze der Hinterhauptbeine zu beziehen ist“; welche Ansicht auch durch das vorliegende 
Material bestätigt wird. 

- Der basale Theil der Oceipitalia lateralia hat eine sehr geringe Ausdehnung. Seine Länge 
beträgt von der gegenseitigen Berührungsstelle der Condyli oder besser condylenartigen Gebilde bis 
zu der zwischen die Pterygoidea eingeklemmten Spitze 3 cm. 

Ueber der condylenartigen Verbreiterung erheben sich jederseits die das Foramen auf der 
Seite begrenzenden Occipitalia ungefähr 1,6 cm nach aufwärts; in dieser Höhe tritt eine Theilung in 
zwei Aeste ein. Der eine Ast biegt nach innen um und bildet, nachdem er sich mit dem entsprechenden 
Aste des anderen Occipitale laterale vereinigt, die obere Umrahmung des Foramen oceipitale. Zwischen 
die sich gegen den Vereinigungspunkt verschmälernden Aeste legt sich die Supraoceipitalregion keil- 
förmig dazwischen. Es wird also durch diese Thatsache die Ansicht von QUENSTEDT und FrAAs 
bestätigt, welche den bei Mastodonsaurus und Cyelotosaurus über dem eigentlichen Foramen liegenden 
Schädeldurchbruch nicht zum Foramen rechneten, sondern als Resultat eines knorpelig ausgebildeten 
Hinterhauptsknochens betrachteten, dessen Decke die Supraoceipitalia bildeten. Der andere Ast der 
Occipitalia biegt von der Theilungsstelle an ziemlich stark nach aus- und aufwärts, um sich mit der 
hinten in einem spitzen Winkel zulaufenden Epioticalregion in Verbindung zu setzen. Nähte sind sowohl 
hier als bei der kurz vorher erwähnten Verbindung mit der Supraoceipitalregion nicht zu finden, doch 
kann man einerseits an den mehr glatten Knochentheilen der Oceipitalia, andererseits an der rauhen, 
höckerigen Oberfläche der Deckknochen mit ziemlicher Sicherheit den Ort der Vereinigung erkennen. 

Zwischen den beiden Aesten der Oceipitalia lateralia und den darüber liegenden Deckknochen 
ist eine länglich ovale Oeffnung bemerkbar, die analog Mastodonsaurus theils knorpelig bedeckt gewesen, 
theils zum Durchtritt von Kanälen gedient haben mag. 

An der Bildung des Hinterhauptes nimmt ferner das Pterygoid wesentlichen Antheil, welches, 


wie schon oben erwähnt, durch eine ziemlich starke Knochenleiste die Gaumengruben gegen rückwärts 
abschliesst. 


| 

\ 
= 
© 


Inwiefern sich das Quadratojugale an der Zusammensetzung der Schädelbasis betheiligt, kann 
wegen des Mangels an Nähten und wegen des schlechten Erhaltungszustandes von Schädel A, an dem 
allein die Theile, welche die Gaumenschläfengruben begrenzen, vollkommen erhalten sind, nicht ent- 
schieden werden. Aus demselben Grunde kann ebensowenig über die Artikulationsfläche mit dem 
Unterkiefer etwas gesagt werden. 


Unterkiefer. 
(Tafel VI. Fig. 2 und 3.) 


Es liegen fünf Stücke vor: 


Ein vollständig erhaltener linker At . . . A. 

Zwei durch Druck stark deformirte linke Aestte . . . Bund. 
Bruchstücke eines rechten Astes, vorderer Theil . . . D. 
Bruchstück eines rechten Astes, hinterer Thel . . . E. 


Copz giebt von der Mandibel von Eryops megacephalus nur einige kurze Diagnosen im Pal. 
Bulletin Nr. 26 pag. 188 und im American Naturalist 1884 pag. 33. Diese sollen nun im Folgenden 
erweitert werden. 

Der Unterkiefer besteht aus zwei vorne (durch Symphyse verbundenen Hälften. Er zeigt im 
Allgemeinen auf seiner Aussen- und Unterseite dieselben Structurverhältnisse, wie sie in der Maxillar- 
und Praemaxillarregion angetroflen werden, nämlich auf der vorderen Hälfte der Seite längliche vier- 
eckige und rundliche Grübchen, welche durch scharf hervorspringende Leistchen von einander getrennt 
sind und die im Ganzen ein engmaschiges Aussehen haben. Auf der hinteren Hälfte stellen sich 
wieder jene warzenähnlichen Erhöhungen ein, die das charakteristische Aussehen der Oberseite bewirken. 

Von Nähten ist in Folge dessen auch hier nichts zu sehen und man kann hier wiederum nur 
von Regionen sprechen. 

Form. Der Öberrand, welcher zum grössten Theile die Zahnreihe trägt, steigt von der 
Symphyse ganz allmählich gegen hinten, hier wird er von dem ziemlich steil aufragenden Articulare 
überragt. 

Die Unterseite, welche im vorderen Drittel nur eine schwache Rundung zeigt, erhält im zweiten 
Drittel eine starke Umbiegung nach innen und oben, die bei ganz langsamer Steigung den Oberrand 
an seinem hintersten Ende erreicht. 

Die Ausdehnung der Dentalregion auf der Aussenseite gegen die Angularregion ist nicht zu 
erkennen. Die Begrenzung der Dentalregion auf der Oberseite gegen rückwärts ist durch den Fort- 
satz der Opereulo-Angularregion dem Processus coronoideus: gegeben. 

Da auf der glatten Innenseite, die ohnedies bei allen Stücken durch Druck mehr oder weniger 
entstellt wurde, sich ebenfalls keine Nähte zeigen und so natürlich nicht constatirt werden konnte, ob 
und wie viele Belegknochen sich betheiligen, so wurde für die unter und hinter dem Dentale liegende 
Region die Bezeichnung Operculo-Angularregion gewählt. 

Wo die Artieularregion auf der Innenseite des Kiefers ansetzt, ist unter den genannten: Um- 
ständen auch nicht erkennbar. Ihre Spitze erhebt sich bei A nach einem ziemlich rasch aufsteigenden 
Winkel 4 cm über der Fortsetzung der rückwärts von dem Processus coronoideus liegenden Operculo- 
Angularregion, 

Palaeontograpbica. Bd. XLVI. 10 


Die Bezahnung des Unterkiefers zeigt ähnliche Verhältnisse wie diejenige des Öberkiefers. 
Sie ist protothecodont (s. oben) d. h. die Zähne lehnen sich an den erhöhten Kieferrand an und stehen 
ausserdem in einer seichten Alveolarrinne: diese letztere ist jedoch stärker ausgeprägt als auf dem 
Oberkiefer. 

Die Zähne, welche direkt vor dem Processus coronoideus beginnen, sind hier sehr klein, um 
gegen vorne grösser zu werden. Dann folgen wieder kleinere, die etlichen starken Fangzähnen Platz 
machen, welche etlichen kleineren weichen, um in der Gegend der Symphyse wieder grosse folgen zu 
lassen. Unterkiefer A möge als Beispiel dienen: 


die letzten 6 Zähne haben 0,2 cm, 

dannstoleengs (GE 0A 

dann 6 De nta Oro In 
dann De LFD EREe 

Hann 0 Durchschnitt. 
dann U yes MA 


RS 


die vordersten | = 


5 
Auf der Innenseite des Unterkiefers zwischen der den Processus coronoideus tragenden Oper- 
culo-Angularregion und dem aufsteigenden Articulare zeigt sich eine grosse Höhlung, welche sich bei 
dem Bruchstück des rechten aufgebrochenen Unterkieferastes ziemlich weit im Innern gegen vorne 
verfolgen lässt, und welche jedenfalls durch den Mecrerv'schen Knorpel ausgefüllt wurde. - 
Bei dem hier vorliegenden Material von Eryops sind auf der Alveolarrinne des Unterkiefers 
noch einzelne Körnerzähnchen zu finden, welche wohl auf dieser Rinne eine grössere Verbreitung gehabt 


haben dürften, jedoch bei der Präparation verloren gingen. 


Schädelmaasse, 
Die Schädelmaasse sind genommen von Schädel A; da die rechte Seite des Schädels, weil 
durch Druck deformirt, nicht in Betracht gezogen werden konnte, wurden bei den Breitemaassen nur 
die normale linke Hälfte gemessen und dann verdoppelt. 


Totallänge von der Höhe des Squamosums bis zum Schnauzenrand . . . . . 42 cm 
Länge des Schädels in der Mittellinie, von der Supraoceipitalregion bis zum 
Schnauzenrand. . . . Be EIER Tr 3 2 3UR Denn 
Entfernung vom Hinterrand der Naserlocher bis zum Nor demand der Augenhöhlen 12 r 
Entfernung der Augenhöhlen vom Hinterrande des Schädels . 22 
Gegenseitiee EntfernungsdeuNasenlöcherse per a oe 
Gegenseitige, Entfernung den Augenhöhlenrse Eee 
Länge der Nasenlöcher SNOHEeR 
BreiterderNasenlöchen.. 2. 1 2 Dr or var u > RD Euer 
Bängender Augenhöhlen a. 02. en Er 
Breite der Augenhöllen . . . . RN Be NEN EN Read CD, 
Breite des Schädels in der Höhe des Intemasns ee VENEN DER 
Breite des Schädels in der Höhe des hinteren Me nnkeis A lo Sci DR. 6 
Breite des Schädels. in der ‘Höhe der Nasenlöcher . . . 2... 0.002 ” 


1 
Höhe des Schädels bei dem Foramen magnum. "un. nn. mn na 


Die Wirbelsäule. 
(Tafel IX, Fig. 1—10.) 


Von der Wirbelsäule von Zryops megacephalus liest ein Stück vor von vier zusammenhängen- 
den Rückenwirbeln, an denen die Dornfortsätze weggebrochen sind, ferner noch etliche zu diesem Stück 
gehörige, in ihre einzelne Theile getrennte Wirbelfragmente. Ausserdem ist noch eine Reihe von 
einzelnen Wirbelkörpern vorhanden, die von einem anderen Exemplare stammen. Atlas fehlt. 

Core, dem ein allerdings auch nicht ganz vollkommener Atlas bei seinem Materiale zur Ver- 
fügung steht, spricht sich über diesen Theil der Wirbelsäule folgendermassen aus (Cop, Paleonto- 
logieal Bulletin No. 32): 

„Attached to the axis of this specimen are two elements which connected it with the skull, 
as they are separated from it only by closely fitting fraetures. The elements are lateral, and each 
presents a semi-spherical artieular face in front, and a long process with acute apex at right angles 
to it, posteriorly. These processes lie, one on each side of the neural spine of the axis, above the 
position which would be occupied by its prezygapophysis; they represent the distinet halves of the 
arch of the atlas, At the superior base of each process near the edge of the articulation is a button 
like tuberele, which represents a prezygapophysis, the inferior articular faces correspond with those of 
the oceipital condyles in form but not in position, which is inverted. The inferior elements of the 
atlas are last.‘ 

Wie aus dieser Beschreibung ersehen werden kann, zeigt jeder der beiden oberen Theile des 
Atlas — a semi-spherical articular face — also eine offenbar convexe Fläche, auf der vorderen dem 
Schädel zugekehrten Seite, was den concaven condylenartigen Gebilden des Hinterhauptes (siehe oben) 
vollkommen entspräche. Leider giebt die Abbildung, die Core davon veröffentlicht (Proc. Amer. Philos. 
Soc, Vol. XIX. pl. II), das entgegengesetzte Bild. Hier zeigen nämlich die zwei seitlichen Elemente 
eine concave Form. Weitere Schlüsse daraus zu ziehen, ist desshalb unmöglich. 

Die Wirbel zeigen die bereits von Copz Pal. Bulletin Nr. 36 geschilderte rhachitome Beschaffen- 
heit und bestehen 

1) aus dem Hyprocentrum, 
2) aus den paarigen Pleurocentren, 
3) aus dem oberen Bogen mit dem Dornfortsatz. 


Das Hypocentrum. 


Die vorliegenden Stücke von Hypocentren zeigen, sofern sie nicht durch äussere Einflüsse 
Gestaltveränderung erlitten haben, fast alle die gleiche Grösse und Gestalt, sowohl an den zusammen- 
hängenden, als auch an den losgetrennten Stücken. 

Die Länge eines solchen Hypocentrums beträgt an dem Unterrand in der Mittellinie 2,2 bis 
2,7 em, die Höhe im Durchschnitt 2,5 cm. 

Wie aus dem zusammenhängenden Stücke erkenntlich ist, stossen die Hypocentra mit ihren 
Vorder- und Hinterflächen eng aneinander. An den gleichseitig ausgebildeten halbmondförmigen Hypo- 
eentren unterscheiden wir eine glatte Aussenseite, welche in der Mitte eingeschnürt ist, und eine rauhe 
Innenseite, welche in der Mitte oben eine breite Verdickung zeigt. Die glatte Aussenseite, welche 
bloss von der Beinhaut bedeckt wurde, verläuft auf beiden Seiten nach oben zugespitzt. Jedoch zeigt 


sich am Hinterrande ziemlich weit oben eine Einbuchtung, welche ebenfalls eine rauhe Oberfläche auf- 
weist und den Diapophysen des oberen Bogens an der Stelle, wo sie mit den Rippen in Verbindung 
treten, als Stützpunkt dient. 

Die rauhe Innenseite zeigt sowohl vorne als hinten an den aufsteigenden Seiten je zwei rinnen- 
förmige Vertiefungen, welche am Scheitel nicht miteinander vereinigt sind. Die Wände dieser Rinne 
werden einerseits von der Aussenseite des Wirbelkörpers, andererseits von einer wulstförmigen Er- 
höhung, die jederseits inmitten des Wirbels durch die in horizontaler Rinne verlaufende Chorda ent- 
steht, gebildet. 

Jedes Hypocentrum hat in Folge dessen fünf rinnenförmige Vertiefungen: vier an den Seiten 
und eine in der Mitte. Auf den Zweck dieser Rinnen soll sofort bei Besprechung der Pleurocentren 
eingegangen werden. 

Die Pleurocentren. 


Bei diesen paarigen Elementen, die sich keilförmig zwischen zwei aufeinander folgende Hypo- 
centra drängen, kann man ebenfalls eine glatte Aussenseite und Oberfläche, sowie mehrere rauhe 
Innenflächen erkennen. Direkt über der Chorda stehen die Pleurocentra in enger gegenseitiger Be- 
rührung, sie waren überdies noch durch Knorpel verbunden, wie die oberste der rauhen Innenflächen 
beweist. 

Unter diesen Contaktflächen findet sich jederseits am Pleurocentrum eine rinnenförmige Ver- 
tiefung, welche sich der wulstförmigen Erhöhung, die von der Chorda am Hypocentrum gebildet wird, 
eng anschliesst. An dieser Stelle nun ist die Chorda vollkommen eingeschlossen und zwängt sich also 
zwischen den oben sich berührenden ziemlich breiten Pleurocentren und dem Hypocentrum in einem 
verhältnissmässig engen Kanale hindurch. 

Die Unterseite der Pleurocentra fügt sich in die Rinne der Hinterseite der Hypocentra fest 
ein, während ihr nach rückwärts und unten verlaufender, keilförmig zugeschärfter Fortsatz sich in die 
rinnenförmigen Vertiefungen des folgenden Hypocentrum anfügt. 

An die rauhe Vorderseite der Pleurocentren legt sich der eigene obere Bogen an und die 
ebenfalls rauhe Rückseite des Pleurocentrum dient dem oberen Bogen des folgenden Wirbels als 
Widerlager. 

Man sieht also an den rauhen Flächen,. dass die einzelnen Knochentheile durch Knorpel in 
ziemlich enger Verbindung standen. 

Die Oberseite der Pleurocentren zeigt mit Ausnahme der Aussenseite allein eine glatte Ober- 
fläche, da auf ihr das Neuralrohr verläuft. 


Die oberen Bögen, 


Die oberen Bögen haben in ihrer äusseren Gestalt grosse Aehnlichkeit mit denen von Kuchiro- 
saurus Rochei, bloss dass der Dornfortsatz von Eryops an der Spitze nicht jene weite, seitliche Aus- 
dehnung zeigt wie Kuchirosaurus, sondern im Verhältniss zu diesem viel zierlicher erscheint. 

Die Bögen sind über dem Neuralrohr verschmolzen und aus dieser Verschmelzung gehen gegen 
oben die Dornfortsätze hervor. Von diesen sind von Exemplar B 7 erhalten, die eine Durchschnitts- 
höhe von 5'/, em erreichen. Die Vorderseite derselben ist ziemlich spitzwinklig zugeschärft, während 
der Hinterrand eine stumpfere Schärfung zeigt. Die grösste Dicke liegt gegen den Hinterrand; in der 
Mitte beträgt sie im Durchschnitt 1,5 cm, was bei dem an der Spitze sich plötzlich verbreiternden 


—1 
—1 


Dornfortsatz sich bemerkbar macht, denn die grösste Ausdehnung und Breite erreicht derselbe in 
seinem hinteren Drittel. Die Oberfläche des an der Spitze sich verbreiternden Dornfortsatzes, der 
selbst eine unebene höckerige Beschaffenheit zeigt, ist ebenfalls rauh und höckerig. Die tiefer liegen- 
den, flügelartig gegen oben und innen gerichteten Praezygapophysen umfassen die höher stehenden, 
sich gegen unten und aussen ausdehnenden Postzygapophysen des vorausgehenden Bogens. 

Analog Euchirosaurus findet sich auch hier zwischen den Postzygapophysen eine Vertiefung, 
welche jedenfalls zur Aufnahme eines Ligamentes diente. Die Articulationsflächen von Post- und Prae- 
zygapophysen sind glatt. 

Unterhalb der Verschmelzungsstelle der oberen Bögen mit dem Dormfortsatz verläuft das 
Neuralrohr in einem von den beiden Bögen gebildeten Kanal, der nach unten bloss einen kleinen 
Spalt zeist. Da die Seiten dieses Spaltes eine rauhe Oberfläche aufweisen, so bestand hier jedenfalls 
eine knorpelige Brücke, welche den Kanal gegen unten abschloss. 

Hieraus folgt nun, dass das Neuralrohr gegen die Chorda vollkommen abgegrenzt war, einer- 
seits im vorderen Theil des Wirbels durch die am Neuralrohr sich fast berührenden und mit Knorpel 
verknüpften oberen Bogen, andererseits im hinteren Theil durch die sich gegen die letzteren anlegenden, 
oben ebenfalls aneinanderstossenden Pleurocentren. 

Oben und an den Seiten wurde dem Rückenmark durch die oberen Bögen, sowie durch die 
sich umfassenden Prae- und Postzygapophysen Schutz und Abschluss gegen aussen gewährt. 

Die am Neuralkanal sich nahezu in einem rechten Winkel auseinanderspreizenden oberen Bögen 
wenden sich nach unten rückwärts, wobei ihr Hinterrand mit den Postzygapophysen einen Winkel von 
45 Grad bildet, bis an jene schon oben erwähnte Ausbuchtung der hinteren Aussenseite der Hypo- 
centra. Hier legen sich ihre Enden d. h. die Diapophysen mit den Ansatzflächen für die Rippen auf. 

In ihrem weiteren Verlaufe legen sich die oberen Bögen einerseits mit ihrer Unterseite an 
die Pleurocentren des eigenen Wirbels, andererseits mit ihrer Vorderseite an die Pleurocentren des vorher- 
gehenden fest an; die rauhe Oberseite dieser Flächen spricht wiederum für das Auftreten von Knorpel. 

Dies sind die Verhältnisse der Rückenwirbel, wie sie auch der Abbildung von CorE voll- 
kommen entsprechen. 

Bei dieser Gelegenheit sollen noch die Abbildungen, welche LyDEXkkeEr im „Catalogue of the 
fossil Reptilia and Amphibia in the British Museum“ Part. IV. pag. 192, sowie Gapow in „on the 
evolution of the vertebral Column of Amphibia and Amniota* pag. 41 geben, besprochen werden. 

Beide sind nach einem Stück von ..two trunk vertebrae“, welches sich im Besitze des Britischen 
Museums befindet, abgebildet und geben ein vollkommen falsches Bild von der gegenseitigen Lage- 
rung der einzelnen Theile des Wirbels. Ferner gehören die „two trunk vertebrae“ in Wirklichkeit drei 
Wirbeln an, nämlich: Wirbel I: der erste obere Bogen mit dem darunter liegenden Pleurocentrum — 
Hypocentrum fehlt; Wirbel II: oberer Bogen, Pleurocentrum, Hypocentrum; Wirbel III: bloss das Hypo- 
centrum vorhanden, Durch Druck von oben und hinten erhielten die Dornfortsätze, die in natürlicher 
Lage gesen rückwärts gerichtet sind, eine Neigung gegen vorne und selbstverständlich wurden die an 
die Unterseite der oberen Bogen direkt angrenzenden Pleurocentren ebenfalls in Mitleidenschaft ge- 
zogen, so dass sie nach abwärts zwischen die ursprünglich an der Basis sich berührenden Hypo- 
centren gepresst wurden und indem sie diesen Contact dergestalt aufhoben, auf gleicher Basis wie die 
Hypocentren zu stehen scheinen. 

Gıpow. dem die nach vorwärts geneigte Stellung der Dornfortsätze wahrscheinlich unnatürlich 
schien, glaubte wohl, da er kein anderes Vergleichsmaterial besass, die Sache herumdrehen zu müssen, 


un man le 


und in Folge dessen entstand die gänzlich unrichtige Darstellung pag. 41 Fig. 41, bei welcher, da 
die Dornfortsätze nun in anscheinend richtige Stellung gebracht sind, die Postzygapophysen zu Prä- 
zygapophysen werden. 


Die Bezeichnung „Hypocentrum“. 


Bei obiger Besprechung der Wirbel wurde mit Absicht die Bezeichnung ‚„Hypocentrum‘“ ge- 
wählt. Gaupry' hatte dieselbe für „la Piece inferieure du Centrum‘ angewendet, wie er im Jahre 
1578° das Stück, welches die Basis der Wirbelkörper von Actinodon bildet, nannte. In den letzten 
Jahren haben Gapow°, GörTTE* und Jaekel® in ihren Arbeiten sich für das „‚Hypocentrum“ als das 
untere Stück des Centrums entschieden, und die Ansicht von Copz und Baur, welche die Pleurocentra 
als die Repräsentanten der eigentlichen Wirbelkörper und die Intercentra (Hypocentra Gaupry) als 
untere Bogen betrachten, mit Erfolg widerlegt. 

HERMANN VON MEYER erklärte anfangs ganz bestimmt das Hypocentrum als Vertreter der 
Wirbelkörper. Doch hören wir ihn selbst, was er bei Besprechung von drei rhachitomen Wirbeln aus 
den Thonschiefern von Gaildorf sagt, welche er nicht wie PLIENINGER als zu einem jungen Mastodon- 
saurus, sondern „zu einem ausgewachsenen, auf embryonischer Stufe gestandenen Labyrinthodonten‘* 
gehörig hält. (H. v. Meyer, Muschelkalksaurier, Frankfurt Ostern 1855 pag. 145.) „‚Wie in Archego- 
saurus, so sind auch im kleinen Labyrinthodonten von Gaildorf die Knochentheile, welche die Rücken- 
saite peripherisch umgaben, dreierlei Art, indem sie in einer unteren Knochenplatte, in einem keil- 
förmigen Stück an jeder Seite zwischen je zwei Knochenplatten und einem oberen Bogen bestehen. 
Es sind drei, noch aneinander gereihte, untere Knochenplatten überliefert. Diese Platten können dem 
unteren Bogen nicht beigelegt werden, sie sind vielmehr Vertreter des Wirbelkörpers, bildeten aber 
nicht wie in den höher entwickelten Thieren das Centrum der Rückensaite, sondern umgaben den 
weichen Strang, den die Rückensaite darstellt, unten und aussen hufeisen- und halbringförmig.“ 

Ferner sagt derselbe Autor in „Reptilien der Steinkohlenformation in Deutschland‘ (1856 —58) 
pag. 25 bei der Besprechung der Wirbelsäule von Archegosaurus: „Die Entzifferung würde mir schwerer 
geworden sein, hätte ich nicht bereits in einer scheinbar unbedeutenden Versteinerung den Schlüssel 
dazu besessen. Diese aus dem an Mastodonsaurus veichen Alaunschiefer der triasischen Lettenkohle 
von Gaildorf in Württemberg herrührende Versteinerung habe ich anderwärts (Paläontologie Württem- 
bergs pag. 39, 67, 13, tab. 7 Fig. 5 und 6, Saurier des Muschelkalks pag. 145, tab. 29 Fig. 15) 
ausführlich dargelegt und es wäre daher überflüssig, wenn ich hier nochmals näher auf sie ein- 
gehen wollte.‘ 

Bei der Besprechung des unteren Bogens sagt er dann: „von dieser unteren Platte war ich 
anfangs der Meinung, dass sie den knöchernen Wirbelkörper vertrete‘“ und kommt dann auf der nächsten 
Seite zu folgendem Schluss: „Es gehört sonach die untere Platte in Archegosaurus wohl unbezweifelt 


" A. Gaupry, Les enchainements du monde animal dans les temps geologiques, Fossiles primaires. Paris 1883 
pag. 273, und A. Gaupry, L’Actinodon. Me&moire extrait des nouvelles Archives du Museum d’Histoire naturelle. Paris 
1887 pag. 13. 

? Bull. de la Soc. Geol. de France. 1878—79. pag. 64 ff. 

> Hans Gapow., Evolution of the vertebral Column of Amphibia and Amniota. Philos. Transactions of the 
Royal Society of London. 1897. Vol. 187. pag. 1—57. 

* A. GörtE: „Ueber den Wirbelbau bei den Reptilien und einigen anderen Wirbelthieren.“ Zeitschrift für 
wissenschaftliche Zoologie. Vol. 62. pag. 343—394. 1897. 

5 Orrto JAEREL: „Die Organisation von Archegosaurus.* Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. 
Vol. 48. 1896. pag. 505—521. 


= WW = 


dem unteren Bogen an, was noch dadurch eine Bestätigung erhält, dass je eine solche Platte selbst 
in der Rückengegend nicht genau unter einem. sondern mehr je zwischen zwei oberen Bogen zu 
liegen kommt.“ 

Wie wir also sehen, stehen diese beiden Ansichten in scharfem Gegensatz und es erfolgt 
nirgends ein eigentlicher Widerruf der früher gegebenen Erklärung über die rhachitome Wirbelsäule 
aus den Alaunschiefern von Gaildorf. 

GöTTE hat nun in seiner Arbeit nachgewiesen, dass das, was man bei dem fertig entwickelten 
Thiere den Wirbelkörper nennt, aus dem primären Wirbelkörper besteht, d. h. aus der ganzen Chorda 
und der sie in Gestalt eines zelligen Hohleylinders einschliessenden zelligen Perichordalschicht und den 
Wirbelbogenbasen. welche sich, während sich die Perichordalschicht in die einzelnen primären Wirbel- 
körper gliedert, an dieselben anlegen, bezw. dieselben umgreifen. Diesen entwickelten Wirbelkörper 
nennt er zum Unterschied von den primären den secundären. 

Bei dem Vergleiche des Wirbelbaues der Saurier untereinander und mit anderen Wirbelthieren 
kommt Görre auf die Stegocephalen und auf den Wirbelbau derselben zu sprechen. Hier widerlest 
er nun die Meinung von Core und Baur vollkommen, welche die Intercentra in dem Merkmale des 
kontinuirlichen Zusammenhanges der Gabelknochen mit den perichordalen Wirbeltheilen erkennen und 
von den unteren Bogen von Hatteria ausgehend, ihre Schlüsse auf Cricotus und Archegosaurus ziehen. 
GörtE sagt nämlich 1. ec. pag. 375: „Aus demselben Grunde wie die Amphibienwirbel müssen nach 
Core's Grundsätzen auch die Wirbel von Angwis, Pseudopus, da sie im Schwanz mit den Gabelknochen 
ein Continuum bilden, als richtige Intercentra bezeichnet werden, deren zugehörige Centra verloren 
gegangen wären. Mit anderen Worten: „die Schleichen besässen keine Homologa der Wirbel ihrer 
nächsten Verwandten, der Lacerten, sondern ihr Wirbelkörper sammt Gabelknochen (Intercentrum) wäre 
nur eine weitere Ausbildung der rahmenförmig verwachsenen Gabelknochen von Lacerta (Intercentra).“ 

Auf Seite 376 kommt ferner GöTTE zur Schlussfolgerung, welche lautet: 

„Dieses Dilemma führt uns zu der Frage nach der Berechtigung der grundlegenden Definition 
Cope’s und Baurs. Die behauptete Homologie aller beschriebenen Intercentren beruht ausschliesslich 
auf der Annahme, dass die Continuität der Gabelknochen mit den darüber liegenden perichordalen 
Wirbelstücken ihre genetische Einheit bedeute, so dass die letzteren eine Erweiterung der Basen der 
Gabelknochen oder umgekehrt die Gabelknochen Auswüchse jener perichordalen Theile darstellen. 
Irgend eine Begründung dieser Annahme habe ich nirgends gefunden, weder für die Stegocephalen 
noch für die lebenden Saurier, an denen unsere Forscher doch eigene Untersuchungen vornahmen. 
Dagegen kann ich auf Grund meiner Beobachtungen über die Entwicklung der Saurierwirbel als That- 
sache verzeichnen, dass eine genetische Einheit ihrer sogenannten Intercentra, nämlich 
der Menisci oder der ihnen homologen Gelenkköpfe und der unteren Bogen gar nicht 
besteht. dass diese Theile vielmehr ebenso deutlich gesondert entstehen wie die oberen Bögen und 
die Wirbelkörper, und dass zum Ueberflusse die unteren Bögen ursprünglich dem nächstfolgenden 
Abschnitt angehören, diese ihre normale Lage aber nur bei den Fischen und Amphibien beibehielten, 
bei den Amnioten erst durch eine Verschiebung und ein Aufgeben ihrer ursprünglichen Lagebeziehungen 
intervertebral wurden.‘ 

„Aus dieser Feststellung folgt also, dass der alle Core’schen Deutungen bestimmende Begriff 
des Intercentrum in seiner Allgemeinheit unhaltbar und daher die darauf gegründeten Schlüsse hinfällig 
sind. Vor allem ist der anstössige Satz, dass die Wirbelkörper der Amphibien und Amnioten hetero- 
gene Dinge seien, wieder zu beseitigen. Ferner ist aus demselben Grunde selbstverständlich, dass der 


Re 


Name Intercentrum wenigstens in der Anatomie der lebenden Wirbelthiere nicht mehr gebraucht werden 
kann. Denn wollte man auch das Intercentrum nunmehr in seine beiden Componenten, die unteren 
Bögen und die mit ihnen verbundenen perichordalen Stücke zerlegen und darauf etwa nur für die 
letzteren allein den Namen Intercentrum beibehalten, so müsste doch dieses letztere vor allem ana- 
tomisch so definirt sein, dass daraufhin seine Homologisirung in den verschiedenen Formen möglich 
wäre. Dies ist aber bisher nicht geschehen, es wurde nicht einmal gefragt, ob die verschiedenen als 
Centra und Intercentra bezeichneten Stücke der lebenden Thiere, z. B. die Wirbelkörper der Amphi- 
bien und die Intervertebralringe oder Menisci der Amnioten überhaupt unter sich vergleichbar seien, 
sondern ihre Homologieen bloss auf Grund äusserer Aehnlichkeit mit gewissen fossilen Skelettheilen 
behauptet. Wohin ein solches Verfahren führt, haben wir gesehen, dass dies nicht so bleiben kann, 
liest für den vergleichenden Anatomen auf der Hand.“ 

In der Entgegnung, welche Baur in „„The American Naturalist‘‘ November 1897 pag. 975—980 
auf die Resultate der oben genannten drei Autoren hin giebt, stützt er sich hauptsächlich auf die 
Continuität der „Chevron bones“. 

Der kurze Inhalt seiner indirekten Beweisführung ist ungefähr folgender: 

Bei Archegosaurus sind im Schwanz die Chevron.bones vereinigt mit den Intercentren. Die 
Pelycosaurier haben neben den Centren Intercentren, welche im Schwanz die Chevron bones tragen. 

Nach GaDow, GÖTTE und JAEREL ist das Intercentrum der Rhachitomen homolog mit dem 
Centrum der Amnioten. \ 

Es besteht kein Zweifel, dass bei den Pelycosauriern Intercentrum — unterer Bogen — Inter- 
eentrum —- unterer Bogen von Archegosaurus ist. 

Folglich haben nach JAEKEL, GÖTTE und GADow die Pelycosaurier zwei Centra. 

Da dies aber unmöglich ist, sind die Intercentra der Rhachitomen nicht Centra, sondern bloss 
Intercentra, und folglich nicht homolog den Centren der Amnioten. \ 

Ferner stützt sich Baur auch noch auf die Continuität der Chevron bones trotz der Resultate 
der drei Autoren und zieht ausserdem hier einen Rückschluss von den Intervertebralringen der Am- 
nioten auf die Intercentra der Anamnioten, was nicht erlaubt sein dürfte. 

Weiter behauptet Baur in derselben Entgegnung, dass die Pleurocentren von Eryops homolog 
den Centren der Amnioten sind, indem er sagt, dass bei alten Exemplaren von Eryops megacephalus 
die Pleurocentren eng verbunden sind mit der hinteren Basis der oberen Bögen, während die zwischen 
die Pleurocentren gestellten Hypocentren nicht an die oberen Bögen herantreten. Er meint also 
offenbar, dass, da die Pleurocentren die oberen Bögen ausschliesslich stützen, das Hypocentrum für 
den Wirbelkörper schon funktionslos geworden sei. 

Da bloss Wirbel von zwei Thieren vorhanden sind, so kann hier nicht entschieden werden, 
ob dieselben von alten Exemplaren herstammen, allein wie oben gezeigt wurde stützen sich bei dem 
vorliegenden Material die oberen Bögen mit ihrem Unterrand auf die Hypocentra, während sich ihre 
hintere Basis an die Pleurocentra anlegt, was schon äusserlich an der Einbuchtung der glatten Aussen- 
seite erkenntlich ist. Diese Einbuchtung an dem Hypocentrum ist auf den Abbildungen, welche Corz 
von Eryops megacephalus giebt, z. B. Proc. Amerie. Philos. Soc. Vol. XIX. Plate III sowohl an der 
Seitenansicht, als auch an der Ansicht von unten deutlich zu erkennen, ebenso wie die Thatsache, 
dass die oberen Bögen an dieser Einbuchtung auf die Hypocentra sich anlegen. Vielleicht können 
mechanische Einwirkungen bei den alten Exemplaren, die Baur benutzte, die oberen Bögen von den 
Hypocentren getrennt haben! Dass aber eine so typische Erscheinung, wie das Aufsitzen der oberen 


Bögen auf dem Hypocentrunm, wie es bei normalen Exemplaren der Fall ist, bei alten Stücken gänzlich 
verschwinden soll, scheint vollkommen undenkbar. Vielmehr ist mit Sicherheit anzunehmen, dass bei 
Eryops megacephalus die einzelnen Theile des Wirbels als Hypocentrum, Pleurocentrum und obere 
Bösen durch dazwischen liegende Knorpel zu einem ringwirbelähnlichen Ganzen sich zusammenfügten, 
eine Bildung, wie sie bei den schwäbischen Triassauriern eintritt, und dass durch diese ringwirbel- 
ähnlichen Bildungen die Chorda auf dem Hypocentrum ruhend, an den Seiten und oben von den 
Pleurocentren umfasst persistirte. Infolgedessen dürfte angesichts dieser 'Thatsache die Annahme 
GörrE's, welcher die rhachitomen Wirbel als Uebergangsform zwischen den embolomeren und einfachen 
Wirbeln betrachtet, noch mehr Beweiskraft erhalten. 


Rippen. 
(Tafel IX, Fig. 10 u. 11.) 


Mit Ausnahme einer fast vollständigen zweiköpfigen Sacralrippe sind aus Rumpf und Sacral- 
region nur wenige Bruchstücke von Rippen vorhanden, welche jedoch eine sehr grosse Difterenzirung 
aufweisen, wesshalb es unmöglich erscheint, sichere Folgerungen daraus zu ziehen. Der Rippen- 
kopf der Sacralrippe ist durch eine Querleiste in zwei ungleiche Theile geschieden, von welchen 
der obere grössere mit der tubercularen Facette der in der Sacralgegend sehr starken Diapophyse 
artieulirt, während der untere kleinere Theil mit der hinten unter der Spitze sehr verbreiterten Ein- 
buchtung des Hypocentrums — der capitularen Facette — articulirt. Die Sacralrippe ist horizontal 
unter einem zur Wirbelsäule sehr spitzen Winkel nach auswärts gerichtet. Direkt unterhalb des sehr 
starken Rippenkopfes zeigt sich eine sehr starke Einschnürung, welche sich äusserlich durch starke 
Faltungen bemerkbar macht. Nach dieser Einschnürung verbreitert sich nun die Rippe zu einem 
kurzen, flachen, blattähnlichen Gebilde. Die Rippen der Rumpfregion sind einköpfig, weitere Schlüsse 
über den Bau dieser Rippen zu folgern, ist, wie oben gesagt, wegen Mangel an Material unmöglich. 
Im übrigen sei hier auf Cope: Pal. Bulletin No. 32 pag. 15, Abbildungen Proc. Americ. Philos. Soc. 
Vol. XIX. pag. 56 Plate I—IV) verwiesen. 


Becken. 
(Tafel X, Fig. 1—4.) 
Das Münchener Museum besitzt ein prachtvoll erhaltenes Becken, an welchem nur der obere 
Theil des rechten Ileums fehlt. Core giebt von einem solchen eine vollständig erschöpfende Be- 


schreibung mit vier Abbildungen in der eben erwähnten Publikation, so dass. näher darauf einzugehen 
unnöthig erscheint. 


Schultergürtel. 
(Tafel X, Eig. 5 u.. 6.) 

Vom Schultergürtel ist ein Theil vorhanden, nämlich die mit dem Coracoid zu einem Ganzen 
verschmolzene Scapula. 

Cop beschreibt ein ähnliches Stück schon im Pal. Bulletin Nr. 32 und nach besseren Funden 
den ganzen Schultergürtel in den Americ. Philos. Transactions, New. Series Vol. 16, 1890, Article VI. 
pag. 362, I. plate. 

Palaeontographica. Bd. XLVI. 11 


Nach Copz setzt sich der Schultergürtel von Kryops aus folgenden Theilen zusammen; Sca- 
pula, Coracoid, Epicoracoid, Clavicula und Episternum. 

Allein aus den mir zur Verfügung stehenden T'heilen des Schultergürtels, sowie aus den 
genauen Abbildungen, die Cor davon in seiner Arbeit giebt, lässt sich, wenn man die Resultate 
C. GEGENBAUER’S berücksichtigt (Morphol. Jahrb. Band XXX. Clavicula und Cleithrum), der sichere 
Schluss ziehen, dass sich am Aufbau des Schultergürtels von Zryops Scapula, Coracoid, Episternum, 
Clavicula und Cleithrum betheiligen. 

Cope selbst ist bei der Deutung der einzelnen Stücke im Zweifel, was wohl hauptsächlich dadurch 
verursacht wurde, dass ihm keine ganze Scapula, sondern bloss Bruchstücke von solchen zur Verfügung 


Figur 1. Figur 2. 
Schultergürtel von Eryops megacephalus (CoPE). Schultergürtel von Eryops megacephalus (ÜoPE). 
Von oben. epist.: Episternum. cl.: Clavicula. clei.: Von unten. epist.: Episternum. c/2.: Clavicula. celei.: 
Cleithrum. Cor.: Coracoid. Se.: Scapula. Cleithrum. Cor.: Coracoid. 
- (Verkleinert nach Cope.) (Verkleinert nach Corr.) 


standen. Schon im Pal. Bull. No. 32 15379 und im Proc. Americ. Philos. Soc. 1882 Vol. XIX. pag. 56 
Pl. I. beschreibt er Scapula und Coracoid und giebt uns eine Abbildung davon, die im Wesentlichen — 
abgesehen vom oberen abgebrochenen Theile der ersteren — mit der von mir gegebenen übereinstimmt. 

Erst später erhielt der Forscher den prächtigen Skelettheil von Eryops, welchen er in der 
oben citirten Abhandlung so eingehend beschreibt. Cop betrachtet nun den an die Clavicua an- 
stossenden Knochen als Scapula, obwohl er keineswegs davon überzeugt ist, ja er ahnt sogar das 
Richtige, wenn er ausspricht: „What is true homology it is not clear to me, but it is in the position 
of the epiclavicle of the fishes.‘ 

Nach den Arbeiten GEGENBAUER's und Baur’s ! entspricht aber dieser Theil des Schultergürtels 
unzweifelhaft dem „‚Cleithrum‘‘. Cope war daher auch zur Annahme eines Praecoracoids gezwungen, 
was in Wirklichkeit aber Coracoid ist. Das nach seiner Meinung kleine und unbedeutende Coracoid 
ist nichts anderes als der untere abgebrochene Theil der Scapula. 

Wir haben also am Schultergürtel von Eryops folgende Elemente: Episternum, Clavicula, 
Cleithrum, Coracoid und Scapula. 


! Baur, The Stegocephali. Anatomischer Anzeiger XI. Band Nr. 22. 


Extremitäten. 


Unter dem mir vorliegenden Material sind keine Extremitätenknochen vorhanden. CopE 
erwähnt in der oben eitirten Arbeit auch einige Reste von Vorder- und Hinterextremitäten. 


Figur 3. Figur 4. 
Linke Vorderextremität v. Eryops megacephalus (CopE) Linke Vorderextremität v. Eryops megacephalus (CoPk) 
von oben. (Verkleinert nach Core.) von unten. (Verkleinert nach Cop.) 


Von der Vorderextremität (s. Fig. 3 u. 4) beschreibt er Hu- 
merus, Ulna, Radius, zwei Reihen Carpalia, bestehend aus 10 oder 
11 Elementen, einige Metacarpalia und Phalangen. Nach Cope soll 
die Vorderextremität 5 Finger besitzen („‚entirely exceptional in the 
Batrachia‘'). 

Die Reste, welche ihm von Hinterextremitäten vorliegen (s. 
Fig. 5), sind weit dürftiger. Er kennt davon im Zusammenhang nur 
die Enden von Tibia und Fibula, sowie einige Tarsalia. Bei fünf bei- Fig. 5. Theil der rechten hinteren 
sammenliegenden Metatarsalia, von welchen zwei sehr klein sind, ist en eh 
er unsicher, ob sie nicht zu beiden Hinterextremitäten gehören. 

Aus dem Tarsus schliesst Core auf das Vorhandensein von nur 4 Zehen. 


Beziehungen zu anderen Rhachitomen. 


Nach den bisherigen Funden ist die Gattung Zryops die auf der höchsten Stufe stehende Form 
unter den Rhachitomen, was sowohl der Schädel, dessen einzelne Theile zu einem soliden, festen Dach 
verbunden sind, als insbesondere die Ausbildung der Wirbelsäule zu einem ringwirbelähnlichen Ganzen 
beweisen. 

Wenn es erlaubt ist. diese durch ihre Grössenverhältnisse, welche nur von den schwäbischen 
Triaslabyrinthodonten erreicht werden, über alle Rhachitomen weit hervorragende Form mit anderen 
Genera dieser Familie zu vergleichen, so ist dies, was den Schädel betrifft, die Gattung Actinodon 
(Gaupey). Der bei weitem kleinere Schädel dieser Gattung hat in seinen Conturen und in seiner 
Gestalt eine grosse Aehnlichkeit mit Eryops. Auch ist dies die einzige Form der permischen Ste- 
gocephalen, welche condylenartige Gebilde zeigt. Ferner wird diese Aehnlichkeit noch erhöht durch 
das vollkommene Felılen von Nähten, welche Thatsache Gaupry in seinem „ZL’Actinodon“, Paris, G. 
Masson @diteur 1887 pag. 10 feststellt: „„Les os du cräne semblent s’etre soud6s de bonne heure, car, 


Er 


dans des individus, qui ne sont pas adultes, ils sont fortement unis.‘‘ Die Nähte, welche auf der 
Abbildung der Schädelunterseite angegeben sind, sind bloss eingezeichnet (on a legerement modifie la 
position des os pour les rendre plus compr£heusibles). 

Die Wirbel von Eryops haben mit dem nahen Verwandten von Actinodon, der Gattung Puchiro- 
saurus, grosse Aehnlickeit, was schon bei Besprechung der Wirbelsäule erwähnt wurde, und ich glaube, 
dass wenn GAuDRY zusammenhängende Stücke zum Vergleiche gehabt hätte, das Bild der Restauration 
eines Wirbels von Buchirosaurus dem von Eryops sehr ähnlich geworden wäre. (Les enchainements etc. 
par A. GAUDRY pag. 271.) 

Von der Gattung Sclerocephalus unterscheidet sich, was den Schädel anlangt, Eryops ausser 
in der Grösse durch weiter nach hinten gerückte und grössere Nasenlöcher. 

Leider stehen von den von CorE nur auf wenige Reste hin aufgestellten Gattungen Acheloma, 
Anisodexis und Zatrachis keine Abbildungen zur Verfügung, jedoch ist es sehr wahrscheinlich, dass 
diese Gattungen, die CopE’s Eryops sich sehr ähnlich zeigen, wohl mit der Gattung Eryops synonym sind. 


Kurze Diagnose der Gattung Eryops. 


Nach den vorausgesangenen Auseinandersetzungen lautet die Charakteristik der Gattung 
Eryops im Anschluss an die bereits von v. Zırren (Handbuch der Paläontologie I. Band S. 392) 
gegebene Diagnose folgendermassen: Eryops (CoPpE), grösster bis jetzt in Nordamerika: nachgewiesener 
Stegocephale. Schädel länglich dreieckig mit abgerundeter Schnauze, 40—60 cm lang, hinten 30 bis 
40 cm breit. Augenhöhlen rundlich im hinteren Drittel des Schädels. Nasenlöcher gross, rund, weit 
von einander getrennt. Schädeldach von rauher Beschaffenheit, ohne jede Naht und ohne Schleim- 
kanäle. Foramen parietale vorhanden, jedoch von Deckknochen überwuchert. Parasphenoid mit dem 
processus cultriformis ungemein kräftig entwickelt, dick, von dolchförmiger Gestalt. Pterygoidea flügel- 
artig geschweift. Auf dem Palatinum in der Mitte und über den grossen Choanen je zwei sehr starke 
Zähne. Neben den Choanen auf der Vomerregion ein kleineres Zahnpaar. Die übrigen Maxillar- und 
Praemaxillarzähne von wechselnder Grösse. Form der Zähne kegelförmig, an der Spitze glatt, mit 
ächtem Schmelz überzogen, an der Basis mehr oder weniger deutlich gerippt. Palatinum, Pterygoid, 
Vomer und wahrscheinlich auch Parasphenoid mit Körnchenzähnen besetzt. Die condylenartigen Vor- 
sprünge der Oceipitalia lateralia concav. 

Wirbel rhachitom mit typisch entwickelten und kräftig ausgebildeten Hypocentren, Pleuro- 
centren; die oberen Bogen mit ziemlich hohen, distal etwas verbreiterten Dornfortsätzen. Chorda durch 
die von Hypocentren, Pleurocentren und oberen Bogen gebildeten ringwirbelähnlichen Bildungen ge- 
schützt. Letzte Schwanzwirbel zu einem kurzen Coccyx verschmolzen. 

Rippen sehr difterenzirt. Sacralrippen mit sehr starkem Rippenkopf, blattähnlich, horizontal 
nach rückwärts gerichtet. Sitzbein und Schambein kräftig, letzteres vorne verdickt und V förmig aus- 
geschnitten. 

Schultergürtel von Episternum, Clavicula, Cleithrum, Coracoid und Scapula gebildet. 

Vorderextremität mit 5 Fingern. Carpus aus 10 oder 11 Elementen in zwei Reihen bestehend. 


Hinterextremität wahrscheinlich mit 4 Zehen. 


München, April 1598. 


Ueber den mieroscopischen Bau der Falten- 
zähne von Eryops megacephalus Cope 


von 


L. Stiekler. 


Mit Tafel XI und XI. 


Bereits R. Owen hat in seiner Odontography (London 1340—45) den eigenthümlichen mäan- 
drisch gewundenen Faltenbau der Zähne von Labyrinthodon und Mastodonsaurus, zweier zur Ordnung 
der Stegocephalen gehörigen Amphibien eingehend dargestellt. In neuerer Zeit hat EBERHARD FraAas | 
die Structur der Zähne von Mastodonsaurus und insbesondere die Anwesenheit von ächtem Schmelz 
nachgewiesen. Eine sehr ausführliche Arbeit von H. CREDner” beschäftigt sich in nahezu erschöpfen- 
der Weise mit dem histologischen Bau der einfacheren Faltenzähne des permischen Stegocephalen 
Sclerocephalus. In dieser Abhandlung gelangt CrEDner zu dem Schlusse, dass die Faltenzähne durch 
Verschmelzung vieler kleiner Kegelzähne entstehen. 

Gegen diese Deutung haben sich sowohl JAEKEL (Sitzungsbericht der Gesellschaft naturforschen- 
der Freunde zu Berlin 1894) als auch Rös£°, der bisherige eifrigste Verfechter der Verwachsungs- 
theorie, ausgesprochen. Röse nimmt an, dass das Bildungsmaterial vieler kleiner Kegelzähne 
aufgebraucht wurde, um einen grossen Faltenzahn zu bilden. Von einer wirklichen Verwachsung 
einzelner Zahnindividuen könne dagegen keine Rede sein. 

In der Bezeichnungsweise der verschiedenen Varietäten von bindegewebigen Hartgebilden, 
welche bei den Wirbelthieren vorkommen, hat sich bis heute noch keine volle Uebereinstimmung her- 
stellen lassen. Während sich bei den höheren Vertebraten Zahnbein und Knochen scharf von einander 
unterscheiden, beobachtet man bei den tieferstehenden alle mögliche Uebergangsformen. 

Owen hat zuerst nach grob histologischen Merkmalen an trockenen Zahnschliffen Vitro- 
dentin, OÖsteodentin, Vasodentin und Plieidentin unterschieden. Letztere Abart ist den meisten 
Stegocephalenzähnen eigen. Der Name „Plieidentin“ besagt weiter nichts, als dass der Zahn radiär- 
faltig gebaut ist. 


! Epertaro Fraas, Die Labyrinthodonten der schwäbischen Trias (Palaeontho graphica Bd. 36. 1889. Taf. XVII). 
? H. Creoser, Zur Histologie der Faltenzähne palaeozoischer Stegocephalen, Abh. d. K. S. Ges. d. Wissen- 
schaften. Leipzig 1873. 


> (©, Röse, Das Zahnsystem der Wirbelthiere. (Anatomische Hefte von Mrrkeu & Bonxer, 1895). 
* 


— 86 — 


Ueber die histogenetische Entstehung der Faltenzähne, ja selbst über die Auffassung der ein- 
zelnen Gewebsbestandtheile, gehen die bisherigen Ansichten weit auseinander. Nach Owen überzieht 
eine dünne Schicht von knöchernem Cement die Aussenseite der Labyrinthodontenzähne. Indem Dupli- 
caturen dieses Cementes ins Innere des sich entwickelnden Zahnes eindringen, entsteht, nach diesem 
Forscher, der radiärfaltige Bau des Zahnbeines. In ähnlicher Weise sprechen sich L. v. Aumox ', E. 
Fraas und H. CREDNER aus. A. Frrrsch” schreibt der structurlosen Aussenschicht und der Mittelschicht 
der Falten sogar eine schmelzähnliche Structur zu, Dagegen haben schon EmBLETon & ATTHEY diese 
Gewebsbestandtheile sehr richtig als structurloses Zahnbein gedeutet. In gleichem Sinne äussert 
sich CH. Tomzs*, welcher darlegt, dass Cementgewebe niemals unter dem Schmelz, sondern stets über 
demselben liegt. Dem gegenüber hebt Crepner hervor, dass „Cement und Dentin der Faltenzähne 
nichts sind als durch Uebergänge und Verflössungen verbundene Differenzierungen eines entodermalen (?) 
Knochengewebes und desshalb die Ste llung dieses Cementes zum epithelialen Schmelz die gleiche ist 
wie diejenige des Dentins“. 

Man sieht, es fehlte bisher an einer präcisen Bezeichnung für die mesodermalen Hartgebilde. 
Es ist nun das Verdienst Röse’s®, scharfe Definitionen für die einzelnen Abarten der Zahngewebe 
gegeben zu haben. 


Röse unterscheidet: 


IT. Aechtes Zahnbein —= Dentin oder Orthodentin. 


Hartgewebe mit glatter Oberfläche, welches von der Innenwand einer Epithelscheide aus 
einseitig nach der Mitte der einheitlichen Zahnpulpa hin wächst. 

“a) Röhrchenzahnbein — Normales Dentin. Es enthält die bekannten Zahnbein- 
kanälchen zur Aufnahme der protoplasmatischen Zahnfasern (Zellenausläufer der Zahn- 
beinbildner oder Odontoblasten). 

b) Röhrchenfreies Zahnbein = Vitrodentin. Es enthält keine protoplasmatischen Ein- 
schlüsse und ist, abgesehen von der Grundmasse der leimgebenden Fibrillen, structurlos. 

c) Gefässzahnbein — Vasodentin. Es enthält ein Netzwerk von Blutgefässcapillaren 
und kann im übrigen bald Zahnbeinkanälchen besitzen, bald röhrchenfrei sein. 


II. Bälkchenzahnbein — Trabeculardentin. 


Hartgewebe, welches ohne Beziehung zur Epithelscheide in Gestalt von einzelnen Bälkchen 
frei im Bindegewebe des jugendlichen Zahnmarkraumes oder in seiner nächsten Nähe entsteht, und 
welches allseitig wachsen kann. Das.Gewebe enthält zahlreiche kurze Zahnbeinkanälchen, welche 
von protoplasmatischen Zellenausläufern angefüllt sind. 


! L. v. Ammon, Die permischen Amphibien der Rheinpfalz, München 1539. 

2 A. Frinscn, Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation von Böhmen, 1885. 

3 EMmBLEToXn & Arruey, On the skull etc. of Loxomma. Ann. and Mae. of, Nat. Hist. London 1374. 

: Cm. Tomes, Manuel of Dental Anatomy, 3. Auflage. 1389. 

5 Röszt, Ueber die, verschiedenen Abänderungen der Hartgewebe bei niederen Wirbeltieren. Anatomischer 
Anzeiger XIV. Bd. 1897. 


— Se 


III, Knochenzahnbein —= Osteodentin. 


Uebergangsgewebe zwischen Knochen einerseits, Dentin oder Trabeculardentin andererseits, 
enthält zugleich Knochenzellen und Zahnbeinkanälchen mit protoplasmatischen Zellenausläufern. 


Unter Cement versteht man ein ächtes Knochen- oder Knochenzahnbeingewebe, welches nach 
der Auflösung der Epithelscheide von aussen her dem fertig gebildeten Zahnbeine nachträglich auf- 
gelagert wird. Ist bei festgewachsenen Zähnen Cement vorhanden, so bildet dasselbe die unmittelbare 
Fortsetzung vom Knochenzahnbein des Zahnsockels oder vom Knochengewebe des Kiefers. 

Bei thecodonten Zähnen wächst das knochenartige Cement häufig durch das Wurzelloch hin- 
durch in’s Innnere der Pulpahöhle und füllt z. B. bei Ichthyosaurus-Zähnen in Gestalt eines spon- 
eiösen Knochengewebes die ganze untere Hälfte der Pulpahöhle aus. 

Der Name ‚Cement‘“ bezeichnet demnach nicht eine besondere Gewebsart, sondern nur eine 
besondere Ablagerung von Knochen oder Knochenzahnbein (Osteodentin) auf den bereits fertig ge- 
bildeten Zahn. 

Die Ausdrücke „Plicidentin“ und „Labyrinthodentin‘‘ hält Röse für überflüssig; der faltige 
oder mäandrisch gewundene Bau kommt nicht im Zahnbein, sondern auch in den übrigen Gewebs- 
bestandtheilen der Faltenzähne zum Ausdruck. Das sogenannte Plicidentin entsteht in Folge eines 
merkwürdigen Ineinandergreifens von Röhrchenzahnbein, Dentin und Trabeculardentin. 

Auf Grundlage dieser von Röse gegebenen Nomenclatur, möchte ich nun versuchen, auch 
meinerseits einen Beitrag zur Lösung dieser interessanten Frage zu liefern, indem ich in Nachfolgendem 
eine Darstellung des histologischen Baues der Faltenzähne von Eryops und Selerocephahts, zweier cha- 
rakteristischer Stegocephalenformen, gebe. 


Die Faltenzähne der Stegocephalen scheinen sämmtlich nach einem und demselben Bauplane 
gebildet zu sein. Es handelt sich um grössere oder kleinere kegelfürmige Zähne, die an der Spitze 
glatt und mit ächtem Schmelze überzogen, an der Basis dagegen mehr oder weniger. deutlich ge- 
rippt sind. 

Mittelgrosser Kieferzahn von Kryops megacephalus. 
Textfigur 1. In natürlicher Grösse. Abgebrochener Zahn, links noch in Verbindung mit einem 
ausgebrochenen Stücke des Kieferknochens. A. Seitenansicht. 2. Aussenfläche. 


Abbildung 1 zeigt zwei vom Kieferknochen abgebrochene mittelgrosse Kieferzähne des Kryops 
in natürlicher Grösse. Die leicht gebogenen Zahnkegel haben an der Spitze eine scharfkantige zwei- 
schneidige Dolchform, an der Basis dagegen eine nahezu kreisrunde. Die obere 
Hälfte der Zahnkegel ist vollkommen spiegelglatt und glänzend. In der untern 
Zahnhälfte treten entsprechend dem innern Faltenbau äusserlich Längsfurchen und 
dazwischen liegende Längsrippen auf. Der Schmelzüberzug beschränkt sich bei 
den kleineren Zähnen auf die glatte Spitze des Zahnkegels, bei grösseren Zähnen 


überzieht der Schmelz auch zum Theil den gerippten Theil der Zahnbasis. Diese AL B 
Schmelzkappe ist an der Spitze am stärksten und verjüngt sich gegen die Basis, Fig. 1. 


bis der Schmelz ganz verschwindet. Ab und zu weisen die Faltenzähne eine oder 
mehrere Ringfurchen auf (Figur 1 5), welche durch Wachsthumshemmungen während der Zahnent- 
wicklung entstanden sind. 


Die Zähnchen der kleineren Stegocephalenformen aus der Permformation von Niederhässlich 
und Nyran haben in ihrer grösseren Mehrzahl eine einfache Pulpahöhle ohne jede Andeutung einer Fältelung. 
Diese einfachen Kegelzähnchen gleichen vollständig denjenigen einzelner unserer recenten Amphibien. 

Der Faltenbau dürfte eine Folge der Grössenzunahme der einzelnen Zähne sein. Bei Eryops 
lässt es sich direkt nachweisen, dass die grösseren Kieferzähne viel complieirter gebaut sind, als die klei- 
neren aus demselben Kiefer desselben Thieres. Die gleiche Beobachtung hat E. Fraas bei Mastodonsaurus 
gemacht. Auch hier sind die kleineren Gaumenzähne viel einfacher gebaut wie die grossen Fangzähne. 

Vergleicht man Zahnquerschnitte von Stegocephalen verschiedenen geologischen Alters, so 
ergiebt sich die fernere Thatsache, dass bei gleicher Grösse der Zähne die jüngeren Stego- 
cephalen aus der Trias eine complicirtere Structur besitzen, wie die älteren Formen 
aus dem Perm. 

Ganz einfache Kegelzähnchen kommen auf den Gaumenknochen von Eryops ebenfalls vor, konnten 
aber von mir nicht untersucht werden. Dagegen hat ÜrEDxer diese I—1'/s mm langen Zähnchen auf 
dem Vomer und Pterygoid des grössten Stegocephalen aus dem Rothliegenden von Niederhässlich, 
Sclerocephalus, beschrieben und abgebildet. Auf Tafel XI Fig. 1—4 ist die Structur dieser kleinen 
Gaumenzähnchen nach einem jetzt in Röse’s Besitz befindlichen Präparate CREDNER’s wiedergegeben 
worden. 


Tafel XI, Fig. 1: Selerocephalus labyrinthiceus GEINITZ; Längsschliff durch die Spitze eines 


(Gaumenzähnchens. 


Abbildung 1 stellt die oberste Spitze eines solchen Zähnchens bei sehr starker Vergrösserung 
dar. In der Mitte steigen die starken, mit zahlreichen seitlichen Verbindungsästchen versehenen Zahn- 
beinröhrchen senkrecht in die Höhe, biegen nahe ihrem Ende um und verzweigen sich besenreisähnlich 
in feinste Ausläufer. Die Endausläufer der Zahnbeinröhrchen erreichen die Oberfläche des Zahnes nicht. 
Diese Oberfläche wird von einer dünnen Lage structurlosen Vitrodentins gebildet. Die äusserste Spitze 
des Zahnes ist ausserdem von einer dünnen Schmelzkappe bedeckt. Der Schmelz ist vollkommen 
structurlos, ausgesprochen doppelbrechend und gleicht vollständig der dünnen Schmelzschicht auf der 
Spitze der recenten Amphibienzähne. 


Taf. XI, Fig. 2: Selerocephalus labyrinthicus GEINITZ; Querschliff durch die Basis eines 
Gaumenzähnchens. 


Fig. 2 stellt einen Querschliff durch die Basis eines Gaumenzähnchens dar. Von der ein- 
fachen runden Pulpahöhle P. strahlen kurze Dentinröhrchen in den dünnen Dentinmantel aus, dessen 
äusserste Schicht wiederum aus Vitrodentin besteht. Schmelz ist hier nicht vorhanden. Im lebenden 
Zustande war das Vitrodentin wahrscheinlich von einer dünnen unverkalkten Schmelz-Cuticula bedeckt, 
welche beim Fossilisationsprozess verloren ging. 

Die Dentinröhrchen zeigen einen sehr primitiven Habitus; sie sind sehr kurz und haben ein 
sparriges Aussehen. Wirkliche gabelförmige Verästelung kommt selten vor, dagegen sieht man zahl- 
reiche quere Verbindungsästchen. Von besonderem Interesse ist das Vorkommen von sogenannten Inter- 
globularräumen J. Dieselben sehen bei oberflächlicher Betrachtung den Knochenkörperchen sehr 
ähnlich. CREDNER ist thatsächlich geneigt, beiderlki Bildungen zu identifiziren und demnach das 
Gewebe der Abbildung 2 als Osteodentin zu bezeichnen. Diese Ansicht dürfte sich jedoch nicht aufrecht 
erhalten lassen. Röse hat in verschiedenen Arbeiten das Wesen der fraglichen Bildungen eingehend 
erörtert. Alle Knochen- und Zahnbeingewebe werden von einem Filzwerke leimgebender Fibrillen durch- 


zogen. Die Zahnbein und Knochen bildenden Bindegewebszellen scheiden zuerst jeweilig eine dünne 
Schicht unverkalkter Grundsubstanz aus, den sogenanten Zahnbeinknorpel und Rnochenknorpel. Dieses 
Uebergangsgewebe besteht lediglich aus einem dichten Filzwerke von Fibrillen. Indem sich Kalksalze 
zwischen den Fibrillen niederschlagen, entsteht das verkalkte Zahnbein und der verkalkte Knochen. 
Für die Zwecke des Stotfwechsels werden bei dickerer Ablagerung der bindegewebigen Hartgebilde Reste 
der ursprünglichen unverkalkten Grundsubstanz ausgespart. Dieselben finden sich zunächst als NEu- 
manysche Scheiden in der Umgebung der protoplasmatischen Zahnfasern und als Vircmow’sche 
Knochenkapseln in der Umgebung der Knochenzellen. Ferner sind die zahlreichen querlaufenden Ver- 
bindungsästchen der Zahnbeinröhrchen, sowie die Primitivröhrchen des Knochens lediglich dem Stoff- 
wechsel dienende Aussparungen der unverkalkten Grundsubstanz. 

In Folge von Ernährungsstörungen während der Entwicklung können nun auch grössere Hohl- 
äume im Zahnbeine sowohl wie im Knochen unverkalkt bleiben. Es sind dies die sogenannten Inter- 
globularräume, unregelmässige von zackigen Linien begrenzte Massen, die im Dentin gewöhnlich mit 
den Nevmann-Scheiden in unmittelbarer Verbindung stehen, welche aber auch im röhrchenfreien Vitro- 
dentin vorkommen können. Die von ihren Neumann’schen Scheiden umgebenen protoplasmatischen 
Zalhnfasern laufen im lebenden Zahnbein häufig unverändert durch die Interglobularräume hindurch 
und setzen jenseits derselben geradlinig weiter. Liegen die Interglobularräume dagegen nahe der Ober- 
fläche des Zahnbeines, so endigen die letzten Ausläufer der protoplasmatischen Zahnfasern meistens 
innerhalb der Interglobularräume. Nicht selten finden sich ganz kleine Interglobularräume, die nur 
melır oder weniger unregelmässige lokale Verdickungen der Neumann’schen Scheiden darstellen. 

Bei fossilen Zähnen sind nicht allein die Einschlüsse von Zellen und protoplasmatischen Zellen- 
ausläufern, sondern auch alle Ueberreste der unverkalkten leimgebenden Knochen- und Zahnbeingrund- 
substanz zerstört. Die Dentinröhrchen der fossilen Zähne entsprechen dann nicht den von der proto- 
plasmatischen Zahnfaser durchzogenen Zahnbeinkanälchen des lebenden Zahnbeins, sondern sie sind 
viel dicker und entsprechen dem äusseren Umfange der Nzumanx’schen Scheiden. Bei fossilen Zähnen 
stellen darum die Interglobularräume im Bereiche des Röhrchendentins thatsächlich nur unregelmässige 
Ausbuchtungen der Dentinröhrehen dar. Dieser Umstand hat CREDxer, welcher Rösez’s Abhandlung 
noch nicht kannte, irrigerweise veranlasst, scharf zwischen den ächten Interglobularräumen des röhrchen- 
freien Dentins und den sogenannten .„‚Dentinhöhlen‘“ des Röhrchendentins zu unterscheiden. That- 
sächlich sind CREDxer's „Dentinhöhlen“ ächte Interglobularräume. 

Ebenso wie von den Neumany’schen Scheiden gehen auch von den Interglobularräumen quere 
Verbindungsästehen kalkfreier Grundsubstanz aus. Liegen nun die Interglobularräume so nahe der 
Oberfläche, dass sich nur ganz kurze Endausläufer der Dentinröhrchen durch die Räume hindurch 
nach (er Zahnbeinoberfläche hin fortsetzen, so sehen die Interglobularräume fossiler Zähne den Hohl- 
räumen der Knochenkörperchen einigermassen ähnlich. 

Sind, wie bei Creoxer’s Präparaten, alle Hohlräume bis in ihre feinsten Verzweigungen von 
Brauneisenstein erfüllt, so wird derjenige, welcher viel Uebung im microscopischen Untersuchen von 
Zähnen hat, in den meisten Fällen Interglobularräume von ächten Knochenkörperchen unterscheiden 
können. 


Taf. XI, Fig. 3: Eryops megacephalus Cops; Längsschliff durch die Spitze eines Kieferzahnes. 


Bei Betrachtung des Baues der Kieferzähne von Pryops ergiebt ein Längsschliff durch die 


Spitze ganz dasselbe Bild wie ein Längsschliff durch die Spitze irgend eines einfachen Saurierzahns. 
Palaeontographica. Bd. XLVIL 12 


— 90° — 


Von einer einfachen Pulpahöhle P. strahlen parallele Zahnbeinröhrchen aus und verlaufen nahezu bis 
an die Peripherie des Zahnbeines, wo sie sich in zahlreiche feine Aeste gabeln. Die äusserste Schicht 
des Zahnbeins besteht wiederum aus Vitrodentin. Darüber liegt eine dünne Schicht ächten doppelt- 
brechenden Schmelzes. ÜREDNER konnte beim Schmelze von Selerocephalus nur einige zarte parallele 
Schichtungsstreifen, aber keine prismatische Structur fmden. Bei Anwendung von stärkeren Vergrösse- 
rungen lassen sich jedoch im polarisirten Lichte bei Sclerocephalus b‘e und da vereinzelte Andeu- 
tungen von Prismenstructur des Schmelzes deutlich nachweisen. Bei Eryops ist diese Prismenstruetur 
schon viel auffälliger. Besonders beim Uebergange von positiver in negative Doppeltbrechung leuchten 
an gewissen Stellen die prismatischen Abschnitte des dünnen Schmelzbeleges abwechselnd in verschie- 
denen Farben auf. Trotzdem wäre es zu weit gegangen, bei Zryops von scharf abgegrenzten Schmelz- 
prismen zu reden. Dagegen sind bei den triasischen Labyriuthodonten die einzelnen kurzen Schmelz- 
prismen schon bei gewöhnlichem durchfallendem Lichte und bei mittelstarken Vergrösserungen deutlich 
abgegrenzt sichtbar. 

In der Nähe des Pulparaumes besonders finden sich dütenförmig übereinander zahlreiche An- 
wachsstreifen oder Conturlinien. An den peripherischen Lagen des Dentins sind diese Anwachsstreifen 
seltener. Im Gegensatze zu Selerocephalus sind bei Eryops die Interglobularräume nicht regelmässig 
und nicht in so grossen Massen vorhanden. 


Taf. XI, Fig. 4: Eryops megacephalus Corr; Querschliff durch das obere Dritttheil eines 
grossen Kieferzahnes. 


Ein Querschliff durch das obere Dritttheil eines grossen Kieferzahnes von Eryops zeigt immer 
noch eine. einfache Pulpahöhle ?., von der radial die langen Dentinkanälchen nach allen Seiten hin 
ausstrahlen. Von besonderem Interesse sind die zahlreichen Schichtungsstreifen (Conturlinien), die in 
concentrischen Ringen das ganze Dentin durchziehen. 


Durch Vergleich der Abbildungen 3 und 4 lässt sich das Wesen dieser Linien leicht fest- 
stellen. Es handelt sich um wirkliche Schichtungs- oder Anwachsstreifen, vergleichbar den Jahres- 
ringen der Bäume. Das Wachsthum des Zahnbeins erleidet durch jede allgemeine Ernährungsstörung 
ebenfalls gewisse Störungen. Es werden die Kalksa'ze in geringer Masse abgelagert. In Folge dessen 
überwiegt in diesen “onen der Wachsthumshemmung die Menge der leimgebenden organischen Massen. 
Auf diese Weise kommen hellere und dunklere Streifen abwechselnd zur Erscheinung. Sind die Wachs- 
thumshemmungen hochgradiger, dann finden sich im Verlaufe der Conturlinien grössere und kleinere 
Interglobularräume eingelagert. Sehr gut ist diese Erscheinung an einer Querschliffe CREDNER'S von 
einem Selerocephalus-Zahne zu sehen (Tafel XII, Fig. 2). 


Taf. XT, Fig. 5: Eryops megacephalus Copz; Querschnitt durch einen kleineren Kieferzahn 
in der unteren Zahnhälfte. 


Figur 5 giebt das Gesammtbild eines Querschnittes durch einen kleineren Kieferzahn von 
Eryops. Obgleich der Schliff aus der unteren Zahnhälfte stammt, ist dennoch die Faltenbildung nur 
geringgradig ausgeprägt. Von Interesse ist die ungleiche Länge der einzelnen Vitrotrabeculardentin- 
bänder. Schmelz ist nicht vorhanden, dagegen eine verhältnissmässig starke Cementschicht, welche 
sich scharf vom Vitrodentin abgrenzt. 


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Taf. XI. Fig. 6: Eryops megacephalus Cope; Stück eines Querschritts durch das obere Dritttheil 
eines grossen Kieferzahnes dicht unterhalb des Beginnes der Faltenbildung. 


Figur 6 zeigt den Anfang der Faltenbildung eines grossen Kieferzahnes von Zryops. Der 
betreffende Schnitt ist desshalb interessant, weil noch eine dünne Schmelzschicht $. das in Einfaltung 
begrifiene Zahnbein überzieht. Unter dem Schmelze liest eine schwache Vitrodentinschicht VD. Von 
ihr aus laufen coulissenartig Streifen einer hyalinen Hartsubstanz YD.ı in’s Röhrendentin hinein, welche 
nach Röse als Vitrotrabeeulardentin bezeichnet werden müssen. 

A priori waren für die Entstehung der Faltenbildung zwei Möglichkeiten gegeben. Nach der 
eimen ist während der Zahnentwicklung die Epithelscheide in Form von faltenartigen Duplicaturen in’s 
Innere der Pulpahöhle hineingewachsen. In diesem Falle werden sich nach Auflösung der Epithel- 
scheide dünne Cementlagen im Centrum der Falten abgelagert haben. Diese Art der Faltenbildung 
findet sich bei den Faltenzähnen mancher Crossopterygier, in geringem Grade z. B. bei Oricodus, in 
hohem Grade bei Megalichtys. 

Die andere Möglichkeit der Faltenbildung besteht darin, dass die Epithelscheide sich nur in 
ganz geringem Masse einstülpt. Frei im Bindegewebe der Pulpa entstehen dann aber structurlose 
Bänder von Vitrotrabeeulardentin, welche sich einerseits an die älteste Abscheidung des ächten Dentins, 
an’s Vitrodentin anlehnen, andererseits frei im Pulparaume endisen. Von diesen Vitrotrabeculardentin- 
bändern aus nehmen die seitlichen Dentinröhren der einzelnen Fächersysteme ihren Ursprung. Letzt- 
genannte Art der Faltenbildung findet sich vorzugsweise bei den Zähnen der Stegocephalen. 

ÜREDNER lässt zwar an seinen Abbildungen von Selerocephalus die äussere Cementumhüllung 
des Zahnes direkt in die Mittelschicht der Faltenbildung eindringen und übergehen. Indessen lässt 
sich bei geeigneter Abblendung auch an Crepxer's Präparaten überall und so auch an der Einfaltungs- 
stelle eine scharfe Grenze zwischen der äussersten Dentinschicht, dem Vitrodentin, und dem nachträglich 
aufgelagerten Cemente nachweisen. Bei Zryops ist diese scharfe Grenze in fast allen Schliffen deutlich 
erkennbar. Nur an der untersten Basis des Zahnes, wo die Epithelscheide ihre formgebende Thätig- 
keit eingestellt hatte, verschwindet die Grenze zwischen dem äusseren aufgelagerten Cemente und dem 
innen gebildeten Östeodentin bezüglich Trabeculardentin. 

ÜREDNER hat bei Sclerocephalus sehr schön dargestellt, wie durch allmähliche Verlängerung 
und wurmförmige Schlängelung der Zahnbeinfalten der periphere Theil der Pulpahöhle in taschen- 
förmige Zipfel zerlegt wird. Von grossem Interesse ist der eigenartige Verlauf der Conturlinien, an 
denen sich das allmähliche Dickenwachsthum des gefalteten Zahnbeins sehr deutlich verfolgen lässt. 
Ganz die gleichen Bilder wie sie ÜREDNER giebt, zeigen gewisse Querschnitte von Zryops-Zähnen, nur 
sind hier die Interglobularräume an der Grenze von Vitrodentin und Röhrchendentin nicht so massen- 
haft gebildet. 


Taf. XI, Fig. 7: Eryops megacephalus Corz; Theil des Querschnitts eines mittelgrossen Kieferzahns. 
In Abbildung 7 ist die ungleiche Länge der Vitroosteodentinbänder noch schärfer ausgeprägt. 
Während einzelne dieser Bänder bereits wurmförmig gekrümmt sind und innerhalb langer Zahn- 

beinzipfel liegen, sind andere Bänder sehr kurz und bilden entweder gar keinen oder nur einen ganz 
kurz abgestutzten Zapfen. Auf diese Weise entstehen die eigenthümlichen Doppelsysteme von Zahnbein- 
röhrchen, welche in einen gemeinsamen Pulpazipfel ausmünden. Auch die Entstehung der „‚Secundär- 
fächersysteme‘“ von Dentinröhrchen, wie sie ÜREDNER bei Scelerocephalus beschreibt, zeigt die Ab- 
bildung 7 von Eryops sehr deutlich. 


ao 


Taf. XII, Fig. 1: Eryops megacephalus Core; ein Stück Zahnbein nahe der unteren Schmelzgrenze 
im Längsschliff bei starker Vergrösserung. 

Abbildung 1 zeigt an einem Längsschliffe nahe an der unteren Schmelzgrenze die Interglobular- 
räume 7. als geschlossene Schicht dicht unter dem Vitrodentin VD. Die Endausläufer der Dentin- 
röhrchen endigen entweder im Innern der Interglobularräume oder setzen als feine Spitzchen noch 
eine Strecke weit über die Räume hinaus in’s Vitrodentin fort. Im Gegensatze zu den zahlreichen 
queren Verbindungsästchen der Dentinröhrchen finden sich wirkliche gabelförmige Verästelungen, welche 
von dem Zusammenwachsen zweier protoplasmatischer Zellenausläufer herrühren dürften, ziemlich selten 
und erst nahe der Oberfläche, kurz vor Beginn der Interglobularräume (Figur 1 7). 


Taf. XI, Fig. 2: Sclerocephalus labyrinthieus Geistrz; Theil eines Querschliffs durch das obere Dritttheil 
eines grossen Fangzahnes. Peripherischer Verlauf der Dentinröhrchen bei starker Vergrösserung. 


Taf. XII, Fig. 3: Eryops megacephalus Core; Ein Theil des Querschliffes von Taf, XI Fig. 4 
bei starker Vergrösserung. 

Bei meinen Schliffen von Eryops kommen in der Spitze der Zähne Conturlinien mit Inter- 
globularräumen äusserst spärlich vor. Abbildung 3 giebt bei starker Vergrösserung ein Theilstück des 
Schliffes der Abbildung 4 auf Taf. XI wieder. In den stark ausgeprägten Conturlinien Co.ı finden sich 
spärlich kleine Interglobularräume eingestreut. Ferner aber machen sämmtliche Dentinröhrchen im 
Bereiche der Conturlinien spiralförmige Windungen. Dadurch kommt eine besondere Form von Contur- 
linien zu Stande, welche Kouzmann' eingehend beschrieben hat. Dieser Autor nahm allerdings an, 
dass die Entstehung sämmtlicher Conturlinien auf derartige Biegungen, Knickungen und Windungen 
zurückzuführen seien. Dagegen haben Leipıs® und Herrwıs® bei Schlangen und Haifischen das Vor- 
kommen von Schichtungsstreifen nachgewiesen, die unabhängig vom Verlaufe der Dentinkanälchen 
entstanden sind. Röse führte den Beweis, dass die genannten Schichtungsstreifen, welche u. a. auch 
bei den Stegocephalenzähnen in so ausgeprägter Weise vorkommen, auf stärkerer Anhäufung von 
Grundmasse beruhen. 


Taf. XII, Fig. 4: Eryops megacephalus Core; Längsschliff durch die Basis eines Kieferzahnes in 
Verbindung mit den Knochen. 


Ein völlig klares Bild über den Zusammenhang der Faltenzähne mit dem Kieferknochen lässt 
sich erst durch einen Längsschliff gewinnen. In Abbildung 4 ist ein solcher bei schwacher Ver- 
grösserung dargestellt. Die äussere lamellar geschichtete Rinde des Kieferknochens X. umschliesst 
ein Netzwerk spongiösen Knochens und Osteodentins OD. Das Cement ©, bildet die unmittelbare 
Fortsetzung dieses spongiösen Osteodentingewebes. Die theils längs, theils schief durchschnittenen 
Plieidentinfalten PD. grenzen sich gegen das Cement hin durch eine dünne Schicht structurlosen Vitro- 
dentins scharf ab. Beide Gewebe gehen dann unmittelbar ineinander über. 

Während die kleineren Kieferzähne von Eryops nicht complieirter gebaut sind wie die grossen 
Zähne von Selerocephalus, geben die grösseren Kieferzähne und die grossen Fangzähne von Eryops 


! KoLLmAnn, Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Bd. 23, Heft 3. 

® Leis, Die Zähne einheimischer Schlangen ete. Archiv f. mierose. Anat. Bd. 9. 

3 0. Herrwıc, Ueber Bau und Entwicklung der Placoidschuppen und der Zähne der Selachier. 1874, Jenaische 
Zeitschrift f. Naturwissensch. Bd. 8. 


ein viel eomplieirteres Bild des Faltenbaues, welcher unmittelbar zu der Labyrinthstruetur der triasischen 
Labyrinthodonten überleitet. 


Taf. XH, Fig. 5: Eryops megacephalus Cop: Querschnitt durch die Basis eines 
kleineren Kieferzahnes. 


Abbildung 5 stellt einen Querschlifft durch die unterste Basis eines kleineren Kieferzahnes von 
Eryops dar. Hier hat man einen ganz ähnlichen Grad von Faltenbildung vor sich, wie ihn CREDNER 
von der Basis der grossen Sclerocephalus-Zähne giebt. Lange dünne, nur wenig geschlängelte Falten 
wachsen von allen Seiten in den Pulparaum ?. hinein. Der Schliff ist links in einem höheren Niveau 
gelegen, als rechts. In Folge dessen haben die linksseitigen Dentinröhrchen-Systeme noch ihre deut- 
liche Grenzschicht von Vitrodentin. Rechts dagegen geht das Zahnbein der Falten ununterbrochen in 
das umgebende Osteodentin OD. und weiterhin in den ächten Kieferknochen X. über. Einzelne Falten 
sind auf dem Schnitte durch das Eindringen von Blutgefässkanälen vollständig isolirt. 


Taf. XII, Fig. 6: Eryops megacephalus Core; Theil eines Querschliffs durch die Basis eines 
grossen Kieferzahnes. 

In Abbildung 6 sind die Vitrotrabeculardentinbänder VD.ı vielfach gefaltet und geknickt. 
Zwischen Falten mit normal abgerundeten Enden finden sich solche, welche abgestutzt sind oder keil- 
förmig auslaufen. An manchen Stellen kommen die Aussenwände der einzelnen Falten in nahe 
Berührung: dadurch kommen flaschenhalsförmige Verengungen der einzelnen Pulpazipfel zu Stande, 
welche mit rundlichen oder länglichen Ausbuchtungen dieser Zipfel abwechseln. 


Taf. XII, Fig. 7: Eryops megacephalus Core; Theil eines Querschlifis durch die Basis von einem 
srossen Kieferzahne. 


In Abbildung 7 sind zwei Dentinfalten an ihren inneren Enden miteinander verwachsen. 
Dadurch kommt in der Höhe des Schliffes eine völlige Abschnürung des peripheren Pulpazipfels zu 
Stande, welche sich, körperlich gedacht, als blindsackförmige Ausstülpung eines taschenartigen Pulpa- 
zipfels darstellen würde. Von besonderem Interesse ist an dem rechtsseitigen Vitrotrabeculardentin- 
bande rechts ein spornartiger Ausläufer. Körperlich gedacht ist auf das vielfach gefaltete, aber immer 
noch einheitliche Vitrotrabeculardentinband eine secundäre Vitrotrabeculardentinleiste aufgewachsen. 

E. Fraas bildet in seinem oben genannten Werke einen kleinen Gaumenzahn von Mastodon- 
saurus granulosus ab, dessen Zahnstructur weniger complieirt ist wie diejenige von Eryops auf Ab- 
bildung 6 und 7. Es dürfte nicht schwierig sein, an der Hand des einschlägigen Materials die 
weitere Complication der Stegocephalenzähne bis zu den grossen Fangzähnen der obertriasischen 
Mastodonsaurier zu verfolgen. Die Zahnbeinfalten werden immer länger und gewundener, die centrale 
Pulpahöhle verengt sich immer mehr und mehr. Die einzelnen Falten verwachsen bei Mastodon- 
saurus an zahlreichen Stellen miteinander, dadurch werden die einzelnen Pulpataschen in zahl- 
reiche blindsackähnliche Divertikel zerlegt, die auf Querschliffen scheinbar mit der centralen Pulpa- 
höhle gar nicht mehr zusammenhängen. Thatsächlich aber münden die wurmförmigen, vielfach gewun- 
denen Pulpakanäle an irgend einer Stelle in den centralen Pulparaum ein. Die untersten dürften wohl 
auch unmittelbar in die Havers’schen Kanäle des darunterliegenden Kieferknochens übergehen. 


Fasst man das Ergebniss der vorstehenden Ausführungen zusammen, so zeigt sich auf’s Deut- 
lichste, dass innerhalb der Familie der Stegocephalen eine zunehmende Complication der Zähne schritt- 
weise zu verfolgen ist. Von den einfachen Gaumenzähnchen von Selerocephalus bis zu den höchst ent- 
wickelten Fangzähnen des Mastodonsaurus sind alle möglichen Uebergänge vorhanden. 

Schon diese Thatsache liesse sich nicht mit der von ÜREDNER gegebenen Anschauung ver- 
einigen, wonach. die grossen Faltenzähne durch Verwachsung zahlreicher einfacher Einzelzähnchen 
entstanden sein sollen. Man darf ferner nicht übersehen, dass die von ÜREDNER so schön auf Quer- 
schnitten dargestellten Systeme und Untersysteme von Dentinröhrchen eben nur auf Querschnitten sich 
so scharf von einander abheben. Körperlich vorgestellt, handelt es sich doch nur um einfache Taschen- 
falten einer an und für sich einfachen einspitzigen Zahneinheit. 

Durch die vorstehende Darstellung lässt sich nun auch die Entstehung selbst der complicir- 
testen Faltenzähne erklären. Ueberall handelt es sich darum, dass ein an der Spitze einfacher Zahn- 
beinmantel nach der Basis hin, von aussen her, mehr oder weniger eingefaltet wurde. An diese 
äussere, durch die Epithelscheide bedingte Einfaltung des ächten Zahnbeines schliesst sich nun die 
innere Faltenbildung an, indem mehr oder weniger gewundene Bänder von Vitrotrabeculardentin frei 
im Bindegewebe der Pulpa entstehen. Von diesen Bändern aus wachsen dann Dentinröhrchen, nach 
beiden Seiten hin, aus. Durch Zusammenfliessen dieser vom Vitrotrabeculardentinbande ausgehenden 
und der von der Epithelscheide ausgehenden Dentinkanälchen kommen die eigenthümlichen Zahnbein- 
systeme zn Stande, welche den Faltenzähnen ihr besonderes Gepräge geben. 

Die Thatsache, dass bei gleichen Gattungen die grösseren Zähne stets complicirter gebaut sind 
als die kleineren, lässt sich überall nachweisen. So bei Sclerocephalus (REDNER), Mastodonsaurus 
(Fraas), Archegosaurus und Trematosaurus (Röse, noch nicht veröffentlicht). Jedoch ist dabei noch 
das geologische Alter der verschiedenen Gattungen massgebend. Im Grossen und Ganzen haben die 
älteren Gattungen einfachere Zähne wie die jüngeren Formen. 

In dritter Linie steht die Höhe der allgemeinen Ausbildung mit der Complication der 
Zähne in einem gewissen Zusammenhange. Uralte Formen wie Loxomma aus dem Carbon haben nach 
Mittheilungen von EMBLETON & ATTHEY bereits sehr complieirte Faltenzähne. Diese Formen gehören 
aber auch der höchstentwickelten Stegocephalen-Familie der Vollwirbler (Stereospondyli) an. Und auch 
alle übrigen jüngeren Formen mit ausgesprochenem labyrinthischem Faltenbaue, wie Zrematosaurus, 
Capitosaurus, Mastodonsaurus, gehören zu eben diesen Vollwirblern. 

Auf Grund dieser Erfahrungen darf man nunmehr wohl unbedenklich den Satz aufstellen, dass 
die geologisch jüngeren Formen bei gleichen Grössenyerhältnissen der Zähne eine complicirtere Zahn- 
structur besitzen wie die geologisch älteren Formen. 


NOV 14 1899 


Ueber die Bären und bärenähnlichen Formen 
des europäischen Tertiärs 


von 


Max Schlosser. 


(Mit Tafel XIII und XIV.) 


Im vorigen Jahre erhielt das paläontologische Museum aus dem Flinz (Obermiocaen) der Ziegelei 
Tutzing am Starnberger See ausser einer grösseren Anzahl von Zähnen des Hyotherium Sömmeringi und 
einigen Geweihen des Dierocerus elegans auch zwei Unterkieferfragmente eines mittelgrossen Carnivoren, 
die ich anfänglich auf Hyaenarctos brevirhinus Horm. — minutus (Scauoss.) KokEn! zu beziehen geneigt 
war, welchem sie wenigstens in der Grösse ziemlich genau entsprachen. Dass es sich um eine bären- 
ähnliche Form handeln dürfte, glaubte ich aus der Höhe des Kiefers, aus der Stumpfheit der Molarhöcker 
und der Grösse des letzten Molaren entnehmen zu müssen. Indessen wäre ich wohl kaum so bald in die 
Lage gekommen, mich mit diesen Resten näher zu befassen und deren genauere Bestimmung vorzunehmen, 
wenn nicht vor Kurzem ULAuUDE GAILLARD ” eine vorläufige Mittheilung über bärenähnliche Zähne aus 
den gleichalterigen Ablagerungen von La Grive St. Alban (Isere) gebracht und hierauf eine neue Art, 
Ursus primaevus, begründet hätte, welchem allenfalls auch die mir vorliegenden Reste von Tutzing 
angehören konnten. Andererseits war auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass jener Ursus 
primaevus mit dem oben erwähnten „Hyaenarctos brevirhinus“ (minutus)° identisch wäre. Um mir 
eine ganz sichere Basis zu verschaffen, wandte ich mich an Herrn Professor JÄk£eL in Berlin mit dem 
Ersuchen, mir die Originalien jenes Hyaenarctos zur Ansicht zu schicken, welchem Ersuchen auch, 
wie ich hier dankbarst anerkenne, in der liebenswürdigsten Weise entsprochen wurde. 

Die Ergebnisse dieser Vergleiche werde ich im Folgenden ausführlicher behandeln. Ich 
erwähne obige Details hier nur desshalb, weil sie den direkten Anstoss zur vorliegenden Arbeit gaben. 


* Deber die miocaenen Säugethierreste von Kieferstädtl in Oberschlesien und über Hyaenarctos minutus ScHuoss. 
Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. 1888. p. 44-50. 2 Fig. 

? Apparition des Ours de l’&poque miocöne. Comptes rendus des seances de l’Acad&mie des Sciences. Paris. 
Tome 127. 1898. 

’ ScuLosser, Die Affen, Lemuren, Carnivoren des europäischen Tertiärs. Beiträge zur Palaeontologie von 


Oesterreich-Ungarn. Neumayr und Mossısovics. 1888. p. 458. 
* 


RO 


Im Verlaufe meiner Studien merkte ich sehr bald, dass es sich empfehlen würde, die Untersuchungen 
nicht bloss auf alle bärenähnlichen Formen des europäischen Tertiärs, sondern überhaupt auf alle 
Typen auszudehnen, die etwa als Stammväter dieser Gruppe in Betracht kommen könnten. Die Unter- 
suchung dieses Materials erwies sich auch schon insoferne als sehr notwendig, als selbst in der kurzen 
Zeit, die seit dem Erscheinen von v. Zrrren’s Handbuch verstrichen ist, eine nicht unbeträchtliche 
Zahl neuer hieher gehörigen Formen zum Vorschein gekommen ist und überdies auch das schon früher 
vorhandene Material mancherlei Bereicherung erfahren hat; ausserdem schien aber auch die Revision 
des schon länger Bekannten viele nicht unwichtige Details zu versprechen. Der Rahmen meiner Arbeit 
erweiterte sich somit immer mehr und mehr, so dass ich mich darauf beschränken musste, nur die 
wirklich neuen oder bisher nur ungenügend bekannten Arten zu besprechen, von den besser bekannten 
aber nur die wichtigsten Typen herauszugreifen. 

Ich möchte noch bemerken, dass ich mich bei der Benennung der einzelnen Bestandtheile der 
Zähne — P und M — der von OsBorn und Scorr gegebenen Nomenclatur bedienen werde, denn 
wenn sich auch vom genetischen Standpunkte aus gegen einzelne dieser Namen zweifellos Manches 
einwenden lässt, so kann dieser Umstand doch gegenüber den Vortheilen einer einheitlichen Termino- 
logie nicht weiter in Betracht kommen. 


Spezieller Theil 


Ursus. 


Ich kann mich bei dieser Gattung darauf beschränken, zwei Arten aus dem europäischen Tertiär 
kurz zu besprechen und einige Bemerkungen über die verwandtschaftlichen Beziehungen der lebenden 
Subgenera vorauszuschieken. Vorerst möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass die vier Höcker, welche 
die oberen Molaren zusammensetzen, in folgender Weise mit denen der anderen Carnivoren homoloeisirt 
werden müssen: 

Vorderer Aussenhöcker — Paracon Vorderer Innenhöcker — Protocon 
Hinterer 5 — Metacon Hinterer s — Metaconulus. 

Die drei ersterwähnten Höcker sind die wesentlichen Bestandtheile der oberen Säugethier- 
molaren, der vierte ist eine Secundärbildung, die aber hier schon frühzeitig sehr kräftig geworden ist, 
wie bei den Artiodactylen, während sie sonst bei der grossen Mehrzahl der Carnivoren nur eine 
sehr untergeordnete Rolle spielt, dafür aber allerdings häufig mit einem weiteren solchen Secundär- 
höcker vergesellschaftet ist — dem Protoconulus —, zwischen dem Innenhöcker und dem vorderen 
Aussenhöcker befindlich. Bei den Bären fehlt der Protoconulus gänzlich, wohl aber kommt er bei den 
Amphieyoniden vor, welche bisher für die Ahnen der Bären galten. Ich lege auf diesen Umstand 
desshalb grösseres Gewicht, weil er geeignet erscheint, über die wirkliche Herkunft der Bären 
näheren Aufschluss zu geben. 

Die Untersuchungen des Gebisses der einzelnen Bärentypen beschränkten sich bisher mehr 
oder weniger auf die Ermittlung der Praemolarenzahl und der Längenproportion des letzten oberen 
Molaren — M: gegenüber den beiden vorhergehenden Zähnen, dem oberen ?ı und dem oberen Mı. 
Hingegen wurde auf die bei den einzelnen Typen so verschiedene Complication der Molaren durch 
Hinzutreten neuer Höcker und Wülste sehr wenig geachtet, obwohl gerade das Studium dieser Com- 
plicationen am ehesten Auskunft zu geben verspricht über die wahre Verwandtschaft der einzelnen Typen, 
denn es ist doch ohne Weiteres klar, dass Formen mit hochdifferenzirtem Gebiss nicht der Ausgangs- 
punkt für Formen mit relativ einfachen Zähnen sein können; es müssen sich die letzteren vielmehr 
schon früher vom Hauptstamme abgezweigt haben. Ich versuchte es, in umstehender Tabelle die 
verschiedenartigen Complications-, resp. Reductionserscheinungen bei den einzelnen Bärentypen zu ver- 
anschaulichen. 

Wie diese Tabelle zeigt, besteht zwischen den Formen des europäischen Tertiärs und der 
Arctos-spelaeus-Gruppe ein direkter Zusammenhang, die Veränderungen äussern sich nur in Zunahme 
der Körpergrösse, in Reduction der P und in Complication des letzten P und der Molaren, und zwar 
erfolgt die letztere in einer stetigen Progression, wobei aber der Bauplan durchaus der gleiche bleibt. 


und nur die Stärke der neu hinzutretenden Gebilde eine Steigerung erfährt. Die genetische Reihe ist 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 13 


Euarectos Tremarctos 
n I Ursus Melunsus Dialer en 
revihi- en BR . A malaya- 
nus ‚Böcicht etruscus | asctos spelaeus | tibetanus ornatus kabiatus maritimus nus 
a 4 normal neo 
Zanledersp a 4, A —_ 2—1 4 4—3 4 4 4—3 4—38 
4 4 43 4—2 1 4 3—2 4 4 2 4—2 
rösse und Stelune, des Hakan, klein bis gross, gross, gross, mässig | mässig Behr klein, Selen 
Innenhöcker art yorne ? mässig, weit weit weit gross, |gross, weit) STOSS, weit in Mitt 
(Deuterocon) des oberen Pı in Mitte , hinten | hinten | hinten | in Mitte | hinten | in Mitte | hinten re 
Secundärhöcker vorhan- 
zwischen Paraconid und fehlt fehlt |sehr klein] gross gross | den, aber|sehr klein, fehlt fehlt fehlt klein 
Metaconid am unteren Mı » | klein 
ndeut- fehlt 
Secundärhögiker fehlt oder ah, su lendais 
zwischen Metaconid und fehlt fehlt vorhanden |vorhanden sehr klein | fehlt er fehlt ., vorhanden 
: vorhanden Entoconid Schneide 
Entoconid am unteren Mı 6 
6) verbunden entwickelt 
[or 
l Wulst zwischen Protoconid und fehlt oder schwach 
Hypoconid fehlt |vorhanden| vorhanden vorhanden vorhanden! schwach nur j‚undeutlich'vorhanden) oder \undeutlich 
am unteren Ma schwach fehlend 
: : gross Kiee DE ER 
Be chuienheit klein |(wohlindi- ee gross |sehr gross) mässig me klein klein mens klein 
des unteren Ms : bis gross bis gross bis gross 
viduell) 
mit weni- 
Kaufläche des oberen Mı und a mässig mässig mässig stark |sehr stark) stark mässig wenig | gen, aber | wenig fast all 
und des unteren Ma und 3 gerunzelt | gerunzelt | gerunzelt | gerunzelt | gerunzelt | gerunzelt | gerunzelt | gerunzelt | grossen | gerunzelt = 
Höckern 
Secundärhöcker hinter Metacon fehlt oder er fehlt 
: mäss “er Toss schwach ross fehlt : 
des oberen Mı a ö klein Echvachı © SE 5 5 oder klein 
Talon des oberen Ma kurz ? mässig gross gross gross mässig kurz kurz mässig kurz 


— N — 


hier Ursus Böckhi, etruseus, aretos und spelaeus. Sie ist ausgezeichnet durch weitgehende Reduction 
der mittleren P und die grösste Verstärkung des Pı und der M, durch das Auftreten zahlreicher 
Neubildungen und ausserdem durch Vergrösserung des unteren Mı und des Talons am oberen M:. 
Als fübetanus (torquatus) figurirt in dieser Tabelle eine Form, über deren specifische Bestimmung 
ich nicht vollkommen sicher bin, da mir keine Abbildung des Gebisses dieser Art zur Verfügung steht. 
Ich stelle nämlich hieher einen Schädel der Münchener osteologischen Sammlung, welcher ganz irriger- 
weise als malayanus etiquettirt war, aber zweifellos aus Hochasien stammt. Die Veränderungen 
befolgen, abgesehen von dem konservativen Verhältniss der ?, im Ganzen den nämlichen Weg wie bei 
der Arc/os-Gruppe, jedoch sind die Complicationen nicht viel weiter vorgeschritten als bei efruscus. 
Auch americanus erfährt im Allgemeinen ähnliche Differenzirung wie die Arctos-Gruppe, ist aber in 
der Complication des unteren Mı und » noch nicht einmal so weit gekommen wie eruscus. Es ist 
daher nicht unwahrscheinlich, dass americanus sowohl wie tibetanus aus der Arctos-Reihe hervorgegangen 
sind, aber etwa schon zwischen Böckhi und efruscus, wenn nicht sogar bereits früher. Die starke 
Entwicklung des Secundärhöckers hinter dem Metacon des oberen Mı lässt allenfalls auf einen näheren 
Zusammenhang zwischen americanus und fibetanus schliessen. 

Bei ornatus ist der untere M» sogar noch wesentlich einfacher als bei Böckhi, namentlich 
schmäler. Auch zeigt der ganze Habitus der Zähne bedeutende Abweichungen von der Arcios-Gruppe. 
Die Ableitung von brevirhinus wäre nicht ohne Weiteres ausgeschlossen, allein bei dem vollständigen 
Fehlen von Zwischengliedern sind wir lediglich auf Vermuthungen angewiesen, in welcher Weise die 
Entwicklung dieses Typus vor sich gegangen sein könnte. 

Labiatus erscheint bei der Grösse und geringen Zahl seiner Seceundärhöcker als ein selbst- 
ständiger Typus, dessen Ursprung ebenfalls schon auf brevirhinus zurückgeführt werden müsste; das 
Nämliche gilt auch für maritimus, welcher sich durch die schneidende Entwicklung seiner Höcker und 
durch die Anwesenheit von nur wenigen Runzeln auszeichnet. Die Zuspitzung der Höcker und das 
Auftreten von Schneiden ist hier offenbar eine Spezialisirung und nicht etwa eine alterthümliche Organi- 
sation, und sicher nur eine Folge davon, dass dieser Bär ausschliesslich von Fleischkost lebt. 

Malayanus‘ endlich ist in allen Stücken primitiver als alle lebenden Bären, die Differen- 
zirungen, welche er mit ihnen gemein hat, befinden sich erst in ihren frühesten Stadien, daneben hat 
er noch besondere Spezialisirungen aufzuweisen: Dieke und Grösse der Caninen, Verkürzung des 
Gesichts. Jedenfalls muss dieser Typus mindestens vor brevirhinus, wenn nicht schon früher sich von 
den übrigen abgezweigt haben. 

Wenn nun auch der Versuch, die Verwandtschaft der verschiedenen Bärentypen aus der Art 
der Difierenzirung des Gebisses zu ermitteln, wegen der Dürftigkeit und theilweise sogar Unzuverlässig- 
keit des Materials, welches mir zu Gebote steht, lediglich als der erste Anfang zur Lösung dieser 
Fragen bezeichnet werden kann, so ist doch zu hofien, dass dieser Weg zum sichern Ziele führen wird, 
wenn er von einem Forscher weiter verfolgt würde, welcher reichliches und gut bestimmtes Material 
zu benützen in der Lage ist. 

Für jetzt steht aber wenigstens so viel fest, dass zwar die Stammesreihe der Arctos-Gruppe 
in ziemlicher Vollständigkeit vorliegt, ferner dass fibetanus und americanus wohl auch am Anfang dieser 
Reihe, zwischen dem im Folgenden näher zu besprechenden Ursavus brevirhinus und Ursus Böckhi 


* Als Typus dient mir ein Schädel aus Borneo, sowie die unter diesem Namen von oe Bramviuue, Osteo- 
graphie I, Ursus, pl. XII abgebildeten Zahnreihen. 


— 10 — 


anknüpfen, dass dagegen unser Wissen über die Herkunft von labiatus, maritimus und malayanus noch 
sehr viel zu wünschen übrig lässt. Es ist zwar nach LYDEkkEr höchst wahrscheinlich, dass labiatus 
von Ursus Theobaldi aus den Siwalikhills abstammt, allein da wir die Zähne dieses letzteren nicht 
kennen, sind wir auch hier ganz im Unklaren, wie das Gebiss seines Vorläufers beschaffen war. Immerhin 
erscheint Ursavus brevirhinus als ein so primitiver Typus, dass er recht wohl noch als Ahne von 
labiatus und maritimus in Betracht kommen könnte. Dagegen möchte ich fast glauben, dass Helarctos 
malayanus mit brevirhinus nur den Stammvater gemein hat, denn die Zähne des letzteren zeigen viel 
mehr Rauhigkeiten als jene von malayanus. Der höchst mangelhaft bekannte Ursus namadieus soll 
nach LYDERKER mit malayanus näher verwandt sein, ich finde jedoch, abgesehen von der Speziali- 
sirung des Pı und des M» viel mehr Aehnlichkeit zwischen ihm und brevirhinus. Die Ableitung der 
Gattung Tremarctos (Arctotherium) endlich bietet schon wegen ihres geographischen und geologischen 
Vorkommens bedeutende Schwierigkeiten, doch darf man jedenfalls für diese Form gleichfalls einen 
altweltlichen Stammvater annehmen. Vielleicht kommt auch hier Ursavus brevirhinus in Betracht. 

Jedenfalls haben wir in Ursavus brevirhinus einen Typus, welcher für die Stammgeschichte der 
Bären von grösster Wichtigkeit ist. Theoretisch macht sich zwar die von Gaupry aufgestellte 
Stammesreihe Amphieyon, Hyaenarctos, Ursus recht gut, und es ist keineswegs zu verwundern, dass 
diese Ansicht fast allgemeinen Beifall fand, allein es zeigt sich eben auch hier, dass die Differenzirung 
des Gebisses — von anderen Organen müssen wir bei der Mangelhaftigkeit des überlieferten Materials 
überhaupt absehen — viel früher begonnen hat und eine vie] langsamere ist, als man bisher geglaubt 
hat. Für die Hufthiere freilich liess sich die Langsamkeit dieses Umwandlungsprozesses schon viel 
eher feststellen, da ja bei ihnen die einzelnen Stammesreihen schärfer aus ihrer Umgebung hervor- 
treten. Bei den Raubthieren hingegen liegt die Sache viel ungünstiger, insoferne ihre fossilen Reste 
schon der Zahl nach weit hinter jenen der Hufthiere zurückstehen und ausserdem auch die älteren 
Formen ein ziemlich indifferentes Gepräge besitzen. 


Ursus etruscus Cuv. 


Ueber diese schon lange bekannte, durch ziemlich zahlreiche Ueberreste vertretene Art ist vor 
Kurzem eine umfangreiche Monographie von G. Rısrorr' erschienen, aus der ich jedoch nur die wich- 
tigsten Ergebnisse zusammenstellen will. Es ist sehr zu bedauern, dass die Abbildungen über die 
Zusammensetzung der einzelnen Molaren fast so gut wie gar keinen Aufschluss geben und wir daher 
auch jetzt noch fast ganz und gar auf die Figuren in DE Brarnviuwe, Östeographie angewiesen sind. 

Ursus etruscus (hiemit identisch Ursus arvernensis Croız. et JoB.) zeichnet sich durch bedeu- 

9 

tende Variabilität aus. Die Zahnformel ist normal = J : C e J2 - MT, jedoch können einzelne 
P fehlen. Der obere Js besitzt einen Talon. Die C haben dicke Wurzeln, die oberen sind mit einem Kiel 
versehen. Die P sind mit Ausnahme des oberen P: sehr klein und ganz einfach gebaut, jedoch trägt 
der untere Pı einen mehr oder weniger kräftigen Hinterhöcker — Metaconid. Die Vorderpartie — 
Trigonid — der unteren Mı ist noch relativ hoch, M» und namentlich Ms zeigen zahlreiche Wülste 
auf der Kaufläche, ebenso auch die beiden oberen M. Der Schädel besitzt alle wesentlichen Merkmale 


2 1’Orso pliocenico di Valdarno e d’Olivola in Val di Magra. Palaeontologia Italica, Vol. III, 1896, p. 14 
bis 16. 6 tav. 


—  — 


von dem des Ursus arckos, ebenso zeigen auch die einzelnen Theile des Skeletts keine nennenswerthen 
Verschiedenheiten gegenüber dieser letzteren Art. Es wäre höchstens noch zu erwähnen, dass nach 
Rıstorr Trapezium und Trapezoid miteinander verwachsen und die Metatarsalien, sowie die Phalangen 
der Hinterextremität kürzer sind als die entsprechenden Knochen der Vorderextremität. Da jedoch 
nur sehr wenige solche Reste bis jetzt vorliegen, wird man sich wohl hüten müssen, diese Verhältnisse 
als ein Charakteristikum dieser Species zu betrachten. DEP£ERET! will Anklänge an Ursus malayanus 
und ornafus erkennen, was Rıstorr jedoch mit Recht bestreitet. Ursus efruscus steht vielmehr lediglich 
mit Ursus arctos und spelaeus in genetischer Beziehung. 


Vorkommen: Im Öberpliocaen von Frankreich (Auvergne und Roussillon, und Italien (Val- 
darno und Val di Magra). 


Ursus Böckhi ScHLossEr. 
Mittheilungen a. d. Jahrbuch d. kgl. ungar. geol. Anstalt. Bd. XIII, 1899. Heft II, im Druck. 


Diese Art basirt auf den isolirten unteren Caninen und Molaren, sowie einem rechten unteren 
P, aus den Braunkohlen von Baröth in Ungarn und vermittelt sowohl der Zeit nach als auch hin- 
sichtlich ihrer Dimensionen und ihrem Zahnbau den Uebergang zwischen Ursavus brevirhinus Horm. 
und Ursus etruscus Cuv. Die C sind im’ Verhältniss auffallend gross, auch unterscheiden sie sich 
durch ihre starke seitliche Compression von den C' der späteren Bären — nur individuell kommen 
ähnlich comprimirte € bei Ursus arctos vor —, stimmen aber hierin auffallend mit jenen von Ursavus 
überein. Der P; scheint etwas complicirter zu sein als bei diesem und nähert sich überhaupt schon 
sehr jenem von efruscus. An den Molaren fehlen die bei efruscus und arctos auftretenden Zwischenhöcker 
entweder noch vollständig, wie jener zwischen Paraconid und Metaconid von Mı oder sind doch noch 
nicht kräftig entwickelt — jener zwischen Metaconid und Entoconid —. Der Ms hat ein grosses Talonid. 
Die Krone von Mı besitzt ein äusseres Basalband, an Ms» ist es bedeutend schwächer, an Ms fehlt 
es gänzlich. Die Aussenseite der M zeigt feine Runzelung, die Kaufläche zahlreiche Wülste, deren 
Verlauf im Wesentlichen der nämliche ist wie bei den Zähnen von Ursus arctos von Taubach bei 
Weimar, nur ist die Zahl und Stärke dieser Wülste bei Böckhi noch etwas geringer. 

Was die genetischen Beziehungen dieser Art betrifft, so lässt sie sich ungezwungen auf Ur- 
savus brevirhinus zurückführen. Sie ist zweifellos der Vorläufer von efruseus, welcher sodann zu Ursus 
arctos und spelaeus hinüberleitet. Hingegen müssen die übrigen Bärenarten des Pleistocaen und der 
Gegenwart sich bereits vor Ursus Böckhi abgezweigt haben. 


Vorkommen: In den Braunkohlen von Baröth in Ungarn. 


Ursavus n. g. 


3 1 
22 y — CC 
Zahnformel 3 J 1 
Caninen schlanker und relativ höher und auf Vorder- und besonders Rückseite mit deutlicher Kante, 


die unteren auch mit innerem Basalband versehen. Pı in beiden Kiefern einwurzelig, die übrigen mit 


= Je 5: DM. Ineisiven denen der jüngeren Bären sehr ähnlich. 


£ 


! Animaux pliocenes du Roussillon. Memoires de la societe geologique de France. Paris 1897. p. 40. 
pl. VI, fig. 9. 


— 192 — 


Ausnahme vom oberen Pı zweiwurzelig, einfach gebaut mit niedriger Spitze ohne Nebenhöcker, aber 
vorne und besonders hinten mit einem dicken Wulst und auf Aussen-, sowie namentlich auf Innenseite 
mit deutlichem Basalbande versehen. Die beiden ersten ? sind von den folgenden ?, sowie von einander 
durch kleine Zahnlücken getrennt. Oberer Pı mit massivem Hauptzacken, Protocon, dahinter kurze 
dicke Schneide, Tritocon, und daneben ein ziemlich starker, ziemlich weit zurückgeschobener Innen- 
höcker — Deuterocon — und ein kräftiges inneres Basalband. Obere M viereckig, etwas länger als 
breit, aus je zwei Aussen- und zwei Innenhöckern nebst einem massiven inneren Basalwulst und einem 
wohlentwickelten äusseren Basalband bestehend und auf der Oberfläche mit kräftigen Runzeln versehen; 
M: ausserdem noch zuweilen mit kurzem Talon ausgestattet. Unterer Mı bestehend aus niedrigem 
Vorderzacken — Paraconid, stumpfem Hauptzacken — Protoconid, schwachem, etwas nach rückwärts 
verschobenem Innenzacken — Metaconid und grossem Talonid mit kräftigem, aber niedrigem Aussen- 
höcker — Hypoconid und kleinem Innenhöcker — Entoconid; Ms in der hinteren Partie ähnlich Mı, 
in der Vorderpartie — Trigonid — mit sehr niedrigem Protoconid und bedeutend stärkerem Meta- 
conid, aber ohne jede Spur von Paraconid; Ms einwurzelig, knopfförmig, nur mehr mit rudimentärem 
Metaconid, die übrigen Höcker zu einem halbkreisförmigen Walle verschmolzen. Ms» und Mz wie die 
beiden oberen M mit starker Runzelung der Schmelzdecke. Jochbogen erst hinter Mı beginnend; 
Unterkiefer dem der Bären ähnlich, besonders die Partie gegen den Eckfortsatz, sowie der auf- 
steigende Kieferast; Vorderrand des aufsteigenden Astes nach innen stark zugeschärft. Schädel bis 
jetzt nicht näher bekannt. 

Die lebenden Bären, sowie der pliocäne Ursus etruscus unterscheiden sich sämmtlich durch die 
Reduction der drei ersten Praemolaren — alle drei stets einwurzelig, soferne sie überhaupt noch sämmt- 
lich erhalten sind —, durch die Verkürzung der vorderen Kieferpartie und die beträchtliche Complication 
des oberen und unteren Pı, durch die noch weiter gehende Rückwärtsverlagerung des Innenhöckers des 
oberen P«, durch die Reduction der Vorderhälfte der unteren M — Trigonid, durch die Bildung secun- 
därer Höcker an allen Molaren und die Vergrösserung des unteren M; und des Talons des oberen Ms. 

Die geringe Körpergrösse — das Thier hatte etwa die Grösse eines Hühnerhundes — der 
primitive Bau der Pı, P» und >, je zweiwurzelig, die Einfachheit des ?ı und der M und die relativ 
beträchtliche Länge der Kiefer sind zwar genügende Unterschiede, um diese fossile Form von den 
späteren Ursinen zu trennen, aber gerade zugleich jene Merkmale, welche wir bei den Ahnen dieser 
Thiere voraussetzen müssen, soferne wir nicht etwa deren Ursprung auf ein blosses Phantasiegebilde 
zurückführen wollen. 

Fast etwas näher als die Gattung Ursus selbst (incl. Euaretos, Tremaretos, Thalassarctos) steht 
der kurzschnauzige Helarctos malayanus von Borneo und Sumatra, wenigstens haben seine M jeden- 
falls unter denen aller lebenden Ursiden die grösste Aehnlichkeit mit jenen von Ursavus, nur haben 
sie keine so gerunzelte Oberfläche und erscheinen in dieser Hinsicht vielleicht sogar primitiver als jene 
der fossilen Gattung. Die bedeutende Länge der C ist ein alterthümliches Merkmal und kommt hierin 
Helarctos dem Genus Ursavus näher als jeder lebende Urside. Dagegen erscheint die Dicke dieser 
Zähne und die Kleinheit der P, sowie ihr Aneinanderschliessen jedenfalls als besondere Spezialisirung. 
Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass Helarctos auf Ursarus zurückgeht, es haben vielmehr beide 
wohl nur die Stammform gemein. 

Die obige Gattungsdiagnose stützt sich auf die Merkmale einer zuerst als Cephalogale, dann 
als Hyaenarctos brevirhinus beschriebenen Form. Mit Cephalogale besteht nur bezüglich der Unter- 
kieferbezahnung einige Aehnlichkeit, an Hyaenaretos erinnert die Zusammensetzung der oberen M, jedoch 


— 103 — 


ergeben sich auch hier wesentliche Abweichungen gegenüber den ächten Ayaenarctos und mehrfache 
Anklänge an Ursus, wie bereits Kokex mit Recht betont hat. Es zeigt sich auch in der That bei 
näherer Untersuchung, dass der Genusname Hyaenaretos für diese Reste nicht länger beibehalten 
werden kann, allein es bestehen immerhin auch wieder wesentliche Unterschiede gegenüber der Gattung 
Ursus, so dass auch dieser Name nicht wohl zulässig erscheint, um so mehr, als es schon an und für 
sich nicht gut angeht, eine lebende Gattung bereits ins Miocaen zurückzuführen, und überdies auch 


selbst die recenten Bären wieder in verschiedene Genera — Thalassarctos, Ursus, Helarctos — zer- 
legt werden. 


Es erschien mir demnach angezeigt, auch für diese miocaene Form ein besonderes Genus auf- 
zustellen, das bei weiterer Kenntniss des fossilen Materials wohl kaum auf eine oder höchstens zwei 
Species beschränkt bleiben dürfte. Ich wählte hiefür den obigen Namen Ursavus. 


Ursavus brevirhinus Horm. 
(Taf. XII, Fig. 12. 13.18. 19. 23.) 


1337. Cephalogale drevirhina Hormans, Säugethierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steierege. 
Jahrbuch, k. k. geol. Reichsanst., p. 208, Taf. X, Fig. 1—5. 


1888. Hwyaenarctos _ —_ Beiträge zur miocaenen Fauna der Steiermark. Ibidem p. 64, 
Taf. II, Fig. 1—3. 

1888, — minutus (Sc#ross.) Kokes, Sitzungsberichte der Gesellsch. naturf. Freunde. Berlin. p. 44. 
Fig- 1. 2. 


Da die Speciesdiagnose hier mit der Gattungsdiagnose zusammenfällt, kann ich mich darauf 
beschränken, die wichtigsten Maasszahlen nach Hormann anzuführen: 


Unterkiefer von Steieregg: Unterkiefer von Voitsberg: 
B|p|»| 2» m|m | 2 | 2; | m|m |m 
läne | 6 | |65 | 75 | 16 \ 11,8 Länge. 7 |s Jıs |190| 68 
Bea tsalss)ı —|r Breite . | Az | Eee 
Höhe. .| 2 125135135 | 7! 4 Höhe..!| 4 |5519 43) 2 
Höhe des Kiefers unterhalb M: — 29, unter P: = 27 mm. Länge der Zahnreihe hinter 
C = 61 mm, Länge der Krone des unteren Canin — 22,5 mm, Längsdurchmesser = 14 mm, Quer- 
durchmesser = 3 mm, 
Öberkiefer von Voitsberg: Öberkiefer von Kieferstädtl: 
P|2r2|», 2m! m | mı | m: 
Länge.. | 55| 58 68| 12 12 [11,5 Tänzer... 1102 [13 
Breite.. | 3 |3 3,2 8 [10,5 10 Breiter es EI 316105 
Holezas 13 3,2 | 35 6 a Llöher ze 26.5175 


| 
Bei letzterem Exemplare ist der Talon des oberen M» deutlich entwickelt, bei dem ersteren 
fehlt er fast vollständig. 


Länge der Krone des oberen © — 19 mm, Längsdurchmesser — 11 mm, Querdurchmesser 
23 mm. 


— 104 — 


Hormann bildet von Ursavus brevirhinus auch Ulna und Femur ab, von denen das letztere 
im Ganzen dem von Ursus ziemlich ähnlich ist, während die erstere nach der Beschaffenheit der 
Sigmoidgrube eher an Hund als an Ursus zu erinnern scheint, doch lässt sich bei der schlechten 
Erhaltung dieser Extremitätenknochen nichts Bestimmtes aussagen. Auch die von ihm erwähnten 
Bruchstücke von Scapula, Humerus und Radius sind durchaus ungenügend erhalten. Wie ich schon 
früher vermuthet hatte und jetzt durch Vergleiche von Originalien und Abgüssen feststellen konnte, 
gehören die als Cephalogale brevirhina und später als Hyaenarctos brevirkinus beschriebenen Reste aus 
Voitsberg und Steieregg, sowie der Oberkiefer des „Ayaenarctos minutus“ aus Kieferstädtl in Ober- 
schlesien ein und derselben Species an, die jedoch auch in Frankreich vorzukommen scheint oder doch 
durch eine sehr nahestehende vertreten wird. Ich finde nämlich, dass der untere Mı von la Grive 
St. Alban, welchen Dep#rEr als „Lutra dubia Buamv.“ bestimmt und abgebildet hat, nichts mit Zutra 
zu thun hat, sondern vielmehr entweder der vorliegenden Art angehört oder der folgenden, dem „Ursus 
primaevus“ GAILL., welcher von der nämlichen Lokalität stammt. 


Vorkommen: In den obermiocaenen Braunkohlen von Voitsberg und Steieregg in Steiermark 
und im Obermicaen von Kieferstädtl in Schlesien. 


Ursavus primaevus GAILL. Sp. 
(Taf. XII, Fig. 14, 20.) 


1892. Lutra dubia DepErer, La Faune de Mammiferes miocenes de la Grive St. Alban Isere. Archives du 
Museum d’histoire naturelle de Lyon, p. 22, pl. I, fig. 7. 

1898. Ursus primaevus GAILLARD, Apparition des Ours de l’öpoque miocene. Comptes rendus de P’Academie 

i des Sciences. Paris. Tome 129 (?). 1898. 26 Decembre. 

1899. = n 5 Mammiföres miocenes nouveaux ou peu connus de la Grive St. Alban. 

Arch. du Mus. d’hist. nat. Lyon. T. VII. p. 44. fig. 24. 25. 

Als „ZLutra dubia“ bildet DEr&GRET einen unteren Mı ab, der jedoch seinem Bau nach un- 
möglich zu: Zutra gehören kann, sondern sicher von Ursavus herrührt, denn der Talon ist nicht bloss 
für Zutra zu lang, sondern er zeigt auch auf der Innenseite drei kleine Warzen, welche die Talon- 
grube vollkommen schliessen, statt dass diese wie bei Zutra neben dem Innenzacken — Metaconid — 
frei ausmündet. Ein Vergleich dieser Abbildungen mit jenen von „Cephalogale brevirhina“ Horm. ergiebt 
eine überraschende Aehnlichkeit; dagegen ist dieser Zahn total verschieden von „ZLutra“ dubia BLAINV., 
dessen Original wirklich ein Mustelide, wenn auch keine Zufra ist, wohl aber zu den Vorläufern von 
Meles gehört, denn nach Fırnou! ist diese Form mit Trochictis hydrocyon GERv. identisch. Auch ich® 
hatte bereits auf die Aehnlichkeit von Zutra dubia mit Trochictis hingewiesen. 

Es kann mir nicht einfallen, DEPERET wegen jener Bestimmung einen Vorwurf machen zu 
wollen, denn die Möglichkeit, dass die Ursiden als solche so weit zurückdatiren würden, wurde bisher 
noch kaum in Betracht gezogen, vielmehr galt fast allgemein die miocaene Gattung Amphiceyon als 
deren Stammvater. 

Länge dieses Mı — 18 mm, Höhe = 9 mm, Breite (am Talon) = 3 mm. 


Merkwürdigerweise scheint nun GAILLARD dieses noch dazu in Lyon befindliche Stück nicht 


! Fırnor, Mammiferes fossiles de Sansan. Annales scienc. geolog. Tome 21. 1891. p. 85, pl. V, fig. 19—21. 
2 ScHLoSSER, Die Affen, Lemuren.. und Carnivoren des europäischen Tertiärs. Beiträge zur Palaeontologie 
Oesterreich-Ungarns. Bd. VII, 1888. p. 125. 


— 105° — 


gekannt oder in gutem Glauben an die Richtigkeit der Bestimmung wirklich für Zutra gehalten zu 
haben, denn er erwähnt es weder in seiner vorläufigen, noch auch in seiner oben eitirten Monographie, 
welche soeben während des Druckes meiner Arbeit erschienen ist. 

Was nun Ursus primaevus Gaızu. betrifft, so basirt diese Art auf einem isolirten unteren und 
zwei isolirten oberen Mı und einem ÖOberkieferfragment mit P«—M:, und zwar stammen diese Reste 
ebenfalls aus la Grive St. Alban (Isere). 

Der untere Mı hat mit dem erwähnten Drr£rer'schen Originale auifallende Aehnlichkeit, 
jedoch scheint letzteres wenigstens der Zeichnung nach etwas kleiner zu sein, denn die Dimensionen 
sind folgende: 


Länge des Mı von „ZLutra dubia“ = 18 mm; grösste Breite = 9 mm (nach Figur). 
a » 9%»  Ursus primaevus = 20 mm; Rn „ — 10 mm (nach GAIGLARD). 


GAILLARD giebt von seinem Originale an, dass es am Talon aussen und innen je zwei Höcker 
besitze und dass der Talon — recte Talonid — mit Rauhigkeiten versehen sei. Von diesen beiden 
Aussenhöckern ist der hintere jedoch offenbar sehr klein. Immerhin scheint ein solcher bei brevirhinus 
zu fehlen und wäre dies vielleicht ein Grund, beide Formen als verschiedene Arten aufzufassen. 

Der obere Pı, sowie Mı und » dürften den entsprechenden Zähnen von brevirhinus sehr 
ähnlich sein. 


Länge des Pı = 13 mm; Breite = S mm. 
” . Aal u = IR mm. 
a een ee IE 


Aus obigen Maasszahlen, sowie aus der Beschreibung lässt sich nun nicht näher entnehmen, 
ob Ursavus primaevus GaILL. sp. mit U. brevirhinus Horm. identisch ist oder als besondere Art auf- 
gefasst werden muss. Die Längen von Pı und Mı würden keineswegs gegen erstere Möglichkeit 
sprechen, denn angenommen, dass wir es bei den beiden Exemplaren von brevirhinus mit solchen von 
normaler Durchschnittsgrösse zu thun haben, so wären die Maasszahlen dieser beiden Zähne keines- 
wegs zu hoch, sondern würden gerade die obere Grenze der Mehrzahl der Individuen von brevirhinus 
angeben. Das äusserste Maximum und Minimum wäre nach den Messungen, die ich in dieser Be- 
ziehung an vielen Individuen von wildlebenden recenten Arten angestellt habe, in diesem Falle 13,5, 
resp. 10.5 mm. 

Die Maasse von Pı und Mı würden wohl die Annahme gestatten, dass U. primaevus mit bre- 
virhinus identisch wäre, dagegen ist die Längendimension des M» von ersterem entschieden zu gross, 
selbst wenn man annehmen wollte, dass die 5,5 mm Differenz zwischen dem Voitsberger Exemplar 
respective von 4 mm bei dem Kieferstädtler, und dem aus La Grive St. Alban ausschliesslich in der 
starken Entwicklung des Talons von letzterem begründet wäre, denn selbst bei dem doch viel grösseren 
Ursus spelaeus beträgt die Differenz zwischen Maximum und Minimum für M» nur 9 mm (50 mm 
resp. 41 mm), für den Talon selbst nur 7 mm (21 mm resp. 14 mm). Bei Ursus arctos von Taubach 
ist das Maximum von M» 42 mm, von dessen Talon 16,5 mm, das Minimum 33 mm resp. 11 mm. 
Es scheint demnach Ursavus primaevus fast doch etwas zu gross zu sein, als dass er mit brevirhinus 
identifieirt werden dürfte, wesshalb es sich empfiehlt, beide wenigstens vorläufig als besondere Arten 
anzusehen. 

Vorkommen: La Grive St. Alban (Isere). 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 14 


— 106 — 


Hyaenarctos. 


Diese Gattung galt bisher immer als Stammvater von Ursus und es ist ja auch nicht zu 
läugnen, dass sie bei oberflächlicher Betrachtung für diese Rolle sehr gut geeignet erscheint. Allein 
schon eine genauere Prüfung ergiebt Spezialisirungen — Reduction der P und Complication des hinter- 
sten derselben, ferner auch eine schon sehr weitgehende Verkürzung der Kiefer, sowie etwas ab- 
weichende Stellung der einzelnen Höcker der unteren M, so dass die Ableitung der in dieser Beziehung 
etwas primitiveren Gattung Ursus unstatthaft erscheint. Zudem tritt Hyaenarctos zum mindesten nicht 
früher, wenn nicht sogar später als Ursavus brevirhinus auf, welcher, wie ich gezeigt habe, sich viel 
besser als Ausgangspunkt für jene Gattung eignet und ausserdem unter Anderem auch die durch viel- 
fache Erfahrung bestätigte Bedingung, dass der Stammvater in der Regel von geringerer Körpergrösse 
ist als seine Nachkommen, vollkommen erfüllt, während bei HAyaenarctos eher das Gegentheil zu- 
treffen würde. 

Von einer näheren Charakterisirung der Gattung Hyaenarctos kann ich ohne Weiteres absehen. 
Von Ursus unterscheidet sie sich durch die Verkürzung der Kiefer, die Reduction der vorderen P, die 
dicken © — in diesen drei Stücken stimmt sie jedoch mit Ursus (Helarctos) malayanus überein —, 
die Complication des oberen Pı durch Hinzutreten eines Vorderhöckers — Protostyl —, durch den 
zierlicheren unteren Pı, durch die Kürze des Talon — richtiger Talonid — des unteren Mı und >, 
durch die Höhe des Hauptzacken — Protoconid — und die Rückwärtsverschiebung des Innenzacken 
— Metaconid — an Mı, ferner durch die relative Kürze und Einfachheit der oberen M und die 
Kleinheit des unteren Ms, und endlich auch durch die mehr schneidenartige Ausbildung der Innen- 
höcker — Protocon und Metaconulus — der oberen M. 

Hyaenarctos erscheint aber auch in einigen Stücken primitiver — Form der oberen M, Kürze 
des Talonids und Höhe des Protoconid der unteren M — als Ursavus, und kann daher nicht von 
diesem abstammen, sondern nur die Stammform mit ihm gemein haben, die vielleicht auch zugleich 
der Ausgangspunkt für Helarctos malayanus war. 

Wenn nun auch HAyaenarctos in Wirklichkeit nicht jene hohe stammesgeschichtliche Bedeutung 
hat, die man ihm bisher zuschrieb, so ist er doch wohl nicht gänzlich ohne Nachkommenschaft ge- 
blieben, denn als solcher kommt aller Wahrscheinlichkeit nach die Gattung Aeluropus melanoleueus' 
Miıtxe Epw. in Betracht, welche in der Gegenwart Tibet bewohnt und sich von ihm nur durch weiter- 
gehende Complication der P und M unterscheidet. 


(Hyaenarctos) arctoideus DrPp&rer. 
1895. Der£rer, Cuartes, Fouilles pal&ontol. dans le Miocene sup. de la colline de Montredon (Aude). Assoc. 
franc. pour l’avancement des sciences. Paris 1895. p. 12. - 
Autor erwähnt von dieser Art einen Unterkiefer mit P-— Ms» und ein Oberkieferfragment mit 
Mı und M>. Die oberen M sind hier viel weniger quadratisch als bei den übrigen HAyaenarctos- 
Arten, sondern viel gestreckter und rechteckig, also im Ganzen denen der Bären sehr ähnlich. Ins- 
besondere zeichnet sich Ms durch den Besitz eines ächten gerundeten Talons aus, der allerdings noch 
nicht so lang ist wie etwa bei Ursus etruscus (arvernensis). Immerhin sieht M, doch schon dem ent- 
sprechenden Zahne dieser letzteren Form sehr ähnlich. Am unteren Ms» ist freilich der Taion noch 


1 Broxs, Classen.und Ordnung des Thierreiches. Mammalia p. 180, Taf. XLVIII, Fig. 12. 13, und Gaupry, 
Enchainements. Mammiferes tertiaires, p. 213, fig. 280. 


nicht so kräftig entwickelt wie bei den ächten Bären, sondern noch etwas schwächer als die Vorder- 
partie dieses Zahnes. Ms war vermuthlich noch ziemlich klein und einwurzelig, während er bei den 
ächten Bären viel stärker entwickelt ist. Der Hyaenarctos von Montredon dürfte nach Ansicht 
DEPERET'S die Lücke ausfüllen zwischen den eigentlichen Ayaenarctos und den primitivsten Bären, wie 
Ursus arvernensis (recte etruscus Cuv.). 

Vorkommen: Im Pliocaen von Montredon (Aude) zusammen mit Hipparion gracile, Trago- 
cerus amaltheus ete., also mit der Fauna von Eppelsheim und Pikermi. 

Leider giebt DEPERET von dieser wichtigen Form nicht einmal die Maasszahlen, viel weniger 
eine Abbildung, so dass mit seiner vorläufigen Mittheilung recht wenig anzufangen ist. Es geht aus 
der Beschreibung nur so viel hervor, dass es sich nicht mehr um einen ächten Hyaenarctos, son- 
dern eher um einen Ursavus handelt. Der Umstand, dass der untere Ms noch sehr klein und der 
Talon — recte Talonid — des M> noch kürzer war als die Vorderpartie — Trigonid — scheint 
allerdings gegen die Deutung als Ursavus zu sprechen und auf die Zugehörigkeit zu Hyaenarctos 
schliessen zu lassen, allein die Beschaffenheit der oberen M erinnert doch anscheinend wieder mehr 
an Ursus als an Hyaenarctos. Bevor wir also über diese jedenfalls sehr interessante Form ein be- 
stimmtes Urtheil abgeben können, müssen wir eine detailirtere, mit Illustrationen versehene Beschrei- 
bung abwarten. Möglicherweise handelt es sich um eine Nebenform, welche ohne Nachkommen zu 
hinterlassen ausgestorben ist. 

Hemicyon. 

3 W204 

2 
sehr breiter Gaumen. Ineisiven konisch ohne Nebenzacken, aber mit innerem Basalband, Caninen 
lang, mit Kanten versehen. Untere Praemolaren klein und niedrig, aber vorne und hinten mit Basal- 
wulst, Pı ein-, die übrigen zweiwurzelig und mit Ausnahme des Pı dicht aneinander stehend. Innen- 


M. Relativ kurzer, mässig hoher Unterkiefer, kurze Gesichtspartie, 


wi iv 


zacken — Metaconid — des Mı weit zurückgeschoben, Hinterpartie dieses Zahnes — Talonid — 
ziemlich lang, mit wohlentwickeltem Aussen- — Hypoconid — und Innenhöcker — Entoconid —, Ma 


aus schneidend entwickeltem Protoconid, Metaconid, beide gleich hoch, und ähnlich ausgebildetem Hypo- 
conid und Entoconid bestehend, Ms ziemlich gross, noch sämmtliche Bestandtheile — Zacken und 
Höcker — des Mı deutlich erkennen lassend. Obere © sehr schlank, mit hoher, an der Rückseite 
mit scharfer Schneide versehene Krone, Pı ein-, P» und Ps zweiwurzelig, aber wie dieser sehr einfach 
und niedrig, allseitig von Basalband umgeben; Pı mit kleinem, aber weit zurückstehendem Innenhöcker 
— Deuterocon —, aber ohne Vorderhöcker — Protostyl (Scorr) —; Mı und » ausser den beiden 
Aussenhöckern — Paracon und Metacon — und dem Innenhöcker — Protocon — noch einen fast 
ebenso grossen zweiten Innenhöcker, scheinbar ein Hypocon — wohl eher der vergrösserte zweite Zwischen- 
höcker — Metaconulus — aufweisend, nebst einem kräftigen Basalwulst; beide Zähne zwar noch breiter 
als lang, aber von gerundet oblongem und nicht mehr dreieckigem Querschnitt. Oberfläche aller M glatt. 

Diese Gattung vermittelt scheinbar den Uebergang zwischen der im Folgenden zu besprechenden 
Gattung Amphieyon und der Gattung Ursus vesp. Ursavus, indessen sprechen verschiedene Gründe 
gegen eine wirkliche Verwandtschaft mit Ursus. 

Mit Ursus hat sie die Zahnformel, sowie den einfachen Bau der P gemein, ferner die Rück- 
wärtsverlagerung des Innenhöckers — Deuterocon — am oberen P,, die starke Entwicklung eines 
zweiten Innenhöckers — Hypocon — und das Fehlen des vorderen Zwischenhöckers — Protoconulus 
— an den oberen M und die Rückwärtsverschiebung des Innenzacken — Metaconid — am unteren Mı 


— 108 — 


An Amphicyon vom Typus des lemanensis erinnert die Gestalt des Canin — hohe, etwas 
comprimirte und mit scharfen Kanten versehene Krone, die schneidenartige Entwicklung des oberen 
P: und der allgemeine Habitus der Molaren, nämlich die Höhe des Hauptzacken — Protoconid — des 
unteren Mı, sowie die schneidenartige Entwicklung des kräftigen Aussenhöckers am Talon — Hypo- 
conid — der beiden ersten Unterkiefermolaren, die schwache Ausbildung des zweiten Innenhöckers — 
Entoconid — dieser Zähne, die Kleinheit des unteren M3;, ferner das Fehlen von Wülsten und Secundär- 
höckern auf der Kaufläche der M und endlich die geringe Höhe und beträchtliche Länge des Unter- 
kiefers. Der Gaumen ist allerdings wesentlich breiter als bei Amphicyon. 

Morphologisch wäre nun, soweit das Gebiss in Betracht kommt, die Ableitung der Gattung 
Ursus von Amphicyon mit Hilfe von Hemicyon recht gut denkbar, es wäre nur eine Vereinfachung der 


P verbunden mit Zurückverlagerung des Innenhöckers — Deuterocon — am oberen Pı, eine Streckung 
der oberen M, verbunden mit Verlust des ersten Zwischenhöckers — Protoconulus — und Ver- 
stärkung des zweiten Zwischenhöckers — Metaconulus —, sowie das Verschwinden des oberen Ms 


nöthig, um Amphicyon in Hemicyon überzuführen, welcher der Beschaffenheit seines Gebisses nach in 
der T'hat recht wohl eine Mittelform zwischen Amphieyon und Ursus (Ursavus) darstellt, allein dieser 
Annahme stehen mehrfache wichtige Gründe gegenüber. Vor Allem tritt nämlich gleichzeitig mit 
Hemicyon eine Form auf, die oben besprochene Gattung Ursavus, welche der Gattung Ursus schon 
unvergleichlich näher steht als Hemicyon, zweitens auch wegen ihrer Kleinheit sich viel eher als 
Ausgangspunkt einer später sehr formenreichen Gruppe qualifizirt als die Gattung Hemicyon, welche 
hierin ihren Nachkommen viel näher käme als Ursavus — formenreiche Gruppen beginnen aber in 
Wirklichkeit stets mit Typen von kleiner Statur und nicht mit solchen, welche bereits ansehnliche Körper- 
grösse erreicht haben —; ferner erscheint auch die immer noch beträchtliche Breite, sowie die Glätte der 
oberen M von Hemicyon als ein Hinderniss, um Ursus hievon abzuleiten. Endlich würden auch im 
Skelet bedeutende Unterschiede gegenüber Ursus bestehen, insoferne die Angabe Fıraor's'!, dass Hemi- 
cyon digitigrad gewesen sei und auffallend lange Metapodien besessen hätte, sich bestätigen sollte. 
Es ist sehr zu bedauern, dass der Autor von diesen Knochen keine Abbildung gegeben hat. Die von 
ihm betonte Aehnlichkeit mit den Metapodien von Hyaena ist wohl darauf beschränkt, dass die Aus- 
dehnung der proximalen Gelenkflächen in der Richtung von hinten nach vorne grösser ist als ihre 
Breite und die Knochen überhaupt ziemlich lang und schlank sind. Viel ähnlicher als denen von 
Hyaena sind sie voraussichtlich jenen von Cephalogale. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Pha- 
langen; die Aehnlichkeit mit Ayaena-Phalangen besteht vermuthlich auch hier nur in ihrer beträcht- 
lichen Länge. Die Angabe, dass die zweiten Phalangen auf der distalen Facette nicht ausgeschnitten 
sind, erscheint als ganz unwesentlich, denn sie beweist eben nur, dass wir es mit einem Cephalo- 
galiden zu thun haben. 

Ich habe die hieher gehörigen Arten bisher als ächte Dinocyon angesprochen, worin mir die 
meisten Autoren gefolgt sind, allein, wie ich jetzt zugebe, sind die Gründe, welche FınHon für die 
Aufrechthaltung des Larrer'schen Genus und die Abtrennung von Dinocyon anführt, im der That hin- 
reichend, um dieser Ansicht Geltung zu verschaffen. | 

Hemicyon unterscheidet sich nach Fınaon von Dinocyon durch die Länge der Metapodien, die 
ausgesprochene Digitigradie, die Reduction des Metatarsale V, die Beschaffenheit des Unterkiefers — 
nur jenem von Gulo vergleichbar — und durch die grössere Breite des oberen M>. Zu diesen Unter- 


! Mammiferes de Sansan. Annales de la societe geologique. Tome XXI. 1891. p. 152. 


— 10 — 


sehieden käme allenfalls noch hinzu die relativ bedeutendere Länge des „Talon“ — Talonids — des 
unteren Mı und »2 und die schneidenartige Entwicklung des Innenhöckers — Entoconid — dieser 
Zähne, während dieser Höcker bei Dinocyon nur einen kleinen Kegel darstellt; ferner die Anwesenheit 
von Kanten auf den Caninen und das Fehlen von Nebenzacken an den Incisiven. 

Von Hemicyon existirt bis jetzt eigentlich nur eine Art, Hemieyon göriachensis TouLa Sp., 
welche mit der von LarTET aufgestellten Hemicyon sansaniensis wohl doch identisch ist. Da aber 
letztere erst später als die vorige abgebildet worden ist, so gebührt dem ersteren Namen die Priorität. 
Die Unterschiede, welche FırHoL für sansaniensis gegenüber göriachensis anführt — einfachere und 
kleinere P und kürzeren Mı, aber längeren Ms bei letzterem — sind schwerlich hinreichend zur Auf- 
rechthaltung zweier Arten, sie dürften sich viel eher als blosse individuelle Verschiedenheiten heraus- 
stellen und das Sansaner Exemplar lediglich als ein besonders kräftiges Individuum von göriachensis, 
im äussersten Falle höchstens als eine besondere Localrasse von göriachensis erweisen. Das Nämliche 
gilt auch bezüglich der von Roger‘ abgebildeten Reste — unterer Mı, oberer M» und oberer CO — 
aus dem Dinotherium-Sande von Stätzling bei Augsburg. Dagegen ist es zweifelhaft, ob der von 
Drr£rer? abgebildete obere Mı aus La Grive St. Alban noch hieher gerechnet werden darf, denn er 
steht in seinen Dimensionen hinter allen bis jetzt vorliegenden Exemplaren sehr weit zurück. 

Da von Hemieyon resp. „Dinocyon göriachensis“ Toura sp.” viele gute Abbildungen vorliegen, 
so kann ich von einer bildlichen Darstellung absehen und mich mit Citaten begnügen, 

Vorkommen: In den Braunkohlen von Göriach in Steiermark, im Obermiocaen von Sansan 
(Gers), im Dinotherium-Sande der bayrisch-schwäbischen Hochebene und vielleicht auch in La Grive 
St. Alban (Isere). 


Cephalogale. 
(Taf. XII, Fig. 4. 5.) 

Cephalogale hat mit den Ursiden die Zahnformel gemein, ferner auch die niedrigen Zahnkronen 
der Backzähne, die Einfachheit der P, die kräftige Entwicklung und die Stellung des Innenhöckers 
— Deuterocon — des oberen P,, ausserdem auch die relative Länge der oberen M und die Anwesen- 
heit eines grossen zweiten Innenhöckers — Metaconulus — auf diesen Zähnen. Auch der Umriss 
dieser Zähne stimmt viel besser mit jenem der als Ahnen der Bären in Betracht kommenden Formen 
überein, als mit jenem von Amphieyon. An die letztere Gattung erinnert jedoch der Bau der unteren 
M, insbesondere die Beschaffenheit des Talonid von Mı. 

Es wäre also, wenn wir bloss das Gebiss zu berücksichtigen hätten, nicht ausgeschlossen, dass 
die Ursiden in der That auf Cephalogale zurückgehen. Dieser Annahme widerspricht jedoch die Be- 
schaffenheit des Skeletes. Alle Extremitätenknochen von Cephalogale sind schlank und zierlich, die 
Metapodien auffallend lang und Hand und Fuss auffallend digitigrad. Wenn wir nun auch mit grosser 
Berechtigung annehmen dürfen, dass die plantigrade Extremität der Bären aus einer digitigraden 
hervorgegangen ist, so bestehen doch erhebliche Zweifel, ob diese radicale Umwandlung in der kurzen 


1 1898. Roser, 33. Bericht des naturwiss. Ver. f. Schwaben u. Neuburg in Augsburg, p. 5, Taf. III, Fig. 1.5.8. 
2 1887. Dee£eer, Archives du Museum d’hist. nat. Lyon. Tome IV. p. 142. pl. XIII, fie. 8. 
3 1884. Tovra, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, p. 391. Taf. VII, Fig. 12—14. 

1884. —  Sitzungsber. der k. k. Acad. d. Wiss, Wien. I. Abth. p. 407. Taf. I—II., 

1893. Horsans, Abhandl. der k. k. geol. Reichsanst., p. 24. Taf. IV—VI. 


1892, Dee£rer, Archives du Museum d’hist. nat. Lyon, Tome 5. p. 28. pl. I, fig. 21. 


— 10 — 


Zeit erfolgen konnte, die zwischen Unter- und Obermiocaen verstrichen ist. Ueberdies finden wir auch 
schon gleichzeitig mit den ältesten Cephalogale-Arten Formen, welche sich auch in dieser Beziehung 
viel besser als die Ahnen der Ursiden qualifiziren, nämlich die Gattung Pachyceynodon. 

Ich muss jedoch hier bemerken, dass ich unter Cephalogale nur jene Arten verstehe, für 

welche folgende Diagnose zutrifft: 
3 J - C - Ja - M. Caninen von lang elliptischem Querschnitt, Kanten anscheinend 
wenig kräftig entwickelt, P klein, niedrig, mit Ausnahme des letzten ohne Nebenhöcker, aber mit 
kräftigem Basalband, oberer Pı ziemlich kurz, aber massiv, mit etwas zurückstehendem, aber nicht 
sehr kräftigem Innenhöcker — Deuterocon —, aber ohne äusseren Basalhöcker — Protostyl —; oberer 
Mı, fast ebenso lang als breit, von nahezu viereckigem Umriss, mit starkem hinterem Zwischenhöcker 
— Metaconulus —, aber ohne vorderen Zwischenhöcker — Protoconulus — und mit einem starken, 
aber auf die Hinterseite beschränkten inneren Basalwulst; oberer M» von schräg ovalem Umriss, auf 
der Rückseite schwach ausgebuchtet, ebenfalls mit grossem, scheinbar zweitem Innenhöcker, zweiter 
Aussenhöcker — Metacon — bedeutend kleiner als der vordere — Paracon —, beide M allseitig von 
Basalband umgeben; unterer Mı mit niedriger Vorderpartie — Trigonid — und sehr schwachen 
Innenzacken — Metaconid —; Talonid hier, sowie an M» grubig, aber lang gestreckt, Aussenhöcker 
lang und schneidend und bedeutend höher als der Innenhöcker — Entoconid —, Ms mit relativ langem 
Trigonid, Innenzacken — Metaconid — höher als Hauptzacken — Protoconid —, Ms klein, ein- 
wurzelig. Krone bisher nicht bekannt, aber wahrscheinlich mit deutlichem Innenhöcker — Metaconid 
—, alle M mit äusserem Basalbande versehen. Schnauze kurz, Jochbogen weit vom Schädel ab- 
stehend. Metapodien lang, Extremitäten digitigrad. Metacarpale I und Metarsale I nur halb so lang 
und halb so dick als das dritte. 

Diese Diagnose stützt sich in erster Linie auf Oephalogale Geoffroyi JourD., für welche ja auch 
zuerst dieses Genus errichtet wurde. In den Phosphoriten existiren mehrere Arten, welche jedoch, 
wie dies bei ihrem etwas höheren geologischen Alter nicht anders zu erwarten ist, noch etwas primi- 
tivere Merkmale, vor Allem noch Nebenzacken an Pı und Ps aufweisen und augenscheinlich auch 
bedeutend längere Schnauzen besessen haben. Auch war der Schädel in der Orbitalregion viel stärker 
eingeschnürt, welche Unterschiede gegenüber Geoffroyi wohl unbedenklich nur als primitivere Organi- 
sation aufgefasst werden dürfen. Ich meine hier ausser der von FırHouL ebenfalls aus den Phospho- 
riten eitirten Cephalogale Geoffroyi': 

Oephalogale minor FıLH.”, 
(2) (Oynodictis) Gryei FILB.°, 
(?2) (Oynodictis) Leymeriei Fıra.*, 
(?2) (Oymodietis) Boriei Fına.°. 


[3% 


» 


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” 


« \ 1879. Fırmot, Mammiferes fossiles de ’Allier. Ann. scienc. geol. Tome X. p. 107. pl. 17. 
1883. a Notes sur quelques mammiferes de l’epoque miocene. Archiv du Museum d’hist, nat. Lyon. 
T. II. p. 22. pl. I, fig. 16. 
1884, M6moires sur quelques mammiferes fossiles des Phosphorites du Querey. Annal. scienc. phys. et 
natur. Toulouse. p. 36. 
2 Memoires sur quelques mammiferes fossiles des Phosphorites du Quercy. Ibid. p. 37. pl. V, fig. 1—6. 8. 
3 Recherches sur les Phosphorites du Querey. Ann. scienc. g6&ol. Tome VII. p. 74. fie, 58—30. 
= j Ibidem p. 88. fig. 55—57. 


n ” n ” ” n» 


5 ; p. 66. fig. 33—40, 46—48. 


” n ” n ” 2] ” 


a 


— 111 — 


Die drei letztgenannten Arten unterscheiden sich von menor und Geoffroyi durch die Breite 
und mehr grubige Entwicklung des Talonid am unteren Mı, sowie durch die Stärke des Innenhöckers 
— Deuterocon — des oberen P;, ferner durch den massiven Bau dieses Zahnes und durch die 
schwache Ausbildung der Zwischenhöcker und die relativ schwache Ausbildung des inneren Basalwulstes 
am oberen Mı. 

Es ist höchst wahrscheinlich, dass „Cynodietis‘‘, Leymeriei und Gryei zusammengehören, da- 
gegen ist der Fig. 45—4S abgebildete Unterkiefer von Boriei entschieden zu klein und namentlich 
der € viel zu schwach, als dass er noch zu dieser Art gestellt werden dürfte. 

Alle drei zuletzt genannten Arten müssen wohl schon von Cephalogale ausgeschlossen werden; 
sie nehmen eine Mittelstellung ein zwischen dieser Gattung und der folgenden, Pachycynodon, doch 
darf Boriei, der sich abgesehen von seiner Grösse auch durch die starke Einschnürung des Schädels 
in der Orbitalregion auszeichnet, wohl eher schon zu Pachyeynodon selbst gerechnet werden. Direkte 
genetische Beziehungen zu späteren Formen hat wohl keine dieser Arten; als Ahnen der Ursiden 
können sie schon wegen der starken Bullae osseae nicht in Betracht kommen. Auch ihre relativ be- 
deutende Körpergrösse macht es viel wahrscheinlicher, dass sie gänzlich erloschene Typen darstellen, 
die sich vielleicht schon direkt aus der gemeinsamen Stammform von Cephalogale mit Pachycynodon 
entwickelt haben. Hiegesen könnte Cephalogale minor recht leicht der direkte Ahne von Cephalogale 
Geoffroyi sein. 

Gleichzeitig mit Cephalogale Geoffroyi Journ. lebte im Untermiocaen von Le Puy auch noch 
eine andere Art, Cephalogale brevirostris ‘, sowie Cephalogale minor”, die aber beide leider nur un- 
vollständig bekannt sind. 

Von Cephalogale minor beschreibt und bildet Fırkon nur zwei Unterkieferfragmente mit M? 
resp. mit M: und s ab, doch geht schon aus der beträchtlichen Grösse des M» und aus der raschen 
Aufwärtskrümmung des Kiefers nach vorne zu, sowie aus der viel schrägeren Stellung des aufsteigenden 
Kieferastes unzweifelhaft hervor, dass diese Art von dem oben erwähnten Cephalogale minor FınH. aus 
den Phosphoriten von Quercy durchaus verschieden ist. Bei der Dürftigkeit der vorliegenden Reste 
erscheint es jedoch geboten, nicht näher auf die etwaige Verwandtschaft dieser Art einzugehen. 

Etwas günstiger liegt die Sache für Cephalogale brevirostris. 

Wenn auch hievon nur zwei Unterkiefer und ein Gaumenstück mit beiden Pı — Ms bekannt 
sind, so zeigt doch schon eine flüchtige Vergleichung mit der Abbildung von Geoffroyi, dass hier ein 
ganz abweichender Typus vorliegt. Vor Allem inserirt der Jochbogen hier nicht neben Pı und un- 
mittelbar hinter Mı, wie bei jenem, sondern erst hinter Pı, auch bleibt Mı durch ein ziemlich 
breites Knochenstück vom Beginn des Jochbogens getrennt, ferner ist der obere P4 viel zierlicher, 
sein Innenhöcker — Deuterocon — aber vom übrigen Theil dieses Zahnes bedeutend schärfer ab- 
gesetzt, als bei Geoffroyi; die Länge der oberen M ist bloss um ein Weniges geringer als deren Breite, 
der scheinbare zweite Innenhöcker, in Wirklichkeit der hintere Zwischenhöcker — Metaconulus — ist 
fast ebenso gross wie der eigentliche Innenhöcker — Protocon —, der Basalwulst dehnt sich fast über 
den ganzen Innenrand des Zahnes aus, dessen Umriss ein an der Innenseite convexes Trapez darstellt. 
Auch M: ist fast ebenso lang als breit und gerundet-oblong im Querschnitt. Von den beiden Aussen- 
höckern der oberen M ist der hintere — Metacon — bedeutend kleiner als der vordere. Die unteren 


! Fıraor, Mammiföres fossiles de l’Allier. Ann. scienc. geol. T. X. p. 119. pl. 18, fig. 7—10. 
2 p. 118. pl. 18, fig. 1—3. 6. 


n n n ” n n n n n 


BE ne 


M bieten anscheinend nichts besonders Charakteristisches, doch scheint das Talonid von Mı und a 
ziemlich lang zu sein und jenes des Mı auf seiner Innenseite ausser einem kleinen Entoconid noch 
einen Zwischenhöcker aufzuweisen. Die Schnauze muss im Verhältniss viel länger gewesen sein als 
bei Geoffroyi. 

Fassen wir diese Merkmale zusammen, so erhalten wir ein höchst überraschendes Ergebniss, 
nämlich auffallende Anklänge an die im Vorausgehenden beschriebene Gattung Ursavus, 
den ersten Vertreter der ächten Ursiden! 

Um „Cephalogale“ brevirostris in Ursavus brevirhinus Horm. zu verwandeln, bedurfte es nur 
einer mässigen Zunahme der Körpergrösse, einer Verkleinerung der P, welche ja ohnehin eine für die 
Ursiden charakteristische Modification darstellt, sowie einer Vergrösserung der M, namentlich einer 
Streckung des Talonids der unteren M und einer Verstärkung der Innenpartie — Talon — der oberen 
M, verbunden mit Streckung des inneren Basalwulstes am oberen Mı und Entwicklung eines hinteren 
Talon am oberen Ms. Ich zweifle nicht, dass diese Cephalogale auch bereits Rauhigkeiten auf der 
Zahnkrone aufzuweisen hatte. Leider wissen wir bis jetzt nicht, wie die Extremitäten dieser Art 
beschaffen waren. Auch als Stammyvater von Hyaenarctos könnte diese Art recht wohl in Betracht 
kommen. Cephalogale brevirostris könnte dem Zahnbau nach recht wohl von Cephalogale minor aus 
den Phosphoriten abstammen, allein gegen diese Annahme erhebt sich ein gewichtiges Bedenken. Von 
minor kennen wir nämlich die wichtigsten Theile des Skeletes, namentlich kann kein Zweifel darüber 
bestehen, dass diese Art lange Metapodien und ganz typisch digitigrade Extremitäten besessen hat. 
Soferne sie also wirklich indirekt den Ausgangspunkt von Ursus darstellt, müssten sich die planti- 
sraden Extremitäten der Bären aus digitigraden entwickelt haben. Es ist nun freilich nicht wohl 
zweifelhaft, dass die Plantigradie der Bären in ihrer jetzigen Form nicht als ursprüngliches, sondern 
als ein erworbenes Merkmal aufgefasst werden muss und auch höchst wahrscheinlich einmal aus einer 
dieitigraden Extremität hervorgegangen ist, allein es erscheint doch auch wiederum fraglich, ob sich 
eine so hochbeinige schlanke Form wie COephalogale minor und noch dazu in der relativ so kurzen 
Zeit zwischen Oberoligocaen bis Obermiocaen so bedeutend verändern konnte. Dass Streckung und 
Aufrichtung der Extremität nicht bloss vorkommen kann, sondern geradezu eine gesetzmässige Difte- 
renzirung darstellt, sehen wir zur Genüge an den genetischen Reihen der Paar- und Unpaarhufer, 
allein für das Gegentheil, die Verkürzung der Extremitäten und die Umwandlung einer ausgesprochenen 
Digitigradie in einen solchen Grad von Plantigradie, ist bis jetzt kein sicheres Beispiel bekannt. 

Wir sehen also hier gerade bei dem Studium von Cephalogale brevirostris eine höchst fühlbare 
Lücke in unserem Wissen, die sich anscheinend nicht so bald ausfüllen lassen dürfte. Dass Cephalo- 
gale minor aus den Phosphoriten eine in genetischer Hinsicht höchst wichtige Form ist, geht einmal 
hervor aus der indifferenten Organisation dieser Species, namentlich ihres Gebisses, indem dasselbe 
genug Anknüpfungspunkte sowohl an das von jüngeren als auch von älteren Formen darbietet, und ferner 
auch aus der starken Variabilität in den Dimensionen dieser Thiere. Starkes Variiren findet sich aber 
in der Regel gerade bei solchen Formen am häufigsten, welche in stammesgeschichtlicher Beziehung 
eine wichtige Rolle spielen. 

Allein nicht nur für die Ursiden, sondern auch für Hemicyon kommt die Gattung Cephalogale 
als Stammvater in Betracht, und zwar befinden wir uns bei der Untersuchung in dieser Richtung in 
einer viel günstigeren Lage, insoferne auch die Beschaffenheit des Extremitätenskeletes der Ableitung 
der Gattung Hemieyon von Cephalogale keine Schwierigkeiten bietet. Auch ersterer ist nämlich nach 
Fırmon digitigrad. Seine Metapodien haben, soviel davon bekannt ist, grosse Aehnlichkeit mit jenen 


von Cephalogale. Was Schädel und Gebiss anlangt, so zeigt schon eine oberflächliche Vergleichung 
der Abbildung von Cephalogale Geoffroyi und Hemicyon sansaniensis oder „Dinocyon“ gürtächensis, 
dass hier in allen wesentlichen Punkten volle Uebereinstimmung herrscht, und dass es nur einer Zu- 
nahme der Körpergrösse und geringer Modificationen im Zahnbau bedurfte, um erstere Form in die 
letztere zu verwandeln. Mit Hemicyon scheint die Gruppe der Cephalogaliden erloschen zu sein. Ich 
war früher geneigt, Simocyon für das Endglied dieses Stammes anzusehen. Wie jedoch eine neuer- 
liche Untersuchung dieser Reste zeigte, erweist sich die Gattung Sömocyon als ein unzweifelhafter An- 
gehöriger des Canidenstammes, der einen allerdings bald erlöschenden Seitenzweig desselben darstellt. 
Der Charakter der oberen M schliesst sich so enge an den von Canis Tupus an, dass die Verwandt- 
"sehaft mit Cephalogale schon aus diesem Grunde unmöglich erscheint. Ich kann daher von weiteren 
Bemerkungen über diese an und für sich nicht uninteressante Gattung gänzlich absehen. 

Die Gatttung Cephalogale soll nach GaILLarn ! auch noch in la Grive St. Alban vorkommen. 
Der von ihm abgebildete Mı weicht jedoch erheblich von jenem der ächten Cephalogale ab, und 
„möchte ich diese Reste fast lieber auf das im Folgenden zu besprechende Genus Pseudarctos beziehen. 


Pachycynodon. 
(Eafı ZI, Fig. 10128. 9) 


Als Typus dieser Gattung betrachte ich, wie ich bereits früher an anderer Stelle? bemerkt habe, 
„Oumodictis“ erassirostris Fıra.° aus den Phosphoriten. Sie zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: 

Unterkiefer hoch und plump, mit hinten stark aufwärts gebogenem Unterrande, ? ziemlich 
klein und mit Ausnahme des unteren Pı ohne Nebenzacken, aber mit deutlichem vorderen und hin- 
teren Basalwulst; oberer P, sehr kurz, mit kräftisem, etwas nach hinten verschobenem Innenhöcker 
— Deuterocon —, sehr kurzem, schneidendem Hinterhöcker — Tritocon — und starkem Basal- 
band; unterer Mı mit ziemlich hohen Hauptzacken — Protoconid —, starkem, dem vorigen opponirtem 
Innenzacken — Metaconid — und grossem Talonid, dessen Aussenhöcker eine lange niedrige Schneide 
darstellt, während der Innenhöcker — Entoconid — in Folge der Anwesenheit eines Zwischenhöckers 
fast ganz auf die hintere Innenecke beschränkt ist; M» lang und breit mit opponirtem Protoconid und 
Metaconid und einem kräftigen Talonid, ähnlich dem des Mı. Ms unbekannt, aber nicht allzu klein; 
oberer Mı ausser den beiden Aussenhöckern und dem Innenhöcker auch mit zwei Zwischenhöckern, 
davon der hintere — Metaconulus — sehr kräftig, und einem auf die hintere Innenecke beschränkten 
kräftigen Basalwulst versehen. (Querschnitt dieses Zahnes gerundet oblong, der des Ma vermuthlich 
breit elliptisch. Extremitäten denen von Cephalogale ähnlich, aber kurz und plump. 

Leider sind die Ueberreste dieser, wie ich jetzt einsehe, so überaus wichtigen Gattung bis 
jetzt sehr spärlich, wenn auch anscheinend mehrere Arten hievon existiren. Sie hat wohl mit Cepha- 
logale den Stammyater gemein, welch nahe Verwandtschaft schon daraus hervorgeht, dass sich mehrere 
Arten, die ich bei Cephalogale erwähnt habe, besser hier unterbringen liessen — nämlich .Boriei und 
Leymeriei (curvirostris). 

Die Unterschiede gegenüber Cephalogale bestehen in dem massiven Bau der Kiefer, der starken 


: 1899. Gaırarn, Mammiferes miocenes nouveaux ou peu connus de la Grive St. Alban. Arch. du Mus. 
d’hist. nat. Lyon. T. VII. p. 50. fig. 26. 


2 1888. ScHLosser, Affen.... Carnivoren. Beiträge zur Palaeontologie. Bd. VII. p. 28. 
® Fıruor, Recherches sur les Phosphorites du Quercy. Ann. scienc, geol. T. VII. p. 104. pl. 21. fig. 67—72. 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 15 


— 114 — 


Entwicklung des Talonids und des Innenzacken — Metaconid —, der unteren M, sowie der opponirten 
Stellung dieses Zacken, in der Anwesenheit eines starken, ziemlich weit zurückstehenden Innenhöckers 
— Deuterocon — am oberen Pı und in der grösseren Breite des oberen Mı, endlich in der starken 
Einschnürung des Schädels in der Orbitalregion und der grösseren Länge der Gesichtspartie. Pachyeyno- 
don erscheint demnach zum Theil mehr specialisirt: plumperer Kiefer, massiver oberer Pı mit kräftigem 
Innenhöcker — Deuterocon —, Bau und Grösse der unteren Mı — ist aber noch primitiver als Cephalogale 
hinsichtlich der grösseren Breite des oberen Mı und der Höhe und Stellung des Metaconid am unteren 
Mı und — wenigstens gegenüber (©. Geoffroyi — hinsichtlich der grösseren Länge der Gesichtspartie, 

Dass Pachyeynodon näher als Cephalogale mit den Bären verwandt ist, geht zwar aus dem Bau 
des Gebisses weniger hervor, als vielmehr daraus, dass die Extremitäten von Cephalogale schon zu 
spezialisirt sind, als dass diese Gattung, wenigstens ihre besser bekannten Arten, als Ahnen von Ursus, 
resp. Ursavus in Betracht kommen könnten. Immerhin erweist sich Pachycynodon hinsichtlich der 
Stärke und Stellung des Deuterocon am oberen Pı und ebenso auch hinsichtlich der Form des Unter- 
kiefers doch als entschieden Ursiden-ähnlicher wie Cephalogale. 

Pachycymodon ist bis jetzt nur aus den Phosphoriten des Quercy bekannt, aber fast sämmt- 
liche mir vorliegenden Ueberreste stammen von der Lokalität Mouillac, welche dadurch ausgezeichnet 
ist, dass ihre Fauna zum grössten Theil jüngere Formen enthält von oligocaenem oder sogar schon 
untermiocaenem Gepräge, während die typischen Elemente der Fauna des Pariser Gyps hier ganz 
zurücktreten. Wir dürfen daher auch der Gattung Pachyeynodon mindestens oligocaenes Alter zu- 
schreiben. Als typische und in stammesgeschichtlicher Hinsicht wichtigste Art betrachte ich, wie schon 
erwähnt, Pachycynodon erassirostris Fırz. sp. Die grösseren, Boriei, Gryei, curvirostris, Leymeriei 
scheinen erloschen zu sein, ohne Nachkommen zu hinterlassen; von den Bären unterscheiden sie sich 
schon durch die stärkere Entwicklung der Bullae osseae. Von einer kleineren, noch nicht beschrie- 
benen Art liegen mir zwei obere Pı und ein Unterkieferfragment mit Ps — Mı vor. .Diese Art könnte 
wohl auch in Beziehung stehen zu späteren Formen. Der kleine von mir beschriebene Pachyeynodon 
Filholi endlich könnte gleichfalls eine nicht unwichtige Rolle spielen, und zwar insoferne, als er dem 
gemeinsamen Ausgangspunkt von Pachycynodon und Cephalogale sehr nahe stehen dürfte und allen- 
falls über die Herkunft von Pachycynodon selbst Auskunft zu geben verspricht. Der Kiefer ist lang- 
gestreckt und etwas schlanker als bei den übrigen Arten und sein Unterrand hinter den M nicht so 
stark aufwärts gebogen, dagegen steht Ms schon auf dem aufsteigenden Kieferaste und der Innen- 
höcker des oberen Pı ist noch nicht so stark nach rückwärts verschoben wie bei erassirostris. Diese 
Art ist trotz ihrer. dürftigen Ueberlieferung doch nicht uninteressant, denn sie leitet gewissermassen 
hinüber zu Oynodon (Oynodietis) leptorhynchus FILH. 


Paracynodon (Amphicynodon p. p.) und Oynodon. 


Die Abgrenzung dieser beiden Gattungen gegen einander ist theoretisch zwar sehr einfach, 
hält aber nur Stand für die Unterscheidung der typischen Species — Cynodon velaunus und Amphi- 
cynodon palustris, beide aus dem Oligocaen von Ronzon — Allier —, denn nur für diese trifit das 
Merkmal Fehlen, resp. Vorhandensein eines Nebenhöckers — Deuteroconid — am unteren Pı regel- 
mässig zu. Dagegen ist die generische Bestimmung der aus den Phosphoriten vorliegenden Unter- 
kiefer mit Hilfe dieses Merkmals absolut unmöglich, denn dieser Nebenzacken — Deuteroconid — ist 
hier sehr häufig vorhanden. Viel bessere Anhaltspunkte liefert, wie ich glaube, ein anderes Unter- 


— 1157 — 


scheidungsmittel. Bei Cynodon ist die Zahnreihe relativ kürzer m Folge des dichten Aneinander- 
schliessens der P, während bei Amphicynodon die P etwas auseinanderrücken und bis zum P, ind. 
isolirt stehen können. Für unsere Betrachtungen ist jedoch auch dieses Merkmal ganz nebensächlich, 
da sich beide Gattungen in allen sonstigen Punkten durchaus gleich verhalten, Uns interessiren hier 
nur einige besser vertretene Typen, nämlich eine etwas grössere Art aus den Bohnerzen von Ulm, die 
ich früher mit Amphieymodon palustris identifizirt hatte, ferner „Cynodictis“ leptorhynchus und Cynodon 
graeilis aus den Phosphoriten. Die Arten aus Ronzon sind möglicherweise ohne Hinterlassung von 
Nachkommen ausgestorben oder etwa nach Nordamerika ausgewandert, jedenfalls entfernen sie sich 
von Pachyeynodon und Cephalogale viel weiter als die ersterwähnten Formen und stehen daher den 
Ursiden selbst viel ferner, wesshalb auch von ihrer näheren Besprechung Abstand genommen werden 
kann. Um Verwechslungen mit Amphieynodon palustris zu vermeiden, schlage ich für die uns beson- 
ders interessirenden „Amphieynodon palustris“ aus Ulm und „Cynodictis“ Teptorhynchus die Aufstellung 
eines neuen Genus „Paraeynodon“ vor, welches sich folgendermassen charakterisirt: 
1 4 

J T C 7 P- 


D} 
3 


3 
mit kräftigem Basalbande versehen; unterer ?ı mit Nebenzacken — Deuteroconid —, oberer Pı mit 
hohem kräftigem Hauptzacken — Protocon —.- sehr starkem, ziemlich weit vorne stehendem Innen- 
höcker — Deuterocon — und kurzer Schneide — Tritocon — hinter dem ersteren, dazu ein all- 
seitiges Basalband; oberer Mı von gerundet dreiseitigem Querschnitt, aus den drei Haupthöckern, 
einem sehr kräftigen, scheinbar zweiten Innenhöcker — Metaconulus — und einem kurzen, aber kräf- 
tigen inneren Basalwulste nebst starkem äusseren Basalbande bestehend; M> von ähnlicher Zusammen- 
setzung, aber von gerundet rhombischem Querschnitt und mit schwächer entwickelten Basalbildungen. 
Oberfläche beider Zähne stark gerunzelt; unterer Mı mit mässig hohem Hauptzacken — Protoconid —, 
nahezu opponirtem Innenzacken — Metaconid — und ziemlich grossem grubigem Talonid, letzteres 
mit schneidendem Aussenhöcker — Hypoconid —, sehr kleinem Innenhöcker — Entoconid — und 
ausserdem einem schwachen Secundärhöcker versehen; Ms mit sehr kurzer, aber ein ziemlich hohes 
Metaconid aufweisender Vorderpartie — Trigonid — und einem wohlentwickelten Talonid; Ms relativ 
gross mit deutlichem Protoconid und Metaconid und kurzem Talonid. Unterkiefer ziemlich hoch, mit 
wenig gebogenem Unterrande und breiter Massetergrube und gerundetem Coronoidfortsatz. Schädel 
eanidenähnlich, langgestreckt, wenig gewölbt, mit tiefer Furche in Mittellinie der Frontalia; Scheitel- 
kämme bis oberhalb der winzigen Bullae osseae getrennt bleibend. Postorbitalfortsatz kurz, Jochbogen 
schlank, wenig aufwärts gekrümmt. Infraorbitalforamen zwischen P3 und Pı. Extremitäten kurz und dick. 

Der Schädel sieht allerdings dem der Bären sehr wenig ähnlich, er gleicht vielmehr, wenn 
wir die Kleinheit der Bullae osseae nicht weiter berücksichtigen, vollkommen dem Schädel von Canis, 
der ja in dieser Beziehung, sowie im Gebiss wohl der primitivste aller lebenden Carnivoren 
ist. Trotzdem trug man bisher doch nicht das geringste Bedenken, die Bären für nahe Verwandte 
der Caniden zu halten, es wäre daher auch höchst inconsequent, wenn man wegen dieser Abweichungen 
im Bau des Schädels eine Form, die geologisch noch älter ist als Canis, aus der Verwandtschaft der 
Bären ausschliessen würde. Bei einiger Ueberlegung ergiebt sich ohnehin, dass die Unterschiede 
zwischen Ursus und Paraeynodon nur auf Differenzirungen beruhen — Höhe und Wölbung des Cra- 
nium, Verkürzung des Gesichts, Flachheit der Bullae osseae und Stärke, sowie Rückwärtsverschie- 
bung des Jochbogens — und folglich kein Hinderniss darstellen, den Schädel von Ursus von dem primi- 
tiveren der Gattung Paraeynodon abzuleiten, denn aus den kleinen, der Schädelbasis angedrückten Bulla 


AM; P mit Ausnahme des unteren Pı und des oberen Pı einfach, aber 


SVEN NS] 


— 116 — 


osseae dieser Form konnten sich die grossen, aber flachen Bullae der Ursiden doch jedenfalls viel 
leichter entwickeln, als aus den hochgewölbten der Caniden. 

Von der Organisation der Schädelbasis giebt die Fırnor’sche Abbildung des „Oynodietis“ leptorhyn- 
chus" durchaus befriedigende Aufschlüsse, so dass ich lediglich hierauf zu verweisen brauche, zumal da 
der mir vorliegende Schädel aus den Bohnerzen von Ulm in dieser Hinsicht keine weitere Ergänzung liefert. 

Was das Gebiss betrifft, so erweisen sich die Einfachheit der ?, die Grösse des Innenhöckers 


— Deuterocon — am oberen Pı und die Zweizahl der Innenhöcker, von denen der hintere jedoch 
eigentlich den zweiten Zwischenhöcker — Metaconulus — repräsentirt, sowie das Fehlen eines vor- 


deren Zwischenhöckers entschieden als Merkmale der Ursiden und nicht als solche von Caniden; nicht 
minder auch die starke Runzelung der Molaren. Es bedurfte nur geringer Streckung der oberen M 
und des Talonid am unteren Mı und 2, um diese Zähne in jene von Cephalogale überzuführen; auch 
für die Umwandlung in jene von Pachycynodon waren nur geringe Veränderungen nöthig, nämlich 
Verbreiterung des oberen Pı und der oberen M und des Talonid der unteren M, verbunden mit einer 
mässigen Verlängerung der Kiefer. Es scheint demnach Paracynodon der Ausgangspunkt sowohl für 
Oephalogale als auch für Pachycynodon zu sein; die Bären selbst haben sich möglicherweise direkt 
aus Paracynodon mit den Zwischenstadien von Cephalogale brevirostris- Ursavus entwickelt. 

Paracynodon geht wohl auf Cynodon graeilis Fıza. in den Phosphoriten zurück, bei welchen 
ebenfalls schon individuell ein Nebenhöcker — Deuteroconid — am unteren Ps vorkommt. Nennens- 
werthe Unterschiede zwischen beiden Gattungen bestehen nur darin, dass bei diesem Cynodon die P 
dicht aneinander gerückt sind und auch das Talonid von Mı und M:» etwas kürzer ist als bei Para- 
cymodon. Durch Streckung der Kiefer und Auseinanderrücken der P und geringe Verlängerung des 
Talonid dieser M konnte sich sehr leicht Paracynodon herausbilden, während die in Ronzon vorkommen- 
den Oynodon velaunus und Amphieynodon palustris auf der ursprünglichen Organisation verharrien und 
keine Verstärkung des letzten oberen M erfuhren. 


Paracynodon vulpinus n. sp. 
(1a 1, Ries 29980 510218) 


1888. ScHuosser, Amphicynodon palustris. Die Affen ..... Carnivoren des europ. Tertiärs. Beitr. zur Palaeon- 
tolosie Oesterr.-Ungarns. Bd. VIl. 1. p. 37. 


Die eingehendere Untersuchung des mir vorliegenden Materiales, bestehend aus Cranium, der 
Schnauze und dem rechten Oberkiefer, aus welchem die beigegebene Abbildung reconstruirt wurde, 
zeiet so erhebliche Unterschiede gegenüber Amphicynodon palustris, dass die Trennung beider Formen 
nothwendig erscheint, insbesondere sind die oberen M viel complicirter als bei letzterem. Sehr gross 
ist hingegen die Aehnlichkeit mit Oynodietis leptorhynchus Fıra. Die Unterschiede bestehen nur darin, 
dass die einzelnen P nicht so stark aneinander gedrängt sind, sowie in geringen Abweichungen in 
den Dimensionen, so dass also über die generische Uebereinstimmung kein Zweifel aufkommen kann. 


Cranium. 
Länge vom Condylus oceipitalis bis zum Processus postorbitalis = 60 mm. 
Breite an den Condyli = 21 mm. 
Breite oberhalb der Fossae glenoidales = 32 mm. 


Breite an den Postorbitalfortsätzen 26 mm. 


1 Recherches sur les Phosphorites du Quercy. Ann. science. g60l. Tome VII. 1877. p. 124. pl. 22, fig. 84. 


— dl 


Abstand des Basioceipitale vom Scheitelkamm = 24 mm. 
Länge der Oberkieferzahnreihe (Pı— M:) = 35 mm. 
„ der oberen ? = 24 mm. 
„ des oberen ? = S mm. / 
„ des oberen Mı = 7 mm. Breite des oberen Mı = 8,5 mm. 
„ des oberen Ma = 4,5 mm. A e Ve I 6Emm. 
Länge der Unterkieferzahnreihe (Pı — Ms) — 42 mm. 
„ der unteren ? = 26 mm. 
„ des unteren Pı = 7,3 mm, Höhe desselben = 6 mm. 
„ des unteren Mı = 9,5 mm, Breite R — gAahemm: 


- des unteren M» = 5,5 mm, Breite 
„ des unteren M3 = 2,5 mm. 


Mi > pAzmm: 
Vorkommen: In den Bohnerzen vom Eselsberg bei Ulm. 


Cynodon gracilis Fıra. 


1877. Fırzor, Ann. scienc. geol. Tome VII. pl. 120. Tome VIII. pl. 120, Fig. 337. 338. 
1888. ScHLosserR, l. c. Bd. VII. p. 34. 


Die Unterschiede dieser Art, welche hier zugleich als Vertreter der Gattung Cynodon über- 
haupt fungirt, gegenüber Paracynodon, habe ich schon oben erwähnt und kann ich daher von einer 
Besprechung derselben gänzlich absehen. Sie bildet wahrscheinlich sowohl den Ausgangspunkt für Para- 
eumodon, als auch für Amphieynodon palustris und Cynodon velaunus von Ronzon. Ihre oberen M sind 
bisher noch nicht bekannt, doch wird es durch die Verhältnisse bei Amphicynodon palustris ziemlich 
wahrscheinlich, dass der obere M» noch kürzer und einfacher gebaut war als bei Paracynodon. Oyno- 
don selbst stammt vermuthlich von einem Uintacyon (Miacis) des nordamerikanischen Eocaen ab. 


Pseudarctos n. g. 
(Faf. SIH, Big: 172 21222:) 
Zahnformel = J C z s 1% _ DM. Ineisiven und unterer Canin unbekannt. Oberer 


wo 


o 


Canin mit stark gekrümmter, dicker Wurzel und glatter Krone, die in der Nähe des Vorderrandes, 
sowie am Hinterrande mit je einer Längsleiste versehen ist. Zahl der P nicht bekannt, aber vermuthlich 
vier, sämmtlich sehr einfach gebaut, selbst Pı ohne Nebenhöcker, aber auf der Rückseite mit einer 
von der Spitze herabziehenden Leiste und vorne und namentlich hinten mit Basalwulst versehen. 


Unterer Mı aus niedrigem Vorderzacken — Paraconid —, mässig hohem, etwas rückwärts gebogenem 
Hauptzacken — Protoconid —, niedrigem, nur wenig zurückgeschobenem Innenzacken — Metaconid 


— und grubigem, aber flachem Talonid bestehend, der auf der Innenseite drei winzige Höckerchen, 
auf der Aussenseite dagegen einen mässig hohen, sanft nach innen abfallenden Höcker — Hypoconid 
— trägt, Ms mit ziemlich stark reduzirter Vorderhälfte — Trigonid —, dessen Vorderhöcker — Para- 
conid — gerade noch als Basalwarze angedeutet ist, und einem sehr grossen, flachen, am Rande mit 
mehreren Höckern versehenen Talonid. Alle unteren M ohne Basalband, jedoch die beiden letzten 
mit sehr feiner Runzelung des Schmelzes; Unterkiefer ziemlich lang und hoch, mit nach vorne zu an- 
scheinend wenig gebogenem Unterrande, tiefer Massetergrube und vermuthlich ziemlich schräg und 


— E87 


zwar erst hinter Ms aufsteigendem Aste. Oberer P:ı mit massivem kegelförmigem Hauptzacken — 
Protocon — mit ziemlich starkem Innenhöcker — Deuterocon — und kurzer Schneide — Tritocon —; 
oberer Mı mit zwei stumpfen conischen Aussenhöckern, davon der vordere — Paracon — etwas höher 
als der hintere — Metacon — und niedrigem, gerundet dreieckigem Innenhöcker — Protocon —, 
ausserdem mit kräftigem, halbmondförmigem inneren, sowie mit einem äusseren, namentlich an den Ecken 
stark verdickten Basalwulst, aber ohne deutliche Zwischenhöcker — Protoconulus und Metaconulus —. 
Querschnitt des Mı gerundet dreiseitig, viel breiter alslang, Vorderrand convex, Hinterrand concav; Ms» ver- 
muthlich von ähnlicher Zusammensetzung wie Mı; M3 sehr gross, wohl aus drei undeutlichen Höckern 
bestehend und allseitig von einem Basalwulst umgeben und im Querschnitt elliptisch, anstatt dreieckig. 

Bis jetzt liegen allerdings nur wenige Reste vor, doch gestatten sie immerhin die Aufstellung 
obiger Diagnose. Dass der obere Pı einen sehr kräftigen Innenhöcker — Deuterocon — besessen 
haben muss, geht einmal daraus hervor, dass sein unmittelbarer Antagonist, der Vorderzacken — Para- 
conid — des unteren Mı sehr stark abgekaut erscheint, zweitens aber auch daraus, dass alle übrigen 
P sehr einfachen Bau haben, eine Organisation, die stets mit der Existenz eines sehr starken Innen- 
höckers — Deuterocon — am oberen Pı verbunden ist, wie die Beispiele von Oynodon, Cephalo- 
gale etc. zeigen. Dass der obere Mı von Häder wirklich zu dieser Art gehört, dürfen wir daraus folgern, 
dass er nicht bloss sehr gut mit dem Kaurelief des unteren Mı übereinstimmt, sondern auch daraus, 
dass der obere Mı in der That relativ kurz, aber breit gewesen sein muss, denn nur bei einer solchen 
Beschaffenheit ist es möglich, dass das Trigonid — die Vorderpartie — des unteren M» gar nicht 
abgenützt wurde, weil es eben mit dem oberen Mı in keinerlei Berührung kommen konnte. Bei der 
Aehnlichkeit des Talonid des unteren Mı mit dem correspondirenden Theile des ersten M von Amphi- 
cyon erscheint es als ziemlich selbstverständlich, dass auch der obere Mı dem von Amphieyon sehr 
ähnlich gewesen sein wird, und in der That trifft dies auch für den vorliegenden Zahn von Häder zu. 
Bei der Aehnlichkeit dieses oberen Mı und des unteren Ms» mit jenen von Amphieyon ist aber auch 
zu erwarten, dass auch der obere Ms» einen Ähnlichen Bau besessen hat wie der obere M» von Amphi- 
cyon, so dass man, ohne diesen Zahn selbst zu kennen, doch soviel darüber aussagen kann, dass er 
zwar etwas kürzer und schmäler gewesen sein dürfte als Mı, aber doch im Ganzen die nämliche Zu- 
sammensetzung gehabt haben wird, wie dieser. Jedoch wäre der Umstand in Betracht zu ziehen, dass 
das Abkauungsrelief des unteren Ms» eine schräge Richtung einnimmt, wodurch es sehr wahrscheinlich 
wird, dass die Innenpartie des oberen M» nicht senkrecht zur Zahnreihe gestellt war, wie bei Amphi- 
cyon, sondern eine kleine Drehung nach rückwärts aufgewiesen haben dürfte. Aus der starken Ab- 
nützung des unteren M3 endlich lässt sich der berechtigte Schluss ziehen, dass ein grosser oberer 
Mz vorhanden gewesen sein muss; da aber selbst bei dem doch viel schwächeren oberen M3 von 
Amphicyon meist noch die beiden Aussenhöcker, sowie der Innenhöcker noch erhalten sind, so darf 
eine derartige Zusammensetzung auch ohne Weiteres für den ohnehin viel kräftigeren Ms von Pseu- 
darctos angenommen werden. Wir können uns von ihm wohl am besten in der Weise ein Bild machen, 
dass wir den Ms von Cephalogale zu Grunde legen, nur müssen wir uns die drei Haupthöcker, nament- 
lich Protocon und auch Metacon erheblich niedriger vorstellen, und den zweiten Innenhöcker, den 
Metaconulus, ganz weg denken, wesshalb auch der Querschnitt des Zahnes ein mehr dreieckiger wird. 
Was die Zahl und Form der .J betrifit, so kann über den ersteren Punkt ohnehin kein Zweifel be- 
stehen; ihre Form dürfte conisch gewesen sein, auch hatten wohl wenigstens die äusseren J je eine 
kleine seitliche Basalspitze. Die Zahl der P ist zwar nicht direkt bekannt, doch lässt die geringe 
Krümmung des Unterkieferrandes auf eine beträchtliche Kieferlänge und diese wiederum auf die Vier- 


— 119 — 


zahl der P schliessen. Diese Zähne hatten sehr einfachen Bau; der vorderste war jedenfalls ein- 
wurzelig und sowohl vom C als auch von P» durch eine kleine Lücke getrennt. 

Der lange gerade, erst hinter Ms aufsteigende Kiefer spricht auch für eine ziemlich beträcht- 
liche Länge der Schnauze. 

Mit Ursus und Ursavus hat die neue Gattung die Einfacheit der P, ferner die Vergrösserung 
des Talons der beiden letzten unteren M, sowie den grossen Innenhöcker — Deuterocon — des oberen 
Pı gemein. Natürlich ist die Aehnlichkeit von Pseudaretos mit Ursavus eine viel grössere als mit 
Ursus. Beide besitzen ziemlich lange Kiefer und vier P, dagegen sind die letzteren bei Ursavus 
schon redueirt, auch ist der untere Ms noch nicht so gross geworden; ferner hat die Höhe der Zacken 
der Vorderpartie — Trigonid — am unteren Mı abgenommen, auch ist an Ms» der Vorderzacken — 
Paraconid — verschwunden. Endlich beginnt der aufsteigende Unterkieferast schon dicht hinter Ms. 
Die oberen Molaren lassen sich überhaupt nicht mit denen von Pseudarctos vergleichen, auch ist ihre 
Zahl nur mehr zwei. Letztere Gattung ist demnach im Bau der P und des unteren Mı und des Thi- 
gonid des unteren M., sowie in der Zahl und der Zusammensetzung der oberen M und in der Be- 
schaffenheit des Unterkiefers primitiver, hat aber dagegen in der Complication des Talonid der beiden 
letzten Unterkiefermolaren Fortschritte aufzuweisen. 

Von Amphicyon unterscheidet sich die neue Gattung durch den einfacheren Bau des unteren 
P,, den stärkeren Innenhöcker — Deuterocon — des oberen Pı, die Grösse des Talonid des unteren 
MM; und die Vergrösserung des unteren Ms, welche jedoch mit einer geringen Reduction der Vorder- 
partie — Trigonid — dieser Zähne und der Abstumpfung der Höcker des Talonids verbunden ist, 
ferner durch das flachere Talonid des unteren Mı und die relative Kleinheit dieses Zahnes, ausser- 
dem auch durch die beträchtliche Grösse des Ms, sowie durch die Höhe des Unterkiefers. Dagegen 
waren die oberen M, wenigstens die beiden ersten, denen von Amphicyon sehr ähnlich. Wir finden 
also primitiveres Verhalten hinsichtlich des Baues der P, Fortschritt hinsichtlich der Vergrösserung 
des Innenhöckers — Deuterocon — des oberen P,, der Reduction des unteren Mı, sowie bezüglich 
der Complication des unteren M» und s und des oberen M3. Die Kleinheit des unteren Mı und des 
oberen Mı könnte indess auch darin begründet sein, dass diese Zähne mit der allgemeinen Zunahme 
der Körpergrösse nicht proportionell Schritt gehalten haben, sondern etwa so klein geblieben sind wie 
bei dem allerdings noch nicht bekannten Stammvater im Untermiocaen, der wie gewöhnlich kleiner 
gewesen sein dürfte, als sein Nächkomme im Obermiocaen. Auf keinen Fall kann diese Stammform 
in einer der bisher bekannten Amphicyon-Arten gesucht werden. 

An die gleichfalls im Obermiocaen auftretende Gattung Hemicyon erinnert der Bau und die 
Zahl der P, vielleicht war auch der obere Pı bei beiden sehr ähnlich, dagegen sind die unteren M 
bei Hemicyon viel ursprünglicher, die oberen M dagegen complieirter, während ihre Zahl auf zwei 
zurückgegangen ist. Noch etwas geringer ist die Aehnlichkeit mit Dinocyon, wesshalb von einer Ver- 
gleichung mit ihm Abstand genommen werden kann. 

Mit Cephalogale hat Pseudarctos insoferne etwas grössere Aehnlichkeit aufzuweisen, als auch 
hier die Zähne, wenigstens die P und der untere Mı im Verhältniss zum Unterkiefer ziemlich klein 
sind und der letzte, hier freilich dritte obere, M ovalen Querschnitt besessen haben dürfte. Indessen 
schliesst der Umstand, dass hier bereits im Untermiocaen, wenn nicht schon früher, Reduction der 
Zahl der oberen M, die mit einiger Vergrösserung dieser Zähne derselben verbunden war, stattgefunden 
hat, den Gedanken an eine nähere Verwandtschaft ohne Weiteres aus. 

Ein Vergleich mit Hyaenarctos bietet noch weniger Anklänge als der mit Ursavus; die P 


— 120 — 


sind zwar auch einfach gebaut, aber zugleich viel schlanker, auch hat der untere M3 einige Aehnlich- 
keit, allein am unteren Mı steht der ausserdem auch viel kleinere Innenzacken — Metaconid — viel 
weiter zurück, überhaupt sind alle Zacken viel niedriger. 

Die verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Gattung lassen sich mit Hilfe des bis jetzt vor- 
liegenden Materiales auch nicht einmal annähernd ermitteln. Es ist nur soviel sicher, dass drei obere 
M vorhanden gewesen sein müssen und die beiden ersten derselben gerundet dreieckigen Querschnitt 
besessen haben. Wir hätten es demnach allenfalls mit einem Amphicyoniden zu thun, während die 
Zugehörigkeit zu den Ursiden und Cephalogaliden wegen der Dreizahl der oberen M vollständig aus- 
geschlossen zu sein scheint. An eine Verwandtschaft mit den Caniden ist ohnehin nicht zu denken. 
Allein auch unter allen bekannten Amphicyoniden giebt es keinen einzigen, bei welchem eine ähnliche 
Differenzirung, Reduction des Trigonid und Complication des Talonid der unteren M» und 3 statt- 
gefunden hätte. Auch die Einfachheit des unteren Pı steht ganz beispiellos da, nicht minder 
die starke Rückwärtskrümmung aller oberen M, sowie der sonderbare Bau des Talonid am un- 
teren Mı. 

In der Gestalt der Unterkiefermolaren, wenigstens des Mı und >, schliesst sich Pseudarctos 
sehr enge an Pachycynodon an, dagegen spricht jedoch die Einfachheit des oberen Mı, sowie die 
Dreizahl der oberen M gegen eine nähere Verwandtschaft zwischen beiden Gattungen. Eine solche 
wäre nur mit Hilfe der Annahme zu construiren, dass beide eine gemeinsame Stammform besessen 
hätten, bei welcher die oberen M noch keinen zweiten Innenhöcker, recte Metaconulus besessen hätten. 
Die Dreizahl der M von Pseudarctos könnte allenfalls erworben sein, oder aber Pachycymodon hätte 
den dritten M verloren. 


Pseudarctos bavaricus n. sp. 
(Taf. XII, Eig. 17. 21.22.) 


Von dieser Art liegen vor ein unterer Ü', das Fragment des rechten Unterkiefers mit Pı — Ms, 
das Fragment des linken Unterkiefers mit Pı und Mı, alle von einem Individuum stammend, und 
ein linker oberer Mı. 


Unterkiefer: 
P. Länge = 9 mm; Breite am Hinterrande = 5,5 mm; in Mitte = 4,5 mm; Höhe = 5,5 mm. 
Mm ZA, 5 5 a =. 3 N ee Re, „ . des Protoco- 
nid = 8 mm, des Talonid = 4 mm. 
VE en ® \ h —7,8 „ vome — 7 mm, Höhe des Protoconid 
7 mm. 
Ms — rg 5 „ Protoconid = 7,8 „ am Talonid = 7,3 mm; Höhe des Proto- 
conidd = 5 mm. 
Höhe des Unterkiefers unterhalb Pı = 25,5 mm, unterhalb Mı —= 27 mm, unterhalb 


Ms — 29 mm, Dicke — 9,5 mm. 
Länge der Krone des Canin eirca 17 mm, Länge von Krone und Wurzel circa 35 mm. 


Grösster Durchmesser an Kronenbasis = 9,5 mm, kleinster = 7 mm. 
Länge des oberen Mı — 9,8 mm; grösste Breite = 13 mm; Höhe des Paracons = 5 mm. 
bi) » > M: —=8 ” ? bi) ” = 11 » % 


NUR — 6,5 » 2 2) ” =38 n % 


— 1211 — 


Ich halte es für nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Oberkieferreste, welche GaILLARD in 
seiner soeben erschienenen Arbeit! auf Cephalogale bezieht, in Wirklichkeit zu Pseudarctos gehören, 

Vorkommen: Im Obermiocaen (Flinz) von Tutzing am Starnberger See und (oberer Mı) von 
Häder bei Dinkelscherben (Schwaben), vielleicht auch in la Grive St. Alban (Isere). 


Dinocyon. 
(Taf. XIV, Fig. 32.) 


Nachdem die auf diese Gattung bezogenen Reste des göriachensis zu Hemicyon gestellt werden 
mussten, verbleibt für Dinocyon nur mehr die einzige Species Dinocyon Thenardi JoURDAN, so dass 
also die Genusdiagnose mit der Speciesdiagnose zusammenfällt. Leider kennt man bisher nur ein 
Unterkieferbruchstück, isolirte Zähne und Metacarpalien, so dass eine vollständigere Charakterisirung 
dieser Gattung nicht möglich ist. 

Ineisiven des Unterkiefers mit seitlicher Nebenspitze, oberer Canin diek, von ovalem Quer- 
schnitt, ohne Kanten, unterer Mı mit hohem Hauptzacken — Protoconid — und sehr weit zurück- 
stehendem Innenzacken — Metaconid —, Talonid aus winzigem conischem Entoconid und schneidendem 
Hypoconid bestehend, M.» mit Andeutung eines Vorderzacken — Paraconid — ziemlich hohem Aussen- 


zacken — Protoconid —, opponirtem Innenzacken — Metaconid —, Talonid ausser mit Hypoconid 
und Entoconid noch mit einem zwischen letzterem und dem Metaconid befindlichen Zwischenhöcker 
versehen; Ms klein, aber noch alle drei Zacken der Vorderpartie — Trigonid — eines typischen M 


aufweisend und mit becherförmigem Talonid versehen; oberer Pı mit hohem Hauptzacken — Proto- 
con —, schneidend entwickeltem Hinterzacken — Tritocon —, sehr kleinem, ziemlich weit vorstehen- 
dem Innenhöcker — Deuterocon — und schwachem vorderen Basalhöcker — Protostyl —; oberer 
M' aus je zwei conischen Aussenhöckern, einem niedrigen Innenhöcker — Protocon —, sowie zwei 
Zwischenhöckern bestehend, die sich mit dem Innenhöcker verbinden und von welchen der vordere — 
Protoconulus — wesentlich kleiner ist als der hintere — Metaconulus —; Ms von ähnlicher Zu- 
sammensetzung wie Mı, aber mit reduzirtem zweiten Aussenhöcker — Metacon — und sehr kräftigem 
zweiten Zwischenhöcker; Querschnitt des oberen Mı gerundet dreieckig, Querschnitt des Ma» gerundet 
trapezoidal; beide M mit kräftigem innerem Basalwulste und ziemlich starkem äusserem Basalband. 
Anwesenheit eines dritten oberen M nicht ganz ausgeschlossen, da der obere M» noch das ganze 
Talonid des unteren Ms frei lässt. Metacarpalien denen von Amphicyon ähnlich, relativ kurz 
und plump. 

Leider hat man bis jetzt noch keine Praemolaren gefunden, so dass sich über deren Be- 
schaffenheit nichts Bestimmtes ermitteln lässt. Aus der Aehnlichkeit der oberen M mit jenen von 
Hemicyon könnte man allerdings den Schluss ziehen, dass die P hier ebenfalls klein und einfach gebaut 
waren; da aber der im Folgenden noch näher zu beschreibende und höchst wahrscheinlich zu Dinoeyon 
gehörige obere Pı von Heudorf dem entsprechenden Zahne von Amphicyon im Ganzen sehr ähnlich 
ist, und sein Innenhöcker — Deuterocon — ebenfalls sehr geringe Dimensionen besitzt und sehr weit 
vorne steht, anstatt wie bei Hemicyon der Mitte genähert zu sein, so wird es doch wieder nicht ganz 
unwahrscheinlich, dass auch die übrigen P denen von Amphieyon ähnlich gewesen sein dürften. 


: 1899. Cephalogale sp. ? GaıLLarn, Mammiferes mioc. nouyeaux ou peu connus. Arch. du Mus. d’hist. nat. 
Lyon. T. VII. p. 50. fig. 26. 


Palaeontographica Bd. XLVI. 16 


[S27 


oe 


Auf die Unterschiede zwischen Dinocyon und Hemicyon habe ich schon bei Besprechung der 
letzteren Gattung hingewiesen und dabei die Gründe, welche FırHor für die Trennung beider Genera 
geltend macht, als richtig anerkannt. Mit Pseudocyon hat Dinocyon wahrscheinlich die Gestalt des 
Kiefers, die Beschaffenheit der J, CO und P gemein, sowie die Zusammensetzung des unteren Mı, 
dagegen sind die unteren M> und 3 bei letzterem viel einfacher und die oberen im Verhältniss viel 
kürzer. Ueberdies fehlt bei Dinocyon der obere Ms vollständig, auch weist der Canin keine Kante auf. 


Immerhin sind beide Gattungen doch vielleicht mitemander näher verwandt, und könnte daher 
Dinocyon allenfalls als ein Nachkomme von Pseudocyon betrachtet werden, welcher eine gewisse Com- 
plication seiner Molaren erfahren hat. Jedoch bestehen auch wieder im Bau der Molaren so viele 
Anklänge an Hemicyon, dass man fast immer wieder in Versuchung kommt, Dinocyon für einen 
nahen Verwandten von Hemicyon zu halten, denn es ist doch nicht recht gut denkbar, dass eine solche 
Aehnlichkeit nur auf gleichartiger Differenzirung beruhen sollte. 

Wenn ich also diese Gattung hier vorläufig zusammen mit den Amphicyoniden behandle, so 
geschieht es nur wegen der Beschaffenheit des oberen Pı und der Metapodien, jedoch bemerke ich 
ausdrücklich, dass sich bei genauerer Kenntniss dieser Reste gleichwohl eine innigere Verwandtschaft 
mit Hemicyon und folglich mit Cephalogale und Pachycynodon ergeben könnte. 

Bis jetzt kannte man von dieser Art nur ein Unterkieferfragment, zwei Incisiven, einen CO 
und die oberen und unteren Molaren, sowie den Metacarpus. Später beschrieb DEPERET einen wei- 
teren unteren Ms. Alle diese Reste stammen aus dem Öbermiocaen von La Grive St. Alban (Isere). 
Letzterer Zahn ist insoferne interessant, als seine Wurzel eine Zweitheilung erkennen lässt. 

Mir liest ein Fragment eines riesigen Pı des rechten Oberkiefers aus den Bohnerzen von 
Heudorf in Baden vor, der seinen Dimensionen nach nur auf diese Art bezogen werden kann, da bis 
jetzt im Miocaen kein anderes Raubthier von solcher Grösse bekannt ist. Da nun auch der Bau dieses 
Zahnes dem von Amphicyon zwar nicht unähnlich ist, aber doch auch wieder durch das Fehlen des 
Basalbandes und die eigenthümliche Aufwärtsverschiebung des Innenhöckers — Deuterocon — ziemlich 
bedeutend abweicht, so ist nicht wohl daran zu zweifeln, dass er wirklich zu Dinoeyon Thenardi gehört. 


Einen sehr ähnlichen Zahn, den oberen Pı des linken Oberkiefers, hat H. v. Meyer in seinem 
Manuscript aus den Bohnerzen von Mösskirch abgebildet. Er zeichnet sich durch den auffallend nie- 
drigen und kurzen, schneidend entwickelten Hinterzacken — Tritocon — und durch die kräftige Ent- 
wicklung seines äusseren Basalhöckers — Protostyl — aus; bei dem mir vorliegenden Zahn ist 
letzterer viel schwächer, zeigt aber doch den nämlichen Typus, so dass an der specifischen Ueberein- 
stimmung dieser Reste nicht wohl gezweifelt werden kann. Beide Stücke ergänzen sich in durchaus 
befriedigender Weise, denn an dem Heudorfer fehlt der Tritocon, an dem Mösskircher der Deuterocon. 


Vorkommen: Im Obermiocaen von La Grive St. Alban (Isere) und in den Bohnerzen von 
Heudorf und Mösskirch in Baden. 


Pseudocyon. 


Reste dieser Gattung sind schon seit längerer Zeit und aus verschiedenen Ablagerungen 
bekannt, aber stets als Amphieyon beschrieben worden. Fırmon hat zwar diese von LARTET auf- 
gestellte Gattung wieder zur Geltung gebracht, ohne sich jedoch die Mühe zu geben, das aus Sansan 
stammende Material nach’ solchen Resten, namentlich nach hieher gehörigen Oberkiefern zu unter- 


—y 1237 — 


suchen, er begnügte sich vielmehr mit einer weitschweifigen, aber nichts weniger als präcisen Be- 
schreibung eines Unterkiefers. Diese bisher so stiefmütterlich behandelte, aber, wie ich jetzt gerne 
anerkenne, durchaus gerechtfertigte Gattung charakterisirt sich in folgender Weise: 

- J = C - 12 = M. Ineisiven wahrscheinlich ohne Nebenzacken, unterer Canin dick, 
auf der Rückseite mit hoher gezähnelter Schneide versehen; oberer C auf der Innenseite abgeflacht 
und mit zwei gezähnelten Kanten versehen; untere P klein, aber sämmtlich zweiwurzelig; oberer Pı 
ein-, P2— 3 zwei- und P: dreiwurzelig.. Die drei ersten P von einander und vom C durch lange 
Zahnlücken getrennt, alle P ringsum von Basalband umgeben, der relativ hohe untere Pı ausserdem 
auch mit Hinterhöcker — Metaconid — versehen, oberer Pı mit bald kleinerem, bald grösserem, stets 
weit vorn stehendem Innenhöcker — Deuterocon —, unterer Mı mit sehr hohem Hauptzacken — 
Protoconid —, niedrigem Vorderzacken — Paraconid —, ziemlich weit zurückstehendem Innenzacken 
— Metaconid — und auffallend kurzem und schwachem Talon — recte Talonid —, nur aus dem 
schneidenden Aussenhöcker — Hypoconid — und einem sehr kleinen Innenhöcker — Entoconid — 
bestehend; M.» eigentlich nur aus dem schneidend entwickelten Protoconid, dem Metaconid und dem 
sehr kurzen Hypoconid nnd einem allseitigen Basalbande gebildet; Ms relativ gross, einwurzelig, aber 
noch mit deutlichem Protoconid und Hypoconid versehen; oberer Mı und >» tritubereulär, vorderer 
Aussenhöcker — Paracon — wesentlich grösser als hinterer — Metacon —, Innenhöcker — Protocon — 


auffallend klein und niedrig, erster Zwischenhöcker — Protoconulus — sehr undeutlich bis fehlend, 
zweiter — Metaconulus — ganz unkenntlich; Ms mit nur einer, aber an der Spitze gespaltener 
Wurzel, aus einem deutlichen Aussenhöcker — Paracon — und einem Innenhöcker — Protocon — 


bestehend, und allseitig von einem dicken Basalwulst umgeben, der an Mı auf die Innenseite be- 
schränkt, an M» aber auch auf der Vorder- und Rückseite vorhanden ist. Querschnitt von Mı ge- 
rundet dreieckig, von M» annähernd oval, jedoch vor und hinter dem Metacon etwas eingebuchtet; 
Querschnitt des oberen Ms elliptisch. 

Bemerkenswerth erscheint die Länge der Zahnlücke zwischen dem © und Pı des Unterkiefers. 
Dieser selbst erinnert viel mehr an jenen der Bären als an den von Amphicyon. 

Pseudocyon vermittelt den Uebergang von Amphieyon zu Dinoeyon. Mit letzterem hat er, 
wie schon erwähnt, grosse Aehnlichkeit im Kieferbau, in der Zusammensetzung des unteren Mı und 
in der Gestalt der €, vermuthlich auch in der Form der J und P. 

An Amphieyon dagegen erinnert die Dreizahl der oberen M und die Gestalt der unteren 
M: und s und die Form des Umrisses der oberen M. Indessen lässt sich Pseudocyon von keiner der 
besser bekannten Amphicyon-Arten ableiten, und da er ohnehin schon im Untermiocaen gleichzeitig 
mit Amphieyon auftritt, so wird es sehr wahrscheinlich, dass beide nur den Stammvater miteinander 
gemein haben. Die Unterschiede gegenüber Amphicyon bestehen in der Abstumpfung des Vorder- 
randes der Unterkiefer, in der grösseren Höhe des Protoconid des unteren Mı und in der Kürze des 
Talonid am unteren Mı und >», ferner in der geringen Höhe des Protocon und in der Stärke des 
inneren Basalwulstes der oberen M, namentlich des M:, sowie in dem Fehlen von Zwischenhöckern 
an diesen Zähnen. 

Pseudocyon wäre nach FırHor bis jetzt nur durch einen Unterkiefer aus Sansan vertreten. 
In Wirklichkeit sind jedoch seine Reste viel zahlreicher. Sie vertheilen sich auf zwei Arten, nämlich: 
Pseudocyon sansaniensis LARTET aus dem Obermiocaen von Sansan und Pseudocyon bohemieus n. SP. 
(Amphiceyon intermedius Suzss) aus dem Untermiocaen von Tuchorice in Böhmen. 


— 114 — 


Pseudocyon sansaniensis LARTET. 


Amphicyon major BLAınvILLe, Osteographie Subursus, pl. XIV, p. p. 
1868. " intermedius PETERS, Eibiswald II. Denkschriften der math.-naturw. Cl. Wien, Acad. Bd. 29, 
p- 190. Taf. III, Fig. 1—7. 


1891. Pseudocyon sansaniensis Fırsot, Ann. science. g6ol. Tome 21. p. 153. pl. X, fig. 1—3. 

Ich rechne hieher ausser dem von FırHmon abgebildeten Unterkiefer auch den Unterkiefer 
und den oberen Pı aus den Braunkohlen von Eibiswald in Steiermark, welche Prrers als Amphieyon 
intermedius beschrieben hat, sowie zwei mir vorliegende isolirte M aus Sansan, den unteren und 
oberen Ms, jedoch habe ich den ersteren vorläufig als zu major gehörig abgebildet. 

Wie schon aus der Diagnose der Gattung Pseudocyon hervorgeht, unterscheidet sich diese 
Art in mehrfacher Beziehung von den ältesten Amphicyon, so dass sie nicht gut mehr bei dieser 
letzteren Gattung belassen werden kann. Am oberen Ms» fällt namentlich die starke Einbuchtung des 
Hinterrandes neben dem Metacon auf, sowie die Kleinheit dieses Höckers im Vergleich zum Paracon, 
ferner die geringe Entwicklung des Protocon, an dem unteren Mı die Reduction des Vorderzacken — 


Paraconid — und die Höhe des Hauptzackens — Protoconid —, sowie die Verkürzung und Verein- 
fachung des Talonid, auch an Ms» zu beobachten. 
Länge der oberen M» — 21 mm, Breite = 31 mm, Höhe des Paracon — 13 mm, Höhe 


des Metacon — 9 mm. 

Im Ganzen hat jedoch diese Art immer noch mehr Aehnlichkeit mit den typischen Amphi- 
cyon als die folgende. In ihren Dimensionen steht sie hinter Dinocyon Thenardi und dem allerdings 
nur mangelhaft bekannten Amphicyon giganteus LAURILLARD zurück, ist aber immerhin grösser als 
Hemicyon samsamiensis und Amphieyon steinheimensis. 

BtAamviırte bildet Subursus pl. XV eine Anzahl Knochen aus Sansan ab, die wohl zu Pseu- 
docyon sansamiensis gehören und gegenüber denen der ächten Amphicyon immerhin einige Unterschiede 
erkennen lassen. So inserirt die Spange des Epicondylus internus beim ächten Amphicyon viel höher 
oben am Humerusschaft, ferner hat der Astragalus einen viel längeren Hals und die Metapodien und 
Phalangen sind verhältnissmässig viel länger. 

Vorkommen: Im Öbermiocaen von Sansan (Gers) und Eibiswald (Steiermark) und in La 
Chaux de Fond —, ein unterer Ms in H. v. Meyer’s Manuscript abgebildet —. 


Pseudocyon bohemicus n. sp. 
(dar XIV Rio 324.9) 
1861. Surss, Amphieyon intermedius, Ueber die grossen Raubthiere der österreich. Tertiärablagerungen. Sitz.- 
Bericht d. k. k. Acad. Wien. Math.-naturw. Cl. Bd. XLIN. 1. Abth. 
p. 224. Taf. II. 

1888. SCHLOSSER, „, „ Suzss (von H. v. Mey.) Affen.... p. 298. 

Wie ich schon früher an anderer Stelle gezeigt habe, sind unter der Bezeichnung Amphieyon 
intermedius H. v. Meyer sehr verschiedene Formen zusammengeworfen worden, so dass es am besten 
wäre, diesen Namen ganz fallen zu lassen, doch kommen hier die Stücke, auf welche H. v. Meyer 
diese Art begründete, ohnehin nicht in Betracht, sondern nur jene, welche Suess irrthümlicher Weise 
damit identifizirt hat. 

Es sind dies isolirte, aber jedenfalls ein und demselben Individuum angehörige Zähne aus 
dem untermiocaenen Süsswasserkalk von Tuchorice in Böhmen. 


Se en ee ee ee 


BE I Zz 


BETEN, 


—_ 


Suess beschrieb und bildete hievon ab zwei untere und einen oberen J, letzterer sicher Js, 
den linken oberen und rechten unteren C, die oberen linken Ps und «, ein Fragment des rechten 
oberen Mı, den linken oberen M3 und die linken unteren Mı und >. Mir liegen von der nämlichen 
Localität vor zwei Fragmente des oberen Mı, ein Fragment des linken oberen M> und ein gut er- 
haltener linker oberer Ms. Durch die eigenartige Entwicklung der Molarhöcker unterscheidet sich diese 
Art ganz fundamental von den ächten Amphieyon-Arten. Die Eigenthümlichkeit besteht darin, dass die 
Höcker nicht wie bei Amphicyon allmählig in den Basaltheil der Krone verlaufen, sondern sich ganz 
unvermittelt erheben, so dass es geradezu den Eindruck macht, als ob sie eigentlich gar nicht zu dem 
betreffenden Zahne gehörten, sondern nur rein zufällig auf die Krone aufgesetzt worden wären. Diese 
Eigenthümlichkeit macht sich besonders an den Höckern des Talonids des unteren Mı und dem Innen- 
höcker — Proton — der oberen Mı und M» bemerkbar, doch scheint dieses Verhältniss in der Zeichnung, 
welche Svess vom unteren Mı gegeben hat, etwas übertrieben zu sein, denn ein mir vorliegender 
Gypsabzuss eines solchen Zahnes aus Tuchoric hat bei Weitem nicht dieses befremdende Aussehen, 
welches nach jener Abbildung zu vermuthen wäre. Höchst auffällig ist auch das Aussehen des von 
Suzss Fig. 12 abgebildeten Zahnes, den dieser Autor nicht näher zu bestimmen wagte, der aber sicher 
der untere Ms ist. Die Oberfläche scheint stark corrodirt zu sein, was in der Zeichnung überflüssiger 
Weise sehr stark auf Kosten der viel wichtigeren Details zum Ausdruck gebracht erscheint, doch 
dürfte immerhin noch auf die Anwesenheit eines hohen Protoconid und eines deutlichen schneidenden 
Hypoconid, sowie eines kräftigen Basalbandes zu schliessen sein. Die Reduction des Protocon der 
oberen M ist bei dieser Art viel bedeutender als bei der vorigen, auch fehlen Zwischenhöcker voll- 
ständig, so dass es nicht recht wahrscheinlich wird, dass zwischen beiden ein genetischer Zusammen- 
hang besteht, denn diese Unterschiede erweisen sich offenbar als besondere Spezialisirung, und ist also 
nicht gut anzunehmen, dass die jüngere Art einen ursprünglicheren Typus aufweist, als ihr direkter 
Vorläufer. 

Da die abgebildeten Zähne zum Theil nur copirt, zum Theil reconstruirt, die übrigen jedoch 
ohnehin in natürlicher Grösse gezeichnet sind, kann ich von Maassangaben vollständig absehen. 

Ausser in Tuchorie scheint diese Art auch in Weisenau vorzukommen, wenigstens bildet 
H. v. Meyer in seinem Manuscript den hier copirten unteren M» ab, der seiner ganzen Form nach 
nur bei dieser Species untergebracht werden kann. Gleich einem mir vorliegenden Ma des Pseudo- 
cyon sansaniensis unterscheidet auch er sich von dem entsprechenden Zahne von Amphicyon durch die . 
Höhe seines Protoconid und die Kürze seines Talonid. 

Vorkommen: Im Untermiocaen von Tuchoric in Böhmen und von Weisenau bei Mainz. 


Amphicyon. 


Fossile Reste von Amphicyon sind im Miocaen und zwar sowohl im oberen als auch im unteren 
keineswegs selten. Sie vertheilen sich auf ziemlich viele Arten, deren Grösse zwischen der eines 
grösseren Hundes, etwa Hühnerhundes, bis zu der eines Bären wechselt. Trotz des nicht seltenen 
Vorkommens von Amphicyon-Resten sind doch nur wenige vollständige Zahnreihen bekannt, so dass 
ich * seinerzeit die Zahnformel nicht mit voller Sicherheit anzugeben wagte und auch die Möglichkeit 
offen liess, dass noch zuweilen ein vierter unterer M vorkommen könnte. Wie ich jedoch jetzt nach 


* Scatosser, Die Affen.... und Carnivoren des europäischen Tertiärs. Beiträge zur Palaeontologie Oester- 
reich-Ungarns von Neumark. Wien 1888. p. 61 (285). 


— 126 — 


neueren Studien feststellen kann, darf die Zahnformel unbedenklich zu - J : C : 12 ; M an- 
genommen werden. Der Grund, wesshalb ich zur Annahme eines etwa zuweilen vorhandenen M« 
gelangte, ist der, dass O. Fraas‘ in seiner Monographie über Steinheim einen Unterkiefer mit vier M 
abbildete. In seinem viel später erschienenen Nachtrag” trennt er die betreffende Form von major 
und stellt hiefür eine besondere Art — steinheimensis auf. Er erwähnt hiebei allerdings, allein ganz 
versteckt unter einer Menge höchst unwichtiger Bemerkungen, dass dieser Zahn in Wirklichkeit der 
obere Ms sei, obwohl es doch das Richtigste und Einfachste gewesen wäre, denselben vom Unter- 
kiefer loszulösen, im Oberkiefer einzufügen und mit letzterem neu abzubilden. Die Dilettantenhaftigkeit 
jenes Autors also hat mich seinerzeit auch verführt, einen der mir vorliegenden isolirten Zähne aus 
dem Untermiocaen von Haslach bei Ulm, die unzweifelhaft von einem einzigen Individuum herrühren, 
irrthümlicher Weise als unteren Mı zu deuten, während er in Wirklichkeit der obere Ms ist. Diese 
beiden Individuen von Haslach resp. Steinheim sind, was die Molaren anlanst, die vollkommensten, 
welche bis jetzt vorliegen, wesshalb ich im Folgenden eingehender darauf zu sprechen kommen werde; 
ausserdem kommen in dieser Beziehung nur mehr der von Gaupry ° abgebildete Oberkiefer des Amphi- 
cyon major, sowie Ober- und Unterkiefer, ebenfalls von A. major und zwar gleichfalls aus Sansan, 
von FırHou * beschrieben und abgebildet, in Betracht, indess hat es letzterer Autor versäumt, die- 
selben in natürlicher Grösse zeichnen zu lassen und von ihnen die doch so unendlich wichtige Ober- 
ansicht zu geben, so dass also mit dieser Zeichnung recht wenig anzufangen ist. Ueberhaupt eignet 
sich diese Art schon an und für sich weniger als Typus für die Gattung Amphicyon, denn sie ist geo- 
logisch eine der jüngsten und erweist sich auch schon durch ihre Grösse als stark spezialisirt. 

Aus dem Untermiocaen sind den französischen Autoren bisher anscheinend keine vollständigen 
Zahnreihen bekannt. Es lassen daher unsere Kenntnisse vom Gebiss der Gattung Amphieyon noch 
Manches zu wünschen übrig. Ich möchte hier auch gleich bemerken, dass auch der Typus der Zähne 
der einzelnen Amphicyon-Arten keineswegs der nämliche ist, insbesondere gilt dies für die Grösse und 
Zusammensetzung des oberen Mas, die Reduction der vorderen P, die sogar zum Verlust des ?ı führen 
kann, doch sind dies Differenzen, die zum Theil als eine nothwendige Folge der morphologischen Ent- 
wicklung dieses Formenkreises erscheinen. In mehrfacher Beziehung stimmen jedoch alle Amphieyon- 
Arten vollkommen überein, nämlich in der Anwesenheit von nur einem Innenhöcker, dem Protocon, 
auf den oberen M, ferner in der Anwesenheit von allerdings meist kleinen Zwischenhöckern — Proto- 
conulus und Metaconulus — am oberen Mı und >, sodann in dem Besitz eines Nebenhöckers — Meta- 
conid — am unteren Pı, und endiich in der Form der Metapodien und der übrigen Extremitäten- 
knochen, namentlich auch darin, dass die Entepicondylusspange des Humerus stets sehr weit oben 
inserirt. In allen diesen Punkten gleichen sich die einzelnen Arten, soviel wenigstens davon bekannt 
ist, beinahe vollkommen. Ich werde diese Skeletknochen in einem besonderen Abschnitte behandeln. 
Von einer Besprechung der einzelnen Amphicyon-Arten glaube ich absehen zu dürfen, ich begnüge 
mich vielmehr mit der Charakterisirung der wichtigsten und am besten bekannten Typen. Auch halte 
ich es für überflüssig, eine besondere Diagnose dieser Gattung zu geben, die Unterschiede gegenüber 
Dinocyon, Pseudocyon habe ich schon bei Besprechung der letzteren Genera angeführt. 


! Fraas, O., Fauna von Steinheim, Jahreshefte des Vereins für vaterl. Naturk. in Württemb. 1870. p. 158. 
Taf. IV, Fig. 11. 12. 

® Fraas, O., Beiträge zur Fauna von Steinheim. Ibidem 1885. p. 314. Taf. IV, Fig. 1. 

> Enchainements du monde animal. Mammiferes tertiaires. Paris 1878. p. 212. fie. 277. 

* Mammiferes de Sansan. Ann. sciences geolog. 1891. Tome 21. p. 160. pl. XI. 


— Ta 
Amphicyon steinheimensis Fraas. 


Diese Art bietet den unbestreitbar grossen Vorzug, dass hier Ober- und Unterkiefer von dem 
gleichen Individuum herrühren. Ich gebe daher von ihr eine ausführlichere Beschreibung, um bei 
den später noch zu besprechenden Formen auf einen besonders charakteristischen Typus verweisen 
zu können. 

Die J haben hier eine spitze Krone und ein kräftiges inneres Basalband, aber keinerlei Neben- 
spitzen. Sie nehmen nach aussen rasch an Grösse zu. Der ebenfalls sehr spitze C hat auf der 
Rückseite eine scharfgezähnelte Schneide; die Aussenseite ist stark convex, die Innenseite flach. Die 


Zahl der P beträgt nur = die der M a jedoch bin ich nicht sicher, ob diese Reduction der 
Ü {2} 


P-Zahl nicht doch bloss individuell ist. Von den unteren P ist der hinterste — Pı — zweiwurzelig 
und vorne und hinten mit je einem Nebenhöcker — Paraconid resp. Metaconid — versehen, die beiden 
vorderen P sind klein und einwurzelig, haben jedoch wie alle anderen Backzähne ein deutlich dickes 
Basalband. Der kleine obere Pı hat nur eine, P» und 3 dagegen je zwei Wurzeln. Ps besitzt eine 
Art Innenhöcker — Deuterocon. Letzterer ist auch an Pı nicht besonders stark entwickelt; er steht 
auch ziemlich weit zurück. Vor dem Hauptzacken — Protocon — befindet sich ein kräftiger Basal- 
höcker — Protostyl, hinter ihm eine mässig hohe Schneide — Tritocon. Die unteren M zeichnen 
sich durch relativ einfachen Bau aus. Der Vorderzacken des unteren Mı — Paraconid — ist ziemlich 
niedrig, ebenso der nur wenig nach rückwärts verschobene Innenzacken — Metaconid —; am Talonid 
sind beide Höcker — Entoconid und Hypoconid — als Schneiden entwickelt, ebenso am Talonid des 
27: und vielleicht auch an dem des Ms. An diesen beiden letzteren Zähnen fehlt jede Spur eines Vorder- 
zacken — Paraconid —; Aussen- und Innenzacken — Protoconid resp. Metaconid — sind opponirt 
gestellt. Ms hat bloss eine Wurzel, scheint aber dem M» sonst ziemlich ähnlich zu sein, abgesehen 
von seiner geringeren Grösse. Der obere Mı hat gerundet dreieckigen, M» gerundet oblongen Quer- 
schnitt, ebenso auch Ms. Der Innenhöcker — Protocon — des oberen Mı ist dreieckig, der des 
oberen M: hingegen halbkreisförmig, auch hat an diesem Zahne eine Reduction des hinteren Aussen- 
höckers — Metacon — stattgefunden, während er an Mı ebenso gross ist wie der vordere — Para- 
con. An Ms dürfte wohl der erstere ganz verloren gegangen sein. Von den Zwischenhöckern scheint 
der vordere — Protoconulus an Mı etwas kräftiger gewesen zu sein äls der hintere — Meta- 
conulus; an M» waren beide ebenfalls schwach. Alle oberen M haben einen starken inneren Basal- 
wulst, der an M3 mit dem äusseren Basalband verschmolzen sein dürfte; Ms besitzt nur eine Wurzel, 
von elliptischem Querschnitt, die sich jedoch vermuthlich an der Spitze theilte. 

Diese Form hat im Ganzen den Typus des später zu besprechenden Amphicyon lemanensis 
zeigt aber auch immerhin gewisse Anklänge an Pseudocyon bohemicus, namentlich im Bau der beiden 
letzten oberen M. 

Vorkommen: Im Obermiocaen von Steinheim. 


Amphieyon major Larr. 
(Taf. I, Fig. 27.) 
1387. Der£rer, Vertebres miocenes de la vallee du Rhöne. Arch. du Mus. d’hist. nat. Lyon. Tome IV. 
p. 140. pl. XII, Fig. 5—7. 
1891. Fırmor, Mammiferes. Sansan. Ann. scienc. geologiques. Tome 21. 1891. p. 160. pl. XI. 
1893. Horsass, Fauna von Göriach. Abhandl. der k. k. geolog. Reichsanst. Wien. p. 23.. Taf. IV, Fig. 5. 


— 12383 — 


Fın#on giebt von dieser Art nur eine auf '/s verkleinerte Abbildung, so dass man ausschliess- 
lich auf den Text angewiesen ist. Auch dieser lässt trotz seiner Weitschweifigkeit doch so gut wie 
alles zu wünschen übrig, da die ganze Beschreibung hauptsächlich darauf gerichtet ist, die Unter- 
schiede gegenüber Canis lupus hervortreten zu lassen, was natürlich höchst überflüssig ist. Die obere 
Zahnreihe misst 150 mm. Die Zahnformel ist die nämliche wie bei steinheimensis, auch scheint der 
Bau der P ungefähr der nämliche zu sein, dagegen differiren beide Arten sehr stark in den Dimen- 
sionen, insoferne sie bei steinheimensis nur °/s von denen des major betragen. 

Trotzdem diese Art nach FırsoL in Sansan gar nicht besonders selten ist, wissen wir doch 
noch recht wenig über die Form und Zusammensetzung der einzelnen Zähne. Die P bieten anscheinend 
nichts besonders Auffallendes, nur der obere P; zeichnet sich dadurch aus, dass ein vorderer Basal- 
höcker — Protostyl — vollständig fehlt und auch der Innenhöcker — Deuterocon — sehr klein ist. 
Die oberen M zeichnen sich durch die starke Entwicklung des inneren Basalwulstes aus, der sich 
sogar in Warzen aufzulösen beginnt, sowie durch die kräftige Entwicklung des hinteren Zwischen- 
höckers — Metaconulus —, wodurch sie sich wohl am leichtesten von den Zähnen des Pseudocyon 
unterscheiden lassen dürften. Der obere Ms ist nach Fıraos dreiwurzelig. Die unteren M besassen 
vermuthlich ein ziemlich langes Talonid mit stumpfkantigem Hypoconid; die beiden Höcker der Vorder- 
partie — Trigonid — des unteren M» waren opponirt gestellt; der untere Ms ist nach Drr£rer 
allseitig von einem Basalwulst umgeben, welcher sich wie am oberen M» in einzelne Warzen auflöst. 
Das Protoconid ist noch deutlich erkennbar. 

Hinsichtlich der Dimensionen scheint diese Art sehr bedeutenden Schwankungen unterworfen 
zu sein, was ja bei einem so riesigen Thier nicht allzu sehr überraschen kann und auch beim lebenden 
ungefähr gleich grossen Ursus arctos ein Analogon findet. Der£rer ist desshalb geneigt, sogar Amphi- 
cyon steinheimensis nur für eine kleinere Rasse zu halten, was jedoch schon an und für sich zu weit 
geht und auch wegen der Einfachheit der M dieser letzteren Art nicht sehr wahrscheinlich ist. Ein 
mir vorliegender oberer Mı von Georgensgemünd scheint in seinen Dimensionen sich dem Minimum 
dieser Art zu nähern. Seine grösste Breite — 29—30 mm (?), Länge = 21—22 mm. 

Vorkommen: Im Obermiocaen von Sansan (Gers), La Grive St. Alban (Isere), im Unter- 
pliocaen (?) der Cerdaigne, im Flinz der bayrisch-schwäbischen Hochebene, im Süsswasserkalk von 
Georgensgemünd und in den Braunkohlen von Göriach in Steiermark. 


Amphicyon giganteus LAURILLARD. 

1884. LypErker, Catalogue of Fossil Mammalia of. the British Museum. Part I. p. 136. 

Von dieser gewaltigen, dem Amphieyon major an Grösse mindestens gleichkommenden Art 
liegen bisher immer nur wenige Reste vor, isolirte Zähne und vereinzelte Knochen. 

Nach LYDERkER wäre die Localität Avaray — Cher et Loire —, von wo der von CuvIER und 
BLAINVILLE, Subursus pl. XIV, abgebildete obere Mı stammt, untermiocaen, und geht es daher aus 
geologischen Gründen nicht wohl an, den Amphieyon intermedius, sowie Amphicyon major von Sansan 
mit dieser Art zu identifiziren; wie ich es früher gethan habe. Der erstere scheidet jedoch von Amphi- 
cyon aus, da er sich als Pseudocyon erweist, hingegen ist der letztere jedenfalls sehr nahe mit gögan- 
teus verwandt. Es kommt in der That auch in Gerand-le Puy von PomEn als crassidens angeführt, 
von Firson ' aber mit major identifizirt, sowie im Süsswasserkalk von Ulm ein riesiger Amphicyon 


118749: Fitzor, Mammiferes fossiles de l’Allier. Annal. science. geol. Tome X. p. 75. 


a) 


vor, der alsdann, soferne die Localität Avaray wirklich in’s Untermiocaen gerechnet werden muss, 
wohl unbedenklich als Amphicyon giganteus angesprochen werden könnte. Die mir vorliegenden 
Reste aus Ulm — Canin, oberer Js und Phalange — sind mindestens ebenso gross wie die von 
Amphieyon major aus Sansan, aber schlank und ganz vom Typus des lemanensis, was auch allerdings 
für den oberen Mı von Avaray zutrifit, der ebenfalls in seiner Zusammensetzung den Typus von lema- 
nensis aufweist, dreieckigen Umriss, schwachen inneren Basalwulst und kleine Zwischenhöcker — Proto- 
eonulus und Metaconulus. Es wird hiedurch sehr wahrscheinlich, dass alle Reste von grossen Amphi- 
eyon aus dem Untermiocaen als giganteus Laur. aufzufassen wären. 


Amphicyon lemanensis Pon. 
(Taf. XIV, Fig. 1. 6. 7.) 
1865. H.v.Mever, Amphicyon (?) aus dem Tertiärkalk v. Flörsheim. Palaeontogr. Bd. XV. p. 253. Taf. XXXIX. 
1879. Fiırnor, Mammiferes fossiles de St. Gerand-le Puy. Annal. des scienc. g&ologe. Tome X. p. 77. pl. 10. 


pl. 11, fig. 3—4. pl. 12, fig. 4—7. pl. 13. 
1883, = = e 5 = „ Arch. du Mus. d’hist. nat. Lyon. Tome III. p.2. pl. I. 


Diese Art scheint unter allen aus dem Untermiocaen beschriebenen die häufigste zu sein, 
jedoch muss wohl ein Theil der hieher gestellten Ueberreste ausgeschieden werden, wesshalb ich auch 
nur jene Abbildungen eitirt habe, welche zweifellos zu dieser Species gehören. Auf die übrigen 
komme ich im Folgenden zu sprechen. 

Von den .J besitzen einige, wohl die mittleren, je zwei kleine Nebenzacken, der grosse obere 
Js hingegen zwei vorspringende, von der Spitze herabziehende Kanten, ebenso auch die Caninen. Die 
P sind sämmtlich relativ niedrig und einfach gebaut und vorne und hinten mit einem kräftigen Basal- 
wulste versehen, der letzte im Unterkiefer, P,, ausserdem auch mit einem Hinterzacken — Metaconid 
— der obere Ps; mit einem schwachen Innenhöcker — Deuterocon. Auch am oberen Pı ist dieser 
Innenhöcker — Deuterocon — nur mässig entwickelt, der äussere Vorderhöcker — Protostyl — sogar 
auffallend schwach. Am unteren Mı ist der Innenzacken — Metaconid — ziemlich schwach und nur 
wenig nach rückwärts verschoben, der Innenhöcker — Entoconid — des Talonid sehr niedrig, aber 
gleich dem Aussenhöcker — Hypoconid — als Schneide entwickelt; Ms» lässt noch eine Andeutung 
des Vorderzacken — Paraconid — erkennen, dagegen ist der Innenhöcker — Entoconid — des Talo- 
nid ganz mit dem Basalbande verschmolzen. Der untere Ms ist bis jetzt nicht bekannt. Alle oberen 
M, selbst Ms zeigen noch sämmtliche drei Haupthöcker, nämlich einen niedrigen V förmigen Innen- 
höcker — Protocon — und zwei kegelförmige, aber mit Schneiden versehene Aussenhöcker, von denen 


der vordere — Paracon — ein wenig höher ist als der hintere — Metacon. Von den Zwischen- 
höckern ist an Mı der hintere — Metaconulus — viel kräftiger als der vordere — Protoconulus —, 


an NM» hingegen ist der erstere fast ganz unkenntlich. An Ms fehlen Zwischenhöcker vollständig. 
Sämmtliche oberen M besitzen einen kräftigen halbkreisförmigen Basalwulst auf der Innenseite und 
ein starkes äusseres Basalband, das auch am oberen P,, sowie am unteren M» sehr gut entwickelt 
ist. Der Querschnitt des oberen Mı stellt ein langgestrecktes gleichschenkliges Dreieck mit abge- 
rundeter Spitze dar, jener des Ms ist ein langgestrecktes Parallelogramm, der des Ms ist bohnen- 
förmig. Merkwürdig erscheint der Umstand, dass auch der obere Ms noch drei Wurzeln besitzt, zwei 
äussere und eine innere, und somit sowohl in dieser Hinsicht als auch bezüglich seiner Zusammen- 
setzung und seiner Grösse primitiver ist bei allen anderen bekannten Amphieyon-Arten. Frische Zähne 


zeigen eine etwas rauhe Oberfläche. 
Palaeontographica. Bd, XLVI. 17 


— 1807 — 


Diese Angaben basiren auf einem verdrückten Schädel aus dem Untermiocaen von Eckingen 
bei Ulm, denn die Beschreibung und die Abbildungen, welche FrLzou gegeben hat, sind viel zu wenig 
präcis, als dass hieraus die charakteristischen Merkmale dieser Art entnommen werden könnten. 

Nach Fıruor soll der obere Ms in Bezug auf seine Dimensionen sehr stark variiren können. 
Es ist mir jedoch wahrscheinlicher, dass der von ihm pl. 11 fig. 6. S abgebildete Zahn allenfalls der 
vorigen Art angehören könnte. Der untere M3 findet sich in H. v. Meyer’s Manuscript dargestellt. 
Er hat zwar nur eine Wurzel, ist aber gleichwohl stark in die Länge gezogen und besteht aus Proto- 
conid und Hypoconid, sowie einem ihn allseitig umgebenden Basalwulst. 

Mit dieser Art ist jedenfalls Amphicyon dominans von Weisenau identisch, denn die Zeichnung 
des Originals in H. v. Mever’s Manuscript stimmt ausgezeichnet mit den auf Taf. XIV, Fig. 1 abgebil- 
deten Zähnen von Eckingen. 

Dass lemanensis hinsichtlich der Grösse beträchtlich variiren und daher der sonst nur durch 
relative Kleinheit von ihm abweichende A. leptorhynchus Pom. doch hiemit identisch sein kann, ist 
wohl anzunehmen, ich trage daher auch kein Bedenken, die vorliegenden Zähne aus Ulm trotz ihrer 
beträchtlichen Grösse noch zu lemamensis zu stellen. Sie haben folgende Dimensionen: 


Mı inf. Länge = 22, Höhe des Protoconid = 14, Höhe des Talonid = 8, Breite des Talons 


— 10 mm. 
rm eh „ Protocoon == 11,5, grösste Breite — 13 mm. 
Va sup — 116 De, .„ mean = 9 “ a DE 
M> sup. „ —N ee en En = fe ns ea lalz 
VS sun a 8a h e — 3, eh eure, 


Amphieyon lemanensis erscheint als die primitivste der bisher bekannten Amphieyon-Arten, 
wenigstens geht dies hervor aus dem ziemlich indifferenten Bau der P, noch weniger reducirt als bei 
den übrigen Amphicyon-Arten, aus der Stärke der Zwischenhöcker der oberen M und aus der Grösse 
und Zusammensetzung des Ms, sowie aus der Anwesenheit eines Paraconid am unteren M». 

Er ist wohl der Stammvater von Amphicyon major, sicher aber von sieinheimensis. Die Ver- 
änderung besteht im letzteren Falle nur in Zunahme der Körpergrösse und in Reduction und Ver- 
einfachung der P und M. 

Vorkommen: Im Untermiocaen von St. Gerand-le Puy (Allier), von Ulm und von Weisenau 


und Flörsheim bei Mainz. 


Amphicyon rugosidens n. sp. 
(Taf. XIV, Fig. 5. 10.) 


1879. Amphieyon ambiguus FıraoL, Mammiferes fossiles de l’Allier. Annal. scienc. g&ol. Tome X. p. 9. 
pl. 11, fig. 2. pl. 12, Ale. 3. 

1883. a e 5 et in n n Archives du Museum d’hist. nat. Lyon. 
Tome III. pl. II, fie. 7. 


Als Amphieyon ambiguus bildet Fırzon einen Schädel in der Unteransicht ab, der wie lema- 
nensis von St. Gerand-le Puy stammt. Er zeichnet sich gegenüber letzterem, abgesehen von seiner 
relativen Kleinheit, namentlich durch die Verkürzung der oberen M, die schlankeren P und die be- 
trächtliche Reduction des oberen Ms aus, dessen beide Wurzeln auch schon im Begriffe sind, mit 
einander zu verschmelzen. Ich glaube kaum fehlzugehen, wenn ich zu dieser Art eine Anzahl Zähne 
aus Haslach bei Ulm stelle, die sämmtlich ein und demselben Individuum angehören. Es sind dies 


EEE ji 


=. 


w 


der linke untere €, der linke untere ?P: und der linke untere Ms, ferner Mı—s des rechten Unter- 
kiefers, der rechte untere J»2 und Pı«— Ms des rechten Oberkiefers. Ja besitzt links und rechts 
von der Hauptspitze kleine Nebenzacken. C' zeichnet sich durch seine Länge und Schlankheit aus, 
auch ist er auf seiner Rückseite mit einer scharfen Kante versehen. Der untere Pı besitzt einen 
kräftigen hinteren Nebenzacken — Metaconid — und vorne und hinten einen dicken Basalwulst. Der 
untere Mı bietet nichts Auffallendes, dagegen wäre zu erwähnen, dass die Talongrube des Ms» schon 
sehr seicht ist und Hypo- und Entoconid durch einen deutlichen Wulst miteinander verbunden sind. Ms 
zeist nur mehr Proto- und Hypoconid, alle Höcker der Innenseite sind verschwunden und durch einen 
gerunzelten Innenwulst ersetzt. Der obere Pı zeichnet sich durch die Höhe seines Hauptzackens — 
Protocon — aus. Der ziemlich weit vorne stehende Innenhöcker — Deuterocon — war nicht sehr 
kräftig entwickelt. Den Zahn umgiebt auf allen Seiten ein wohlentwickeltes Basalband. Mı gleicht 
im Ganzen dem von lemanensis, jedoch sind die Zwischenhöcker sehr undeutlich; das Basalband ist 
dagegen in der vorderen Aussenecke stärker angeschwollen als bei dieser letzteren Species; ausser- 
dem steht auch der Innenhöcker — Protocon — etwas weiter vorne. An Ms ist der Protocon, sowie 
der hintere Aussenhöcker — Metacon — auffallend niedrig. Ms unterscheidet sich von dem von 
lemanensis durch seine Kleinheit, sowie durch den nahezu kreisrunden statt elliptischen Querschnitt. 
Auch sind die einzelnen Höcker sehr undeutlich geworden. Alle M von rugosidens zeichnen sich end- 
lich durch die starke Runzelung des Schmelzes aus. 
Die Maasszahlen der einzelnen Zähne sind bei dem Exemplare aus Haslach folgende: 


Unterer P, Länge = 13,5 mm, Höhe = 9,3 mm, Breite = 6,5 mm. 
e NE 2195 a en ei % 
ee en as 
En WESER — 80, EA Sen Pa — GH 

lerererae ,: —105, „ a0: oe „ (am Vorderrand) —= 10 (?) mm. 
Bee u; , = 75, x —e 
Ben ds, , —/as, a — 16 R 

1 Be ee N Sr Se 4 = 7% x 


Da diese Art von jener aus den Phosphoriten, für welche Fırsmor. den Namen. ambiguus auf- 
gestellt hatte, durchaus verschieden ist, so muss sie unbedingt einen neuen Namen erhalten. Ich 
wähle obigen, rugosidens, weil dieser das Merkmal angiebt, wodurch sich diese Art am leichtesten von 
den übrigen Amphicyon unterscheiden lässt. Ein Amphieyon von ähnlichen Dimensionen fand sich 
auch in einer bohnerzartigen Spaltausfüllung in den Solnhofer Lithographiesteinbrüchen. Es liegen 
mir von ihm vor ein Unterkiefer, allerdings ohne die M, je ein Fragment von Humerus, Radius und 
Ulna, ein unterer (€, ein Astragalus, ein Metatarsale IV und ein Schwanzwirbel. Nachkommen scheint 
diese Art nicht hinterlassen zu haben. 

Vorkommen: Im Untermiocaen von St. Gerand-le Puy (Allier), von Haslach bei Ulm und 
Weisenau bei Mainz und wohl auch in Spaltausfüllungen im Jura. 


? Amphicyon ambiguus Fırı. — (Taf. XIV, Fig. 2. 8.) 


1876. Amphicyon ambiguus Fıra., Ann. scienc. g6ol. Tome VII. p.55. pl.12, Fig. 22—26. pl. 17, fig. 41—43. 
1888, Pseudamphicyon ambiguus Scuuoss., Beiträge zur Palaeontologie Oesterr.-Ungarns. Bd. VII. p. 78. 


Dieser Amphicyon unterscheidet sich von dem vorigen sehr wesentlich, wesshalb letzterer 
einen neuen Namen bekommen musste, da der Name ambiguwus ursprünglich für die vorliegende Art 


— 132 — 


aus den Phosphoriten aufgestellt worden ist. Er bringt auch sehr gut zum Ausdruck, dass wir es 
noch nicht mit einem typischen Amphieyon zu thun haben. Amphicyon ambiguus hat zwar ähnliche 
Dimensionen wie rugosidens, weicht aber von ihm sehr bedeutend ab hinsichtlich der Kleinheit des 
Innenhöckers — Entoconid — am Talonid des unteren Mı, der Einfachheit des unteren Me, dessen 
Talonid als Schneide entwickelt ist und kein Entoconid erkennen lässt, ferner hinsichtlich der Kürze 
des oberen Mı und der Kleinheit des oberen M», sowie der relativen Stärke des oberen M3, auch 
stellt der Querschnitt dieser Zähne ein langgestrecktes gleichschenkliges Dreieck dar. An Mı sind 
die beiden Zwischenhöcker, namentlich der hintere, sehr kräftig entwickelt, an M> jedoch kaum 
erkennbar. ; 

Es wäre nicht unmöglich, dass diese Form doch den Ausgangspunkt für die späteren Amphi- 
cyon bildet, es hätte alsdann nur Verbreiterung und Complication des Talonid der unteren M und 
Streckung der oberen M in der Längsrichtung erfolgen müssen, verbunden mit Verlängerung der 
Schnauze. Amphicyon ambiguus steht jedenfalls in einem entfernten verwandtschaftlichen Verhältnisse 
zu Pseudamphicyon. 

Wahrscheinlich ist mit dieser Art „Canis“ palaeolycus GERv. — Journal de Zool. Tome IL. 1878. 
p-. 372. pl. XV, fig. 2. pl. XV], fig. 7. 8. 9. — sehr nahe verwandt, wenn auch nicht direkt identisch. 
Unter den mir vorliegenden oberen M unterscheidet sich der M>s gegenüber dem Frraor’schen Ori- 
ginal, sowie gegenüber dem Gervaıs’schen durch die stärkere Entwicklung seiner Höcker. 

Auf die wenigen von dieser Art vorliegenden Skelettheile komme ich später zu sprechen. 

Vorkommen: In den Phosphoriten von Quercy. 


Uebersicht über die verschiedenen Typen von Amphieyon. 
Wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt, lassen sich die wichtigsten Arten von Amphicyon 
in vier verschiedene Typen zerlegen: 
1) Amphicyon steinheimensis und lemanensis, charakterisirt durch den einfachen Bau der P 
‚und M, wobei die Zwischenhöcker der oberen M immer kleiner werden, und durch die all- 


mählige Reduction des oberen Ms — es handelt sich hier ziemlich sicher um direkte Ver- 
wandtschaft. 
3) Amphicyon major mit beginnender Complication der oberen M — starke Basalwülste und 


grosser Metaconulus. Auch dieser Typus könnte noch auf lemanensis zurückgehen. 

3) Amphieyon rugosidens, mit sehr kleinem oberen Ms und Rauhigkeiten auf den oberen M. 
Herkunft bis jetzt nicht sicher zu ermitteln, ebensowenig seine Nachkommenschaft. 

4) Amphicyon ambiguus, wit kurzen oberen M, kräftigen und dicht aneinander stehenden P 
und einfachem Talonid der unteren M, sowie mit kurzen Kiefern. 

Durch Verlängerung der oberen M und Complication des Talonid der unteren M 

nebst Streckung der Kiefer könnte aus diesem Typus die erste und wohl auch die zweite 
Artengruppe entstanden sein. 


Pseudamphicyon. 


Von dem ächten Amphicyon weicht diese Gattung dadurch ab, dass der Hauptzacken — Proto- 
conid — des unteren Pi und Mı viel höher ist, ferner durch das Fehlen eines Innenhöckers — Ento- 
conid — am Talonid des unteren Mı und 2, durch die Kleinheit des unteren M3, die Grösse des 


— 13302 — 


Innenhöckers — Deuterocon — am oberen P:, die schwache Entwicklung des inneren Basalwulstes 
an den oberen M, die Kleinheit des oberen M» und das Fehlen eines oberen Ms, die Länge des oberen 
Mı, die relativ starke Entwicklung des vorderen Zwischenhöckers — Protoconulus — am oberen Mı, 
während sonst umgekehrt gerade der hintere — Metaconulus — kräftiger ist, der aber hier fast 
gänzlich zu fehlen scheint; ausserdem durch die starken Einkerbungen am äusseren Basalband des 
oberen Mı und endlich durch die Kürze von Ober- und Unterkiefer. 

Das Fehlen eines oberen Ms schliesse ich daraus, dass an Ma der Innenhöcker — Protocon 
— sehr weit nach rückwärts verlängert erscheint, so dass er bei geschlossenem Kiefer bereits den un- 
teren Ms decken musste, wesshalb bei der Kleinheit dieses letzteren natürlich für einen oberen Ms 
kein Platz mehr übrig wäre. 

Was die Kürze der Kiefer und des Gesichts betrifft, so verhält sich Amphicyon ambiguwus, der 
scheinbar den Uebergang zu den ächten Amphieyon bildet, sehr ähnlich, namentlich in Bezug auf die 
Einfachheit des Talonid des unteren Mı und die Höhe des Protoconid des unteren Mı und Pı. Es 
wäre daher an und für sich nicht ausgeschlossen, dass letzterer sich aus Pseudamphicyon entwickelt 
hätte, allein dies wird höchst unwahrscheinlich in Folge des sehr abweichenden Baues der oberen M, 
sowie der verschiedenartigen Ausbildung des Innenhöckers — Deuterocon — des oberen Pı. 

Durch die Höhe der Hauptzacken am unteren ?« und Mı und die Kleinheit des unteren Ms 
und ausserdem auch durch gewisse Anklänge im Bau der oberen M ergiebt sich eine entfernte Aehn- 
lichkeit mit Cynodietis. Der Hauptunterschied besteht nur in der geringeren Breite der oberen M und 
in dem Fehlen der Zwischenhöcker auf diesen Zähnen. 

Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass Pseudamphicyon einen früh erloschenen Seitenzweig 
darstellt, der sich allenfalls aus den gemeinsamen Vorfahren von Amphieyon und Cynodicts entwickelt 
hat, aber der ersteren Gattung doch viel näher steht als der letzteren. 

Von dieser Gattung sind bis jetzt nur zwei Arten bekannt. 


Pseudamphieyon lupinus ScHuoss. 

(Taf. XIII, Fig. 15. 16.) 
1588. Scatosser, Die Affen... Lemuren und Carnivoren ‚des europäischen Tertiär. Beiträge zur Palaeonto- 

logie Oesterr.-Ungarns. Bd. VII. p. 79. 
Diese Art wurde begründet auf ein Oberkieferstück mit den beiden M und den Alveolen von 
C—P,, einen isolirten oberen P, und einen Unterkiefer mit Pı—M» nebst den Alveolen von ©, Pı—3 

und Ms. 

Da die Speciesmerkmale zum grössten Theil schon in den obigen Bemerkungen angeführt 
wurden, kann ich mich hier um so kürzer fassen und mich mit der Angabe der wichtigsten Maasse 
begnügen. Die vorliegenden Knochen werde ich in einem besonderen Abschnitt zusammen mit jenen 


von Amphicyon besprechen. 
Länge der unteren Zahnreihe (Pı—Ms) — 77 mm. Höhe des Kiefers unterhalb Pı — 21 mm. 


- „ oberen er (Pı—-M3;) = 65 mm, ln; r s Mena 308,, 
Pı inf. Länge = 10,5 mm. Höhe — 11,5 mm. Breite = 6,5 mm. 

Man —ı 18 ne „ des Hauptzacken = 15 mm. Breite des Talonid = 8 mm. 
Ma mia, —.12 as ran n —: ee Sy. ben 


Ms inf. „ 50), 


— MM — 


P: sup. Länge — 18,5 mm. Höhe des Paracon = 14 mm. Grösste Breite = 13 mm. 
Mı sup. ” = 15 „ ” ” „ = 9 „ „ 5) — 185 „ 
Ms sup. = 9 % ee, a = dd n an —l .“ 


Vorkommen: In den oligocaenen Bohnerzen von Ulm zusammen mit Diplobune Quercys, 
Gelocus sp., Pseudosciurus suevicus etc. und anscheinend auch in den Phosphoriten von Quercy. 


Pseudamphicyon helveticus Pıcr. sp. 


1869. Pıcter et Humsert, Animaux vertebres du terrain siderolithique du Canton de Vaud. Supplement. 
Materiaux pour la Paleontologie suisse. p. 134. pl. XV, p.p. pl. XVI, p.p. 


Von dieser Art liegen zwar nur einige isolirte Zähne vor, jedoch vertheilen sich dieselben wie 
es scheint auf drei Individuen. Die oberen M stimmen in der Grösse und auch in der Zusammen- 
setzung ziemlich gut mit denen der vorigen Art überein, dürften aber wohl noch einfacheren Bau auf- 
weisen, insoferne der innere Basalwulst vollständig fehlt. Die von Pıcter abgebildeten Zähne gehören 
zum Theil anderen, meist nicht näher bestimmbaren Formen an. Sicher sind nur auf pl. XV der obere 
P, (Fig. 2), die oberen M (Fig. 3—6) und die unteren Mı (Fig. 7. 8), sowie die € (Fig. 11. 12), 
ferner auf pl. XVI das Calcaneum (Fig. 1), das Metacarpale IV (?) (Fig. 3), das Mc. III (Fig. 4) 
und die Phalangen (Fig. 5—7). Das Metacarpale Fig. 2 gehört überhaupt keinem Carnivoren, sondern 
jedenfalls einem Ungulaten, vielleicht Suiden an, Fig. 9 pl. XV stammt wahrscheinlich von Amphieyon 
ambiguus FILH. 

Ueber die Abstammung der Gattung Pseudamphicyon geben auch diese Reste keinen näheren 
Aufschluss, sie erschweren sogar wegen der Einfachheit der oberen M die Lösung dieser Frage, da sie 
jenen von Oynodictis und ähnlichen alten Carnivoren noch weniger ähnlich sind als die von lupinus. 

‘Vorkommen: In den Bohnerzen von Mauremont (Canton Waadt) zusammen mit HAyracothe- 
rium sideroolithicum, Palaeotherium cerassum, Lophiodon etc., mithin wohl geologisch älter als die 
vorige Art. 


‘Die Extremitäten von Amphicyon, Cephalogale, Pachycynodon 
und Paracynodon. 


Amphicyon. (Taf. XIV, Fig. 11—20. 26. 31.) 


Die langen Röhrenknochen zeigen hier im Ganzen noch einen ziemlich indifferenten Habitus. 
Sie sind entsprechend dem schlankeren Bau dieser Thiere freilich noch zierlicher als bei den Bären, 
aber in den wichtigen Details doch nicht allzusehr verschieden und stehen gewissermassen in der Mitte 
zwischen jenen von Ursus und Cynodictis. Die Hauptunterschiede gegenüber Ursus äussern sich in 
der relativ viel grösseren Länge von Unterarm und Unterschenkel, während die von Ursus wie bei 
allen plumpen Thieren mit schwerem Rumpf kürzer, aber dafür massiver geworden sind. Immerhin 
hat bei Amphicyon major aus Sansan das Skelet entsprechend der bedeutenden Körpergrösse schon 
vielfache Modification im Sinne der Bären erfahren. 

Am Humerus reicht die Deltoidrauhigkeit noch nicht so weit herab und ist auch wesentlich 
schmäler, hingegen zeigt die untere Partie — Trochlea und Epicondyli — nahezu vollkommene Ueber- 
einstimmung mit der Organisation bei den Bären. Die Spange des Epicondylus internus inserirt sehr 
hoch oben. Die Länge des Humerus kommt nahezu jener des Radius gleich. Letzterer ist distal 
noch nicht so stark verbreitert wie beim Bären. Das Olecranon ist noch sehr hoch und der die Fossa 


sigmoidea tragende Theil noch viel schmäler als bei diesem. Am Femur steht der grosse Trochanter 
noch in gleicher Höhe mit dem Caput, statt bedeutend tiefer. Die Länge der Tibia ist fast die näm- 
liche wie die des Femur. Der Astragalus hat bei den kleineren Arten noch einen ziemlich langen 
Hals und eine tief ausgefurchte Tibialfacette, bei den grösseren, späteren Arten hat sich ersterer schon 
mehr verkürzt, die letztere mehr verflacht. Das Calcaneum ' hat ein weit abstehendes kreisrundes 
Sustentaculum und einen ziemlich schlanken Tuber. Im Carpus ist das Scaphoid noch viel zierlicher, 
auch steht das Trapezoid noch nicht so weit vom Radius ab wie bei den Bären. 


Hinterextremität Vorderextremität 
von Amphicyon lemanensis aus Ulm, °/s natürlicher Grösse, 


Etwas mehr Anklänge an jene der Bären als die eben erwähnten Knochen zeigen jedoch die 
Metacarpalien, namentlich in der Gestalt der proximalen und distalen Gelenkflächen. Der Haupt- 
unterschied besteht nur darin, dass die letzteren noch nicht so stark abgestutzt erscheinen und die 
ersteren etwas breiter und, wenn überhaupt, nicht so tief ausgefurcht sind, als dies bei den Bären der 
Fall ist. Auch darin weicht Amphicyon von Ursus ab, dass die seitlichen Articulationsflächen der 
benachbarten Metacarpalien und ebenso auch der Metatarsalien nicht unmittelbar an den Carpus, 
resp. Tarsus gerückt sind und dem entsprechend auch Metacarpale II resp. Metatarsale II nicht so 
hoch über Metacarpale III bezw, Metatarsale III emporragt. Auch das Längen- und Dickenverhältniss 
der einzelnen Metapodien untereinander ist im Gegensatz zur Organisation von Ursus noch ein viel 
primitiveres, was sich insbesondere in den Proportionen von Metacarpale V zu Metacarpale III aus- 
prägt. Ersteres ist hier noch ebenso lang wie Metacarpale II, aber noch nicht dicker als Meta- 


ı Das Calcaneum, welches Bramsvırve — Subursus pl. XVI — aus der Auvergne abbildet, gehört keinem Am- 
phlcyon, sondern wahrscheinlich einer Hyaena an. 


— 21360 — 


carpale III, während bei den Bären in Folge der Anpassung an die Plantigradie gerade die fünften 
Metapodien die längsten und dicksten geworden sind. Im Metatarsus von Amphicyon ist dieses Ver- 
hältniss allerdings weniger auffallend als in seinem Metacarpus, aber immerhin doch bedeutend primi- 
tiver als bei Ursus. Der Metatarsus erscheint dagegen weniger spezialisirt als der Metacarpus, insofern 
die proximale Gelenkfläche des Metatarsale III noch neben der Vorderseite einen Fortsatz gegen Meta- 
tarsale II hat, und der gegen die Rückseite gerichtete Theil noch sehr schmal ist, mithin der für die 
primitiveren Carnivoren charakteristischen Form — ähnlich dem Querschnitt einer Eisenbahnschiene 
— noch sehr nahe kommt, während die proximale Fläche von Ursus keine auffälligen Ausschnitte auf- 
weist. Metatarsale IV artikulirt viel weiter unten und viel inniger mit Mt III als bei Ursus, Meta- 
tarsale II dagegen kommt mit III fast gar nicht in Berührung, während bei Ursus hiefür zwei be- 
sondere Facetten vorhanden sind. Auch artikulirt Mt II an Cuneiforme III mittelst zweier Gelenk- 
flächen, bei Ursus hingegen mittelst emer einzigen Facette, die noch dazu schräg anstatt senkrecht 
gestellt ist. Dass Metacarpale I und V und Metatarsale I und V noch nicht so plump sind wie bei 
Ursus, wäre an und für sich kein nennenswerther Unterschied. 

Die Phalangen der ersten und zweiten Reihe haben ziemlich grosse Nahe mit jenen 
der Bären, nur sind sie verhältnissmässig länger und schlanker. Die Endphalangen von Amphicyor 
sind bis jetzt anscheinend noch nicht beobachtet worden. 

Im Ganzen bestehen bezüglich des Extremitätenbaues zwischen Amphieyon und Ursus keine 
wirklich fundamentalen Unterschiede. Die Organisation von Amphicyon ist zwar eine primitivere, 
könnte aber gleichwohl ohne besondere Schwierigkeiten sich im jene der Bären umgestaltet haben; 
bloss der eine Unterschied, dass Ursus resp. Ursavus selbst nur wenig später — Obermiocaen — 
erscheint, als Amphiceyon — Oligocaen —, macht diese Annahme weniger wahrscheinlich, denn die Arti- 
kulationsflächen von Hand und Fuss der Carnivoren dürften sich im Allgemeinen ziemlich conservativ 
verhalten — wenigstens nach der Organisation bei den Feliden zu urtheilen, bei welchen seit dem Eo- 
caen bis zur Gegenwart hierin so gut wie gar keine Veränderungen stattgefunden haben. Wir dürfen 
aber auch nicht vergessen, dass die Unterschiede zwischen Ursus und Amphieyon zumeist durch den 
plumpen Bau des Rumpfes und die Umwandlung der digitigraden in die plantigrade Extremität bedingt 
sind und daher immerhin in relativ kurzer Zeit entstanden sein könnten. 

Einige Anhaltspunkte dafür, ob sich die Extremität von Ursus aus jener von Amphieyon ent- 
wickelt haben könnte oder nicht, bietet der Vergleich mit den Extremitäten von Oynodictis, denn diese 
Gattung ist im Bau ihrer Glieder wohl die primitivste von allen Carnivoren, was schon daraus hervor- 
geht, dass sie in dieser Beziehung auch den Viverriden und Musteliden sehr ähnlich ist und mithin 
dem Urtypus aller Carnivoren, mit Ausnahme der Hyaeniden und Feliden, welche überhaupt direkt 
auf Crodonten zurückgehen, sehr nahe kommen dürfte. Durch den Vergleich mit Cynodictis wird sich 
wohl am besten ermitteln lassen, welche Merkmale ursprünglich sind und welche als Differenzirungen 
aufgefasst werden müssen. 

Im Allgemeinen nun ist der Bau der Metapodien von Amphicyon und Cynodictis ein sehr 
ähnlicher, namentlich gilt dies für die Beschaffenheit ihrer proximalen Gelenkflächen, es bestehen 
jedoch einige bemerkenswerthe Unterschiede. So ist die proximale Facette des Metacarpale III bei 
Cynodictis auf der Rückseite etwas breiter und auch viel tiefer ausgefurcht, die seitliche Ver- 
bindung zwischen Metacarpale III und II dagegen keine so feste wie bei Amphicyon, bei welchem sich 
diese Facette fast bis zur Vorderseite herüberzieht, während Metacarpale II bei weitem nicht so hoch 
in den Carpus hineingreift wie bei Oynodictis. Ursus kommt in beiden Stücken der Gattung Cyno- 


— nee 


dietis viel näher als Amphicyon. Ferner sind bei Cynodictis und Ursus die beiden Artikulationsflächen 
des Metacarpale III für Me. IV getrennt, bei Amphicyon aber miteinander verbunden. Im Bau des 
Metatarsus hingegen ist die Aehnlichkeit zwischen Cynodietis und Amphicyon grösser als zwischen Cyno- 
dietis und Ursus. Ein nennenswerther Unterschied besteht eigentlich nur darin, dass bei Amphieyon 
die knopfförmige Gelenkfläche des Metatarsale IV, welche in eine Vertiefung von Metatarsale III 
hineingreift, viel tiefer herabreicht als bei Cynodictis, bei Ursus aber fast an die proximale Facette 
grenzt. Amphicyon ambiguus nimmt jedoch in fast allen diesen Punkten, namentlich in Bezug auf die 
Organisation des Metacarpale III, eine Art Mittelstellung ein zwischen Cynodietis und Amphieyon lema- 
nensis, welch letzterer obigen Angaben zu Grunde liegt, wesshalb es sehr wahrscheinlich wird, dass 
sich die Extremitäten von Amphicyon aus einer Cynodietis ähnlichen entwickelt haben. Es muss dem- 
nach die Verschiedenheit zwischen diesen beiden Gattungen, sowie zwischen Cynodietis und Ursus auf 
besondere Differenzirungen zurückgeführt werden. Als eine besondere Spezialisirung von Ursus ver- 
dient noch bemerkt zu werden, dass die Facette des Metatarsale II gegen Cuneiforme III nicht getheilt 
ist und auch nicht senkrecht zur Längsachse des Tarsus steht, wie bei jenen beiden Gattungen, sondern 
eine schräge Stellung einnimmt. Die entfernte Aehnlichkeit, welche Urs«s in der Artikulation seiner 
Metacarpalien mit Cynodietis gemein hat, darf wohl als ein Verharren auf ursprünglicher Organisation 
gedeutet werden. ‚Jedenfalls geht aus diesen Verhältnissen soviel hervor, dass sich Ursus nicht wohl 
aus Amphicyon entwickelt haben kann. 


Pseudamphicyon. (Taf. XIV, Fig. 22. 24. 28. 30.) 


Sehr merkwürdig sind die Metapodien, welche ich auf diese Gattung beziehen möchte. Dass 
sie wirklich hieher gehören, wird dadurch höchst wahrscheinlich, dass in den Bohnerzen von Ulm, aus 
denen ein Theil dieser Knochen stammt, kein anderer grösserer Carnivor existirt als eben Pseudam- 
phacyon. Der grössere Theil stammt allerdings aus den Phosphoriten von Quercy, wo sichere Reste 
— Kiefer oder Zähne dieser Gattung — zwar bisher noch nicht gefunden worden sind, aber gleich- 
wohl jederzeit zum Vorschein kommen können, da diese Gattung ja auch schon aus den Bohnerzen des 
Canton Waadt bekannt ist. 

Was diesen Knochen ein so merkwürdiges Aussehen verleiht, ist ihre Plumpheit. Sie ver- 
halten sich zu jenen der späteren Amphicyon genau so wie jene von Dinictis felina Lewy zu denen 
von Aelurogale (Aeluritis) aus den Phosphoriten. Sie sind beinahe ebenso dick wie jene von Amphi- 
eyon, aber dabei fast um die Hälfte kürzer. 

Von der Extremität von Cynodietis und ebenso auch von der von Amphicyon unterscheiden 
sie sich durch folgende Einzelheiten: 

Die Facette des Metacarpale IV für Metacarpale V ist viel tiefer eingesenkt und erstreckt sich 
beinahe bis an die proximale Fläche — bei Amphicyon, weniger bei Cynodictis, ist hier noch ein band- 
förmiges Stück eingeschaltet, an welches sich der entsprechende Theil des Metacarpale V anlegt — hin- 
gegen zieht sich die vordere Facette für Metacarpale III tiefer herab; die Facette des Metacarpale III 
für Metacarpale II verläuft nicht annähernd parallel mit der Achse dieses Knochen, sondern bildet viel- 
mehr mit ihr einen ziemlich grossen Winkel, jedoch ist die Artikulation dieser beiden Knochen trotz- 
dem keine sehr innige, Das Metatarsale IV ist abgesehen von seiner Kürze dem von Amphieyon 
allerdings nicht unähnlich, ragt aber anscheinend etwas höher hinauf. Dagegen ist der Ausschnitt am 

Palaeontographica. Bd. XLVI. 18 


— 133 ° — 


proximalen Ende des Metatarsale III, in welchen sich das Metatarsale II hineinlegt, hier ausserordentlich 
seicht, so dass die Verbindung beider Knochen eine sehr lose gewesen sein muss. Die eben geschil- 
derten Verhältnisse deuten darauf hin, dass die Zehen sehr weit von einander abstanden und stark 
auseinandergespreizt gewesen sein müssen. Soll man dies als Differenzirung ansehen oder als primi- 
tive Organisation? Ich möchte mich im Allgemeinen fast für letztere Annahme entscheiden, denn es 
lässt sich ganz wohl denken, dass die starke Auseinanderspreizung immer mehr abgenommen hat, je 
länger die Metapodien geworden sind, denn nur durch das Engerzusammenschliessen konnte eine länger 
gewordene Extremität die erforderliche Festigkeit erlangen. Dass diese Organisation im Allgemeinen 
die ursprüngliche war, zeigt übrigens auch das Beispiel von Euprotogonia ', dem ältesten bekannten 
Vertreter des Pferdestammes, bei welcher Gattung ebenfalls die Zehen noch auseinander gespreizt 
erscheinen. Im vorliegenden Falle freilich ist es wieder wahrscheinlicher, dass auch die Extremitäten 
von Pseudamphieyon als spezialisirt angesehen werden müssen und sich wohl aus einer Cynodictis 
ähnlichen entwickelt haben. Die Spreizung würde sich hier als Differenzirung erweisen, veranlasst 
durch rasche Zunahme der Körpergrösse, welcher jedoch das Längenwachsthum der Metapodien nicht 
folgen konnte. 


Cephalogale. 


Die Arm- und Schenkelknochen zeigen hier sowohl vielfache Aehnlichkeit mit denen von 
Amphicyon, als auch mit jenen von Oynodictis, jedoch sind sie bedeutend schlanker und im Verhältniss 
länger, zum Theil — Humerus und Tibia — auch mehr gebogen als bei diesen beiden Gattungen, 
und die Vorsprünge — Deltoid-Rauhigkeit am Humerus und Cnemialerista an Tibia — viel weniger 
ausgeprägt, aber mehr in die Länge gezogen. Die Entepicondylarspange inserirt etwas weiter unten 
als bei Amphieyon. Die Metapodien von Cephalogale habe ich schon früher an anderer Stelle * be- 
schrieben und abgebildet, ohne jedoch auf nähere Vergleiche einzugehen. Sie sind im Allgemeinen 
jenen von Oynodictis ähnlicher als denen von Amphieyon, wenn sie auch beim ersten. Anblick in Folge 
ihrer bedeutenden Streckung und des im unteren Theil mehr elliptischen statt kreisrunden Querschnitts 
sehr verschieden zu sein scheinen. Im Metacarpus besteht eigentlich nur insoferne eine grössere Ab- 
weichung, als die proximalen Gelenkflächen von Mc. IH und IV viel mehr convex sind als bei O'yno- 
dietis und daher viel tiefer in den Carpus hineingreifen als bei dieser Gattung. Ausserdem ist auch 
die der Vorderseite genäherte Facette des Metacarpale IV, mit welcher dieses an Mc. III befestigt 
wird, bei Oephalogale knopfförmig, bei Oynodictis aber flach — in einem allerdings viel geringeren Grade 
finden wir diese Modification auch bei Amphieyon. 

Diese Abweichungen von der Organisation von Oynodictis erweisen sich offenbar als besondere 
Differenzirungen, welche eine festere Verbindung der beiden Metacarpalia unter sich und mit dem 
Carpus bezwecken. Ursus verhält sich hierin primitiver, beziehungsweise wird hier dieser Zweck durch 
eine andere Spezialisirung, nämlich durch die Ausfurchung der proximalen Facette des Metacarpale IV 
erreicht. Die beiden seitlichen Metacarpalien von Cephalogale gleichen dagegen fast vollkommen denen 
von Oynodictis, nur ist an Metacarpale II die Artikulation mit dem Magnum, ähnlich wie bei Amphi- 
cyon eine viel innigere als bei Oymodictis. Auch im Bau der Metatarsalia besteht im Wesentlichen 
Uebereinstimmung zwischen Cephalogale und O'ynodictis, doch reicht bei letzterer Gattung Ähnlich wie 


! Martuew, A Revision of the Puerco Fauna. Bull. Am. Museum. New-York 1897. p. 305. fie. 12. 
? Die Affen.... Carnivoren des europäischen Tertiärs. 1888. p. 91. Taf. VI, Fie. 1. 2. 5. 8. 12. 28. 32. 


— 139 — 


bei Amphicyon die knopfförmige Facette des Metatarsale IV gegen Mt. III etwas weiter herab, da- 
gegen befindet sich bei Cephalogale neben der proximalen Gelenkfläche auf der Rückseite des Metatar- 
sale IV ein besonderer Fortsatz, der auch bei Amphicyon vorhanden ist, bei Oynodictis aber fehlt. Es 
bestehen mithin also auch mehrfache Anklänge an Amphieyon, im Ganzen aber ist doch der Bau der 
Metapodien dem von Cymnodictis recht ähnlich. Die Aehnlichkeit mit jener Gattung beruht also wohl 
nur auf ähnlicher Differenzirung. Als Stammvater der Bären kann jedoch Cephalogale minor nicht weiter 
in Betracht kommen, dies verbietet schon die beträchtliche Verlängerung der Metapodien, wohl aber 
lassen sich nach Fırsor jene von Hemicyon von denen von Cephalogale ableiten. 

Ich möchte hier noch einen früheren Irrthum berichtigen. Ich habe! angegeben, dass die 
distale Astragalus-Facette abgestutzt sei. Dies ist jedoch nicht richtig; dieselbe zeigt vielmehr die 
nämliche Form wie bei Cynodictis und Amphicyon. 


Pachyceynodon. 


Diese Gattung schliesst sich hinsichtlich der Beschaffenheit der Metapodien ziemlich enge an 
Cynodictis an, hat aber auch vielfache Aehnlichkeit mit Cephalogale, was ja bei ihrer nahen Verwandt- 
schaft auch nicht überraschen kann. Im Verhältniss zur Grösse der einzelnen Arten sind die Meta- 
podien ziemlich kräftig, aber auch relativ kurz; dabei sind jedoch die seitlichen nur wenig kürzer als 
die mittleren. Von denen von C'ynodietis unterscheiden sie sich schon dadurch, dass wie bei Ursus 
und Cephalogale, aber viel mehr noch als bei letzteren die Facette des Metacarpale III für das Magnum 
sehr kräftig entwickelt ist. Metacarpale III und IV sind im Ganzen denen von Cephalogale nicht un- 
ähnlich, jedoch sind ihre proximalen Facetten weniger convex als bei letzterer Gattung, auch ist die 
Verbindung dieser beiden Metacarpalien unter einander eine losere. Pachycynodon nähert sich in 
dieser Beziehung mehr der Gattung Cynodictis. Mit Cephalogale hat er dagegen die Breite der pro- 
ximalen Facetten gemein und ebenso auch die Artikulation des Metacarpale III am Uneiforme, die 
auch bei Amphieyon, nicht aber bei Cynodietis und Ursus vorhanden ist. Im Metatarsus herrscht 
dagegen nahezu vollständige Uebereinstimmung mit Cynodietis, wenn sich auch Anklänge an Cepha- 
logale beobachten lassen. Da auch die beiden ebengenannten Gattungen im Bau des Metatarsus un- 
merklich von einander abweichen, so verlohnt es sich nicht, diese Verhältnisse näher zu schildern, 
dagegen möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass Metatarsale V und Metacarpale V an ihren proxi- 
malen Enden viel kräftiger entwickelt sind als die hier viel zierlicheren von Cephalogale und Oyno- 
dietis. Die Dicke aller Metapodien, sowie die relativ beträchtliche Länge der seitlichen verleihen 
diesen Knochen eine gewisse Aehnlichkeit mit jenen der Bären. Die Unterschiede gegenüber Oynodietis 
erweisen sich zwar als Differenzirungen, die aber doch noch nicht so weit vorgeschritten sind wie bei 
Oephalogale und Amphicyon. Der Ableitung der Extremitäten von Ursus aus denen von Pachycynodon 
scheint kein wesentliches Hinderniss im Wege zu stehen. Die Grundform für die Extremitäten aller 
bisher genannten Gattungen darf wohl in einem Typus ähnlich jenem von Cynodictis gesucht werden. 


Paracynodon und Cynodon. (Taf. XIV, Fig. 21. 23. 25. 29.) 


Paracynodon und Uynodon zeichnen sich durch auffallend grosse und plumpe Metapodien aus. 
Ich trug desshalb lange Zeit Bedenken, sie auf diese Gattungen zu beziehen, allein es existirt in der 


’ Die Affen.... Carnivoren des europäischen Tertiärs. 1888. p. 91 (315). 


— 740° — 


Quercy-Fauna kein anderer Carnivor, dem sie sonst etwa noch zugeschrieben werden könnten, und 
ausserdem steht auch ihre Menge in einem sehr gut übereinstimmenden Verhältniss zur Menge der 


Kiefer. Bei gleicher Dicke wie die entsprechenden Knochen gewisser Oynodictis-Arten — etwa Oyno- 
dietis ferox — sind sie fast um ein Drittel kürzer. Der Vorsprung des Metacarpale V legt sich viel 


tiefer und noch dazu in schräger Richtung in das Gelenk von Metacarpale IV hinein, während bei 
Cynodictis diese Verbindung nicht so tief geht, aber parallel zur Längsachse der Metapodien verläuft, 
und die eigentliche Artikulationsfläche beider Metacarpalien viel höher ist. Die Gelenkfläche von Meta- 
carpale IV gegen Metacarpale III, sowie von diesem gegen Metacarpale II steht viel tiefer und 
schräger als bei Cynodietis. Auch ist die proximale Fläche des Metacarpale III bei weitem nicht so 
stark ausgefurcht und die des Metacarpale II etwas kürzer als bei letzterer Gattung. Auch fällt diese 
Facette des Mc. II nach der Dorsalseite hin viel schräger ab. Im Metatarsus fällt vor Allem die 
kräftige Entwicklung der proximalen Partie des Metarsale V auf, namentlich die Länge eines seitlichen 
Fortsatzes. Die Artikulation mit dem benachbarten Metarsale IV ist eine viel innigere, aber einfachere, 
indem auch hier wie im Metacarpus die Gruben- und die Kantengelenkfläche nicht scharf von ein- 
ander geschieden sind, wie dies bei Oynodictis der Fall ist. Die knopfförmige Facette des Meta- 
tarsale IV gegen Metatarsale III steht viel tiefer als bei Oynodietis. Auch fehlt am proximalen Ende 
des Metatarsale III der Ausschnitt für den schwachen Vorsprung des Metatarsale IL. Dafür legt sich 
das Letztere jedoch auf der dorsalen Seite etwas über Metatarsale III herüber. Die proximale Facette 
des Metatarsale II ist breiter als bei Cynodictis. Das lange, stark gebogene Metatarsale I hat eine 
ausgedehnte Artikulationsfläche für Cuneiforme I. 

Viel ähnlicher als die Metapodien von Oynodictis sind jene von Pseudamphicyon, doch beruht 
diese Aehnlichkeit wohl kaum auf wirklicher Verwandtschaft, sondern eher auf gleichartiger Differen- 
zirung — gespreizte Zehenstellung. Der Ableitung der Extremität von Ursus aus jener von Para- 
cynodon (O'ynodon) steht eigentlich kein besonderes Hinderniss entgegen, der allgemeine Habitus der 
Metapodien weicht von dem von Ursus zum Mindesten nicht mehr ab, als der von Amphicyon oder 
Oynodictis, eher ergiebt sich sogar grössere Aehnlichkeit, wenigstens im Verhältniss der Dicke zur 
Länge. Auch in gewissen Details, Artikulation zwischen Metacarpale V und IV, zwischen IV und III, 
sowie zwischen III und I, ferner in dem Grad der Convexität ihrer proximalen Flächen, bestehen 
beachtenswerthe Analogien zwischen Ursus und Oynodon — Paracynodon. Das Nämliche gilt auch 
für den Metatarsus. Auch hier ist die seitliche Artikulation von Metatarsale V mit IV, von IV mit 
III jener von Ursus nicht unähnlich, dagegen macht Metatarsale II von Ursus eine Ausnahme, indem 
hier eine besondere ausgedehnte schräge Artikulationsfläche gegen Cuneiforme III entwickelt ist statt 
der beiden getrennten seitlichen von Oynodon und Oynodietis. 

Von Pachyeynodon unterscheidet sich Paracynodon durch die einfachere, aber dabei tiefer 
eingreifende seitliche Artikulation von Metacarpale IV und Metatarsale IV an Metacarpale III resp. 
Metatarsale III, ferner durch die stärkere Abschrägung der proximalen Fläche des vierten Metapodiums 
gegen die Dorsalseite, durch die schwache Ausfurchung der proximalen Facette des Metacarpale III 
und durch das Fehlen des seitlichen Ausschnittes auf der proximalen Fläche des Metatarsale II. 
Die zweiten Metapodien sind dagegen einander bei beiden Gattungen ziemlich ähnlich. 

Es fragt sich nun, ist die Extremität von Paracynodon (Cynodon) primitiv oder ist es die 
von Oynodictis? 

Ich habe oben. bemerkt, dass sich Oynodietis im Bau der Extremitäten enge an die Viverriden 
und Musteliden anschliesst und daher wohl dem ursprünglichen Typus der Carnivorenextremitäten sehr 


es 


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Bu au ZU 


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BEER TE WE BE ENDE 


— 1411 — 


nahe kommt. An dieser Ansicht glaube ich auch nach den vorhergehenden Vergleichen noch fest- 

halten zu dürfen, und hätten wir dann in beiden Reihen, sowohl in jener der Ursiden als in der der 

Amphicyoniden schon frühzeitig zweifache Organisation: 

SI. ng & Ursidae Amphicyonidae 

a) primitive Digitigradie . u 

b) gespreizte Zehenstellung, kurze Paracynodon Pseudamphieyon. 
dicke Metapodien. Plantigradie ! (Cynodon). 


\ 
! Pachyeynodon Amphicyon (Typus lemanensis) und ambiguus. 
\ 


Mit Zunahme der Körpergrösse kommt es anscheinend in beiden Reihen zu ächter Plantigradie, 
bei den Ursiden Ursus, Hyaenarctos, bei den Amphieyoniden Dinocyon und Amphicyon major (im Plio- 
caen von Cerdaigne ') und wohl auch Pseudocyon. Gewisse Ursiden erreichen aber auch den höchsten 
Grad von Digitigradie, nämlich Cephalogale und Hemicyon. 

Dass die überwiegende Mehrzahl der hier besprochenen Formen, zum Mindesten jene des 
älteren Tertiärs, eher digitigrad als plantigrad gewesen sein dürften, zeigt die Beschaffenheit ihres 
Astragalus, welcher stets dem der Viverriden sehr ähnlich ist und demnach ebenfalls eine tief aus- 
gefurchte proximale und eine sehr ausgedehnte convexe distale Facette aufweist und einen ziemlich 
langen Hals besitzt. 

Immerhin muss ich gestehen, dass mich diese Ergebnisse des Extremitätenstudiums keines- 


. wegs vollkommen befriedigen. Vor allem geht aus ihnen nicht mit absoluter Sicherheit hervor, ob 


sich Orsus aus Pachycynodon oder aus Paracynodon — Cynodon entwickelt hat, allein man muss eben 
doch berücksichtigen, dass zwischen beiden letzteren Gattungen einerseits und Ursus resp. Ursavus 
andererseits auch hinsichtlich der Beschaffenheit des Gebisses noch einige Lücken bestehen, die eine 
direkte Ableitung dieser Formen von einander verbieten. Auch darf man nicht übersehen, dass die 
Unterschiede, welche die verschiedenen oben besprochenen Formen im Bau der Metapodien aufweisen, 
zwar in einer speziellen Darstellung deutlich hervortreten, in der Praxis aber doch recht geringfügig 


_ erscheinen, wie denn überhaupt die Mehrzahl der Carnivoren in dieser Beziehung im Ganzen doch ein 


ziemlich einförmiges Gepräge aufweist. Man darf desshalb an diese Organisations-Verhältnisse keine 
allzu hohen Erwartungen knüpfen, wenn man sie zur Ermittlung verwandtschaftlicher Beziehungen 
benützen will. Für die Hufthiere liegt die Sache in dieser Hinsicht entschieden viel günstiger, weil 
hier die Veränderungen schon an und für sich viel einschneidender sind und überdies auch einen viel 
rascheren Verlauf nehmen als bei den Carnivoren, bei welchen ja gerade das wichtigste Moment, die 
Reduction der Seitenzehen, so gut wie vollständig ausgeschlossen ist. 


Verwandtschaft und geologische Verbreitung der Ursiden und 
ähnlicher Formen. 


Bis vor Kurzem erfreute sich die Gauprr'’sche Hypothese, wonach die Gattung Ursus sich 
aus Hyaenarctos und dieser aus Amphieyon entwickelt hätte, des Beifalls fast sämmtlicher Palaeonto- 
logen. Es lässt sich auch in der That nicht läugnen, dass sie an und für sich sehr bestechend und 
überzeugend erscheint, um so mehr, als sie sowohl allen morphologischen, als auch allen geologischen 
Vorbedingungen vollständig Genüge zu leisten schien. 


! Der£rer, Bulletin de la societe g&olog. de France. 1884. Tome XII. pl. XVII, fig. 9. 


Allein jetzt, wo wir namentlich mit Hilfe des nordamerikanischen Materiales in der günstigen 
Lage sind zu beurtheilen, mit welcher Intensität, beziehungsweise wie langsam sich die Ditferenzirung 
und Modernisirung innerhalb der besser bekannten genetischen Reihen von einer Formationsstufe zur 
anderen vollzieht, und wir sehen, dass die einzelnen Typen viel weiter zurückdatiren, als man 
glaubte, wie wenig im Ganzen der Habitus sich ändert und wie alle Formenreihen stets mit relativ 
kleinen Typen beginnen, drängt sich uns doch die Ueberzeugung auf, dass auch im vorliegenden Falle 
die Umgestaltung in Wirklichkeit viel langsamer verlaufen sein dürfte, als dass jene Hypothese hiemit 
in Einklang gebracht werden könnte. 

Zu diesen Bedenken gesellt sich nun aber auch noch der Nachweis von ächten Ursiden in 
Schichten, welche sogar älter sind als das Zwischenglied Ayaenarctos, und im Alter bereits jenen 
gleichstehen, die den Stammvater der Ursiden, Amphicyon, enthalten. Wir müssen daher unter noch 
älteren Formen Umschau halten, wenn wir die Geschichte dieses Stammes kennen lernen wollen. 

Die ältesten Bären finden sich, wie wir gesehen haben, bereits im Obermiocaen. Es wäre 
daher zu erwarten, dass in den nächsttieferen Schichten, also im Untermiocaen, ihr Stammvater zum 
Vorschein kommen müsste. Leider kennen wir hier von verwandten Formen nur die Gattungen Amphi- 
cyon und Cephalogale, von denen die erstere ohnehin, wie bemerkt, nicht weiter in Betracht kommt, 
die letztere aber wegen des zierlichen Baues der Extremitäten nicht wohl der Vorläufer von Ursus 
sein kann, wenn auch die Beschaffenheit des Gebisses und Schädels kein Hinderniss wäre für die An- 
nahme direkter genetischer Beziehungen. Die anscheinend sehr wichtige Art Cephalogale brevirostris 
ist leider bis jetzt zu unvollständig bekannt, um ein sicheres Urtheil zu erlauben. Erst in den Phos- 
phoriten des Quercy treffen wir eine Gattung, welche anscheinend auch bezüglich ihrer Extremitäten 
eher die Vorbedingungen erfüllt, welche wir an den Stammvater der Bären stellen müssen. Es ist 
dies die Gattung Pachycynodon, deren Gebiss allerdings jenem von Cephalogale sehr ähnlich ist, aber 
in gewissen Einzelheiten doch dem von Ursus viel näher kommt — weit zurückstehender Deuterocon 
am oberen Pı, grosses Talonid am unteren Mı mit sehr kleinem Entoconid ‘und Zwischenhöcker 
zwischen diesem und dem Metaconid, Anwesenheit von zwei schneidenartigen Innenhöckern, sowie von 
einem vorwiegend auf die Hinterecke beschränkten Innenwulst an den oberen M. Diese Zähne sind 
auch bedeutend breiter als lang. 

Pachyeynodon geht wohl auf Oynodon oder Paracynodon zurück, eine Gattung, welche bereits 
dem Oligocaen angehört, während Pachyceynodon nur an jenen Localitäten des Quercy vorkommt, 
welche jüngere Formen enthalten und daher vielleicht schon untermiocaenes Alter besitzt. Paracynodon 
nähert sich schon dem gemeinsamen Ausgangspunkte der Hunde, Bären und Viverren, denn der obere 
M, hat noch dreieckigen Querschnitt, auch ist er doppelt so breit als lang. Immerhin dokumentirt 
sich auch diese Gattung noch als Angehöriger der Bärenreihe, insoferne die P, sowie die unteren M 
schon vollkommen nach dem Typus der entsprechenden Zähne der Bären gebaut sind und ausserdem 
auch die oberen M die charakteristischen beiden Innenhöcker besitzen, von denen aber der hintere 
eigentlich ein Zwischenhöcker ist. Paracymodon selbst stammt wohl von Oynodon ab, welcher sich 
ebenfalls noch durch die Beschaffenheit seiner Metapodien als zur Bärenreihe gehörig erweist. 

Etwas früher als die ächten Bären erlangt die Gattung Hyaenarctos grössere Bedeutung. Sie 
hat mit Ursus oder wenigstens mit Ursavus den Stammvater gemein, entfaltet aber schon vor den 
eigentlichen Bären einen beträchtlicheren Artenreichthum, auch erreichen die meisten Arten mindestens 
die Grösse der grössten bekannten Bären. Zu Beginn des Pleistocaen stirbt diese Gattung als solche 
aus, aus einer ihrer Arten jedoch hat sich vermuthlich der recente Aeluropus melanoleucus entwickelt, 


dessen Gebiss eine ähnliche Differenzirung aufzuweisen hat wie jenes der Bären, freilich mit dem 
Unterschiede, dass die Complication der Zähne auch an dem hintersten P und nicht bloss an den M 
einen sehr hohen Grad erreicht, was aber keineswegs überraschen kann, da ja auch schon bei Hyaen- 
arctos die P viel kräftiger sind als bei Ursus. 

Neben dieser Stammesreihe, die mit ganz unscheinbaren Formen beginnt, hat es nun schon 
während der ganzen Tertiärzeit auch eine andere gegeben, deren Glieder ansehnliche, zum Theil sogar 
riesige Körpergrösse aufweisen und gewissermassen die eigentlichen Bären vertreten, insoferne sie den- 
selben im Skelet und wohl auch im äusseren Habitus sehr ähnlich waren, während ihr Gebiss und die 
Länge des Schwanzes mehr an die Caniden erinnert. Es sind dies Amphieyoniden. 

Schon im Obereocaen oder doch noch im Oligocaen trefien wir die Gattung Pseudamphicyon, 
welche im Wesentlichen bereits dem Amphicyon sehr nahe kommt, aber sich doch von ihr durch den 
einfachen Bau der oberen M, sowie die Höhe des unteren ?ı und Mı und die Kürze der Schnauze 
unterscheidet und überdies auch bedeutend kürzere Extremitäten besessen hat. Es ist jedoch nicht recht 
wahrscheinlich, dass Pseudamphicyon den Stammvater von Amphieyon darstellt, denn neben ihm existirt 
schon ein wirklicher Amphicyon, ambiguus, welcher zwar mit ihm die Kürze der Schnauze und die 
Kleinheit des unteren Ms gemein hat, aber immerhin doch eher der Ausgangspunkt der späteren 
Amphieyon sein kann als Pseudamphicyon. Im Unter- wie im Obermiocaen entfaltet sodann Amphicyon 
einen nicht ganz unbeträchtlichen Formenreichthum, einige Arten erreichen auch gewaltige Körper- 
grösse und erscheinen auch, insoferne sie manche Differenzirung — Vereinfachung der P und einen 
gewissen Grad der Complication der M aufzuweisen haben als eine Art Stellvertreter der ächten 
Bären. Eine Amphieyon-Art kommt noch in der Siwalikfauna vor, eine andere hat sich in Europa 
— (erdaigne — noch bis ins Pliocaen erhalten. Dann aber erlischt diese Gattung vollständig. 

Etwas früher schon enden Dinocyon — dessen Verwandtschaft mit Amphieyon jedoch keines- 
wegs vollkommen sicher gestellt erscheint — und Pseudocyon, welche in ihren Dimensionen dem 
grössten Amphieyon mindestens gleich kamen, in der Anpassung an die omnivore Lebensweise aber 
kaum einen viel höheren Grad erreicht haben als diese Gattung. In Bezug auf die Differenzirung des 
Gebisses und der Extremitäten verhalten sich alle eben erwähnten Genera ziemlich konservativ, wenn 
auch die jüngeren Vertreter der Amphicyoniden gegenüber den ältesten — Amphicyon ambiguus und 
„Canis“ palaeolycos — immerhin eine geringe Vergrösserung des Talonid der unteren M und der 
Kaufläche der oberen M aufzuweisen haben, wenigstens im Verhältniss zur Zunahme der Körpergrösse. 

Am weitesten ist dieser Prozess fortgeschritten bei der Gattung Pseudarctos, deren Zugehörig- 
keit zu den Amphicyoniden indessen überaus fraglich bleibt, insoferne sie mit ihnen zwar die Dreizahl 
der oberen M und die Zusammensetzung der oberen Mı und 2 gemein hat, während die unteren P 
und M viel mehr an jene von Pachycynodon erinnern. Hier hat wenigstens Verbreiterung und 
Streckung des Talonid der beiden letzten Unterkiefermolaren stattgefunden, dagegen keine nennens- 
werthe Verstärkung der oberen Molaren. 

Das Aussterben der Amphieyoniden ist vermuthlich auf die geringe Anpassungsfähigkeit ihres 
Gebisses zurückzuführen, denn es erwies sich weder als geeignet für omnivore Lebensweise, noch 
konnte es bei dem Auftreten der grösseren Feliden, welche vom Obermiocaen an die Hauptrolle unter 
den Fleischfressern übernehmen, seine Besitzer auf die Dauer für die Konkurrenz mit diesen gefähr- 
lichen Mitbewerbern befähigt erhalten. Es hätte nur dann genügt, wenn, wie dies bei den Caniden 
der Fall war, wenigstens die Extremitäten zweckmässigere Anpassung erfahren hätten, wodurch die 
Thiere grössere Beweglichkeit erlangt hätten. Bei den Bären hingegen hat zwar abgesehen von der 


— 14 — 


Differenzirung zur Plantigradie auch keine Veränderung der Extremitäten stattgefunden, wohl aber 
erfuhr das Gebiss eine immer weiter gehende Spezialisirung, die es den Thieren auch ermöglicht, zur 
Noth mit blosser Pflanzenkost das Leben zu fristen, ja -einer ihrer Vertreter, Ursus labiatus, soll über- 
haupt nur vegetabilische Nahrung zu sich nehmen, 

Die Veränderungen im Gebiss äussern sich innerhalb der Ursiden in allmähliger Complication 
der Molaren, neben welcher eine oft sehr bedeutende Reduction der überflüssig werdenden Praemolaren 
einhergeht, denn in Folge der Anpassung an die omnivore Lebensweise concentrirt sich die Kauthätig- 
keit ganz auf die Molaren, was zuletzt sogar die Sprossung und allmählige Vergrösserung eines neuen 
Gebildes, des hinteren „Talon“ am letzten M zur Folge hat. Dagegen findet niemals Reduction der 
Molarenzahl statt, wie dies der Fall sein müsste, wenn Amphicyon der Stammvater von Ursus wäre. 
Schon die auffallenden Schwankungen, die in der Entwicklung des Gebisses erfolgt sein müssten, so- 
ferne zwischen beiden Gattungen direkt genetische Beziehungen bestehen sollten, machen es höchst 
unwahrscheinlich, dass Ursus von Amphieyon abstammen könnte. 

Wir hätten dann nämlich folgenden Prozess: 

Amphicyon ambiguus: kleiner oberer Ms, kurze Oberkiefermolaren, jedoch mit starken Zwischen- 
höckern und sehr einfacher, fast schneidender Talon an den unteren M. 

Amphieyon lemanensis: Vergrösserung und Complication des oberen Ms, Vereinfachung der 
Zwischenhöcker der oberen M, Streckung und Complication des Talonid der unteren M. 

Hyaenarctos oder direkt Ursavus: Verlust des oberen Ms, Verschwinden: des vorderen — 


Protoconulus — und rasche Vergrösserung des hinteren Zwischenhöckers — Metaconulus — der 
\ 
oberen M. 
Wir hätten also hier zuerst allmählige Vergrösserung eines Zahnes — des oberen Ma —., 


der doch zuletzt verloren geht, und Wechsel von Schwächerwerden und Verstärkung der Zwischen- 
höcker und dann plötzlichen Verlust des vorderen Zwischenhöckers, verbunden mit einem ganz ge- 
waltigen Wachsthum des hinteren Zwischenhöckers, und alle diese Prozesse in der relativ so kurzen 
Zeit zwischen Oligocaen und Obermiocaen! Einen viel ruhigeren Verlauf in der Entwicklung der M 
nimmt hingegen die genetische Reihe Paracynodon, Pachycynodon resp. Cephalogale und Ursavus. 
Schon die älteste Form — Paracynodon — hat hier nicht bloss die nämliche Zahnzahl wie 
die jüngste, sondern die Zähne weisen im Allgemeinen auch schon eine sehr ähnliche Zusammensetzung 
auf. Der untere Mı hat am Talonid bei allen einen schneidenden Aussenhöcker, Hypoconid, und ein 


sehr kurzes Entoconid, und zwischen diesem und dem Innenzacken — Metaconid — noch einen be- 
sonderen Secundärhöcker; die oberen M haben bei allen zwei fast gleich grosse Innenhöcker — der 
zweite ist allerdings in Wirklichkeit der hintere Zwischenhöcker — Metaconulus — und einen kräf- 


tigen, aber auf die Hinterecke beschränkten inneren Basalwulst, auch zeigen beide oberen M immer 
sehr starke Runzelung des Schmelzes. Auch im Schädelbau entspricht die Reihe O'ynodon, Paracyno- 
don, Ursus allen Anforderungen, die man etwa stellen könnte. Wir kennen zwar nur von wenigen 
den Schädel, aber man darf wohl annehmen, dass aus dem der Gattung Paracynodon trotz seiner 
grossen Aehnlichkeit mit jenem der Caniden sich allmählig der typische Bärenschädel entwickeln konnte, 
mit welchem der von Paracynodon ohnehin schon die Kleinheit der Bullae osseae gemein hat. Auch 
die Plumpheit und Grösse der Metapodien spricht dafür, dass die genannte Gattung zu den Bären in 
verwandtschaftlicher Beziehung steht. Paraeynodon selbst lässt sich ungezwungen von den älteren 
Cynodon-Arten ableiten. 

Ganz erhebliche Schwierigkeiten bietet die Ermittlung der Abstammung der Amphieyoniden. 


— 5 — 


Der Umstand, dass bei dem ältesten derselben, bei Amphicyon ambiguus, der obere Ms noch sehr 
klein und auch das Talonid der unteren M sehr einfach gebaut ist, und die oberen M im Querschnitt 
ein viel spitzeres Dreieck bilden, zeigt deutlich, dass auch hier eine Streckung und Complication der 
M stattgefunden hat, die mit Vereinfachung der im Anfang etwas höheren und kräftigeren ? ver- 
bunden war. Das Fehlen eines dritten M im Oberkiefer bei der nahestehenden Gattung Pseudamphi- 
eyon, die doch sicher mit Amphicyon den Stammvater gemein hat, zeigt ausserdem, dass wir uns auch 
allenfalls mit dem Gedanken vertraut machen müssen, dass dieser obere M3 überhaupt vielleicht eine 
Neubildung darstellt. Soferne sich dies mit Sicherheit beweisen liesse, würde sich auch ein weiterer 
Anhaltspunkt für die Annahme darbieten, dass die Amphieyoniden auf eine C'ynodictis-ähnliche Form 
zurückgehen. Diese Annahme hat jedoch auch ohnehin sehr grosse Berechtigung, denn ein Vergleich 
der oberen M, sowie des oberen Pı von Amphieyon ambiguus mit den entsprechenden Zähnen von Cyno- 
dietis lässt in den Details grosse Aehnlichkeit erkennen. Auch bei diesem Amphicyon steht der Deu- 
terocon des oberen Pı sehr weit vorne, der Hinterrand der oberen M erscheint deutlich ausgebuchtet 
und die einzelnen Höcker haben ungefähr die gleiche Stärke und die nämliche Stellung wie bei Cyno- 
dietis. Der Unterschied besteht eigentlich nur darin, dass bei Cynodictis der Aussenrand der oberen 
M etwas ausgeschnitten und der Innenwulst auf die hintere Ecke beschränkt ist. Allein eben diese 
Merkmale finden wir auch bei Pseudamphieyon. Was die unteren M betrifft, so hat der Mı bei 
Cynodietis zwar noch sehr hohe Zacken im Trigonid, auch zeigt das Talonid grubige Entwicklung, allein 
die Höhe der Zacken findet sich gleichfalls bei Pseudamphieyon, und ausserdem scheint auch die 
eigentlich grubige Ausbildung des Talonid auf die kleineren Arten von Oynodictis beschränkt zu sein, 
während sie bei den grösseren, Cynodictis erassidens und longirostris stark verwischt ist. Diese dürften 
streng genommen wohl auch von der Gattung Cynodietis zu trennen sein. 

Ausser diesen Anklängen und der Beschaffenheit des Gebisses besteht auch im Schädel- und 
Extremitätenbau zwischen Cynodietis und den Amphieyoniden vielfache Aehnlichkeit, so dass die An- 
nahme einer wirklichen näheren Verwandtschaft kaum von der Hand zu weisen sein dürfte, denn die 
Abweichungen von Cynodictis — Kürze der Gesichtspartie, Einfachheit des Talonid der unteren M, 
sowie die kräftigere Entwicklung des inneren Basalbandes der oberen M bei Amphicyon ambiguus und 
die erwähnten, durch die Spreizung der Zehen bedingten Differenzirungen im Metacarpus von Pseud- 
amphicyon sind wohl nicht als fundamentale Unterschiede anzusehen, sondern lediglich als besondere 
Differenzirungen. 

Die Frage, ob der dritte obere M von Amphicyon eine Neuerwerbung darstellt, wie man aus 
der Grössenzunahme dieses Zahnes bei einigen untermiocaenen Arten vermuthen könnte, oder ob ein 
solcher bereits bei den gemeinsamen Stammeltern von Amphicyon, Pseudamphieyon und Oynodictis 
vorhanden war, bei den beiden letzteren Gattungen jedoch wieder verschwunden ist, lässt sich vorläufig 
überhaupt nicht lösen, da unsere Kenntnisse von der Gattung Uintacyon aus dem älteren Tertiär von 
Nordamerika noch recht dürftig sind. Gerade diese Gattung kommt jedoch am ehesten als 
Stammvater aller Hunde- und Bären-ähnlichen Formen in Betracht. 


Wenn ich es nun zum Schlusse unternehme, den Zusammenhang der im Vorstehenden behan- 
delten Formen in graphischer Methode zur Darstellung zu bringen, mit anderen Worten, einen Stamm- 
baum derselben aufzustellen, so weiss ich sehr wohl, dass ich hiemit bei verschiedenen Leuten 
gewaltigen Anstoss erregen werde. Es gehört ja förmlich „zum guten Ton“, über die Stammbäume 


überhaupt zu raisonniren. 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 19 


— 146 — 


Ich möchte hier diesen Kritikern doch immerhin Einiges zu bedenken geben: 

Ein Stammbaum ist bekanntlich nichts anderes als die graphische Darstellung der Ver- 
wandtschaft, die den Zweck hat, dem Kundigen mit wenig Worten das zu bieten, was sonst nur mittelst 
weitläufiger und natürlich schwer übersehbarer Auseinandersetzungen möglich wäre. Es ist mithin 
lediglich eine andere Form der wissenschaftlichen Behandlung eines Themas. Dass nun 
wissenschaftliche Abhandlungen in allen Punkten und für alle Zeiten unfehlbar sein müssten, wird 
gewiss Niemand verlangen wollen, bloss an die graphische Darstellung — den „Stammbaum“ — stellt 
man ungenirter Weise solche Anforderungen. Vermuthlich nur desshalb, weil es eine andere, noch 
dazu bequemere Methode ist, legt man hier einen ganz anderen Maassstab an als an die gewöhnliche, 
aber viel weniger übersichtliche Form. Ich kann mir wirklich keine grössere Inconsequenz denken. 

Also auch auf die Gefahr hin, gewaltiges Aergerniss zu erregen, möge hier der „Stamm- 
baum“ der oben behandelten Formen folgen, denn gerade aus einer solchen Art der Darstellung lässt 
sich am besten ersehen, wie weit unsere Kenntnisse gediehen sind, und welches die Lücken sind, 
welche wir noch auszufüllen haben. Wie nebenstehende Tabelle zeigt. ist zwar die Herkunft der 
Euaretos-Gruppe ziemlich sicher ermittelt, hingegen wissen wir nichts Näheres über die Abstammung 
der übrigen Bären, es ist nur wahrscheinlich, dass auch für sie die Stammform schon ziemlich weit 
zurückliegen muss. Eine sehr fühlbare Lücke treffen wir im Untermiocaen, weil der in genetischer 
Hinsicht wahrscheinlich sehr wichtige Cephalogale brevirostris sehr mangelhaft bekannt ist. Endlich 
lässt auch unsere Kenntniss von der Herkunft von Dinocyon, Pseudocyon und Pseudarctos sehr vieles 
zu wünschen übrig. Dass die Ursus-Cynodon-Gruppe mit jener der Amphicyoniden doch in einem 
verwandtschaftlichen Verhältniss steht, kann wohl kaum bezweifelt werden, jedoch muss dieser gemein- 
same Ausgangspunkt viel weiter zurückverlegt werden, als man bisher für nöthig hielt, nämlich bis 
zu dem ersten Erscheinen von Caniden-ähnlichen Formen. 

So lange unsere Kenntnisse der Gattung Uintacyon keine wesentliche Bereicherung erfahren 
werden, stehen sich beide Gruppen scheinbar unvermittelt gegenüber. 


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AUG 6 1900 


Ueber das Genus Hybodus und seine 
systematische Stellung 


von 


Campbell Brown. 


Mit Tafel XV, XVI. 


Dem Palaeichtbyologen sind die Stacheln und Zähne des mesozoischen Selachiers Aybodus 
ganz bekannte Dinge. Seit Ascassız, dem Begründer dieses Genus, ist die Literatur hierüber beträcht- 
lich angewachsen, und doch lässt unsere Kenntniss über diesen Gegenstand noch viel zu wünschen 
übrig. Man hat sich zumeist auf die Beschreibung von isolirten Zähnen und Stachen beschränkt, 
welche sich sehr häufig in bestimmten Ablagerungen und besonders in denen des Lias finden. Ueber 
den Skeletbau dieses Haifisches existiren verhältnissmässig wenig Untersuchungen, und diese sind noch 
so fragmentarisch, dass wir aus ihnen keine Schlüsse ziehen dürfen auf die Details der Organisation 
von Hybodus und also auch nicht auf seine phylogenetische Stellung. Haifische eignen sich nicht gut 
für den Versteinerungsprozess. Das zarte, knorpelige Endoskelet wird sehr bald zerstört und man 
findet in Folge dessen nur selten Reste desselben. Die härteren Theile dagegen (Zähne, Stacheln, 
Chagrin) lösen sich ab, werden verstreut und ihre Bestimmung bildet für den Palaeontologen eine 
endlose (Quelle von Schwierigkeiten. So lange unsere Kenntniss der Gattung nicht eine genauere und 
vollkommenere ist, kann die grösste Anzahl der sogenannten „Hybodus-Spezies“ nur provisorisch als 
solche gelten. Einzelne Zähne und Stacheln, besonders wenn sie isolirt gefunden sind, bieten recht 
geringe Anhaltspunkte für dieBestimmung von Unterabtheilungen und einzelnen Gruppen, und so ist es 
nicht verwunderlich, dass sich nach und nach eine Menge von „Art“namen als synonym herausstellen. 

Es ist nun hier zunächst meine Aufgabe, drei höchst wichtige Exemplare zu untersuchen: 
das eine stammt aus den Solnhofener Schichten und befindet sich in der reichhaltigen Sammlung des 
Münchener palaeontologischen Museums; die beiden anderen wurden im oberen Lias von Holzmaden 
in Württemberg gefunden. Eines dieser Stücke gehört dem K. Naturalienkabinet in Stuttgart, das 
andere dem palaeontologischen Museum in Berlin. Ich erfülle eine angenehme Pflicht, indem ich den 
Herrn Vorständen der drei Sammlungen — Herrn Geheimrath Professor vox Zırrez, Herrn Professor 
Ep. Fraas und Herrn Professor von Branco meinen herzlichsten Dank für die Ueberlassung des kost- 
baren Materials ausspreche. 


— 150 — 


Herrn Geheimrath vox ZırTEL schulde ich ausserdem für das grosse Interesse, durch welches 


er meine Arbeit förderte, aufrichtigsten Dank. 


Die mir vorliegenden Stücke sind so aussergewöhnlich gut erhalten, dass durch dieselben 


unsere Kenntniss von Hybodus nunmehr ebenso sicher begründet wird wie die jedes anderen meso- 
zoischen Haifisches. Ehe wir an die Beschreibung der Fossile gehen, wird es gut sein, in historischer 
Reihenfolge eine Liste derjenigen Arbeiten vorauszuschicken, welche sich mit demselben Gegenstande 
beschäftigt haben. 


1889, 


1891. 


1896. 


1898. 
1898. 


Literatur. 


Asgassiz, L., Poissons Fossiles.. Tome III. S. 41 u. 178. — 22 Arten von Hybodus-Stacheln und 20 
Arten von Zähnen werden beschrieben. 

Egerton, P., Description of the Mouth of Hybodus. @uar. Jour. Geol. Soc. Vol. 1 S. 197. 

Giebel, ©. @., Fauna der Vorwelt. Bd. I. S. 311. — Beschreibung zweier carbonischer Arten. 

Quenstedt, F. A., Der Jura. Tab. 27 Fig. 1. — Abbildung eines Stückes, welches Fraas 1896 
genauer beschreibt. 

Barkas, W. J., Hybodus a Coal-Measure Fish. Geol. Mag. 1874 S. 163 u. Monthly Review of Dental 


Surgery, Feb. 1874. — Die Zähne von Hybodus und Cladodus werden als identisch betrachtet. 
Hasse, C., Das natürliche System der Elasmobranchier. Allgemeiner Teil S. 68. — Die Verwandtschaft 

von Hybodus zu gleichzeitigen und lebenden Formen wird in allgemeiner Form diskutirt. 
Barkas, W. J., Pro. Roy. Soc. New South Wales. Okt. 1881. — Die carbonischen Formen werden als 


Hybodus bezeichnet. 

Smith Woodward, A., On the Relations of the Mandibular and Hyoid Arches in a Cretaceons Shark 
(Hybodus dubrisiensis). Pro. Zool. Soc. London, April 20. 1886. — Die Art wird von dem- 
selben Autor zwei Jahre später von Hybodus abgetrennt. (Pro. Geol. Assoc. Vol. X. S. 288.) 

Traquair, R. H., Notes on Carboniferous Selachi. Geol. Mag. Feb. 1888. — Die Hybodonten sind mit 
den Cestraciontiden verwandt und bilden eine von den Cladodonten ganz getrennte Familie. 

Zittel, K. A. von, Handbuch der Palaeontologie Bd. III S. 66. — Die Hybodontidae werden als ge- 
sonderte, den Notidanidae und Cestraciontidae gleichwertige Familie erachtet. 

Smith Woodward, A., Cat. of Fossil Fish. Brit. Museum. Part I S. 250 (Plates VII, VII, IX, XII.) 
— Hybodus wird in die Familie Cestraciontidae gestellt. Für die Kenntniss von Hybodus 

- sehr wichtige Mittheilungen. 

Jaekel, O., Die Selachier aus dem oberen Muschelkalk Lothringens. Abh. zur geol. Spezialkarte von 
Elsass-Lothringen. Bd. III. Heft IV. S. 294. — Untersuchung der Microstructur der Hybodus- 
Zähne. Eine neue Gattung und zwei neue Arten werden aufgestellt. 

Smith Woodward, A., The Hybodont and Cestraciont Sharks of the Cretaceous Period. Pro. York. 
Geol. Poly. Soc. Vol. XH. pt. 1. — Beschreibung des Rumpfes einer Art aus dem Wealden. 

Fraas, E., Neue Selachier-Reste aus dem oberen Lias von Holzmaden. Württemb. Jahreshft. 1896 
S. 1. — Publication des bis jetzt wichtigsten Materiales von Hybodus. 

Smith Woodward, A., Vertebrate Palaeontology S. 44. — Kurze Synopsis der Gattung bis 1898. 

Jaekel, O., Ueber Hybodus Agassiz. Sitzungs-Berichte der Gesellsch. naturforsch. Freunde. Jahrg. 
1898 No. S. — Der Name Hybodus soll allein auf Flossenstacheln beschränkt werden; die 
sogenannten Hybodus-Zähne werden in 5 Gruppen vertheilt. 


Hybodus Fraasi spec. nov. 
(Taf. XV, Fig. 1.) 


Allgemeine Beschreibung. 


Zwei Stücke, das Fossil selbst, sowie seine Gegenplatte liegen vor. Der Fisch ruht in voll- 
kommen natürlicher Lage auf seiner linken Seite. Keine postmortalen Störungen haben auf die ein- 
zelnen Theile eingewirkt, abgesehen von dem Druck von oben. Die Seitenlinie, welche man mehr 
oder weniger vollständig vom Vorderende des Fisches bis hinten verfolgen kann, zeigt ihre natürliche 
mediane Lage und beweist deutlich, dass keine Verschiebung irgend welcher Art stattgefunden hat. 
Die Chagrin-Schuppen sind an manchen Stellen vollkommen intakt erhalten. Ueberhaupt ist die ganze 
Konservierung so tadellos, dass nichts zu wünschen übrig bleibt. Minutiöse Details, wie das Kalk- 
mosaik im Knorpelskelet, wie die formschönen zartgebildeten Chagrin-Zähnchen und die feinere Structur 
der Seitenlinie kann man mit blossem Auge deutlich beobachten. Kopf, Kiefer, Kiemenbogen, Brust- 
gürtel und Flossen, die beiden Rückenflossen, die Bauchflossen, ein Theil der Afterflosse — alles lässt 
sich deutlich erkennen und jeder dieser Theile befindet sich in natürlicher Lage. Unglücklicherweise 
fehlt die Schwanzflosse, eine Unvollständigkeit, welche den Werth des sonst vorzüglich erhaltenen 
Stückes etwas verringert. 

Die Umrisse des Fisches werden durch Placoid-Schuppen, welche in keiner Hinsicht laidirt 
sind, scharf abgegrenzt. Sie geben uns eine genaue Vorstellung von den Körperconturen dieses 
Selachiers. Besonders auffallende Erscheinungen sind die enorm entwickelten dorsalen Flossen, der 
verhältnissmässig kleine stumpfe Kopf, das rapide Anschwellen des Körpers vom Rostrum bis zur 
Brustgegend und das langsame Abschwellen von der Brustgegend bis zum Schwanzende, Die beiden 
Rückenflossen stehen nur ganz wenig hinter den Brust- resp. Bauchflossen. Der Bau des Fisches ist 
im Ganzen charakterisirt durch besondere Grazie und lässt auf hervorragende Behendigkeit schliessen. 
Dieser Schluss wird noch gestützt durch das Vorhandensein der verhältnissmässig grossen Flossen, 
welche als sehr geschickte Steuer- und Balancirorgane dienten. 


Maasse: 


Länge vom Rostrum bis zur Schwanzgegend (da wo das Exemplar durchgebrochen ist) 0,58 m 
2 er - „ zum Ansatz des Stachels der ersten Rückenflosse . . . . . 0,23 


% 

E * 2 nn = a „ „ zweiten Rückenflose . . . . 0,44 „ 
z & E er der Brustllosse"...2. 2 Han a AONL IN 
E n ne Yon 2 'der. Bauchflosse..; pcs ne RR '4OL,, 
Grösste Höhe des Fisches (in der Brustgegend). . . . RE RE BENNO]. ., 


Detail-Beschreibung. 


Kopfskelet. Der ganze Kopf liegt frei, nicht durch Chagrin verdeckt, Die Details des Skeletbaues 
liegen also in einer Weise bloss, wie man sie selten bei Elasmobranchiern findet. Durch einen leichten 


— 152° — 


Druck ist die Hinterregion des CFanium schräg aufgekippt worden, so dass sie deutlich zu Tage tritt. Der 
Mund ist geschlossen und die Knorpel des Ober- und Unterkiefers sind deutlich sichtbar. Bei genauerem 
Hinschauen bemerkt man, dass der ganze Kopf aus Myriaden kleiner polygonaler Kalkplättchen besteht, 
welche man bei oberflächlicher Betrachtung leicht fälschlich für Chagrin nehmen könnte. Ein einziger 
Blick auf den Kopf des Fisches überzeugt, dass die Verkalkung der Knorpel des Kopfskeletes sehr 
viel vollkommener ist, als bei irgend einem bekannten lebenden Hai. Diesem Umstande verdanken 
wir zweifellos die wunderbar vollendete Erhaltung des ganzen Kopfes. Die Bildung der Kalkplättchen 
in den Knorpeltheilen beschränkt sich nicht auf eine oberflächliche Schicht, sondern der Prozess scheint 
sich vielmehr auch auf das Innere der Knorpel ausgedehnt zu haben. Denn da, wo sich Brüche in 
der Aussenschicht befinden, sieht man eine Masse leicht zusammenhängender Körnchen darunter liegen. 
Dieser Umstand bot eine Fülle von Schwierigkeiten bei der Herausarbeitung des Kopfes. Denn da, 
wo die äussere Kruste einmal gebrochen war, musste man die grösste Vorsicht anwenden, um zu ver- 
hüten, dass der betreffende Theil zerbröckelte. Der ganze Kopf ist mit hellgelbem Eisenoxyd im- 
prägnirt, das als Bindemittel die körnige Substanz zusammenhält. 


Kopfmaasse: 


Von der Spitze des Rostrums bis zum vorderen Ende des Schädeldaches 30 mm 


mal Pr 2 = ES EHlinterkopkag et date a DIDu05 
BR ss 5 5 n» »  Beaeorbitalen Fortsatz . . . . 35 „ 
ENGEL 5 5 5 en apostorbitalenvBlortsatze rn 2.2 20, 
ae ; ” - zus Mundspaluewer ar a 6 5 


Das Schädeldach, obwohl ein wenig eingefallen, ist vollkommen erhalten. Sein Vorderende liegt 
30 mm von der Spitze des Rostrums entfernt; auf diese Weise entsteht eine ziemlich weite und tiefe, 
von zarten Knorpeln begrenzte Fontanelle. Die Nasenkapsel erscheint als eine runde Erhebung, welche 
noch mit Chagrin bedeckt ist; sie liegt zwischen dem Rostrum und dem Maule. Die Augenhöhle liest 
ziemlich weit vorn im Kopfe; sie ist tief und suboval. Nach oben zu ist sie begrenzt von einer dicken 
supraorbitalen Leiste, nach vorn zu durch einen praeorbitalen und nach hinten zu durch einen aus- 
gedehnten postorbitalen Fortsatz. Die genauen Grenzen des letzteren entziehen sich unserer Beobach- 
tung, da er und das Palatoquadratum ohne Grenze in einander übergehen. Die postorbitale Articu- 
lation des Palatoquadratum an dem Schädel ist viel ausgedehnter und vollkommener als bei den 
lebenden Notidaniden. Der als Quadratum bezeichnete Theil des Oberkiefers legt sich in einer Länge 
von 20 mm gegen den Schädel. Diese Anordnung entspricht genau derjenigen bei dem lebenden 
Heptanchus. Alles im allem genommen zeigt die ganze äussere Form des Schädels eine auffallende 
Aehnlichkeit mit der von Heptanchus. Das am Schädel befestigte Ende des Hyomandibulare liegt in 
einer in die Periotickapsel eingesenkten Vertiefung und der Knorpel der letzteren setzt sich in einen 
stumpfen Pteroticfortsatz fort. Die Ohrkapsel ist leicht eingedrückt, aber nichtsdestoweniger intakt. 
Der Knorpel der Labyrinthregion erscheint viel dünner und zarter als der übrige Schädelknorpel und 
ist in Folge der schrägen Lage des Schädels etwas zusammengeschoben. Die hintere Schädelwand ist 
dick und Spuren einer mittleren nicht sehr vortretenden occipitalen Leiste sind noch erkennbar. Die 


— 155 — 


genaue Lage der Parietalgrube kann man in Folge der schrägen Lage des Kopfes und der aufwärts 
gepressten linken Seite des Schädels nicht sehen. Eine posteriore Verlängerung des Schädeldaches, 
wie die von Fraas‘ bei 4. Hauffianus beschriebene, ist nicht vorhanden. Nach der Untersuchung 
des Münchener Exemplars ist die Interpretation des von Fraas beschriebenen Stuttgarter Stückes nicht 
mehr schwierig. Das letztere ist sehr schlecht erhalten. Der grössere Theil des Cranium ist durch 
Druck von oben plattgedrückt. Die Ohrkapseln fehlen augenscheinlich und die hintere Schädelwand, 
welche auf diese Weise freigelegt wurde, erscheint aufwärts gepresst, so dass sie in einer Ebene mit 
dem Schädeldache liegt. Die nach vorne gerückte Stellung der Parietalgrube und. ebenso die schein- 
bare Verlängerung des Schädeldaches wird so durch secundäre mechanische Vorgänge erklärt. 


Fig. 1. Rekonstruktion des Skeletes von Hybodus Fraasi. 9. '/ nat. Grösse. 


Visceral-Skelet. Kieferbogen. Die Kiefer von Hybodus sind bereits mehrmals beschrieben 
worden, aber ihre nahen Beziehungen zum Cranium werden durch das Exemplar aus dem Solnhofener 
Schiefer zum ersten Male klargestellt. Die postorbitale Verbindung des Oberkiefers mit: dem Cranium 
ist eine so feste, dass man die Articulationsnaht nicht mehr erkennen kann. Nach dem Rücken zu 
breitet sich der Quadrattheil des Knorpels 20 mm aus und bildet so eine ausgedehnte Gelenkfläche 
für die korrespondirende Pfanne am Cranium. Das Quadratum ist besonders mächtig und massiv 
entwickelt. In Folge der leichten Einsenkung der Ethmoidalregion scheint der vordere Teil des Palatum 
etwas höher zu liegen. Vorne, direkt unter dem Praeorbitalfortsatz, liegt ein in einem Winkel von 
45° nach vorne gerichteter palatobasaler Fortsatz. Dieser Fortsatz liegt hier viel weiter vorne als 
bei Hexanchus oder Heptanchus und ist ausserdem nach vorne gerichtet und nicht nach hinten wie 
bei jenen Gattungen. 

Der Unterkiefer zeigt bemerkenswerte Eigenschaften. Nach der Symphyse zu verjüngt er 
sich rapide bis zu einer grössten Höhe von 30 mm. Eine sehr tiefe Muskelgrube nimmt den hinteren 
breiteren Theil ein. Von der Symphyse 40 mm entfernt liegt ein vorspringender Gelenkkopf, welcher 
in eine entsprechende Aushöhlung des Palatoquadratrandes passt. Ein anderes Gelenk, welches die 
Bestimmung hat, die Bewegung der Kiefer zu reguliren, liegt hinten 80 mm von der Symphyse ent- 


t Loc. cit. 
Palaeontograpbica, Bd. XLVT. 


— 154  — 


fernt; aber in diesem Falle liegt die Pfanne in dem Unterkiefer und der Gelenkkopf in dem Palato- 
quadratum. Leider ist ein Theil der äusseren Kruste der Knorpel in dieser Region etwas beschädigt, 
so dass eine detaillirte Beobachtung hier nicht möglich ist. 


Zähne. Obwohl der Mund geschlossen ist, kann man doch mindestens 12 Zähne zählen. Sie 
gehören zumeist dem Palatoquadratum an und bilden eine unregelmässige Reihe, die sich in der Aus- 
dehnung 30 mm an dem Knorpel hinzieht. Sie stehen eng und sind von geringer Grösse. In der 
Regel ist die Basis der Zähne nicht erhalten; nur die Krone allein ist übrig geblieben. Die Haupt- 
spitze ist klein und scharf und misst nur 2 mm in der Länge. Die Nebenspitzen sind besonders klein. 
Die Zähne sind nach innen gebogen und mit schmalen aber tiefen Rinnen versehen, die sich bis in die 
Spitze hinziehen; die grösste Tiefe und Breite der Rinnen liegt an der Basis der Zähne. Die Zähne 
unseres offenbar jugendlichen Stückes sind klein, natürlich kleiner als die bekannten gewöhnlichen 
Hybodus-Zähne. Leider ist nur die äussere Zahnreihe sichtbar, während die Zähne im Inuern des 
Mundes sämmtlich verdeckt sind. Es unterliegt keinem Zweifel, dass man die vollständige Bezahnung 
blosslegen könnte, wenn man den Fisch von der Rückseite der Platte aus präparirte, aber bei der 
grossen Zerbrechlichkeit des Kopfes erscheint ein solches Experiment nicht zulässig. 


Zungenbeinbogen. Hyomandibulare. Dieser Knorpel ist sanft gebogen mit breiten und flachen 
Seitenflächen. Seine Länge beträgt 35 mm, seine Breite durchschnittlich 10 mm. Die allgemeine 
Form desselben ist zu bezeichnen als ein gebogenes unvollkommen vierkantiges Prisma, welches sich an 
beiden Enden verbreitert und dessen beide Seitenflächen viel breiter sind als die vordere und hintere 
Fläche. Sein unteres Ende läuft in ein gerundetes Gelenk aus, das in enger Verbindung mit der 
hinteren Fläche des Kieferbogens steht. Das obere Ende ist noch fest mit dem Cranium verbunden 
und liest in einer Vertiefung der Ohrkapsel. Der hintere Rand des postorbitalen Fortsatzes ist in 
Folge seiner Verschiebung durch das obere Ende des Hyomandibulare unnatürlich hoch hinauf gepresst. 
An der Verbindungsstelle mit dem Cranium wird das Suspensorium dicker und breiter. Es liegt auf 
der Hand, dass die Artieulation mit dem Cranium eine vollkommene und direkte war und nicht eine 
solche wie bei den Notidaniden. Bei dieser Familie ist das Hyomandibulare mit Hilfe eines Ligamentes 
an dem Schädel befestigt und nicht durch ein Gelenk an ihn gebunden '. An der hinteren Seite des 
Hyomandibulare sind deutlich zu unterscheiden Reste von Kiemenstrahlen, in Form von 5 unregel- 
mässig begrenzten knorpeligen Fortsätzen, die nach hinten und aussen gerichtet sind. Diese Kiemen- 
strahlen sind an allen Kiemenbogen zu beobachten, doch am besten erhalten sind sie am Hyomandibulare. 

Das Hyoidstück ist nur teilweise sichtbar. _Es verschwindet unter dem massiven Knorpel des 
Unterkiefers und entzieht sich so der Beobachtung. 


Kiemenbogen. Fünf starke plastisch erhaltene Knorpelbarren, untereinander parallel an- 
geordnet und von vorne nach hinten allmählig an Grösse abnehmend, repräsentiren den Branchial- 
apparat. Nur die beiden oberen Theile derselben, nämlich die Pharyngobranchialia und die Epi- 
branchialia, sind zu sehen. Die unteren Theile sind auf der Gegenplatte erhalten. Die Pharyngo- 
branchialia sind lang und messerklingenartig geformt, wie bei Mustelus. Das zum ersten Kiemenbogen 
gehörende Pharyngobranchiale erstreckt sich so weit nach hinten, dass es fast über den fünften 
Kiemenbogen hinausragt. Die übrigen werden nach hinten zu kleiner. Der fünfte kleinste Bogen 
trägt kein Pharyngobranchiale. 


! Vide Cart GEGENBAUR, Das Kopfskelet der Selachier, S. 157. 


3 


a u as 2 a a EZ Zu 1 ZZ a 9 dl Du Zu UL DL Lu nm Zu ui; un u u Od Lu 0 1 


— 00, — 


Das Rumpiskelet. Das Notochord ist persistirend. Seine Lage wird bezeichnet durch ein 
10 mm breites Band, das in einer Kurve der ganzen Länge nach den Fisch durchzieht und das an 
der Rückseite von Neurapophysen und an der Bauchseite von den Rippen und Haemapophysen begrenzt 
wird. Das ganze Notochord zeigt absolut keine Spur von Verkalkung. 

Die einzelnen Neurapophysen in der Region hinter dem Cranium sind nicht auseinander zu 
halten. Alles, was man sehen kann, ist eine undeutliche Knorpelmasse, welche auf den ersten Blick 
ein einheitliches Stück zu bilden scheint. Dieses Aussehen könnte irreführen; vielleicht ist es durch 
die Verrückung einzelner Neurapophysen verursacht, welche so theilweise übereinander geworfen sind. 
Möglicherweise aber ist es auch dadurch herbeigeführt, dass die ersten Neurapophysen wie bei der 
Chimaeriden-Gattung Callorhynchus miteinander verschmolzen sind. Die ersten getrennt erkennbaren 
Neurapophysen sind kurz und breit. Weiter nach hinten werden sie länger und schmäler und erreichen 
ihre Maximalgrösse zwischen den beiden Rückenflossen. Noch weiter nach hinten zu nehmen sie wieder 
an Grösse ab und zwar bis zur zweiten Rückenflosse, von wo ab sie unter dem Chagrin verschwinden. 
In Verbindung mit der Basis einzelner Neurapophysen und hinter denselben bemerkt man kleine drei- 
eckige Knorpelstücke, welche offenbar als Intercalaria zu deuten sind. Sie sind sehr klein und, wo 
erkennbar, immer angeheftet an die verbreiterte Basis der Neurapophysen. Diese Anordnung ist die- 
selbe wie bei den Stören und in der That erinnert die ganze Form und Ausbildung der Neurapophysen 
mehr an eine Ganoidform als an Haifische. 

Die Rippen. Die Pharyngobranchialia verdecken die ventralen Theile des Axialskelets bis 
zu dem Punkt, wo die Rippen ansetzen. Die letzteren zeigen ebenfalls besondere Eigenthümlichkeiten. 
In der Gegend des Brustgürtels sind sie von normaler Länge; von da ab nehmen sie nach hinten 
rapide an Länge zu, bis zu 70 mm. In Anbetracht der Grösse des Hais erscheint diese Länge ganz 
ungewöhnlich. Bei Haien sind die Rippen in der Regel nur ganz unbedeutend entwickelt und bei 
keiner recenten oder fossilen Haifischform hat man bisher eine solch eigenartige Entwickelung der 
Rippen beobachten können. Hierin haben wir wieder einen Charakter, der mehr den Ganoiden als 
den Haien eigenthümlich ist. Man kann im Ganzen ca. 20 lange Rippen zählen, und die auffallende 
Länge ist bei jeder einzelnen dieser Rippen deutlich zu konstatiren. Nach hinten zu verkürzen sie 
sich rapide, bis sie ungefähr in der Mitte zwischen den beiden Rückenflossen gänzlich verschwinden. 
In der Hinterregion des Fisches sind in einer Ausdehnung von etwa 11 cm wieder deutliche Haemapo- 
physen zu erkennen. Die ersten derselben sind durch Zufall aufwärts gebogen und zwar quer über 
den Chordastrang. Auf den ersten Blick kann man sich leicht täuschen und diese für Spuren einer 
beginnenden Verkalkung des Notochordes halten; doch bei genauerer Untersuchung und mit Zuhilfe- 
nahme der Gegenplatte erkennt man sofort die wahre Natur dieser Theile. 

Die Flossen. Die unpaaren Flossen sind durch zwei vollständige Rückenflossen und Spuren 
einer Afterflosse vertreten. Die Schwanzflosse ist, wie bereits erwähnt, nicht erhalten, Die Rücken- 
flossen bestehen im Wesentlichen aus dem bekannten charakteristischen dreieckigen basalen Knorpel, 
der nach hinten zu in Radien differenzirt ist. Die beiden Stacheln sind ungefähr von gleicher Grösse, 
nämlich 15 cm lang. Der vordere ist besser erhalten als der hintere, welcher leider durch einen 
Bruch in der Platte leicht beschädigt ist. Die Wurzel eines jeden ist verhältnissmässig lang, da sie 
etwas mehr als ein Drittel der ganzen Ausdehnung des Stachels einnimmt. Die Verzierung besteht 
aus sechs erhabenen und nach der Spitze zu convergirenden Rippen. Der Querschnitt ist dreieckig, 
die vordere Kante ist kielartig zugeschärft. Die hintere Fläche trägt eine Anzahl unregelmässig an- 
geordneter Zähne, die auf einer convexen medianen Leiste stehen. 


— 1562 — 


Die Anordnung der Zähne ist bei den beiden Stacheln nicht vollkommen übereinstimmend. Die 
in zwei Reihen angeordneten Zähne des ersten Stachels alternieren, wie das gewöhnlich die Regel 
ist. Die Zähne des hinteren Stachels bilden eine einzige mehr oder weniger unregelmässige Reihe: 
nur auf dem unteren Theile sind sie in zwei nicht alternierenden Reihen angeordnet. Es ist mög- 
lich, dass dies letztere eine Krankheitserscheinung ist. Die Länge der Zahnreihe misst 60 mm und 
besteht aus ca. 20 Zähnen, welche klein und stark nach unten gebogen sind und gegen das Oberende 
des Stachels hin an Grösse abnehmen. 

Die Basalknorpel beider Rückenflossen sind erhalten. Da die vordere Flosse zusammen- 
gefaltet ist, kann man den Knorpel derselben nicht so gut erkennen als bei der hinteren, welche in 
ihrer vollen Breite entfaltet ist. Der Knorpel setzt in einer an der hinteren Seite des Stachels be- 
findlichen Rinne an, welche fast bis zu der Zahnreihe reicht. Er ist dreieckig und nach hinten zu in 
mindestens 13 Flossenradien differenzirt. Diese sind am breitesten und kürzesten nächst dem Stachel 
und werden etwas schmäler und länger, je mehr sie sich davon entfernen. Das Kalkmosaik des 
Knorpels, welches aus einer doppelten Schicht besteht, sieht man hier besonders gut. Ein Theil der 
oberen Schicht ist weggebrochen und die untere ist so gut erhalten, dass sie durchsichtig erscheint. 
Löst man einen Theil des Knorpels ab und bettet ihn in Canada-Balsam ein, so erkennt man die 
minutiösesten Details der Knorpelstructur. Die Flossenstrahlen sind sonderbarer Weise nicht erhalten; 
nur einige sehr schwache Eindrücke kann man hier und dort noch erkennen. Die Ausdehnung der 
Flossen ist mit Hilfe der vorhandenen kleinen Chagrin-Schüppchen der Flossen, welche sämtlich parallel 
angeordnet sind, genau zu verfolgen. Die Flossenmembran reicht bis zur Spitze des Stachels; sie 
lest sich in einer Zickzacklinie zwischen den Zähnen des Stachels an diesen an. 


Afterflosse. Nur ein kleines Stück des Basalknorpels der Flosse, welche 17 cm hinter der 
Bauchflosse liegt, ist sichtbar. Der Rest ist nicht erhalten, da hier ein Bruch durch die Platte im 
vorderen Theile der Flosse zieht. Den erhaltenen Theil kann man nur mit Hilfe der Lupe erkennen 
und alsdann erblickt man die charakteristischen winzigen Kalkplättchen des Knorpels. 


Die paarigen Flossen. Der Brustgürtel ist ein typischer Selachierbrustgürtel; er besteht aus 
einem einfachen Knorpelbogen. Der dorsale Theil ist dick und kräftig und spitzt sich nach oben hin 
zu. Ein Bruch, welcher durch den Brustgürtel zieht, könnte den Anschein erwecken, als ob derselbe 
d. h. hier die rechtsseitige Hälfte des Gürtels aus zwei Stücken zusammengesetzt wäre. Der Gürtel 
ist am breitesten an der Ansatzstelle für die Brustflosse und zeigt drei gesonderte Facetten, welche 


für die drei Basalknorpel der Flosse bestimmt sind. 

Die Brustflosse besteht im Wesentlichen aus drei Stücken, dem Pro-, Meso- und Metaptery- 
gium. Das Metapterygium ist ein massives, cylindrisches, stachelartiges Knorpelstück von 30 mm 
Länge. Es greift in eine schmale, doch tiefe concave Facette ein und trägt keine Radien. Das breite 
und dreieckige Meso- und Propterygium tragen ungefähr je die gleiche Anzahl von Radien. Die Radien 
des Mesopterygium sind am besten erhalten und bestehen aus langen und schmalen Knorpelstäben, 
deren jeder einzelne in eine Anzahl kleinerer Segmente zerlegt ist. Gegen die Mitte der Flosse hin sind 
sie am längsten. Die Radien des Propterygium sind nicht so deutlich zu erkennen, da sie zum grössten 
Theil durch einen Chagrin-Mantel verdeckt sind. Doch ist ihre Anordnung durch eine Reihe undeut- 
licher paralleler Linien angedeutet. Ebenso wie bei den Rückenflossen sind auch hier keine Spuren 
von den Flossenstrahlen erhalten und von dem Reste der Flosse ist nichts ausser den feinen Chagrin- 
Schuppen übrig geblieben. Umrisse und Grösse der Brustflosse können auf diese Weise leicht bestimmt 


—_. 


werden. In Anbetracht der Maasse des Fisches sind die Brustflossen sehr gross, wie bei der lebenden 
Gattung Cestracion. 

Die Bauchflosse ist nicht ganz vollkommen erhalten. In Folge eines Bruches in der Platte 
fehlt der vordere Theil der Flosse. Für die genauere Beschreibung kommt hier hauptsächlich die 
Gegenplatte des Stückes in Betracht, da der grössere Theil dieser Flosse sich auf ihr befindet. Die 
Flosse zeigt die für weibliche Haie normale Ausbildung. Sie besteht im Wesentlichen aus einem Basi- 
pterygium, welches mindestens 15 Radien trägt. Diese sind vorn am breitesten und kürzesten; weiter 
hinten werden sie schmäler und länger. Den Umriss der Bauchflosse kann man auch hier mit Hilfe 
des Chagrins feststellen; sie erweist sich als ebenfalls ziemlich gross. 


Chagrin (Taf. XV, Fig. 3. 4). Die Chagrin-Schuppen sind sehr grob und ziemlich dicht an- 
geordnet. Sie sind an den verschiedenen Stellen des Körpers verschieden. Am Rostrum und an den 
Flossen sind sie sehr fein. An den Bauchtheilen sind sie zumeist feiner als auf den Flanken und dem 
Rücken; in der Aftergegend werden sie besonders fein. An den Flanken in der Nähe der Schwanz- 
gegend sind sie am gröbsten und hier findet man sie noch in ganzen zusammenhängenden Stücken. 
Die Schuppen sind immer einfach und stehen niemals in Gruppen wie bei Aybodus delabechi und 
ähneln denen von Echinorhynchus spinosus und erinnern auch an manche von den Hautstacheln bei 
Raja radiata. Die Placoid-Schuppen. obgleich in ihrer Form ein wenig variirend, sind alle in gleicher 
Weise konstruirt. Der vorwiegende Typus besteht aus einer breiten flachen kreisförmigen Basis mit 
ausgezacktem Rande, welche in der Mitte eine vorspringende scharfe Crista trägt, die mit einer dünnen 
Schieht von Schmelz bedeckt ist. Diese Crista selbst ist kräftig nach hinten gebogen. Die kleineren 
Zähnchen, besonders an den Flossen, sind von mehr conischer Form, doch ihre Spitze ist stets nach 
rückwärts gebogen und die Verzierungen sind überall dieselben. Wenn man einen Längsschnitt durch 
eine Placoid-Schuppe macht, so erscheint die Pulpahöhle gross und niedergedrückt; von ihr strahlen 
Myriaden von verästelten Kanälen in die dichte Dentinschicht aus. Die letztere ist bedeckt mit einer 
durchsichtigen Substanz, welche gewöhnlich als Schmelz ' bezeichnet wird. Die Cristen der Schuppen 
sind alle parallel angeordnet, und wenn man mit der Hand von hinten nach vorn über die Flanken 
fährt. so verletzen sie die Hand ziemlich stark. 


Kopfstacheln (Sphenonchi) sind nicht vorhanden. Sie waren auch überhaupt nicht aus- 
gebildet, da man sonst bei dem vorzüglichen Erhaltungszustande unseres Stückes Spuren von ihnen 
finden müsste. Unser Exemplar repräsentirt ein Weibchen, dieses in Verbindung mit einem später zu 
erwähnenden Umstande stützt die Theorie, dass Kopfstacheln nur den Männchen allein eigen waren. 


Die Seitenlinie (Taf. XV, Fig. 3) wird von einem schmalen, 1 mm breiten, aus einer doppelten 
Reihe sehr kleiner und besonders modifizirter Plättchen zusammengesetzten Bande gebildet. 

Diese Plättchen sind einfach. ein wenig gewölbt und stehen sehr eng bei einander. Die 
beiden Reihen bilden gleichsam einen Schutzbogen über der eingesenkten Rinne, in welche die Schleim- 
kanäle mündeten. Die Anordnung ist nicht unähnlich derjenigen, welche bei Chlamydoselache vor- 
herrscht, aber die Schutz-Schüppchen sind hier viel modifizirter. Aus einer solchen Seitenlinie ist leicht 


‘ In neuerer Zeit sind eine ganze Anzahl von Untersuchungen über diese äussere Schicht bei den Elasmo- 
branchiern angestellt worden. Röse erklärt dieselbe für blosses Dentin, während Tomes, dessen Studien über diesen 
Gegenstand erst jüngst erschienen sind, zeigt, dass wir es nicht mit Dentin zu thun haben, sondern dass diese äussere 
Schicht hier richtiger als Schmelz zu bezeichnen ist. (Structure and Development of the Enamel of Elasmobranch Fishes. 
Phil. Trans. Roy. Soc. London Series B. Vol. 190. 1898. S. 443 — 464.) 


A. 
Fie. 2. Seitenlinie bei Hybodus Fraasi. A. Verlauf der Seitenlinie mit den beiden dorsalen Aesten (a). 


B. Ein Theil derselben vergrössert, « von oben gesehen, 5 in Querschnitt. 


der Typus abzuleiten, welchen Surru Woopwarn ' bei Scyllium sahel-almae aus der oberen Kreide 
des Libanon beschrieben hat. Die Seitenlinie besteht bei Scyllium sahel-almae ähnlich wie bei Ohimaera 
aus kleinen Halbringen. Die Verschmelzung je zweier gegenüberliegenden Plättchen der Seitenlinie 
bei Hybodus würde zur Bildung solcher „Halbringe“ führen. Am vorderen Theile des Rumpfes zwi- 
schen dem Kopfe und der Rückenflosse sind deutliche Schleimkanäle (Fig. 2 A.a.) sichtbar, welche 
über die Rückenregion laufen. Ein Ast läuft über den Rücken gerade hinter dem Kopf und zweigt nach 
vorn zu einen schmaleren Ast ab. Ein anderer Ast entspringt 4 cm weiter rückwärts an der Seiten- 


linie und läuft dem ersten annähernd parallel. Beide Aeste ziehen schräg rückwärts über den Rücken. 


Der Knorpel (Taf. XV, Fig. 5). Zur Untersuchung der Microstructur der Knorpeltheile wurden 
Stücke aus der hinteren Rückenflosse genommen. Unter dem Mikroskop sieht man hexagonale Kalk- 
plättchen, welche sehr dicht bei einander stehen. In den Zwischenräumen, welche sich zwischen den 
nebeneinander liegenden Plättchen befinden, sehen wir kleine Lücken, welche ursprünglich mit Hyalin- 
knorpel ausgefüllt waren und jetzt mit Kalkspat infiltrirt sind. Die Plättchen zeigen eine ganz typische 
Struetur. Der Kalkspat ist in feinen concentrischen Schichten abgelagert. Nach dem Innern zu 
werden sie undeutlicher und verlieren sich schliesslich ganz. Wenn man die Zelle stark vergrössert, 
erscheint sie durchsetzt von zahlreichen kleinen Kanälchen, welche mit Kalkspat infiltrirt sind. Diese 
Kanäle treten entweder einzeln auf oder in Gruppen. Die faserige radiale Structur der Zellen wird 
sichtbar, wenn man sie unter gekreuzte Nicols bringt, wie schon von FrAAs bemerkt wurde. 

An verschiedenen Stellen unseres Exemplares sind Spuren der Weichtheile erkennbar. Die 
Muskelstreifung ist an mehreren Punkten in der Rippengegend sichtbar und kann mit Hilfe einer guten 
Lupe leicht studirt werden. 

Diese neue Aybodus-Art ist leicht erkennbar an dem besonders groben Chagrin, durch welches 
sie von allen anderen Arten ausgezeichnet ist und ferner an der geringen Grösse der Zähne. Die 
Art wurde Herın Professor Dr. E. Fraas in Stuttgart gewidmet, welchem wir werthvolle Unter- 
suchungen über HAybodus verdanken und welchem ich persönlich für sein liebenswürdiges Entgegen- 


kommen verpflichtet bin. 


! A. Suste WoopwaArn: On the lateral line of a Cretaceous species of Scyllidae. Pro. Zool. Soc. London. 1888. S. 127. 


BE ELRTE 


Hybodus Hauffianus E. Fraas. 


18 
(Taf. XVI, Fie. 1.) 


Das zweite Exemplar, dessen Untersuchung mir obliegt, ist eine neuere Erwerbung des Stutt- 
garter Museums. Es wurde im Posidonomyen-Schiefer des oberen Lias von Württemberg, bei Holz- 
maden gefunden, jener Zone und Fundstelle, welche seit Alters her durch ihre Schätze und deren 
prächtige Erhaltung berühmt ist. und von welcher in jüngerer Zeit ganz besonders werthvolle Pracht- 
stücke stammen. Hybodus-Reste sind auch schon früher bei Holzmaden gefunden worden, und zwar 
jene schönen, wenn auch fragmentären Stücke, welche E. Fraas beschrieben hat, und welche bis jetzt 
das beste bekannte //ybodus-Material repräsentirten. Es muss als ein glücklicher Umstand bezeichnet 
werden, dass dieselbe Schicht und Lokalität uns jetzt ein Exemplar geliefert hat, welches ungleich 
besser und vollständiger erhalten ist als alle bekannten Reste liasischer Aybodus-Formen. Das jüngst 
gefundene Stück, welches vorzüglich präparirt ist, zeigt eine Anzahl neuer und interessanter Charak- 
tere und erweist sich als besonders instruktivv. Obwohl das Exemplar durch Verdrückung stark gelitten 
hat. so sind doch die meisten Skelettheile deutlich zu beobachten, nur die Schwanzregion ist minder 
gut erhalten, da sie theilweise zerfallen ist. 

Der Fisch liegt auf dem Rücken, so dass nur seine Ventralseite sichtbar ist. Dadurch prä- 
sentiren sich die Flossen, welche alle ausgebreitet daliegen, besonders schön, und ihr einzigartiger 
Erhaltungszustand giebt dem Stücke einen besonderen Werth. Zum ersten Male können wir hier bei 
diesem Stücke (es ist ein Männchen) das Pterygopodium, den Copulations-Apparat der Gattung Hy- 
bodus studieren. Eine weitere interessante und eigenartige Merkwürdigkeit des Stückes besteht darin, 
dass in der Magenregion eine grosse Menge von Belemnitenrostren ! liegen. 


Maasse: 


EEE EN ee a a oe Alan 
Vom Rostrum bis zur ersten Rückenflosse . . . . 0,40 „ 
. 5 s„ „ zweiten er JUN 
Brusttlogser Fer DE 

& 59 2, Bauchflossen ver 032 
5: r er Afterflosse weine mel 30 


Beschreibung. 


Kopf. Wie zu erwarten, können vom Cranium nur kleinere, unwichtigere Partien beobachtet 
werden. Ein losgelöstes Stück vom Vorderende des Schädeldaches (Taf. XVI, Fig. 2), welches in der 
Nähe ‚des Kopfes gefunden wurde und frei präparirt ist, besitzt die bereits von E. Fra4s beschrie- 
benen Merkmale, Das Stück zeigt einen Theil des Hinterrandes der vorderen Fontanelle, ebenso 
Theile der supraorbitalen Leisten, ferner die mittlere und die beiden seitlichen Gruben. Das Stück ist 
von dem übrigen Theile des Schädels durch einen schiefen, von rechts nach links laufenden Bruch ab- 
getrennt worden. 


' Nach freundlicher Mittheilung von Heırn Dr. F. Priexıger gehören diese Rostra dem Belemnites tripartitus 
SCHLOTH. an. 


e 


EI ZENT 


— 60 


Mit diesem Schädelfragmente zusammen wurden zwei Knorpelstücke (Taf. XVI, Fig. 3) gefunden 
und ebenfalls frei aus dem Gesteine herauspräparirt. Sie sind paarig, rechts und links, und zeigen 
je eine tiefe elliptische Gelenkpfanne. Zweifellos sind diese die abgebrochenen Postorbitalfortsätze der 
rechten und linken Seite des Schädels. Ihr unregelmässiger und gezackter Oberrand lässt erkennen, 
dass sie abgerissen worden sind. Der Postorbitalfortsatz der rechten Seite ist etwas mehr zusammen- 
gedrückt als der linke, die Gelenkpfanne auf seiner Unterseite ist daher nicht so breit wie bei letz- 
terem. Die Gelenkpfanne misst, wenn man das Mittel aus beiden Stücken nimmt, 32,5 mm : 12,5 mm; 
die Maasszahlen entsprechen den beiden Hauptaxen der Ellipse. Die beiden Knorpelstücke sind be- 
sonders interessant, da sie die Grösse und Vollkommenheit des Postorbitalgelenkes zwischen dem 
Cranium und dem Palatoquadrat-Knorpel bei Hybodus zeigen. Von der Aussenseite gesehen ist die 
Gelenkpfanne an keinem der beiden Knorpelstücke bemerkbar, da sie durch einen überstehenden Rand 
verdeckt ist; sie wird erst sichtbar, wenn man die Stücke von der Rückseite oder von unten her 
betrachtet. Hieraus wird es verständlich, warum bei dem Münchener Exemplare keine Naht zwischen 
dem Postorbitalfortsatz und dem Palatoquadratum zu erkennen ist. Bei letzterem Stücke ist der Kopf 
seitlich zusammengedrückt und der überhängende Rand des Postorbitalfortsatzes ist mit dem Quadrat- 
theil des Oberkiefers verschmolzen; die Naht ist auf diese Weise verwischt. 

Von den Kopfstacheln sind nur zwei erhalten. Der eine (ein grosser) liegt zum Theil auf 
dem ersten Kiemenbogen; er ist augenscheinlich vom Kopfe abgerissen und nachträglich in diese un- 
natürliche Lage geraten. Der zweite, kleine (Taf. XVI, Fig. 4a. b.) ist aus dem Gestein herauspräparirt; 
er ist noch im Zusammenhang mit seiner dreistrahligen Basis erhalten. Ausserdem liegt noch die Basis 
eines dritten Stachels vor (Taf. XVI, Fig. 4 c.), aber der zugehörige hakenförmige Stachel fehlt. 

Hybodus besass paarige Kopfstacheln, zwei grosse und zwei kleine; je ein grosser und ein 
kleiner Stachel standen auf der rechten und linken Schädelseite über und hinter der Augenhöhle. 
Bereits seit langer Zeit kannte man solche Kopfstacheln und bezeichnete sie, ehe ihre richtige Deutung 
gefunden war, mit dem Namen Sphenonchus. Die Kopfstacheln sind Dermalgebilde: sie bestehen aus 
einem spitzigen, hakenförmigen, öfters gekrümmten Dorn, welcher tief in eine massive, dreistrahlige 
Basis von Knorpelmasse eingelassen ist. Die Männchen anderer verwandter Gattungen, wie Acrodus, 
Asteracanthus, trugen auch solche Kopfstacheln. Der eigentliche Zweck dieser Stacheln ist nicht 
bekannt. Da sie nur von den Männchen allein getragen wurden, so ist es in hohem Maasse wahr- 
schemlich, dass sie irgend eine Funktion bei dem Begattungsakt zu erfüllen hatten. Wenn bei den 
Hybodonten der Begattungsakt in ähnlicher Weise vorgenommen wurde, wie ihn Bovau' bei Seyllium 
catulus beschreibt, dann dienten diese Kopfstacheln ohne Zweifel mit dazu, das Weibchen festzuhalten. 


‘Die Kiefer. Beide Aeste des Unterkiefers sind vollkommen sichtbar. Sie zeigen die typische 
Form mit niedriger Symphyse und starker Verbreiterung gegen hinten für die Insertion der Kiefer- 
muskeln. Der vordere Gelenkkopf des Unterkiefers ist verdeckt, aber die Gelenkpfanne, in welche 
der hintere Gelenkkopf des Palatoquadratum hineinpasst, ist noch zu beobachten. In Folge der 
Lage des Fisches ist das Palatoquadratum nur unyollkommen sichtbar; es ist zum grössten Theil 
durch den Unterkiefer verdeckt. Die Syınphysenregion mit zahlreichen ausgefallenen Zähnen liest 
vom Unterkiefer unbedeckt da und ist so der Beobachtung zugänglich. Wenigstens 70 zerstreut 
umherliegende Zähne können in der Mundregion gezählt werden. Dieselben stimmen mit denjenigen 


ı Borav, H., Ueber die Paarung und Fortpflanzung der Scylliumarten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXV. 1882. 


— 161 — 


überein, welche E. Fraas beschrieben hat; ohne Zweifel gehört darum das Stück zu der Art Hybodus 
Hauffianus. 

Von dem Zungenbeinbogen ist allein das von einem recht kräftigen Knorpel gebildete Hyoid- 
stück der linken Seite deutlich sichtbar. Dasselbe liest noch dicht am Hinterrande des linken Unter- 
kieferastes und ist mit dem Hyoidstück der rechten Seite durch eine grosse dreieckige Copula verbunden. 

In der Ausdehnung von etwa 7 cm liegen hinter dem Schädel die Kiemenbogen. Fünf 
Bogen waren vorhanden, aber leider sind dieselben ganz zerbrochen und die Bruchstücke so unter- 
einander geworfen worden, dass eine detaillirtere Untersuchung unmöglich ist. Gegen hinten, median 
liegend, ist ein <rosses rundes Knorpelstück zu erkennen, augenscheinlich die Copula zwischen den 
beiden letzten Kiemenbogen. 

Brustgürtel und -Flossen. Der Brustgürtel ist durchaus ungünstig erhalten, er ist zer- 
brochen und verzerrt, seine rechte Seite ist ausserdem theilweise verdeckt. Die Brustflossen liegen 
in ihrer ganzen Ausdehnung ausgebreitet da; ihre ganze Form und ihre genaue Umgrenzung wird 
durch die ausgezeichnet erhaltenen Dermalstrahlen bestimmt. Die Basalknorpel sind nur theilweise 
freigelegt und leider so zerbrochen und zum Theil verdeckt, dass die Deutung der einzelnen Theile 
unmöglich ist. Die langen Dermalstrahlen sind sehr schön erhalten, tief schwarz gefärbt. Hierdurch 
hebt sich die Flosse ganz scharf von der umgebenden dunkel blaugrauen Matrix ab. Die Brustflosse 
ist breit, von annähernd dreieckigem Umriss, mit schön abgerundeten Ecken, mit kleinen Chagrin- 
zähnchen besetzt, welche auf der Oberfläche der Flosse in Gestalt kleiner, runder, schwarzer Fleckchen 
sichtbar sind. In der Nähe des Randes sind diese Chagrinzähnchen besonders klein, gegen die Mitte 
werden sie grösser und gröber. Das vorliegende ist das einzige bis jetzt bekannte Exemplar von 
Hybodus, bei welchem die Dermalstrahlen erhalten sind. 


Beckengürtel und Bauchflossen. Ein einfaches, flaches Knorpelstück von Sanduhrform 
stellt den Beckengürtel dar. Seine breit ausgestreckten Enden tragen 6 lange, kräftige Radien. An 
seinen Hinterrand ist ein langes Basipterygium angeheftet, welches die übrigen Radien trägt. Der 
proximale Theil des Basipterygiums wird von einem kräftigen Knorpelstab gebildet, welcher 5—6 
Radialia trägt. Der distale Theil besteht aus etwa 9—10 Segmenten, deren jedes ein einziges Radiale 
trägt. Diese Segmente nehmen in distaler Richtung an Grösse beträchtlich zu; sie sind am grössten 
bei der Vereinigung mit dem Mixipterygium. Das Basipterygium ist schwach einwärts gebogen. Sein 
Kräftigerwerden gegen das distale Ende hin dient wahrscheinlich dazu, dem ganz ungewöhnlich langen 
Mixipterygium eine entsprechende Stütze zu bieten. Die drei letzten Segmente sind von polygonalem 
Umriss und zeigen dieselbe Form wie die entsprechenden Stücke, welche JaEkEn! bei Pleuracanthus 
sessilis beschrieben hat. Ueberhaupt zeigt die ganze Bauchflosse und das Pterygopodium von Hybodus 
grosse Aehnlichkeit mit den entsprechenden Theilen von Pleuracanthus. Der einzig wichtige Unter- 
schied zwischen beiden ergiebt sich daraus, dass bei Hybodus die beiden Hälften des Beckengürtels 
zu einem einzigen Knorpelstab verschmolzen sind, während sie bei Pleuracanthus getrennt bleiben. In 
Fig. 3 ist die linke Bauchflosse von Pleuracanthus sessilis neben der eines Hybodus abgebildet. Die 
Uebereinstimmung der einzelnen Theile geht aus der Abbildung klar hervor. Nebenbei sei hier noch 
erwähnt, dass A. Frırsor's oft wiedergegebene Reconstruction der Bauchflosse und der Begattungs- 
organe von Pleuracanthus, wie JAEKEL gezeigt hat, inkorrekt ist. 


' Jarker, O., Ueber die Organisation der Pleuracanthiden. Sitz.-Ber. der Gesellsch. f. Nat.-Freunde. Berlin 
1594. No. 4 p. 75. 
Palaeontographica. Pd. XLVI, 21 


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Fig. 3. A. Restauration der Bauchflosse und des Begattungsorganes von Hybodus Hauffianus E. Fraas. 
B. Linke Bauchflosse mit zugehörigem Begattungsorgan von Pleuracanthus sessilis von aussen und innen 
gesehen (nach JAEREL). 
a Becken; 5 proximaler Theil des Basipterygium; ce distaler segmentirter Theil desselben; & Mixipterygium; 
e Endknorpel und Stacheln desselben; f Flossenradien; 9 Flossenstrahlen. 


Die Flossenradien nehmen in distaler Richtung an Grösse ab; die vom Beckengürtel getragenen 
sind die grössten, die übrigen werden gegen hinten zu allmählig kleiner. Die zarten Dermalstrahlen 
sind auch hier schön erhalten, am besten sind sie bei der rechten Flosse zu sehen, weniger gut bei 
der linken, da diese durch einen Bruch im Gestein etwas verletzt ist. 

An die terminalen Segmente der distalen Basipterygium-Partie sind zwei ausserordentlich 
lange Knorpelstücke angeheftet: die Mixipterygia. Der proximale Theil derselben ist breit, in distaler 
Richtung bis zur Ansatzstelle der Endknorpel verschmälern sie sich allmählig. Beide Mixipterygia 
finden sich noch im natürlicher Lage. Sie sind so stark gebogen, dass ihre distalen wie proximalen 
Enden nahe bei einander liegen. Die Distalenden der Mixipterygia sind dünn und scharf und tragen 
die an sie gehefteten Endknorpel. Unglücklicherweise sind die einzelnen Details der letzteren nicht 
gut zu beobachten, da sie nur in Form einer verquetschten Knorpelmasse erhalten sind, in welcher 
Dentinsubstanz liegt. Dieses Dentin repräsentirt die Dornen, welche gewöhnlich an den Enden der 
Pterygopodien von Haien ausgebildet sind. Längs des äusseren Randes des linken Mixipterygiums 
zieht sich eine lange schmale Franse von Dermalstrahlen hin, welche fast bis zum Distalende hinreicht. 
Um ein klares Bild vom Bau der Bauchflosse und des Pterygopodiums bei Aybodus zu geben, ist in 


Fig. 3. A. eine Reconstruction dieser Theile vorgenommen worden. 


Rückenflossen. In Folge der eigenthümlichen Lage, in welcher sich der Fisch befindet, sind 
die Rückenflossen grösstentheils verdeckt, nur undeutlich sichtbar. Die vordere Flosse ist vollständig 
von der grossen Brustflosse verdeckt und mit Ausnahme des Flossenstachels ist wenig oder gar nichts 
von ihr deutlich zu sehen. Die hintere Rückentlosse ist augenscheinlich vom Rumpf abgerissen. Der 
zugehörige Flossenstachel allein hat seine natürliche Lage beibehalten, aber die Flossenknorpel, welche 


® 


noch in Verbindung mit ihm erhalten sind, liegen frei vom Rumpf abgetrennt, und eine grosse Anzahl 
von ebenfalls losgelösten Radien liest in einem Bogen hinter dem Hauptbasalknorpel der Flosse. Diese 
Radien erscheinen als eine undeutliche Reihe paralleler knorpeliger Stäbe; sie sind aber nur frag- 
mentär erhalten. 


Die Afterflosse ist nur ihrer Lage nach durch einen vorstehenden Wulst angedeutet, welcher 
dem Vorderrande der Flosse entspricht. Dieser Wulst wird hauptsächlich von dicht zusammengefloch- 
tenen Dermalstrahlen gebildet. Zahlreiche andere Strahlen, welche ebenfalls der Afterflosse angehören, 
liegen zerstreut in der unmittelbaren Umgebung umher. Basalknorpel oder Radialia sind nicht zu 
beobachten. Die Analflosse liest hier, wie es ja auch bei dem Münchener Exemplar der Fall ist, in 
beträchtlicher Entfernung hinter den Bauchflossen und dicht vor dem unteren Lappen der Schwanz- 
flosse. Gemäss der Länge der Dermalstrahlen muss sie recht gross gewesen sein. 


Schwanzflosse. Nur der untere Lappen dieser Flosse ist erhalten und zwar ist er nur durch 
zarte, lange Dermalstrahlen repräsentirt. Diese sind in genügender Anzahl vorhanden, um ein Bild 
von der Ausdehnung der Flosse zu geben, welche augenscheinlich recht gross war. Der Unterrand 
des unteren Schwanzlappens zeigt die gleichen Verhältnisse wie der entsprechende Theil der After- 
flosse: er ist als ein aus dicht zusammengedrängten Dermalstrahlen bestehender Wulst ausgebildet. 
Das wulstähnliche Aussehen ist übrigens nur auf Rechnung des Präparators zu setzen. Der obere 
Lappen der Flosse fehlt ganz. 


Rumpfskelet. Der Erhaltungszustand des Axialskelets ist ein sehr unbefriedigender. Alle 
Skeleitheile sind so sehr verdrückt und zerbrochen, dass daran keine Details zu erkennen sind. Hinter 
dem Brustgürtel sind nur einige wenige verbogene und zerbrochene Rippen zu sehen; die übrigen sind 
durch eine grosse Masse von Belemnitenrostren, welche darüber liegen, verdeckt. So viel ist aber 
doch noch von den Rippen zu erkennen, dass ihre ungewöhnliche Länge ins Auge fällt. In der Region 
vor den Ventraltlossen sind die Neuro- und Haemapophysen sichtbar; sie sind aber so dicht zusammen- 
gedrängt und so verdrückt, dass es unmöglich ist, die einzelnen Elemente zu unterscheiden. Hinter 
der Bauchflossenregion sind vom Axialskelet nur einzelne ausgefallene Neuro- und Haemapophysen 
erhalten, welche gerade über der After- und Schwanzflosse liegen. Diese Stücke, zwischen welchen 
noch Spuren von Intercalarknorpeln zu bemerken sind, sind sehr schön erhalten und präparirt. Un- 
gefähr in der Mitte unseres Exemplares, in einer Lage, welche der Magenregion bei den Haien ent- 
spricht, sehen wir eine Menge zu einem Haufen fest und dicht zusammengepackter Belemnitenrostren. 
Abgesehen von seiner Lage zum Körper des Fisches kann der unnatürlich dicht gepackte Haufen von 
Belemniten nur durch irgend einen sackförmigen Körper so zusammengehalten worden sein; es wäre 
wenigstens ganz unverständlich, wie sonst eine so grosse Masse von Belemnitenrostren ohne ein solches 
Hilfsmittel in diese Lage hätte gerathen und in ihr verharren können. Dass das sackförmige Organ, 
welches diese Belemnitenanhäufung zusammenhielt, der Magen unseres Haifisches war, daran kann man 
keinen Augenblick zweifeln. An der Oberfläche des Belemnitenhaufens allein zählt man nicht weniger 
als 95 Rostren und, da der Haufen ziemlich hoch ist, so muss das letzte Mahl dieses Hybodus aus 
mindestens 250 Belemniten bestanden haben. Das gefrässige Thier war augenscheinlich in einen 
diehten Schwarm kleinerer Belemniten gerathen und hatte sich mit denselben vollgestopft. Bei der 
Verdauung traten dann Beschwerden ein. Belemnitenrostra sind nicht gerade besonders geeignet, die 
Spiralklappe im Colon eines kleinen Haifisches zu passiren, besonders wenn mehrere Hundert zu gleicher 
Zeit im Magen liegen. Der Tod des Haies kann nicht überraschen! 


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— el — 


In Verbindung mit den Belemniten fällt ein vor denselben liegender grosser schwarzer Fleck 
von unregelmässigem, scharf abgegrenztem Umriss auf. Hinter den Belemniten sehen wir einen zweiten 
kleineren, aber ganz ähnlichen Fleck. Sind diese Flecke auf die Sepia aus den Tintenbeuteln der 
Belemniten oder noch anderer Cephalopoden zurückzuführen? Die Flecke wären sonst ganz unver- 
ständlich. Sie sehen ebenso aus, wie die in demselben Horizont so häufig fossil gefundene Sepia aus 
den Tintenbeuteln der Chondrophoren (und Belemnitiden). Der Magen der Haifische ist U-förmig und 
der grosse vordere schwarze Fleck entspricht wahrscheinlich dem proximalen Schenkel des U, während 
die Belemniten bis in den distalen Schenkel des U vorgedrungen waren. Weiter konnten sie nicht 
gelangen. Der hintere schwarze Fleck ist wahrscheinlich auf die Sepia zurückzuführen, welche in die 
Spiralklappe des Darmes gelangte, in die der distale Theil des Magens hinüberführt. 


ING) 


(Taf. XVI, Fie. 6.) 


Das Berliner Exemplar entstammt derselben Zone und demselben Fundorte wie das soeben 
beschriebene; es gehört auch zu derselben Art: Hybodus Hauffianus E. Fraas '. Wie das Stuttgarter 
Stück, so repräsentirt auch das vorliegende, etwas kleinere, einen männlichen Hai. Die Schieferplatte, 
auf welcher die lose verstreuten Theile des Fisches liegen, misst 1.00 : 0.50 m. Die Platte ist von 
B. Haurr in Holzmaden präparirt worden, so dass alle Details des Skeletes in vortheilhaftester Weise 
sichtbar sind. Das vorliegende Exemplar zeigt thatsächlich das ganze Skelet, aber die einzelnen Theile 
sind in ganz sonderbarer Weise umhergestreut und durcheimander geworfen. Das Ganze macht den 
Eindruck, als ob die Weichtheile vor der Einbettung der Skelettheile von anderen Thieren verzehrt 
worden wären. Es ist ganz unmöglich, auch nur zwei Stücke des Skelets in ihrer natürlichen gegen- 
seitigen Lage zu finden. Der besondere Werth des Berliner Exemplares liegt darin, dass die ver- 
schiedenen Theile des Skelets in Folge ihrer Isolirung und Freilegung bis ins kleinste Detail studiert 
werden können. Die Bestimmung der verschiedenen Knorpel lässt sich in Folge des vorzüglichen 
Erhaltungszustandes des Stückes in einfachster Weise bewerkstelligen. 

Dem linken Ende der Platte zu finden wir die Knorpelstücke des Kopfes umhergestreut; hinter 
diesen, gegen rechts hin, liegen die Reste des Brustgürtels mit losgelösten Theilen der Flossenknorpel 
und vermischt mit Stücken der Kiemenbogen. Hinter diesen wieder liegt eine wirre Masse von Rippen, 
Haem- und Neurapophysen. Inmitten der letzteren sind Bruchstücke des Beckengürtels zu sehen, die 
Bestandtheile der Bauchflossen und der Pterygopodien, vermengt mit Flossenradien, liegen in buntem 
Durcheinander da. Oberhalb von all diesem liegen die zwei Stacheln der Rückenflossen und Theile 
der Basaiknorpel. 


1 Professor JarkzL möchte diese Hybodus-Form mit dem Namen Polyacrodus bezeichnen. In seiner bereits 
eitirten Arbeit schlägt er vor, den Namen Hybodus nur auf Dorsalstacheln allein anzuwenden; er zerlegt die alte Gattung 
Hybodus nach der Mierostructur der Zähne in mehrere getrennte Gattungen. Da sowohl bei dem Stuttgarter wie bei 
dem Berliner Exemplare Dorsalstachen und Zähne zusammen erhalten sind, zog ich es vor, den Namen Hybodus für 
die von Acassız begründete Hai-Gattung beizubehalten. Einen Gattungsnamen für die Dorsalstacheln, einen anderen für 
die Zähne desselben Haifisches anzuwenden, kann nur zu Verwirrungen Anlass geben. 


— 165 — 


Beschreibung. 


Kopf. Die verschiedenen Theile des Kopfes sind alle erhalten, allerdings nicht mehr in Ver- 
bindung miteinander. Das von der Oberseite freiliegende Schädeldach ist besonders bemerkenswerth; 
es ist vollständiger und besser erhalten als bei irgend einem anderen der Holzmadener Stücke. Die Vorder- 
region des Cranium ist gegen den Unterrand der Platte gekehrt und die Augenhöhlen liegen rechts und 
links. Dieser Schädeltheil zeigt dieselben Merkmale wie das zu dem eben beschriebenen Stuttgarter 
Exemplare gehörende Fragment. Ein Theil der Präfrontallücke ist siehtbar und rechts und links davon 
erkennt man am Vorderrande des Schädeldaches zwei gleichförmige Einbuchtungen in den Knorpel. 
Dieselben entsprechen den Nasenkapseln, welche bei den Haien immer dünn und zart sind und welche 
bei fossilen Stücken nur selten erhalten sind. Bei keinem der Holzmadener Exemplare ist der zarte 
Rostralknorpel. welcher den Boden der vorderen Fontanelle bildet, erhalten. Nach der ganzen Aus- 
bildung der Vorderpartie des Schädeldaches war das Rostrum bei Hybodus augenscheinlich ziemlich 
spitzige. Wie bereits E. Fraas bemerkte, sind an dem Schädeldach drei Rinnen, eine mediane und 
zwei seitliche, zu beobachten. Die mittlere Rinne reicht bis zur Parietalgrube zurück; die beiden 
anderen, rechts und links von ihr, divergiren gegen hinten allmählig. In der linken Rinne liegt ein 
Zahn, welcher in diese Stellung natürlich erst nach Zerfall des Skelets gerathen konnte. Der Zahn 
in dieser Rinne ist insoferne von Wichtigkeit, als er beweist, dass diese Gruben in der That am Schädel 
vorhanden waren und nicht etwa der Thätigkeit eines phantasievollen Präparators ihre Entstehung 
verdanken. 

Die Parietalgrube ist deutlich sichtbar, sie liest 5 cm hinter der vorderen Fontanelle und 
zwar in vollkommen normaler Stellung auf einer Linie, welche die beiden Postorbitalfortsätze verbindet. 

Die zarte Knorpelmasse der Ohrkapseln beider Seiten ist nur theilweise erhalten. 

Eine in dieselbe Ebene mit dem Schädeldach heraufgepresste Partie der hinteren Schädel- 
wand wird gegen hinten sichtbar. 

Besonders gut sind die augenscheinlich tiefen Augenhöhlen zu beobachten. Die dicke, vor- 
stehende Supraorbitalleiste endigt vorne, wie bei Hybodus Fraasi, in einem stumpfen Praeorbitalfortsatz, 
der hier aber bedeutend besser erhalten ist. Der Postorbitalfortsatz ist, da der Knorpel hier auf 
beiden Seiten zerbrochen ist. nicht gut erkennbar. Beiderseits bemerkt man über dem Postorbital- 
fortsatz eine Verdickung des Knorpels; diese Verdickungen entsprechen den Stellen, an welchen die 
vorderen der zwei Kopfdornen sassen. 

Das zanze Schädeldach besitzt dachförmige Gestalt, mit der höchsten Erhebung längs der 
Mittellinie. 

Taf. XV]. Fig. 5 stellt eine Restauration des Schädeldaches von Hybodus dar, wie eine solche 
sich aus dem Studium des Münchener, Stuttgarter und Berliner Materiales ergab. 


Kiefer. Alle vier Kiefer sind deutlich erkennbar. Gegen das linke Ende der Platte hin sehen 
wir die beiden Aeste des Unterkiefers, welche unter einem Winkel von etwa 90° zu einander liegen. 
Der linke Ast. dessen Aussenseite uns zugekehrt ist, bedeckt einen Theil des Hinterendes des rechten 
Astes, von welchem die Innenseite sichtbar ist. Die Unterkiefer zeigen die so wohlbekannten Charak- 
tere, dass es nicht nöthig ist, auf die Details derselben näher einzugehen. Beide Aeste haben ziemlich 
stark durch Verdrückung gelitten. An dem rechten Unterkieferaste ist keine Spur von Rinnen oder 
Vertiefungen für Muskelansätze zu erkennen. Der vordere Gelenkkopf ist an beiden Aesten gut er- 
halten, besonders gut am linken Aste. Am rechten Unterkieferaste liegt der Gelenkkopf, augenscheinlich 


— 166 — 


in Folge von Schrumpfung des Knorpels unnatürlich nahe an der hinteren Gelenkpfanne. Die für 
Hybodus charakteristische massige Entwicklung des Unterkiefer fällt auch bei diesem Exemplare in 
die Augen. 

Die beiden Aeste des Oberkiefers (Palatoquadratum) liegen weit von einander. getrennt da. 
Der rechte Ast liegt ganz in der Nähe des Unterkiefers, aber etwas weiter unten und etwa 7 cm vom 
Vordertheil des Schädels entfernt. Er kehrt dem Beschauer seine Innenseite zu und zeigt noch einige 
Zähne in der vorderen Partie des Gebisses. Der linke Ast liegt rechts vom Schädel und etwas weiter 
oben; er zeigt seine Aussenseite.e Am Unterrande beider Aeste kann man die Gelenkpfanne, in welche 
der Gelenkkopf des Unterkiefers eingreift, deutlich erkennen. Der dahinter liegende Gelenkkopf, 
welcher der Pfanne am Hinterende des Unterkiefers entspricht, ist ebenfalls an beiden Enden deutlich 


Fig. 4. Restauration des ganzen Thieres von Hybodus Hauffianus E. Fraas. Ö "/ıe nat. Grösse, 


erhalten. Der Oberrand beider Oberkiefer, besonders des linken, trägt einen stumpfen Fortsatz, dessen 
Stellung vollkommen dem oben bei Hybodus Fraasi beschriebenen Fortsatze entspricht; es ist das 
der Palatobasalfortsatz. Die obere Partie der Quadratregion, welche mit dem Postorbitalfortsatz 
articulirt, ist bei beiden Oberkieferästen weggebrochen; am linken Aste ist vielleicht noch eine schwache 
Andeutung derselben erhalten. Beide Knorpelstücke sind gestaucht und zusammengeschrumpft, ihr 


Erhaltungszustand ist darum kein besonders günstiger. 


Zungenbeinbogen. Das Hyomandibulare der linken Seite liegt isolirt nahe dem Unterrande 
der Platte auf der linken Seite; das schön präparirte Stück lässt sich in Folge dessen sehr gut stu- 
dieren. In seiner ganzen Gestalt stimmt dieser Skelettheil mit dem entsprechenden von Hyb. Fraasi 
überein: ein langes, seitlich abgeflachtes, mässig gebogenes Knorpelstück von 10 cm Länge. Dass 
dieser Knorpel direkt an den Schädel eingelenkt war, kann keinem Zweifel unterliegen, denn dasselbe 
läuft in einen vorstehenden, gerundeten Gelenkkopf aus, welcher eine eigenthümliche rauhe Ober- 
tläche besitzt. 

Das rechte Hyomandibulare ist nicht so deutlich zu beobachten, da es teilweise vom Vorder- 
ende des Schädeldaches verdeckt ist. Es liest auf der Platte zwischen dem Schädel und dem rechten 
Unterkieferast, mit letzterem einen Winkel von ca. 75 ° bildend. 

Die Identifizirung der Hyoidstücke des Zungenbeinbogens ist nicht ganz leicht. Ein vor der 
rechten Orbitalregion dicht am Hyomandibulare liegender kurzer Knorpelstab mag ein Theil des Hyoid- 


u 


— I = 


stückes der einen Seite sein. Ein ähnlich gestaltetes Knorpelstück, welches theilweise vom Postorbital- 
fortsatz der linken Augenkapsel bedeckt ist. ist dann wohl das Hyoidstück der anderen Seite. 

Zahlreiche Bruchstücke der Kiemenbogen,. vermengt mit Brustflossenradien, liegen zur rechten 
Seite und unterhalb des Craniums. Eine detaillirte Beschreibung derselben ist überflüssig. 


Die beiden Hälften des Brustgürtels sind diejenigen Stücke grösserer Wichtigkeit, welche 
alsdann zunächst in die Augen fallen. Die dorsalen Enden derselben stossen unter einem Winkel von 
etwa 60° zusammen; ihre ventralen Theile liegen weit von einander entfernt. Die rechtsseitige Hälfte 
des Brustgürtels ist die besser erhaltene; die linke Hälfte ist so verdrückt und verzerrt, dass daran 
nichts deutlich zu erkennen ist. Die tiefe kleine Facette für das Metapterygium liegt bei der rechten 
Brustgürtelhälfte auf der linken Seite bei ungefähr ein Drittel der Länge von der oberen Spitze. 
Sonst bietet dieser Brustgürtel nichts besonders Bemerkenswerthes. 

Theilweise sind auch die Basalknorpel der Brustflosse erhalten, und zwar wenigstens zwei, 
welche wahrscheinlich das Pro- und Mesopterygium repräsentiren. Jeder dieser Knorpel besitzt einen 
rundlichen Gelenkkopf für die Eingelenkung in eine entsprechende Facette am Brustgürtel. Beide 
Knorpelstücke können hier nur fragmentär erhalten sein, da sie im Verhältniss zur Grösse der Flossen 
bei dieser Art viel zu klein erscheinen. Links davon und oben darüber liegen zahlreiche Flossenradien 
verstreut umher. Links vom Brustgürtel nahe der Facette zwischen Flossenradien liegt ein langer 
Knorpelstab. welcher möglicherweise als Metapterygium zu deuten ist. 


Die Rippen sind theilweise sichtbar, theilweise sind sie durch die rechte Brustgürtelhälfte 
verdeckt. Die meisten von ihnen sind zerbrochen und die wenigen ganzen Rippen sind leider falsch 
präparirt, sie zeigen unnatürlich geriefte Oberflächen und ferner regelmässige, knotenartige Ver- 
dickungen, als ob sie gegliedert gewesen wären‘. Bruchstücke von Rippen liegen ausserdem mit einer 
wirren Masse von Neura- und Haemapophysen zusammen. Intercalarknorpel sind leider, wie eigentlich 
zu erwarten wäre, nicht erhalten. 


Beckengürtel und Bauchflossen. Die beiden Hälften des Beckengürtels liegen inmitten 
einer unregelmässigen Menge von Neura- und Haemapophysen ganz nahe bei einander. Der Becken- 
gürtel zeigt dieselben Merkmale, wie sie bei dem Stuttgarter Exemplare beobachtet werden konnten, 
Die Facetten für die von den verbreiterten Enden des Beckengürtels getragenen Radien sind deutlich 
erkennbar. Die beiden massiven Stücke des Basipterygiums liegen nahe bei einander auf der rechten 
Seite der linken Beckenhälfte. Die einzelnen Bestandteile der segmentirten distalen Region des Basi- 
pterygiums liegen lose zerstreut umher. Die zwei langen schmalen Knorpelstücke, welche ganz aussen 
rechts liegen, sind die Hauptstücke des Pterygopodiums, die Mixipterygia. Ganz am Rande der Platte 
liegen Reste der Endknorpel und Dornen des Pterygopodiums, 


Rückenflossen. Die beiden Stacheln der Rückenflossen liegen parallel zu einander, aber 
verkehrt da. Ein grosses, dreieckiges, schwach gefaltetes Knorpelstück, welches links von dem ersten 
Rückenstachel liegt, entspricht den Basalknorpeln der Rückenflosse; Radien oder Dermalstrahlen sind 
aber nicht erhalten. Ein ähnliches fragmentäres Knorpelstück mag auch in Verbindung mit dem 
zweiten Rückenflossenstachel zu sehen sein. 


: Veberhaupt hat das ganze Exemplar durch „Ueberpräpariren“ gelitten; die Phantasie und Erfindungsgabe des 
Präparators haben hier verderbliche Früchte gezeitigt. 


— 21108 7— L 


Kopfstacheln und Zähne. Drei Kopfstacheln sind erhalten, ein kleiner dicht neben der 
rechten Augenhöhle, ein grösserer und ein kleinerer neben der linken Augenhöhle. Der grössere ist 
theilweise verdeckt und liegt neben dem Praeorbitalfortsatz der linken Augenhöhle. Die beiden an- 
deren sind schön frei aus der Platte heraus präparirt. Die Zähne, wenigstens 50 an der Zahl, liegen, 
wie zu erwarten ist, über die ganze Schädelregion der Platte verstreut umher; einer besonderen Be- 
schreibung benöthigen sie nicht. Nur hie und da sind an dem Exemplare Spuren von Chagrin zu 
sehen, welches ganz mit dem Chagrin des Stuttgarter Exemplares übereinstimmt. 


Systematische Stellung von Hybodus. 


Ehe wir die verwandtschaftliche Stellung von Aybodus besprechen, geben wir zunächst eine 
Definition des Genus. 

Definition. Körper länglich, vorn in ein stumpfes, aber vorstehendes, in der Längenaxe des 
Körpers liegendes Rostrum ausgezogen. Mundspalt ziemlich klein und weit nach hinten gerückt. Der 
Palatoquadrat-Knorpel mit grossem Postorbitalgelenk am Oranium. Kiefer mächtig entwickelt mit 
spitzen conischen oder seitlich comprimirten längsgestreiften Zähnen, welche eine Hauptspitze und eine 
oder mehrere Nebenspitzen tragen. Mehrere Zahnreihen gleichzeitig funktionirend: Hyomandibulare 
lang und massiv. Fünf Kiemenbogen. Notochord vpersistirend. Neur- wie Haemapophysen gestützt 
durch Intercalar-Knorpel. Rippen kräftig und lang. Rückenflossen mit sehr grossen gebogenen längs- 
gerieften Flossenstacheln, deren Hinterseite längs der Mitte nach unten gekrümmte Zähme trägt. Die 
Rückenflossen liegen unmittelbar hinter den Brust- resp. Bauchflossen. Brustgürtel ein einfacher Bogen 
mit je drei getrennten Facetten für die Basalknorpel der Flosse. Afterflosse vorhanden, weit hinten 
liegend. Seitenlinie eine einfache mit zwei Plättchenreihen bedeckte Rinne. Chagrin bei verschiedenen 
Arten sehr variirend. Männchen mit paarigen Kopfstacheln; weibliche ohne dieselben. 


In jüngster Zeit herrscht die Tendenz das Genus Hybodus in die Cestraciontiden einzureihen. 
Die Einfügung in diese Familie wird übrigens zugestandenermassen nur als eine provisorische be- 
trachtet. ZITTEL isolirt in seinem Handbuch die Hybodonten und erhebt sie zu einer selbständigen 
Familie von demselben Werthe wie die Notidanidae und Cestraciontidae. Auf Grund des mir vor- 
liegenden Materiales kann ich die Ansicht Zırrev's als die richtige bestätigen und eingehender 
begründen. Ein flüchtiger Vergleich des Schädels des lebenden Cestracion (Fig. 5. A.) mit dem von 
Hybodus zeigt uns die vollkommene Verschiedenheit beider. Bei dem ersteren liest die Augenhöhle weit 
zurück und das Palatoquadratum besitzt ein praeorbitales Gelenk gegen das Cranium. Das Hyoman- 
dibulare ist klein und kurz und wenig zum Suspensorium geeignet. Auf der anderen Seite treten am 
Schädel von Hybodus (Fig. 5. B.) vor allen hervor die bedeutende postorbitale Articulation des Palato- 
quadratum, die nach vorne liegenden Augenhöhlen und das lange kräftige Hyomandibulare. 

Die Aehnlichkeit mit Heptanchus (Fig. 5. C.) ist besonders ins Auge fallend, jedoch ist bei 
den lebenden Notidaniden das Hyomandibulare zart und schwach und kann darum nicht als Suspen- 
sorium der Kiefer dienen. Beim Vergleich der beiden Schädel muss man verschiedene wichtige That- 
sachen nicht aus den Augen verlieren. Der Kieferapparat von Hybodus ist viel kräftiger und massiver 
und die Spannweite des Maules ist verhältnissmässig kleiner als bei Heptanchus. Für die Anheftung 
des Kieferbogens an das Cranium war daher ein kräftigeres Hyomandibulare erforderlich, demgemäss 


— ly) == 


finden wir hier auch ein solches stark entwickelt. GEGENBAUR' legt ein grosses Gewicht auf die post- 
orbitale Artieulation bei den Notidaniden und sagt: „Ich betrachte diese Verbindung als die ursprüng- 
liche Befestigung des Kieferbogens.“ Huxrzrr” dagegen legt diesem Umstande keine Bedeutung bei 
in Anbetracht der Thatsache, dass die postorbitale Artieulation bei dem Embryo von Heptanchus sich 
erst in einem verhältnissmässig späten Stadium der Entwickelung bildet. Folgen wir der Termino- 
logie Huxter’s, so haben wir bei Heptanchus den amphystylie Schädeltypus modifizirt durch einen 
autostylie Typus — eine Combination einer wesentlich niederen mit einer höheren Stufe der Schädel- 
bildung. Bei Hybodus dagegen haben wir eine Vereinigung des autostylie mit dem hyostylie Typus 
nach Huxtey, beides Typen einer hohen Stufe. Der Schädelbau von Hybodus zeigt in Folge dessen 
einen wesentlichen Fortschritt gegenüber der primitiven Ausbildung bei den lebenden Notidaniden, 


Fig. 5. A. Schädel von Cestracion. B. Restaurirter Schädel von Hybodus. 
C. Schädel von Heptanchus (nach GEGENBAUR). 


hm — Hyomandibulare; n — Nasenkapsel; o — Ausenhöhle; po Postorbitalfortsatz; pqg Palatoquadratum. 


und steht genau zwischen diesen und den höheren heute lebenden Haifischen, die alle’ typisch hyostylic 
sind. Gestützt wird diese Annalıme noch durch die Thatsache, dass bei Hybodus bereits die normale 
Zahl der Kiemenbogen, nämlich fünf, vorhanden war; Hexanchus und Chlamydoselache haben sechs, 
Heptanchus sieben Kiemenbogen. //ybodus bestizt jedoch noch ein primitives Charakteristikum,, das 
bei den Notidaniden bereits verschwunden ist. Wir finden an ihm die Persistenz einer einfachen un- 
modifizirten Notochorda. In jurassischen Zeiten hatten die Notidanidae diesen primitiven Charakter 
bereits verloren, denn bei Notidanus ewimius WAGNER aus dem oberen Jura von Eichstätt finden wir 
in der Scheide der Notochorda wohl ausgebildete ringförmige Knorpel. Es scheint zweifellos, dass die 
Beibehaltung dieses primitiven Charakters, nämlich der nicht differenzirten Notochorda, Hybodus für 
den Kampf ums Dasein ungeeignet machte, denn in der unteren Kreide unterlag Hybodus bereits 
einem höheren, aber noch verwandten Haitypus. Die Gattung verschwindet gänzlich im Wealden °. 


Dass Hybodus auf die eine oder andere Weise mit den Notidaniden in Verbindung steht, 
wurde bereits vor längerer Zeit von verschiedenen Autoren festgestellt. Hasse* erkannte, dass die 
ältesten bekannten Notidaniden-Zähne eine bemerkenswerthe Aehnlichkeit mit den Zähnen von Hybodus 


" Ü©. GesesgAuRr, Das Kopfskelet der Selachier, S. 186. 
= T. H. Hoxtey, On Ceratodus Forsteri. Pro. Zool. Soc. London. Jan. 1876. S. 44. 
® Die sogenannten Hybodus-Formen aus jüngeren Ablagerungen als Wealden dürfen nicht mit unserer Gattung 
Hybodus vereinigt werden. 
* C. Hasse, System der Elasmobranchier. Allgemeiner Theil pag. 69. 
Palaeontographica. Ed, XLVI, 22 


— 170 — 


zeigen. SMITH Woopwarn ', welcher die Zähne der fossilen Notidaniden einem sehr eingehenden 
Studium unterworfen hat, gelangte zu dem Schlusse, dass die Notidaniden, wenn sie auch vielleicht 
nicht als ein früherer Seitenzweig der Hybodonten aufzufassen sind, doch wenigstens mit den letzteren 
zusammen in demselben Stamme wurzeln müssen. Dass die Verbindung zwischen beiden Familien eine 
weit zurückliegende ist und bis in die palaeozoische Zeit zurückreicht, geht daraus hervor, dass die 
jurassische Gattung Hybodus einen Schädelbau von viel höher entwickeltem Typus zeigt, als selbst die 
heute lebenden Notidaniden. Ferner ist die letztere Familie, und zwar auch schon in jener frühen 
Zeit, charakterisirt durch eine einzige Rückenflosse ohne Flossenstachel, während die Hybodonten zwei 
Flossen besitzen, deren jede durch einen mächtigen ‚Flossenstachel ausgezeichnet ist. Das letztere 
Merkmal ist ein sehr bezeichnendes, und es kann ihm nicht Gewicht genug beigelegt werden. Die 
auf die Untersuchung der Zähne begründeten Argumente sind ja sehr einleuchtend, aber man muss 
solche Beweisgründe doch mit der allergrössten Vorsicht aufnehmen. Ein hervorragender Palaeichthyo- 
loge hat die spezifische Bestimmung isolirter, lose gefundener Haifischzähne ganz richtig als blosses 
Umherraten bezeichnet und hinzugefügt, dass es eine Sache von allergrösster Schwierigkeit ist, auf 
isolirte Zähne hin genetische Beziehungen zu begründen ?. 

Der Zusammenhang zwischen den beiden Familien der Hybodonten und Notidaniden ist sicher- 
lich ein indirekter und möglicherweise ein weit zurückliegender. Das sicherste, was wir annehmen 
müssen, ist das, dass beide Familien aus derselben Wurzel entsprungen sind. A. Fritsch ° spricht die 
Ansicht aus, dass die Notidaniden direkt von den Xenacanthiden abstammen; Beweise hiefür findet er 
in der Uebereinstimmung im Schädelbau, in der Gegenwart von sieben Kiemenbogen und in der Aus- 
bildung der Pterygopodien. Aller Wahrscheinlichkeit nach steht auch Hybodus mit den Xenacanthiden 
in genetischer Verbindung, zwar nicht direkt, sondern durch die Cladodonten. Diese Ansicht nöthigt 
zu einer Diskusion der Beziehungen zwischen Hybodus und den Cladodonten. 

Zähne, welche denen der mesozoischen Gattung Hybodus sehr ähneln, sind schon seit langem 
aus earbonischen Ablagerungen bekannt, und zahlreiche Autoren haben solche Zähne direkt als der 
Gattung Hybodus zugehörend bestimmt. In einer Uebersicht über die Gattung Hybodus hat GIEBEL* 
die verticale Verbreitung derselben vom Kohlengebirge bis in die Kreide angegeben; ausserdem be- 
schreibt Gegen dort zwei carbonische Arten. Schon vor langer Zeit plaidirte Barkas° sehr energisch 
dafür, dass zwischen Oladodus aus dem Carbon und Hybodus aus dem Mesozoikum kein generischer 
Unterschied existire. Niemand wird die Aehnlichkeit zwischen den Zähnen wenigstens einiger carbo- 
nischen Cladodonten z. B. Otenacanthus Hyboides (Ag.) oder Tristychius sp. und denen des mesozoischen 
Hybodus läugnen wollen. Ferner sind Stacheln von auffallender Aehnlichkeit mit denen der letzteren 
Gattung im Carbon gefunden worden. Romanowsky ® beschrieb den Stachel von Cladodus tenuistriatus, 
welcher dem von Hybodus ausserordentlich ähnlich ist. Leider kennen wir nur sehr wenig von der 
Ausbildung des Skelets bei diesen palaeozoischen Formen. TrAquAıR ” beschrieb eine Cladodontenform 


ı A. Sure Woopwarp, On the Palaeontolosy of the Selachian genus Notidanus. Geol. Mag. 1886 pag. 257. 

® Ein Beispiel an lebenden Haien: Wer würde wohl, allein auf die Kenntniss der Zähne hin, aussprechen, 
dass Chlamydoselache und Heptanchus zu einer und derselben Familie gehören ? 

® Fritsch, Anr., Fauna der Gaskohle Böhmens. Bd. II. S. 46. 

* Loc. eit. 

> Toe.zcit. 

% Bull. soc. Nat. Moscou. Vol. XXXVII. 1864. p. 157—170. 

” Tragquaır, R. H,, Description of a fossil shark (Otenacanthus costellatus) from the Lower Carboniferous rocks 
of Eskdale, Dumfriesshire. Geol. Mag. 1884. p. 3. 


ya 


mit persistirendem Notochord, mit zwei Rückentlossen, welche beide Flossenstacheln besitzen, und 
wahrscheinlich auch mit einer Afterflosse. Derselbe Autor! hat ferner einen wichtigen Hai, Cladodus 
Neilsoni Traa. beschrieben, bei welchem die Structur der Brustflossen im Detail zu beobachten war. 
Das von Tragvaır beschriebene Exemplar ist dadurch von besonderem Interesse für den Palaeonto- 
logen. dass es die Entwicklung der Brustflosse bei den Selachiern erklären hilft. Das Kopfskelet zeigt 
hier, soweit man feststellen kann, bemerkenswerthe Aehnlichkeit mit dem von Hybodus: die Augen- 
höhle liegt ziemlich weit vorne am Kopfe. Der Postorbitalfortsatz ist augenscheinlich gross und vor 
allem ist das Hyomandibulare lang und massiv. Die allgemeine Form des Kopfes im Ganzen genommen 
erinnert sofort an Hybodus. Traquaır war durch die Aehnlichkeit mit den Notidaniden überrascht; 
die Charaktere, welche die Aehnlichkeit mit dieser Familie bedingen, sind dieselben, welche nach 
meinen Beobachtungen auch bei #ybodus vorhanden sind. Der Hauptwerth aber von Cladodus Neil- 
soni Trag. ist in dem Bau der Flossen begründet, welcher durch jenes sehr bemerkenswerthe 


ä. B. C. D. 


Fig. 6. Schematische Darstellung der Brustflossen bei A. Xenacanthus (Pleuracanthus), B. Cladodus, 


C©. Symmorium, D. Hybodus. 


Exemplar klar gelegt wird. Beide Brustflossen sind erhalten und die proximalen Basalelemente der- 
selben bestehen im wesentlichsten aus a) 5 bis 9 stabförmigen Knorpelstücken, welche direkt an den 
Schultergürtel angeheftet sind und welche dem Pro- und Mesopterygium der gewöhnlichen Haie ent- 
sprechen, b) einem Metapterygium, welches zusammengesetzt ist aus einem proximalen, länglich trapez- 
förmigen Stück, das mit dem Schultergürtel artieulirt, und einem distalen segmentirten Theile, der 
aus 9 abgeflachten rechteckigen Stücken besteht und so einen langen schmalen Stiel bildet. Traquaır 
hat erwiesen, dass diese Form des Metapterygium dem medianen gegliederten Stiel in der Brustflosse 
von Xenacanthus (Pleuracanthus) entspricht; er betont dabei die Wichtigkeit dieses Exemplares als 
eines solchen, welches die GEGEnsaur’sche Theorie über die Entstehung der Flossen bestätigt. Copr? 
hat den Flossenbau bei einer anderen Üladodontenform aus dem Ober-Carbon, Symmorium reniforme 
CopE, beschrieben. Diese Form erinnert an Cladodus Neilsoni, zeigt aber eine wichtige Abweichung: 


! Tgagvaır, R. H., On Cladodus Neilsoni Trag. from the Carboniferous Limestone of East Kilbride. Trans- 
Geol. Soc. Glasgow. Vol. XVI. part. I. 1897. 

2 Core, E. D., New and little known palaeozoic and mesozoie fishes. Journ. Akad. Nat. Sciences, Philadelphia. 
Vol. IX. II. series: 1884—95 pag. 427. 


a u 


— 12 '— 


das ganze Metapterygium besteht nur aus einem einzigen langen Knorpelstück und ist an seinem 
distalen Ende nicht segmentirt. Der bei Symmorium beobachtete Typus der Flosse ist aus dem 
Cladodus-Typus einfach durch Verschmelzung der einzelnen Stücke des Metapterygium hervor- 
gegangen zu erklären. Der Hybodus-Typus des Metapterygium kann nun aus dem Symmorium-Typus 
durch Verkürzung des Metapterygium abgeleitet werden. Wie wir bereits gesehen haben, ist bei 
Hybodus Fraasi das Metapterygium ein kräftiger cylindrischer Knorpelstab, welcher keine Radien 
trägt, sondern nur zum Durchschneiden des Wassers dient; die Aufgabe, Radien zu tragen, fälit hier 
dem Pro- und Mesopterygium zu. Mit anderen Worten: Wir haben hier eine natürliche Reihe, welche 
mit dem segmentirten Archipterygium bei Pleuracanthus beginnt; daraus entwickelt sich das segmen- 
tirte Metapterygium bei Cladodus, aus welchem das unsegmentirte Metapterygium bei Symmorium 
hervorgeht, dem dann als Endglied der Reihe das verkürzte und unsegmentirte Metapterygium bei 
Hybodus folgt. Am besten lässt sich das in schematischer Weise darstellen wie in Fig. 6. Die Rück- 
bildung des Metapterygium, als des Hauptbestandtheiles der Flosse, ist begleitet von der Ausbildung 
und Entwickelung der beiden anderen Basalstücke, d. h. des Pro- und Mesopterygium. Nach GEGEN- 
BAUR sind dieselben dadurch entstanden, dass die basalen Glieder einer ganzen Anzahl von proximalen 
Radien zu zwei Stücken zusammenschmelzen. In der Flosse von Hybodus ist die Rückbildung des 
Metapterygium eine vollständige und ebenso ist die Entwickelung von Pro- und Mesopterygium eine 
vollkommene. Die Brustflosse bei Hybodus ist von der bei den Cladodonten einfach dadurch abzu- 
leiten, dass durch Verschmelzung der basalen Knorpelstäbe zwei Knorpelstücke, das Pro- uud Meso- 
pterygium, entstanden, wie das von GEGENBAUR ausgesprochen wurde, und dass gleichzeitig das Meta- 
pterygium verkürzt wurde. 

Unter den höheren Fischen ist eine ähnliche Entwickelung der Brustflosse bei den Crosso- 
pterygiern bekannt. Bei dieser Ordnung ist die lappenförmige Flosse mit centraler Axe, wie wir sie 
bei palaeozoischen Formen, z. B. Holoptychius, aus dem Devon, kennen, heute nur noch bei Polypterus 
vorhanden; sie ist hier aber nicht mehr lang, sondern sehr verkürzt, und besitzt wie die Flosse der 
lebenden Haie drei Basalstücke. 

Der positive Beweis für die Entstehung der Brustflosse bei lebenden Haien, wie er durch 
die Palaeontologie beigebracht wird, ist so vollkommen als möglich. Es erübrigt der Palaeontologie 
nur noch negative Beweise zu erbringen, um die bis zum letzten Jahre bei den Embryologen so 
verbreitete Seitenfaltentheorie umzustossen. Die jüngsten Untersuchungen von Semox ! zielen. darauf 
hin, die Seitenfaltentheorie bedenklich zu erschüttern. Semox hat gezeigt, dass aus der Entwickelung 
der archipterygialen Flosse von Ceratodus auch nicht die leiseste Andeutung von Beweis für die letz- 
tere Theorie entnommen werden kann, — im Gegentheil, alles spricht hier für die Theorie GEGEN- 
BAURS. Die einzige Hoffnung, welche den Anhängern der Seitenfaltentheorie geblieben ist, hängt an 
einer carbonischen Selachierform, welche Bas#rornp Dean als zur Familie der Pleuropterygier gehörend 
bezeichnet. Die einleuchtenden Argumente, welche Szmon gegen BAsHrorp Dran ins Feld führt, 
zwängen uns die Ueberzeugung auf, dass bis zur Entdeckung besseren Materiales viele der sogenann- 
ten primitiven Charaktere, welche für Cladoselache angegeben werden, mit grösster Reserve aufzu- 
nehmen sind. Zahlreiche Autoren haben immer an der Richtigkeit der Beobachtung bezüglich Olado- 


! R. Smuox: Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. Zoolog. Forschungs-Reisen in 
Australien und dem Malayischen Archipel 1898. 


en 


selache gezweifelt, am sichersten von ihnen konnte wohl Prof. Jacken! urtheilen, welcher Gelegenheit 
hatte, das einschlägige Material zu studieren. Die Untersuchungen Semox’s haben einer schon lange 
diskutirten Frage neues Interesse verliehen und sollten den Palaeontologen als Sporn dienen, diese 
Frage endlich einmal vom palaeozoologischen Standpunkte aus aufzuklären, 


Es ist in der That zu bedauern, dass unsere Kenntniss vom übrigen Skeletbau der Clado- 
donten noch so unvollkommen ist. Künftige Untersuchungen werden vermuthlich ergeben, dass die 
Cladodonten noch enger mit den Hybodonten verbunden sind. Die Cladodonten existirten bis in die 
ersten mesozoischen Zeiten; selbst noch im Keuper finden wir Cladodontenzähne: Phoebodus Brodier 
(Sutz Woopwarp). Vergesellschaftet mit diesen wurden in denselben Ablagerungen Rückenflossen- 
stacheln gefunden, z. B. solche von Hybodus (Leiacanthus) keuperinus, welche nur wenig von denen 
typischer Hybodus-Formen abweichen, gleichzeitig kommen dort Kopfstacheln vor, wie solche nur von 
den Hybodonten getragen werden. 


Die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Hybodus und seinen mesozoischen Zeitgenossen ist 
eine Frage, welche in Folge unserer sehr dürftigen Kenntniss vom Skeletbau der letzteren noch nicht 
mit Sicherheit diskutirt werden kann. Die Haifische des Mesozoikum scheiden sich auf natürliche 
Weise in zwei Gruppen: 1) Formen mit glatten, nicht verzierten Rückenflossenstacheln, ohne Zähne 
auf der Hinterseite der Stacheln. Die Männchen dieser Gruppe besitzen keine Kopfstacheln. Typische 
Glieder dieser Gruppe sind: Palaeospinax, Synechodus und Cestracion. Auf diese Gruppe, und zwar 
auf diese Gruppe allein, möchte ich den Namen der Cestraciontidae angewendet wissen. 2) Formen. 
deren Flossenstacheln gerippt oder sonstwie ornamentirt sind und auf der Rückseite eine doppelte 
Reihe median gestellter Zähne tragen. Die Männchen dieser Gruppe sind durch Kopfstacheln aus- 
gezeichnet. Typische Vertreter derselben sind: Hybodus, Acrodus, Asteracanthus. Für diese Gruppe, 
und zwar nur für diese Gruppe allein, sollte meiner Ansicht nach der Name Hybodontidae Verwen- 
dung finden. 


Trotz der Aehnlichkeit in der Form der Zähne ist es sehr zweifelhaft, ob diese beiden natür- 
lichen Gruppen in nahen genetischen Beziehungen zu einander stehen. Es ist sehr viel wahrschein- 
licher, dass die erstere Gruppe die mesozoischen Nachkommen der Cochliodonten aus dem Palaeozoikum 
enthält. Unsere Kenntniss der letzteren Familie ist leider auch nur eine sehr unbefriedigende. Nur 
von einer Gattung, und zwar Helodus, ist die Rumpfregion beschrieben worden, wenigstens ein dor- 
saler Flossenstachel ist dort vorhanden, ferner eine Afterflosse. Aus dem Cochliodontenstamm ging, wie 
schon erwähnt, wahrscheinlich die Gruppe der mesozoischen Haie mit glatten Flossenstacheln hervor, 
von welchen bereits im Lias ein Seitenast abzweigte, welcher durch cyelospondyle Wirbel (Spinaciden) 
ausgezeichnet war, während der Hauptstamm asterospondyl war (Cestracionten). Eines der ältesten 
Glieder der Gruppe — Palaeospinae — aus dem Lias wurde von Hassz und Smirt WoopwArn als 
asterospondyl beschrieben. Die Studien von E. Fraas”? ergaben, dass wenigstens eine Art, Palaeo- 
spinaz Smith Woodwardi E. Fraas, zweifellos cyclospondyl war. Palaeospinax wird daher in zwei 
Theile zerlegt werden müssen, von denen der eine zur Familie der Spinaciden, der andere zu den 
Cestracionten hinüberleitet. 


* Jaerer, O., Sitzungsb. d. Gesellsch. Naturforsch, Freunde. Berlin 1892. Nr. 6 p. 9. 
2 Loc. eit. 


— 174 — 


Schlussfolgerungen. Die mesozoische Gattung Hybodus vepräsentirt einen primitiven Typus 
mit Uebergangs-Charakteren. Ihr Schädelbau deutet an, dass sie viel näher mit den Notidaniden ver- 
wandt ist, als mit den Cestracionten. Ihre Verwandtschaft mit den Notidaniden ist keine direkte, 
sondern auf die gemeinsame Abstammung von einer 
pleuracanthiden Grundform zurückzuführen. Die Spe- 
zialisirung der Zähne ging bis zur Jurazeit bei bei- 
den Familien in ähnlicher Weise vor sich, worauf dann 
eine energische Divergenz in der weiteren Entwicke- 
lung einsetzte. Der Schädelbau von Hybodus zeigt 
sich gegenüber dem der Notidaniden als bemerkens- 
werth vorgeschritten und weist dieser Gattung eine 
Stellung zwischen den Notidaniden und den höher 
stehenden heute lebenden Haifischen an. Die Hybo- 
donten stammen direkt von den palaeozoischen Clado- 
donten ab, welche ihrerseits von einer pleuracanthiden 
Stammform abzuleiten sind. Die Cestracionten diver- 
giren ziemlich stark von den Hybodonten und stammen 
wahrscheinlich in direkter Linie von den Cochliodonten 
des Palaeozoikum ab. Von diesem Hauptstamm wurde 
wahrscheinlich ein cyclospondyler Seitenast abgezweigt, 
welcher die benthonische Lebensweise der Ahnen auf- 
gab und nektonische Lebensweise annahm. In Folge 
dessen bildete sich bei ihm eine neue einfachere Be- 
zahnung heraus. Die Zähne der ältesten Hybodonten, 
Notidaniden, Cestracionten und Spinaciden, d. h. fast aller älteren mesozoischen Haie, entwickelten 
sich zuerst in ähnlicher Weise; in postjurassischer Zeit trat dann aber in dieser Beziehung ausge- 
sprochene Divergenz ein. x 

Die verwandtschaftlichen Beziehungen sind durch das beigefügte Schema Fig. 7 erläutert. 


9epI}U0P01490) 


\ 


JEPNLOIIRUNSEN 


Fig. 7. 


München, den 14. November 1899. 


Ueber die mittelliasische Brachiopodenfauna. 
von Südtyrol 


Emil Böse wd Max Schlosser. 


Mit Tafel XVII, XVII. 


Einleitung. 


Die vorliegende Abhandlung wurde von Dr. Emm Böse im Sommer 1897 begonnen, erlitt 
aber schon durch dessen anderwärtige wissenschaftliche Thätigkeit eine längere Unterbrechung; durch 
seine Abreise nach Mexico wurde ihr Abschluss überhaupt gänzlich in Frage gestellt. Da es mir 
jedoch wünschenswerth erschien, dass die letzte grössere Lücke in der Kenntniss der Brachiopoden- 
faunen des alpinen Lias ausgefüllt werde, so übernahm ich auf Anregung meines lieben Freundes die 
Fertigstellung dieser Arbeit. 

Ich bin mir nun freilich bewusst, dass ich auf diesem mir etwas ferner liegenden Arbeits- 
gebiete nicht jene Sicherheit besitze, die zur erschöpfenden Lösung eines solchen Themas nöthig ist, 
allein meine Aufgabe wurde doch immerhin dadurch wesentlich erleichtert, dass Dr. E. Böse nahezu 
das gesammte Material bereits wenigstens provisorisch bestimmt hatte, und der von ihm noch nicht 
erledigte Theil auch an und für sich keine besonderen Schwierigkeiten mehr bot, so dass ich es doch 
wohl wagen darf, vorliegende Abhandlung der Oeffentlichkeit zu übergeben. 

Was unsere Arbeitstheilung betrifft, so hatte Böse die Gattungen Pseudokingena, Waldheimia 
mit Ausnahme von ampezzana, Terebratula mit Ausnahme von gozzanensis und Neumayri und von 
Rhumnchonella die Arten variabilis, Zitteli, Briseis, Greppini bereits erledigt, welchen Theil ich hier 
ohne jegliche Aenderung veröffentliche; den Rest und die Zusammenstellung der Resultate habe ich 
übernommen. 

Das Material findet sich zum weitaus grössten Theil im Münchener palaeontologischen Museum 
und zwar stammen die Brachiopoden von St. Cassian, richtiger von Lavarella, zumeist aus älteren 
Aufsammlungen. Der grössere Theil der Brachiopoden von La Stuva bei Cortina d’Ampezzo ist Frau 
Dr. M. GorpDox-ÖgıtvıE zu verdanken, welche diese Stücke dem Münchener Museum schenkte. Im 
Herbst 1397 hat auch Böse an letzterer Lokalität gesammelt und das bereits vorhandene Material 


nicht unwesentlich bereichert, und endlich ist es mir geglückt, trotz meines nur sehr kurzen Aufent- 
haltes auf La Stuva im Juli 1899, noch verschiedene wichtige Stücke zu finden, welche das bereits 
vorhandene Material recht gut ergänzen. Auch diese beiden letzten Suiten wurden dem Münchener 
Museum einverleibt. 

Herr Prof. Dr. BEnEckE hatte die grosse Liebenswürdigkeit, das in der Strassburger Uni- 
versitätssammlung befindliche Material nebst den Originalien zur Haas’schen Arbeit — Beiträge zur 
Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna von Südtyrol und Venetien — zur Benützung überlassen, 
jedoch konnte ich es nach eingehender Prüfung zurückstellen, da es mit Ausnahme einer einzigen Art 
nichts enthielt, was nicht auch in der Münchener Sammlung vorhanden wäre. 

Sehr zu bedauern ist es, dass das Material des Wiener palaeontologischen Institutes, welches 
Haas seinerzeit benützt hatte, trotz der eifrigen Nachforschungen von Seiten des Herrn Professor Dr. 
Unrrie und Herrn Dr. v. ARTHABER nicht mehr aufzufinden war, denn es enthielt verschiedene wich- 
tige Arten, welche in keiner der beiden oben genannten Sammlungen vertreten sind. 

Wenn unsere Resultate von jenen, welche Haas mit seinem Materiale erzielt hat, nicht un- 
wesentlich abweichen, so erklärt sich dies aus mehrfachen Gründen. Vor Allem ging dieser Autor 
von der gänzlich unmotivirten Voraussetzung aus, dass auch die Brachiopodenfauna von Castel Tesino 
im Val Sugana noch dem Lias angehören müsse, was aber bekanntlich nicht der Fall ist, weshalb sie 
auch hier überhaupt gar nicht weiter in Betracht kommt. Ferner hat dieser Autor von der wichtigen 
Lokalität La Stuva anscheinend überhaupt kein Material in Händen gehabt und diesen Fundplatz selbst 
kaum gekannt. Wenn nun auch die dortige Fauna mit jener der Lokalität Lavarella auf Fanisalpe, 
welche vorwiegend das Material zu der Haas’schen Arbeit geliefert hat, nicht völlig identisch ist, in- 
soferne letztere in der That noch etwas mehr geologisch ältere Species aufweist, so bietet Lavarella doch 
noch genug Arten, welche geeignet gewesen wären, seine vorgefasste Meinung, dass es sich um unteren 
Lias handle, erheblich zu erschüttern. Endlich muss man auch berücksichtigen, dass die Kenntniss 
der Brachiopodenfauna des alpinen Lias zu jener Zeit, als Haas seine Monographie verfasste, doch 
noch viel zu wünschen übrig liess. Allein selbst bei der mildesten Beurtheilung wird man doch zu 
der Ueberzeugung kommen, dass sich viele, wenn nicht die meisten seiner Irrthümer recht wohl hätten 
vermeiden lassen, denn eine nicht unerhebliche Zahl der beschriebenen Arten hat er ja selbst mit 
solchen identifieirt, welche bereits GEMMELLARO für den mittleren Lias Siciliens angegeben hatte. 

Zum Schluss möchte ich — zugleich auch im Namen meines Freundes Dr. E. Böse Herrn 
Geheimrat Dr. v. Zınter für die gütige Ueberlassung des Materiales und die freundliche Erlaubniss 
zur Benützung seiner werthvollen Privatbibliothek den innigsten Dank auszusprechen. Auch Herrn 
Prof. Dr. BEneEcke in Strassburg, welcher mit grösster Bereitwilligkeit das Material der dortigen 
Sammlung mit den Haas’schen Originalien zur Verfügung gestellt hat, sei hier unser aufrichtigster 
Dank gezollt. 


Spezieller Theil. 


Pseudokingena nor. gen. 


Unter dem Namen Pseudokingena fasse ich die bisher als Kingena (Terebratulina) Deslong- 
champsi Dav. und Kingena Capellinıi Dr-Ster. bezeichneten Arten zusammen. Diese kleinen, zier- 
lichen Gehäuse gleichen äusserlich vollkommen den zu Kingena gehörigen Formen, insbesondere der 
Kingena lima. Der Bau des Armgerüstes weicht jedoch stark ab und nähert sich eher dem von 
Centronella. Davısox vergleicht ihn zwar mit dem von Zerebratulina, doch fehlt bei der hier. zu 
besprechenden Gattung die hintere Querbrücke vollständig. Zu Terebratula kann man die Formen 
nicht stellen, weil die Schleife in der Mitte der Brücke eine Verstärkung aufweist, welche an den 
Brachialapparat der Centronellinen erinnert, auch unterscheiden sich die Formen schon äusserlich durch 
ihre mit Warzen besetzte Oberfläche. DestoxscHaues (Pal. france. terr. jur. Brach. pag. 55) wollte 
das Genus Kingena erweitern, aber mir scheint das unmöglich, da das Brachialgerüst unserer Form 
zu sehr von dem der cretacischen Kingenen abweicht. Auch Davıvson (Mon. Suppl. pag. 117) hat 
sich dem Vorgehen DrstLoxscHAamers nicht angeschlossen, sondern bezeichnete die von ihm creirte Form 
als Terebratulina ? Deslongehampsi. Aber auch mit Terebratulina stimmt die Form, wie vorher gezeigt, 
in wichtigen Merkmalen nicht überein. Ich halte es desshalb für nothwendig, eine neue Gattung auf- 
zustellen, um so mehr, als jetzt die Form bereits aus England, Frankreich, Sicilien und den Südalpen 
bekannt geworden ist. 

Diagnose: 

Schaale: punctirt. 

Grosse Klappe: kräftig gewölbt. 

Kleine Klappe: eben oder schwach gekrümmt, oft ist ein seichter Mediansinus angedeutet. 

Örnamentirung: Beide Klappen sind mit mehr oder weniger kräftigen Warzen besetzt. 

Schnabel: aufrecht stehend, wenig gekrümmt. Die Schjosslinie ist gerade oder wenig gekrümmt, mei- 
stens kaum die Hälfte der Schaalenbreite einnehmend. Eine deutliche, breite, verhältnissmässig 
hohe, scharf begrenzte Area ist stets vorhanden; sie wird von einem auffallend grossen, runden 
oder ovalen Foramen durchbrochen, welches auf seiner unteren Seite durch ein aus zwei Theilen 
bestehendes Deltidum begrenzt wird. 

Innere Merkmale: In der kleinen Klappe befindet sich ein deutliches Medianseptum, welches von dem 
kräftigen, viereckigen Schlossfortsatz ausgeht. Seitwärts von diesem und unterhalb der Schloss- 
sruben gehen zwei Cruren ab, welche convergiren und fast mit der Commissur in einer Ebene 
liegen; sie gehen nur wenig gegen das Innere des Gehäuses zurück. Etwas oberhalb der Mitte 


entsendet jede der Cruren gegen die andere hin einen Sporn. An ihrem unteren Theile sind 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 23 


— la, — 


die Cruren verbunden und in der Mitte der verbindenden Leiste zeigt sich eine Verdickung. 

Eine aufsteigende Schleife wie bei Waldheimia, oder ein vollständiger Ring wie bei Terebra- 
tulina sind sicherlich nicht vorhanden. Die innere Seite der Schaale 
zeigt zahlreiche feine radiale Streifen oder Facetten. 

Die hier gegebene Gattungs-Diagnose muss nothwendiger Weise noch 
zu viel enthalten, da bisher nur zwei Arten bekannt sind. Nur von einer 
einzigen Art konnte bisher das Armgerüst studirt werden, denn auch das 
von mir untersuchte Exemplar gehört zu Pseudokingena Deslongcehampsi Dav., 
von der andern Art, Ps. Oapellinii Di-STer. liegt mir nur ein einziges Exem- 
plar vor, doch stimmt dieses im Aussehen so genau mit der andern Art über- 
ein, dass wohl kaum ein verschiedenes Gerüst zu erwarten ist. Die Haupt- 


a Zahngrube. 5 Schloss- 
fortsatz. ce Medianseptum. merkmale für unsere neue Gattung sind: die Area, die mit Warzen besetzte 


anCrura. FesSporngder Oberfläche, sowie das einfache Armgerüst. 
Crura. f Verdickung der 


Brücke Der punktirten Schaale, sowie des Gerüstes wegen ist Pseudokingen« 


zu den Terebratuliden zu rechnen; äusserlich schliesst sie sich ganz an Kin- 
gena, dem Gerüst nach jedoch mehr an Centronella an; andererseits ist aber die äussere Aehnlichkeit 
sowohl mit Centronella selbst wie auch mit den Neocentronellinen oder Juvavellinen (BiTTNErR) eine 
geringe. Davınson vergleicht das Armgerüst mit dem von Platidia, Terebratula und Terebratulina. 
Die Aehnlichkeit mit Platidia anomioides Scaccaı ist auffallend, doch fehlt hier der Schlossfortsatz 
der kleinen Klappe; bei Terebratula andererseits fehlt die Verdickung in der Mitte der Brücke, welche 
übrigens auch stets anders als bei Pseudokingena gestaltet ist; Terebratulina endlich hat einen ge- 
schlossenen Ring, der bei Pseudoköngena sicherlich fehlt. Wir dürfen also wohl Pseudokingena dem 
Genus Kingena als eleichberechtigte Gattung an die Seite stellen. 


Pseudokingena Deslongchampsi Dav. 
(Tafel XVII, Fig. 1. 2.) 


1850. Terebratula Deslongehampsi Davıpson, Examination of Lamark’s species. Annals and Mag. of Nat. 
Hist. pag. 450. Taf. XV, Fig. 6, 6a. 


1856. > 55 Orrer, Die Juraformation pag. 265 Nr. 81. 

1858. Terebratulina ” Destonsc#amps, Memoire sur la couche & Leptaena. Bull. Soc. linn. de 
Normandie pag. 161, Taf. IV, Fig. 1-5. 

1863. Kingena » DestonscHauvs, Paleont. franc.; terr. jur. Brachiopodes, pag. 138, Taf. 35, 
Fig. 1—12, pag. 55, Taf. 7, Fig. 9—10. 

1865—66. Terebratula ? , Mooxz, Proceedines of the Somerset Archaeological and Nat. Hist. Soc. 
(nach Dav.) 

1871. Terebratulina 5 Quzrsstepr, Petrefactenkunde Deutschlands, Die' Brachiopoden. pag. 244, 


Taf. 44, Fig. 11. 
1874. Kingena Josephinia GEMMELLARO, Sopre ale. faune giuresi e liasiche. pag. 72, Taf. XI, Fig. 11. 
1874—82. Terebratulina ? Deslongehampsi Davınsox, A Monograph of the British fossil Brachiopoda. Suppl.- 
Bd. pas. 117. 
1891. Kingena ‘Josephinia Di-Srerano, Il lias medio del Mte San Giuliano pag. 146. 


Diese ausserordentlich interessante Species liegt mir in fünf Exemplaren vor. Da die Art 
bereits von DavıDson, DESLONGCHAMPS und GEMMELLARO vorzüglich beschrieben worden ist, so begnüge 
ich mich hier mit einigen ergänzenden Bemerkungen. 


— 119 — 


Schon GEMMELGLARO hat gesehen, wie ausserordentlich nahe seine Kingena Josephinia der 
Kingena ? Deslongehampsi steht, als Unterschied konnte er nur angeben, sie sei etwas länger, hätte 
einen auf der Seite comprimirten Schnabel und stets eine abgerundete Stirnlinie; ausserdem sei die 
Sieilianer Art constant kleiner. Diese Unterschiede dürften kaum für die Abtrennung einer Species . 
genügen. Was vor Allem die Grösse anbelangt, so giebt DrstLoxscHaups auch 10 mm als normal für 
die Höhe an, GEmMELLARO dagegen nur 5, aber Di-StEFAno, der die nämliche Art am Mte S. Giuliano 
fand und durch Vergleichung seiner Stücke mit den Originalen GEmMELLARo’s die Identität der Art 
zu constatiren im Stande war, giebt als Länge seiner Exemplare 9 mm an; an meinen Stücken konnte 
ich messen: 


Höhe 2.7. 84mm 6,3 mm 7,£ mm 
Breiten se. (7882: IHN bias: 
Dicker 2 2.22,3:9% 5 Some BD 


Diese Grössenunterschiede kann man also wohl kaum als ausschlaggebend betrachten. Bei 
den grösseren mir vorliegenden Stücken erscheint die Stirn ganz leicht abgestutzt, sie stimmt 
durchaus mit derjenigen des französischen Exemplars überein. Einen Unterschied zwischen dem 
Schnabel der sicilianischen und dem der französischen Form kann ich kaum erkennen: jedenfalls ist 
er viel zu gering, als dass man daraufhin die sieilianische Form als besondere Species abtrennen 
könnte. Dagegen konnte ich, ebenso wie Di-Sterano, bei grösseren Exemplaren die Andeutung einer 
leichten Einbiegung der Stirn gegen die grosse Klappe erkennen; dies könnte man vielleicht als 
Species- oder Varietät-Unterschied auffassen, doch müssten weitere Funde die Constanz «des Merkmals 
bestätigen. Dass die innere Seite der Schaale schwache radiale Streifen aufweist, hat bereits Dxs- 
LONGCHAMPS gefunden und Dı-Srerano bestätigt; auch an den uns vorliegenden Exemplaren ist diese 
Eigenschaft deutlich zu erkennen. Ueber die Beschaffenheit des Armgerüstes habe ich bereits bei 
Gelegenheit der Genus-Diagnose berichtet, die dort gegebene Abbildung ist nach einem Schliff‘ durch 
ein Exemplar der Pseudokingena Deslongchampsi von Alpe La Stuva angefertigt. 

Fundort: Alpe La Stuva bei Cortina d’Ampezzo, Lavarella bei St. Cassian, 

Horizont: mittlerer Lias. 


Pseudokingena Capellinii Di-SrErano. 
(Taf. XVII, Eig. 3.) 
1891. Di-Stefano, Il lias medio del Mte San Giuliano etc. pag. 145, Taf. IV, Fig. 24—26. 


Von dieser hübschen Art liegt mir nur ein einziges Exemplar vor, welches in jeder Hinsicht 
mit den von Dı-Sterano abgebildeten Formen übereinstimmt. Auffallend ist die breite Gestalt, wo- 
durch die Form sich von Pseudokingena Deslongchampsi gut unterscheidet; die Neigung zur Sinus- 
bildung in der Stirnregion lässt sich auch an dem mir vorliegenden Exemplar erkennen. 

Bisher wurde Pseudokingena Capellinii nur in Gesellschaft von Ps. Deslongehampsi gefunden, 
was vielleicht dafür spricht, dass man diese Form nur als Varietät aufzufassen hat; doch habe ich 
keine Uebergänge zwischen beiden beobachten können, was man allerdings durch die geringe Zahl der 
gesunden Exemplare erklären könnte; jedenfalls ist heute eine Vereinigung der beiden Species noch 
nicht möglich, 

Dı-Srerayo behauptet, dass die von ihm beschriebene Art sicher zu Kingena gehört; aber 


—. 10) — 


er betrachtet offenbar die von DesnonacHamrs für Kongena aufgestellte Gattungs-Diagnose als die 
richtige, was sie jedenfalls nicht ist, da wir von der ächten Kingena der Kreide ausgehen müssen. 
Im Uebrigen verweise ich auf das bei Gelegenheit der Gattungs-Diagnose Gesagte. 

Fundort: St. Cassian (vermuthlich Lavarella). 

Horizont: mittlerer Lias. 


Terebratula. 


Terebratula chrysilla Unarıc. 
(Taf. XVII Kie, 4) 


1879. Terebratula chrysilla Unutıs, Ueber die liasische Brachiopodenfauna von Sospirolo bei Belluno. Sitz.- 
Ber. k. k. Ak, d. Wiss. Wien. Bd. 80. pag. 17, Taf. 1, Fie. 6. 


1880. ” » Canavarı, I brachiopodi degli strati a Terebratula Aspasia nell’ Appennino cen- 
trale. R. Acc, dei Lincei. pag. 12. 

1884. 5, e Haas, Beiträge zur Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna von Südtyrol und 
Venetien. pag. 22. (e parte.) 

Non er 5 FiınkeLstein, Ueber ein Vorkommen der Opalinus- (und Murchisonae- ?) Zone im 


westlichen Südtyrol. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1889. pag. 65. 


Diese Art ist von UHvıe gut beschrieben worden; später hat Haas die Art mit einer nahe- 
stehenden aus dem Dogger, welche ich ' später als Ter. vespertilio beschrieben habe, verwechselt. Mir 
lagen seinerzeit nur die beiden Exemplare der Ter. chrysilla vor, welche Ukuıs beschrieben hat, sie 
sind aber. schlecht erhalten. Später sammelte Frau Dr. GoRrDoN - ÖsınLvıe bei der Alpe La Stuva 
3 weitere Stücke und ich selber fand dort 5 Exemplare. Alle diese Stücke sind mangelhaft erhalten, 
doch genügen sie, um uns ein vollständiges Bild der Eigenschaft, welche die Species besitzt, zu geben. 
Der Beschreibung UHrıs’s ist nichts hinzuzufügen, doch möchte ich nochmals kurz auf die Merkmale 
hinweisen, wodurch sich Zer. chrysilla von Ter. vespertilio unterscheidet. Ter. chrysilla ist eine ziem- 
lich grosse Form; eines der mir vorliegenden Stücke hat eine Breite von 23 mm und eine Höhe von 
20 mm, während die Breite und Höhe der grössten Exemplare von Ter. vespertilio je 13 und 12 mm 
kaum überschreitet. Ich hatte seiner Zeit (loc. eit. pag. 291) geglaubt, dass der Schnabel der Ter. 
chrysilla verhältnissmässig schmäler als derjenige von Zer. vespertilio sei, das ist jedoch nicht richtig; 
der Schnabel ist in den Abbildungen bei Uktig unrichtig wiedergegeben; an mehreren der von mir 
gesammelten Exemplare ist der Schnabel vollständig erhalten. Seine Grösse scheint etwas zu wechseln, 
doch ist er im Allgemeinen ziemlich kräftig und gekrümmt, aber bei weitem nicht so stark über- 
gebogen wie derjenige der Ter. vespertilio. Kanten fehlen bei der liasischen Art gänzlich. Bei den 
besser erhaltenen Stücken von der Alpe La Stuva zeigt sich auch, dass Wulst und Sinus sich viel 
schärfer absetzen als bei jener Art, und dass der Sinus erst in der Mitte der kleinen Klappe beginnt. 
An einzelnen Stücken zeigt der Wulst eine schwache mediane Einsenkung; alle Exemplare haben im 
Sinus eine mediane Erhöhung. 

Durch diese Merkmale ist Ter. chrysilla von Ter. vespertilio leicht zu unterscheiden. Wenn 


1 Böse und Finketstein, Die mitteljurassischen Brachiopodenschichten bei Castel Tesino im östlichen Südtyrol. 
Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellschaft 1892. pag. 290. Taf. XVII, Fig. 3, Taf. XVIII, Fig. 13. 


7 


übrigens Borro-Mıcca ' glaubt, Ter. vespertilio mit Ter. ewrviconcha vereinigen zu müssen, so beweist 
dies, dass er die letztere Form nicht kennt: Ter. curviconcha hat eine viel gedrungenere Gestalt und 
ist im Allgemeinen auch grösser als Ter. vespertilio. Ferner fehlen der Ter. cwrviconcha vollkommen 
die Schnabelkanten und die falsche Area. Wenn am Mte Pellar in den Opalinus-Schichten neben 
Ter. vespertilio auch Formen vorkommen, welche der Ter. cwrviconcha Opr. sehr nahe stehen, so be- 
weist dies natürlich nichts; man kann diese Formen jederzeit leicht von Zer. vespertilio unterscheiden, 
weil ihnen stets der zungenartig verlängerte Wulst fehlt, der für die von mir benannte Form cha- 
rakteristisch ist. Uebrigens hat sich Fucmı* meiner Deutung angeschlossen; es muss ihm aber nicht 
gelungen sein, die beiden Species zu unterscheiden. Mir persönlich ist bisher vom Mte Grappa keine 
ächte 7er. vespertilio zu Gesicht gekommen: unter dem Material, welches mir vorlag, fanden sich nur 
Ter. nepos und an Ter. curvieoncha erinnernde Formen. 

Was nun das Verhältniss der Ter. chrysilla zu Ter. Aspasia angeht, welche mit ihr zusammen 
bei La Stuva vorkommt, so hat darüber bereits UruıG gesprochen, dessen Bemerkungen nur noch hinzu- 
zufügen ist, dass bei Ter. Aspasia der Schnabel viel zierlicher gebaut ist und kurze, deutliche Kanten 
besitzt; ausserdem ist der Winkel, den die Kanten der kleinen Klappe am Wirbel miteinander bilden, 
bei Ter. Aspasia beträchtlich stumpfer als bei Ter. chrysilla. 

Fundort: Alpe La Stuva bei Cortina d’Ampezzo und Lavarella. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Terebratula Aspasia Mrx. 
1389. G. Gever, Ueber die liasischen Brachiopoden des Hierlatz bei Hallstatt. Abh. d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt. Wien. pag. 14 c.sqn. Taf. II, Fig. 13—15. 

Von dieser Art liegen drei Exemplare aus La Stuva vor. Eines fand ich selbst in den Kalk- 
bänken am Eingang dieser Alpe zusammen mit Terebratula chrysilla Umw. und Rhynchonella palmata 
Orr. Alle stimmen gut mit typischen Exemplaren der Ter. Aspasia aus den Centralappenninen überein. 
Den bisherigen Beschreibungen ist nichts hinzuzufügen. Ter. Aspasia ist ja, wie allgemein bekannt, 
kein Leitfossil, da die Form sich im unteren Lias nicht viel seltener findet als im mittleren. Es wäre 
desshalb wohl angezeigt, wenn man die Horizontbezeichnung „Schichten mit Ter. Aspasia Men.“ auf- 
gäbe, um so mehr, als gerade in diesen Schichten die Zer. Aspasia meistens gar nicht oder nicht 
häufig zu finden ist. 

Fundort: Alpe La Stuva bei Cortina d’Ampezzo. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Terebratula De Lorenzoi nov. sp. (8 Exempl.) 
(Taf. XVII, Fig. 7. 8.) 


Diese merkwürdige Form, welche zu den Coaretaten RoturL. (Dictyothyris Douv.) gehört, 
findet sich bei La Stuya nicht gerade selten, doch sind die meisten Exemplare zerbrochen. Die gut 


: Borro-Micca, Fossili degli strati a Lioceras opalinum Rein. e Ludwigia Murchisonae Sow. della Croce di 
Valpore (M. Grappa) Proy. di Treviso. Boll. d. Soc. geol. ital. 1893 pag. 40. 

® Fucmsı, Fossili della oolite inferiore del Monte Grappa nel Treviso. Proc. verb. d. Soc. Tosc. di Sc. Naturali 
1893 pag. 5. 


— 19 — 


erhaltenen Stücke zeigen eine überraschende Aehnlichkeit mit Ter. Rossüi Can., so dass ich beim Sam- 
meln glaubte, unteren Dogger vor mir zu haben, bis es mir gelang, in derselben Bank ziemlich zahl- 
reiche Exemplare von Spiriferina gryphoidea Usu. und Spiriferina rostrata SCHLOTH. zu finden. Daran, 
dass die Form in den mittleren Lias gehört, ist, nicht zu zweifeln, an einem mir vorliegenden Stücke 
sitzt neben der Ter. De Lorenzoi eine Spiriferina gryphoidea. Die hier zu besprechende Form lässt 
sich folgendermassen charakterisiren: 

Umriss: pentagonal bis subpentagonal, die Höhe ist grösser als die Breite. 

Commissur: auf der Seite leicht geschweift; an der Stirn zweimal kräftig gefaltet und zwar gegen 
die grosse Klappe hin. 

Grosse Klappe: ziemlich stark gewölbt, am stärksten ungefähr in der Mitte. Etwas oberhalb der 
Mitte beginnen zwei kräftige laterale Falten oder Wülste, zwischen ihnen verläuft, in der Schaalen- 
mitte beginnend, ein tiefer, sich gegen die Stirn verbreiternder Sinus. Seitlich von den Falten 
ist auf jeder Seite eine weitere, aber ganz schwache Einsenkung sichtbar. Die Falten bilden 


die Stirnecken. 

Kleine Klappe: wenig gewölbt; entsprechend den Wülsten der grossen Klappe ziehen sich von der 
Mitte oder etwas oberhalb der Mitte der Schaale zwei laterale Einsenkungen radial gegen die 
Stirnecken und werden durch eine mediane Erhöhung getrennt. 

Areolen: sind nicht vorhanden; die Klappen stossen an der Stirn und den Seiten unter mehr oder 
weniger spitzem Winkel zusammen, nur in der Schlossregion ist die Naht häufig etwas eingesenkt. 

Ornamentirung: die Schaale ist mit ausserordentlich dicht stehenden, mit blossem Auge kaum wahr- 
zunehmenden radialen Streifen besetzt; auch concentrische Anwachsstreifen sind vorhanden. 

Schnabel: verhältnissmässig klein, gekrümmt und fast bis auf die kleine Klappe herab gebogen, so 
dass das breite Deltidium meistens kaum sichtbar ist. Das Foramen ist mittelgross und rund. 


Innere Merkmale: unbekannt. 


Wie schon vorher bemerkt, gehört die Form zu den Coarctaten Rotupr. Die nächstverwandte 
Art ist Ter. Rossii Can.‘ Die einzigen Unterschiede, welche sich herausfinden lassen, bestehen darin, 
dass bei Ter. Rossii die kleine Klappe etwas stärker gewölbt, die Form etwas weniger hochschulterig, 
(die Stirneommissur in der Mitte etwas weniger scharf geknickt und vielleicht der Schnabel etwas kräf- 
tiger ist als bei Ter. De Lorenzoi. Jedenfalls ist es im Felde nicht möglich, sie von Ter. Rossii zu 
unterscheiden. Darauf, dass Terr. Rossi den Ter. Trigeri Dest. sehr ähnlich ist, hat bereits RorH- 
PLETZ°? hingewiesen, doch dürfte sich die von ihm vorgeschlagene Zerlegung der Terr. Rossii in zwei 
Species kaum durchführen lassen, wie bereits FInKELsTEin ® gezeigt hat. Ob Ter. Rossi mit Ter. 
Trigeri Des. zu vereinigen ist, scheint mir noch zweifelhaft, doch ist die Aehnlichkeit eine überaus 
grosse; mir liegt übrigens eine weitere nahestehende Form aus dem Dogger von Exmes vor, welche 
sich hauptsächlich durch den grösseren Schnabel, sowie das Fehlen der radialen Streifen von Ter. Tri- 
geri unterscheidet. Ferner zeigte mir Herr Professor GEMMELLARO im Museum von Palermo eine 
Species aus dem mittleren Dogger Sieiliens, welche sich ebenfalls kaum von 7er. Rossii unterschei- 
den lässt. 


2 Pırona e Canavarı, Brachiopodi oolitici di aleune localiti dell’ Italia settentrionale. Atti Soc. Tosc. Sc. 


Nat. 1882, 2 
2 Rorupterz, Geologisch-palaeontologische Monographie der Vilser Alpen. Palaeontographica 1886 pag. 120. 


— ıkS — 


Ter. De Lorenzoi hat, wie gezeigt, eine grosse Anzahl sehr nahe verwandter Formen in höheren 
Ablagerungen, vielleicht sollte man alle diese Arten als eine langlebige Species zusammenfassen, nach 
Art der 7er. punctata, da ja, wenn man das Lager nicht kennt, kaum eine nähere Bestimmung mög- 
lich ist. 

Fundort: Alpe La Stuva bei Cortina d’Ampezzo. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Terebratula sp. ind. 
(Tafel XVII, Fig. 13. 14.) 


Unter den nicht sehr zahlreichen Arten der Gattung Terebratula, welche auf La Stuva vor- 
kommen, zeichnet sich eine durch ihre zierliche Sculptur und die an Waldheimia erinnernde Schnabel- 
bildung aus. In Bezug auf das letztere Merkmal lässt sie sich nur mit Terebratula juvavica GEYER ! 
vergleichen, jedoch bestehen wiederum mehrfache Unterschiede, wesshalb ich es nicht für angezeigt 
halte, sie mit dieser Art zu identificiren. Diese Unterschiede sind folgende: 

Bei Terebratula juvavica fällt die grösste Breite in die Mitte des Gehäuses, hier aber mehr 
in die untere Hälfte, auch biegt sich bei juvavica der Schnabel gegen den Wirbel der kleinen Klappe 
hin um, so dass das Deltidium verdeckt wird, während bei der vorliegenden Form die Krimmüng des 
Schnabels ganz unbedeutend ist und das Deltidium gut sichtbar bleibt. Ueberhaupt hat die Schnabel- 
bildung hier noch viel grössere Aehnlichkeit mit der von Waldheimia, insoferne der Schnabel auch hier 
von scharfen Kanten begrenzt wird. Ich war daher anfangs sehr geneigt, die vorliegenden Stücke zu 
Waldheimia zu stellen, doch zeigt das Fehlen des Medianseptums, die Kürze der Schleifen und die 
Verzierung, dass wir es nicht mit Waldheimia, sondern mit Terebratula zu thun haben. 

Bei Waldheimia kommen zwar auch manchmal radiale Streifen vor, z. B. bei fırlana Zrvr., 
sarthacensis d’Or»., batillaeformis n. sp. und Meneghinii Par., allein diese Streifen sind bei furlana 
auf die tiefsten Schaalenschichten beschränkt und vielleicht bloss Eindrücke von inneren Organen, bei 
sarthacensis treten sie nur am Rande auf. T. batillaeformis stimmt dagegen fast ganz mit dieser neuen 
Art überein, insoferne die Streifung auch bei ihr über die ganze Schaale verläuft. Der Charakter 
dieser Verzierung ist jedoch wesentlich verschieden, denn die Streifen sind bei batillaeformis gröber 
und gleichmässig, während hier stärkere und feinere Linien zu unterscheiden sind. In dieser Be- 
ziehung weicht auch Terebratula juvavica wesentlich von der hier zu besprechenden Species ab, des- 
gleichen auch Waldheimia Meneghinii. Grössere Aehnlichkeit als die Verzierung der ebengenannten 
Arten hat die von Terebratula gracilicostata Böse” aus dem Lias von Kramsach, jedoch unterscheidet 
sich letztere Art sehr leicht durch ihren plumperen Schnabel. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, 
dass jenes Stück, welches Parona ® auf Terebratula jwwavica bezogen hat, von der ächten juwavica 
GEYER getrennt und mit der vorliegenden Form vereinigt werden muss, mit welcher die Schnabelbildung 
entschieden viel grössere Aehnlichkeit aufweist. 


‘ Gevern, Ueber die liasischen Brachiopoden des Hierlatz bei Hallstadt. Abhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 
1889. p. 6. Taf. I, Fig. 17—23. 

® Böse, Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeontographica Bd. 44 p. 167. 
Taf. XII, Fig. 14. 24. 

® Prosa, Revisione della fauna liasica di Gozzano in Piemonte. Memoirie della Academia di Torino 1892, 
p- 43. tav. II, fig. 18. 


ee 


Ausser an Juvavica zeigen die Exemplare von La Stuva auch mehrfache Anklänge an die leider 
ziemlich mangelhaft bekannte Ter. sphenoidalis MEnEcH. ', so dass ich beinahe versucht wäre, sie mit 
dieser Art za identificiren. Allein die wenigen Stücke, welche GEMMELLARO abbildet, sind sämmtlich 
grösser als die mir vorliegenden von La Stuva, auch scheint der Schnabel etwas stärker umgebogen 
zu sein, und ausserdem wissen wir auch zu wenig über die Beschaffenheit der Verzierung von sphe- 
noidalis, denn GEMMELLARO und PArona sprechen nur von feinen Radialstreifen. Ob diese Streifen 
jedoch verschiedene Stärke besitzen, wie bei unseren Stücken, ist aus dieser Angabe nicht zu ent- 
nehmen, wesshalb ich es auch nicht wage, letztere als Jugendexemplare von sphenoidalis zu deuten. 
Was Canavarı? als sphenoidalis abbildet, ist von unserer Form jedenfalls ziemlich weit verschieden. 
Wie die Abbildung erkennen lässt, bemerkt man bei geringer Vergrösserung eine Anzahl stärkerer 
dunkler Streifen, die an den beiden Seiten des Gehäuses näher aneinanderrücken und bis an den 
Wirbel der kleinen Klappe zu verfolgen sind — auf der grossen Klappe ist die Sculptur überhaupt 
viel undeutlicher. Zwischen je zwei solchen Hauptlinien befinden sich wenigstens 4—5 feine Streifen, 
die aber nicht weiter als bis etwa in die Mitte des Gehäuses reichen. Die mittlere dieser Secundär- 
linien pflegt häufig etwas kräftiger zu sein als ihre Nachbarn. Im Ganzen lässt sich diese Verzierung 
am besten mit jener vergleichen, welche für Velopecten — alias Hinnites velates — so charakteri- 
stisch ist. Ausser diesen Radialstreifen ist auch die Schaalenpunktirung recht gut zu erkennen. 


Höhe des grössten Exemplares — 12,5 mm 
Breite ” ” ” — 10 ” 
Dicke „ n “ aD DE 


Vorkommen: La Stuva bei Cortina. Zahl der untersuchten Stücke 12. 


Pygope gozzanensis PArona. 
(Taf. XVII, Eie. 5. 9. 10.) 


1880. Terebratula gozzanensis ParonA, Il calcare liasico di Gozzano. Atti della R. Accad. dei Lincei p. 12. 


tav. I, fig. 8. 

1880. „ Sismondai PAaronxA, Ibidem p. 72. tav. I, fig. 9. 

1884. 5 Engeli Haas, Beitr. zur Kenntn. der liasischen Brachiop.-Fauna von Südtyrol u. Venetien. 
p. 22. Taf. II, Fig. 3—5. 

1892. En gozzanensis PARONA, Revisione della fauna liasica di Gozzano. Memorie della R. Accad. di 
Scienze di Torino. p. 42. 

1897. ” Böse, Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeonto- 


graphica Bd. 44 p. 165. Taf. XI, Fig. 8. 10—12. 


Während in den Nordalpen diese Art stets nur durch mehr oder weniger kugelige Exemplare 
vertreten wird, kommt bei Cassian auf Lavarella auch jener langgestreckte, hohe Typus vor, welchen 
PıronaA ursprünglich als gozzanensis abgebildet hat — ]. c. tav. I, fig. Ss. Dass dieser Typus wirklich 
noch der nämlichen Art angehört, geht aus dem Verlauf der Stirncommissuren unzweifelhaft hervor. 
Wie bei dem Originale Parona’s fällt auch bei dem mir vorliegenden Stück von Lavarella die grösste 


! GEMMELLARO, Sopra alcune faune giurese e liasiche della Sicilia 1872. p. 62. tav. X, fig. 16-19, und ParoxA 
1. 1.,p. Al taye ll, Ne.l13. 

2 Alla Conoscenza dei Brachiopoda nell Appennino centrale. Atti Soc. Tosc. Scienze Naturali. 1883. p. S6. 
Vol. VI. tav. X, fie. 2. 


— 15 — 


Breite in die Nähe des Schlossrandes. Auch in den Dimensionen stimmt es mit ersterem ziemlich gut 
überein. Es unterscheidet sich bloss durch die beträchtlichere Breite des Stirnrandes, sowie dadurch, 
dass die Seitencommissuren sich nicht wie bei jenem allmählig abwärts biegen, sondern vielmehr gegen 
die Stirncommissur hin scharfe Ecken bilden. Auch war der Schnabel und das Schnabelloch wahr- 
scheinlich etwas grösser als bei dem Originale Parona’s. 

Terebratula Engeli, wie Haas eine Form aus dem Cassianer Lias benannt hat, sieht der Ter, 
Sismondai Paroxa zum Verwechseln ähnlich. Da nun Parona selbst diese Species wieder eingezogen 
und mit goszanensis vereinigt hat, so besteht natürlich auch nicht der leiseste Anlass, Ter. ‚Eingeli als 
selbständige Art fortzuführen, zumal da mir von Lavarella überdies ein Exemplar vorliegt, welches 
auch bezüglich der stärkeren Wölbung der grossen Klappe den Uebergang zu den typischen Stücken 
der gozzanensis bildet. 

Die Einsenkung der kleinen Klappe ist bei gozzanensis sehr variabel und selbst bei grossen 
Exemplaren, namentlich bei dem „Sismondai“-Typus kaum zu bemerken, so dass also auch das letzte 
Bedenken gegen die Vereinigung von Engeli mit goszamensis beseitigt wird. 


(Grozzanensis, Mittelform zwischen Eingeli 
hohe Varietät: und der niedrigen gozzanensis: 
Höhe = 35 mm 35? mm 
Breite = 25,5 mm 3l mm 
Dicke = 21 mm 19 mm 


Vorkommen: Lavarella. 


Horizont: mittlerer Lias. 


Pygope Neumayri Haas. 
(Taf. XVII, Fig. 6. 11.) 
1854. Haas, H., Beiträge zur Brachiopodenfauna von Südtyrol und Venetien. p. 22. Taf. III, Fig. 6, 


Von dieser schönen Form waren bisher erst zwei Stücke bekannt, im Strassburger Institut 
befindlich. Hiezu kommt nun noch ein jugendliches Exemplar der Münchener palaeontologischen 
Sammlung. Abgesehen von seiner Kleinheit, unterscheidet sich dieses Stück auch durch die geringe 
Wölbung der grossen Klappe, wesshalb auch die Einsenkung der kleinen Klappe nicht so tief werden 
konnte wie bei dem viel grösseren Haas’schen Original. Diese Abweichungen bilden jedoch kein 
Hinderniss, das erwähnte Stück zu Neumayri zu stellen, denn auch bei P. adnethensis kann die Dicke 
der einzelnen Exemplare sehr bedeutend wechseln. 

Höhe = 18 mm. Breite = 16,5 mm. Dicke = 9 mm. 

Es erscheint überaus zweifelhaft, ob sich diese Art auf die Dauer aufrecht erhalten lassen 
wird, denn wahrscheinlich ist sie nichts Anderes als eine Varietät der vorigen Art, der Terebratula 
Yozzamensis, 


Vorkommen: mittlerer Lias. Lavarella. 


Palarontographica. Bde XLVI. 24 


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Wwaldheimia Davıvson. 


Waldheimia batillaeformis nov. sp. (S Exempl.) 
(Taf. XVII, Fig. 19.) 
Von La Stuva stammt eine Reihe von Gehäusen, die der Waldh. batilla GEYER ‘ recht nahe 


stehen; immerhin sind Unterschiede vorhanden, welche es nicht gestatten, dass man die Formen mit 
der erwähnten Art vereinige. Die neue Art zeigt folgende Merkmale: 


Umriss: dreiseitig, bedeutend höher als breit. Bei jugendlichen Individuen tritt der dreiseitige Um- 
riss nicht so hervor, da die Stirnecken häufig abgerundet sind. 

Commissur: auf der Seite gerade oder ganz leicht geschweift; an der Stirn gerade oder etwas gegen 
die grosse Klappe eingekrümmt. 

Grosse Klappe: mässig gewölbt, am stärksten in der Mitte. Etwas oberhalb der Mitte beginnt 
eine mediane, fast ebene Fläche, welche sich gegen die Stirn hin verbreitert, deren ganze Breite 
sie einnimmt. Seitlich von dieser Fläche fällt die Schaale steil gegen die Seitencommissur ab. 

Kleine Klappe: weniger gewölbt als die grosse, am stärksten etwas oberhalb der Mitte. Aehnlich 
wie bei der grossen Klappe zeigt sich auch hier eine mediane, fast ebene Fläche, doch ist das 
steile Abfallen der Schaale zu beiden Seiten dieser Fläche nur in der oberen Klappenhälfte 
deutlich. 

Areolen: eigentliche Areolen oder Lateralfelder sind nicht vorhanden, die Schaalen stossen an der 
Stirn unter spitzem Winkel, auf der Seite im unteren Theil mit spitzem, im oberen mit stumpfem 
Winkel zusammen; gegen den Wirbel der kleinen Klappe hin sind die Klappennähte etwas ein- 
gesenkt, ohne dass jedoch Areolen entständen. 

Ornamentirung: die Schaale ist mit feinen radialen Streifen verziert; diese stehen auf der Seite 
sehr dicht gedrängt, in der Mitte zeigen sich weitstehende stärkere Rippchen, zwischen denen 
sich je 2—3 schwächere befinden. Diese Art der Berippung liess sich hauptsächlich an den 
jugendlichen Individuen beobachten, bei den zwei grösseren Exemplaren fehlt in der Mitte die 
obere Schaalenpartie, doch sind die seitlichen radialen Streifen gut sichtbar. Diese Streifen sind 
mit blossem Auge wahrnehmbar. Mehr oder weniger dicht stehende zarte, concentrische Anwachs- 
streifen sind vorhanden. 

Schnabel: breit, ziemlich kräftig, wenig gekrümmt, mit scharfen Kanten, deren Länge wechselt, ver- 
sehen. Deltidium freiliegend, Foramen sehr klein. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe ist ein kurzes, ca. '/;—'/s der Schaalenlänge einnehmen- 
des Medianseptum vorhanden; in der grossen Klappe sind Zahnstützen sichtbar. Schleife un- 
bekannt. 

Dimensionen: Höhe 22,5 mm, Breite 18,0 mm, Dicke 11,5 mm, 

SRAITROL N: SU BLDTS ; Sen, 
Waldh. batillaeformis nov. sp. steht, wie schon erwähnt, der Waldh. batilla GEYER recht nahe. 

Der Hauptunterschied liegt darin, dass die hier beschriebene Form radiale Streifung zeigt, ferner ist 

die kleine Klappe flacher und der Schnabel kräftiger als bei Waldh. batilla. 


! Geyer, Lias. Brach. d. Hierlatz. pag. 23. Taf. III, Fig. 16. 19. 


— 187 — 


Eine weitere Verwandte unserer Art dürfte die von Unzıe ! beschriebene Waldh. cft. Catha- 
rinae sein; sie unterscheidet sich hauptsächlich durch den Mangel einer radialen Verzierung und durch 
die etwas gegen die kleine Klappe eingekrümmte Stirnlinie, auch scheinen Areolen vorhanden zu sein. 

Fundort: Alpe La Stuva bei Cortina d’Ampezzo. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Waldheimia oxygonia Unuıc. (5 Exempl.) 
(Taf. XVII, Fig. 16. 18.) 

1879. Unis, Lias. Brach.-Fauna von Sospirolo. pag. 23. Taf. II, Fig. 4. 5. 

Diese Species ist von Unvıs gut beschrieben worden; der Beschreibung ist nichts hinzuzu- 
fügen, mit Ausnahme dessen, dass ich bei meinen Exemplaren nicht die radiale Sculptur in der Stirn- 
gegend zu entdecken vermochte, vielleicht fehlt jedoch die obere Schaalenpartie. 

Die mir vorliegenden Exemplare erreichen zwar nicht die Grösse der von Uauıs abgebildeten 
Exemplare, weichen aber in anderen Merkmalen kaum ab. Eine mediane Depression in der Stirn- 
region war bei keinem meiner Exemplare zu beobachten. Wie häufig bei jugendlichen Fxemplaren 
sind die Lateralfelder bei den mir vorliegenden Stücken im Allgemeinen nicht so tief eingesenkt, wie 
an dem typischen Exemplare Unris’s, bei zwei Exemplaren zeigen sich ächte Areolen. 

Auf den ersten Anblick hin möchte man geneigt sein, mit den typischen Exemplaren der 
Waldh. oxygonia Urt. auch Formen von Lavarella bei St. Cassian zu vereinigen, wie das thatsächlich 
durch Haas® geschehen ist; bei genauerer Untersuchung zeigt sich jedoch, dass die Lateraleommissur 
der Stücke von Lavarelle stets ziemlich gerade ist und niemals sanz dicht an die Kante der kleinen 
Klappe heranrückt. Ich schliesse mich hier vollständig der Anschauung Dı-StErano’s® an, der die 
von Haas beschriebenen Formen zu Waldh. securiformis Gemm. rechnet (siehe die folgende Species). 

Fundort: Alpe La Stuva bei Cortina d’Ampezzo. 

Horizont: mittlerer L.ias. 


Waldheimia securiformis GrEuM. 
(Taf. XVII, Eie. 17.) 


1874. Waldh. securiformis GesmmeLtaro, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia. p. 66. Taf. X, 


Fig. 10. 11. 

1884, 5 oxygonia Haas, Beiträge z. Kenntn. d. lias. Brachiopodenfauna v. Südtyrol u. Venetien. p. 24. 
Taf. IV, Fig. 6. 

1891. n securiformis var. pomatoides Di-SterAno, Il Lias medio del Mte San Giuliano (Erice) presso 


Trapani. p. 121. tav. IV, fig. 6. 7. 


Diese Form ist bei Lavarella nicht gerade selten; die Exemplare sind, soweit man nach den 
Abbildungen GEmmeELLARO’s urtheilen kann, durchaus typisch, auch trifit die sehr exacte Beschrei- 
bung GEMMELLARO's vollkommen zu. Mit Waldh. oxygonia lassen sich die mir vorliegenden Stücke 
nicht vereinigen, da bei unserer Form der Schnabel robust und die Seitencommissur stets gerade und 


' Unrıs, Lias. Brach.-Fauna von Sospirolo. pag. 26. Taf. I, Fig. 9—11. 
® Haas, Beiträge zur Kenntniss d. liasischen Brachiopodenfauna v. Südtyrol u. Venetien. p. 24. Taf. IV, Fig. 6. 
® Dr-Sterano, Il Lias medio del Mte San Giuliano (Erice) presso Trapani. pag. 123. 


je = 


vom Rand der kleinen Klappe entfernt ist. Besonders das letzte Merkmal ist ausserordentlich con- 
stant, so dass man sogar Bruchstücke von Waldh. oxygonia unterscheiden kann. 

Dı-Srterano hat eine Varietät pomatoides geschaffen, welche den Abbildungen nach eher zu 
Waldh. oxygonia gehört, darauf deutet besonders die gebogene Seitencommissur; sollte der Schnabel, 
was nach den Abbildungen nicht der Fall ist, wirklich so viel kräftiger sein als bei Waldh. oxygonia, 
so würde ich vorschlagen, die Form vom Mte S. Giuliano zu einer eigenen Species zu erheben. Aller- 
dings giebt Di-Srrrano an, dass die von ihm abgebildeten Stücke einen extrem schwachen Schnabel 
haben, ausserdem habe ich selber die ächte Waldh. securiformis sowohl am Mte S. Giuliano wie bei 
Castellucio (Taormina) gesammelt, so dass es nicht ausgeschlossen wäre, dass beide Species dort neben- 
einander vorkämen. Allerdings ist auch zu beachten, was Dı-SterAno (loc. cit. pag. 123) über die 
Gruppirung der beilförmigen Waldheimien sagt. Er theilt sie in eine Gruppe mit schwachem und in 
eine mit kräftigem Schnabel ein, doch muss ich bemerken, dass dieser Unterschied gerade zwischen 
Waldh. oxygonia und Waldh. securiformis nicht allzugross ist und dass die Gestalt der Seitencommissur 
jedenfalls constanter ist. 

Fundort: Lavarella bei St. Cassian. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Waldheimia Partschi Orper. 
(Taf. XVII, Fig. 15.) 


1861. Waldh. Partschi Orreu, Ueber die Brachiopoden des unteren Lias. Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. 
1861 pag. 538. Taf. X, Fig. 6. 


1374. —_ —  Borck#, Die geol. Verh. des südl. Theiles des Bakony. II. Theil. Jahrb. d. k. ung. 
- geol. Anstalt, Bd. III. pag. 6, 15, 25, 25. ; 

1879. — — Urıs, Lias. Brachiopodenfauna von Sospirolo. pag. 22. 

1889. — —  Gever, Lias. Brachiop. des Hierlatz. pag. 25. Taf. III, Fig. 20—26. 

1394. = —  Fwucıı, Fauna dei calcari bianchi ceroidi con Phylloceras cylindricum Sow. del Mte 


Pisano. Atti Soc. Tosc. Sc. nat. pag. 74. Taf. VII, Fig. 20. 


Mir liegt die ächte Waldh. Partschi in 6 zum Theil gut erhaltenen Exemplaren vor. Die 
Stücke unterscheiden sich von Waldh. securiformis durch die wenig eingesenkten Lateralfelder, von 
Waldh. oxygonia durch die Lage der Seitencommissur. 

Die Stücke wurden nicht von mir selbst gesammelt, auf der Etiquette steht als Fundort 
St. Cassian angegeben, da sie jedoch nach dem Inventar mit den sicherlich von Lavarella stammenden 
angekauft wurden, so ist anzunehmen, dass auch sie an jenem Punkte gefunden wurden. Auch Uauıe 
beschreibt ja die Form aus dem Lias von Sospirolo, dessen Fauna mit der unserigen in so auffallen- 
der Weise übereinstimmt. 

Fundort: St. Cassian (vermuthlich Lavarella). 

Horizont: vermuthlich mittlerer Lias. 


Waldheimia Meneghinii Parona, 
(Taf. XVII, Fig. 12. 20. 22. 23.) 


1580. Terebratula Meneghinii Paronxa, I calcare liasico di Gozzano e i suoi fossili. Mem. Acc. de Lincei. 
Roma. pag. 10. Taf. I, Fig. 5. 

1880. = (Waldh. ?) Meneghinii Casavarı, I Brachiop. d. strati a Ter. Aspasia nell’ Appennino centr. 
Mem. Acc. d. Lincei. Roma. pag. 20, Taf. II, Fig. 12. 


— 189 — 


1354. Waldheimia linguata var. major Haas, Beitr. z. Kenntn. d. lias. Brachiopodenfauna v. Südtyrol. pag. 26. 
Taf. IV, Fig. 5. 


1886. _ Meneghinii Rorarteız, Geo]. pal. Mon. d. Vilser Alpen. Palaeontographica pag. 85. 

_ Haasi, ibid. pag. 129. 
1591. = Rothpletzi Dı-Sterano, Il lias medio del Mte San Giuliano. pag. 141. Taf. IV, Fig. 20—23. 
1892. _ Meneghinii Paroxa, Revisione della fauna liasica di Gozzano in Piemonte. Mem. k. Acc. 


d. Se. Nat. di Torino. pag. 4. Taf. II, Fig. 20. 


Diese zierliche Art ist unter mancherlei Namen beschrieben worden, aber es lag nur an den 
mangelhaften Abbildungen, dass die verschiedenen‘ Autoren die Identität der Formen nicht erkannten. 
PAroxa bemerkt 1892, dass Waldh. Rothpletzi Di-STEr. vom Mte San Giuliano wohl ziemlich sicher 
identisch mit seiner Waldh. Menegkinii sei, damit ist aber auch die Zugehörigkeit der Waldh. linguata 
var. major Hass (non BoECKH) zu unserer Art nachgewiesen, denn diese ist ganz gewiss mit der sici- 
lianischen Species identisch. Die Namen Waldh. Haasi Roruer. und Waldh. Rothpletzi Di-Ster. 
wären somit einzuziehen. Waldh. Meneghinii wechselt in der Gestalt ziemlich stark, besonders was 
das Verhältniss der Breite zur Höhe anbelangt, so z. B. finden wir bei dem mir vorliegenden Exem- 
plare die Maasse: 


Höhe . . . 16,0 mm 13.4 mm 16,0 mm 

Breite me 7 20 He Nr Adern 

Piicketes Fa 1.67%, 6,408, U) 

Parona, Haas und Dr-STEFANo geben an: 
PARoONA Haas DI-STEFANO 

Höhe 22 20 15 DES EEE Eee eumm 
Breite. . . 23 31 16 a il EN 
Dicke 13 32 ? | 10 10 9 T (Dr 


Im Uebrigen stimmen die mir vorliegenden Exemplare gut mit den Beschreibungen von Dı- 
StEFANo und Paroxa überein, auch die radialen Streifen auf der Schaalenoberfläche zeigen sich da, 
wo diese gut erhalten ist. Die Stärke der Faltung an der Stirn wechselt, ebenso die Tiefe, Breite 
und Deutlichkeit des Sinus der kleinen Klappe. 

Fundort: La Stuva bei Cortina d’Ampezzo, Lavarella bei St. Cassian. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Waldheimia ampezzana n. sp. 
(Taf. XVII, Fig. 21. 24.) 

Unter dem bei der letzten Aufsammlung gewonnenen Materiale aus dem Lias von La Stuva 
befinden sich sieben vollständige Exemplare dieser hübschen Art nebst einer Anzahl Bruchstücke, 
während sie bisher unter dem mir vorliegenden Material lediglich durch ein Stück vertreten war, wess- 
halb auch der sicheren Bestimmung erhebliche Schwierigkeiten im Wege standen. Sie ist auf La Stuva 
zwar in einer Bank besonders häufig, dürfte sich aber wohl daselbst auch noch in der einen oder an- 
dern Schicht wiederfinden. Bei der Wichtigkeit dieser Art erscheint eine genauere Beschreibung nicht 
überflüssig. 

Umriss: ausgesprochen pentagonal, ebenso breit als hoch. 
Commissur: auf der Seite fast geradlinig, aber im unteren Drittel stark gebogen und zwar gegen 
die grosse Klappe hin. Länge des Schlossrandes fast gleich der Breite des Gehäuses. 


— 19 — 


Grosse Klappe: stark gewölbt, besonders in der Mitte, am breitesten in der unteren Hälfte des Ge- 
häuses, Sinus tief, deutlich gerundet. 

Kleine Klappe: mässig gewölbt, am Stirnrande tief eingesenkt; Wirbel stark gekrümmt. 

Schnabel: zierlich, aber hoch, stark umgebogen, vom Wirbel der kleinen Klappe durch ein hohes 
Deltidium getrennt und seitlich mit scharfen Kanten versehen. 

Ornamentirung: ziemlich grob punktirt und ausserdem fein faserig gestreift. 

Die geringe Variabilität der vorliegenden Exemplare spricht dafür, dass wir es mit einer be- 
sonderen Art zu thun haben. Beim ersten Anblick könnte man versucht sein, an Jugendformen von 
Terebratula aspasia zu denken, wie sie v. Zırren ! abgebildet hat, allein die Beschaffenheit des Schloss- 
feldes und des Schnabels, sowie die Anwesenheit eines deutlichen Medianseptums zeigen, dass diese 
Stücke zu Waldheimia gehören. 

Als verwandte Typen kommen folgende Arten in Betracht: 

1) Waldheimia resupinata Sow., Davınson, British Fossil Brachiopoda. The oolitie and liasie 
Brachiopoda. p. 31. pl. IX, fig. 1—5. 


2) 5 cfr. mutabilis Opr., BOECKH, Mittheil. aus dem Jahrb. d. ungar. geol. Anstalt. 
Ill. Bd. 1879. p. 145. Taf. I, Fig. 3—9. 

3) 5 Ewaldi Opp., GEYER, Liasische Brachiopoden von Hierlatz. Abh. d. k. k. geol. 
Reichsanst. 1889. p. 31. Taf. IV, Fig. 3. 5. 

4) n appenninica Zirmt.”, GEYER, Ibidem. p. 33. Taf. IV, Fig. sS—10. 

5) “ ‚pedemontana Paronxa, Revisione della Fauna liasica di Gozzano, Piemonte. Mem. 


R. Accad. di Sc. di Torino. 1892. p.49. tav. II, fig. 26. 


Von ausseralpinen Arten hat lediglich Waldh. resupinata mit der vorliegenden Art eine gewisse 
Aehnlichkeit hinsichtlich der tiefen Einsenkung der kleinen Klappe und des pentagonalen Umrisses, 
jedoch ist der Schnabel viel kürzer und zierlicher. 

Unter den alpinen Formen steht Waldh. pedemontana unbedingt am nächsten. Sie unter- 
scheidet sich nur durch den kürzeren Schnabel und den viel weniger ausgesprochen pentagonalen Um- 
riss. Immerhin wäre es nicht unmöglich, dass sich die Identität von ampezzana mit pedemontan« 
herausstellen könnte, soferne genügend Zwischenformen zum Vorschein kämen. 

An die eitirte mutabilis, die übrigens von der ächten wesentlich verschieden ist und wohl nicht 
einmal mehr als Varietät derselben aufzufassen sein dürfte, erinnert der allgemeine Habitus, insbeson- 
dere der ebenfalls pentagonale Umriss und die tiefe Einbuchtung des Stirnrandes, jedoch unterscheidet 
sich unsere Form sehr leicht durch die auffallende kräftige Entwicklung des Schlossfeldes, die starke 
Einsenkung der kleinen Klappe und das hiedurch veranlasste Vorhandensein eines Wulstes auf der 
grossen Klappe, während bei mautabilis der Stirnrand geradlinig verläuft. Ueberdies fällt bei letzterer 
die grösste Breite fast in die Mitte des Gehäuses, bei unserer Form aber in das untere Drittel. 

Bei Ewaldi ist der Schnabel viel schwächer, auch wird die Einsenkung der kleinen Klappe 
niemals so bedeutend. An Waldh. appenninica erinnert zwar die Beschaffenheit der Stirnregion, allein 
der Schnabel und das, Schlossfeld sind ganz abweichend beschaffen, der erstere vor Allem viel schwächer. 


! Ich eitire hier nur die von Geyer als appenninica bestimmten und abgebildeten Stücke, denn die v. Zırren’- 
schen Originale weichen noch mehr von unserer Species ab, als jenz2 vom Hierlatz. 
?.Geol. Beobacht. in den Centralappenninen. Palaeontogr. Beiträge. 1876. Taf. 14, Fig, 4. 


— 191 — 


Auch ist der Umriss niemals so deutlich pentagonal. Die ächte appenninica zeigt diese Unterschiede 
noch in viel höherem Grade als die vom Hierlatz. 

Eine entfernte Aehnlichkeit haben endlich auch gewisse Varietäten der Waldh. Thumwieser:i, 
nämlich die breiten Formen, doch unterscheiden sie sich leicht durch den geraden Verlauf der Stirn- 
commissur, den plumperen Schnabel und die viel geringere Entwicklung des von den Schnabelkanten 
und dem Schlossrande begrenzten Feldes. 

Vorkommen: La Stuva bei Cortina (häufig) und Lavarella (bei St. Cassian selten). 


"Rhynchonella Fischer. 


Rhynchonella variabilis SchLorn. 
(Taf. XVII, Fig. 7. S.) 
1351. Rhynch. variabilis Davıosos, Mon. of the british ool. and lias. Brachiopoda. pag. 78. Taf. XV, Fig. S—10. 
1834. —  Briseis Haas, Beiträge z. Kenntn. der lias. Brachiopodenfauna von Südtyrol. pag. 4. Taf. I, 
Fig. 3, 5, 7. 

Ich habe mich schon an verschiedenen Stellen über das Verhältniss der Rh. variabilis zur 
Rh. belemnitica und Rh. Briseis ausführlich ausgesprochen; ich habe nachgewiesen, dass Rh. belem- 
nifica sich leicht von Ah. variabilis unterscheiden lässt . Neuerdings habe ich auch in meiner Arbeit 
über die mittelliasischen Brachiopoden der Nordostalpen gezeigt, dass einige der von GEMMELLARO als 
Rh. Briseis beschriebenen Formen zu Rh. variabilis gehören, dass aber unter seinen Stücken eine 
zweite Art vertreten ist, auf welche man den Namen Rh. Briseis beschränken muss, wenn man ihn 
überhaupt aufrecht erhalten will. 

Was nun die Exemplare aus der Umgegend von St. Cassian anbelangt, so liegen mir ver- 
schiedene typische Individuen vor, von denen ich einen Theil selber gesammelt habe. Sie gleichen so 
vollkommen der typischen Rh. variabilis von Amberg und Hinterweiler, dass ich unbedenklich auf 
diese Stücke allein hin eine Schicht für mittelliasisch erklären würde. 

Die von Haas als Rh. Briseis von Lavarella beschriebenen Stücke gehören zu Rh. variabilis, 
ebenso ein Stück, welches er als Ah. Zitteli — Taf. II, Fig. 7 — bestimmt hat; diesem fehlen die 
Areolen, welche sich an den übrigen von demselben Autor als Ah. Zitteli bestimmten Exemplaren finden. 

Eine Anzahl Stücke, darunter auch das eben erwähnte Haas’sche Original von „Zitteh“ zeichnen 
sich durch die scharfen Rippen aus, so dass man fast versucht wäre, sie auf peröstera Umuıc zu be- 
ziehen, welche letzterer Autor auch als im Fanisgebirge vorkommend angibt, allein für diese Art ist 
die hohe Zahl der Seitenrippen charakteristisch. während deren hier bloss drei vorhanden sind; unsere 
Stücke jedoch schliessen sich an die von Haas — Taf. I, Fig. 3 — abgebildete Form am engsten an, 
sind aber zum Theil viel flacher. Abgesehen von ihrer grösseren Rippenzahl gleichen die flacheren 
Exemplare der Rhynchonella Briseis GEMMELLARO — tav. XI, fig. 21 —, welches Stück ja ebenfalls 
zu variabilis gehört. 

Fundort: Lavarella bei St. Cassian. 

Horizont: mittlerer Lias. 


* Böse, E., Die Fauna der liasischen Brachiopodenschicht bei Hindelang, Allgäu. Jahresber. d. k. k. geol. Reichs- 
anstalt. 1892. p. 639. ! 


198 


Rhynchonella variabilis var. rimata GEYER. 
(Taf. XVII, Fie. 5.) 
1889. Geyer, Liasische Brachiopoden v. Hierlatz. Abh. d. k. k. geol. Reichsanst. p. 36. Taf. V, Fig. 6—8. 


Unter obiger Bezeichnung hat dieser Autor einige Rhynchonellen beschrieben und abgebildet, 
von denen die eine — Fig. 8 — wie ein Exemplar von Lavarella 2 Sinusrippen besitzt. Jede dieser 
Rippen hat eine tiefe Furche, die aber sowohl gegen den Stirnrand, als auch gegen den Schlossrand 
hin wieder verschwindet. Mit Fig. 8 stimmt das Stück von Lavarella, abgesehen von der Rippenzahl 
hinsichtlich seiner Grösse und der Anwesenheit eines wohl entwickelten Schlossfeldes, ziemlich gut 
überein, es unterscheidet sich bloss durch die Schärfe der Rippen. 


Vorkommen: Lavarella. 


Rhynchonella Zitteli Gemu. 
(Taf. XVII, Fig. 6. 9.) 
1884. Haas, H., Beiträge z. Kenntniss d. Brachiopodenfauna v. Südtyrol u. Venetien. p. 6. Taf. II, Fig. 10. 11. 
1597. Böse, E., Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeontogr. Bd. 44 p. 185. 
Taf. XII, Fig. 21. 2. 

Diese nicht besonders charakteristische Form ist unter dem vorliegenden Material durch zwei 
gut erhaltene Stücke von Lavarella vertreten, welche mit den beiden citirten Haas’schen Abbildungen 
sehr grosse Aehnlichkeit besitzen; das eine ist ziemlich hoch gewölbt, das andere dagegen etwas flacher. 
Auch in der Art der Berippung und der Kleinheit des Schnabels schliessen sie sich sehr enge an die 
erwähnten Originale an, ebenso auch in ihren Dimensionen. 

Ausser diesen beiden typischen Exemplaren möchte ich noch zwei weitere anführen — ebenfalls 
von Lavarella, Fig. 6 —, die sich von der ächten Zittelv durch die geringe Zahl der Rippen — # auf 
dem Sinus und 2 an den Seiten —, ferner durch den höheren Schnabel, die tieferen Areolen und den 
rundlichen Schlossrand unterscheiden, aber ihnen im allgemeinen Habitus sehr nahe stehen. Hinsicht- 
lich der Rippenzahl und der Wölbung des Gehäuses nähern sie sich der ächten Briseis GEMM., weichen 
aber von ihr doch auch wieder ab in Folge der Anwesenheit von zwei ziemlich tiefen Areolen, welche 
zwar bei Zitteli, aber nicht bei der ächten Bröseis vorhanden sind. An Zitteli erinnert auch der Ver- 
lauf der Seitencommissur, welche nahe am Wirbel bogenförmig gegen die kleine Klappe vorspringt. 
Grosse Aehnlichkeit hat endlich auch Rhynchonella Calderinii Par. ', jedoch besitzt dieselbe keine so 
tiefen und langen Areolen, und ihre Seitencommissur verläuft ganz geradlinig. PAaronxa ” vereinigte 
letztere übrigens in seiner späteren Arbeit mit Ah. Briseis. 

Vorkommen: Lavarella. 


Rhynchonella Briseis Grm. var. Iphimedia D1-Ster. 
1891. Di-Sterano, Il Lias medio del Mte San Giuliano. pag. 99. Taf. III, Fig. 14—17. 


Mir liegt ausser einigen schlecht erhaltenen Stücken ein ganz vollständiges von Lavarella vor. 
Die Faltung an der Stirn ist zwar nicht so stark, wie bei den von Dı Sterano abgebildeten Exem- 


1 1879—80. Parona, Il Calcare liasico di Gozzano e i suoi fossili. Memorie della R. Accademia dei Lincei. 


pag. 21. tav. III, fie. 2. ; 
2 1892. Paroxa, Revisione della fauna liasica di Gozzano in Piemonte. Memorie della R. Accademia delle 


Scienze di Torino. p. 29. 


et 


plaren, aber doch stärker als bei der typischen Ah. Briseis. Von Rh. variabilis unterscheidet sich 
die Art durch schärfere und schmälere Rippen und abgeflachte Seiten. Wenn man, wie hier, nur 
einzelne Exemplare hat, ist man geneigt, darin die Vertretung einer besonderen Species zu sehen, 
jedoch sind sowohl Uebergänge zu der ächten Briseis als auch zu Zittelö vorhanden. 

Vorkommen: Lavarella. 


Rhynchonella Zugmayri Gem. 
(TaE- XVII, Bis. 223. 4.) 


1897. Böse, Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeontogr. Bd. 44. p. 186, 


Von ihren gleichzeitigen Arten unterscheidet sich Rhynchonella Zugmayri am leichtesten durch 
die stets vorhandene, mehr oder weniger starke Asymmetrie; etwas weniger charakteristisch ist die 
Höhe und Zuspitzung ihres Schnabels, das Fehlen eines eigentlichen Sinus und seitlicher Areolen, der 
nahezu geradlinige Verlauf der Seitencommissuren und der gerundete Umriss des Gehäuses. 

Die sechs von La Stuva vorliegenden Exemplare unterscheiden sich von den Originalen Gru- 
MELLAROS durch die etwas geringere Zahl der Rippen und stimmen hierin mehr mit den Stücken von 
Thiersee bei Kufstein überein. Zu diesen sechs typischen Exemplaren kommt nun noch ein weiteres, 
welches in Folge der hohen Zahl seiner Rippen an Rh. Orsinii Gemm.' erinnert, aber im Gegensatz 
zu dieser keinen ausgesprochenen Sinus besitzt und auch hinsichtlich der Schnabelform, der Asymmetrie 
des Gehäuses und dem geraden Verlauf der Seitencommissur doch der Zugmayri sehr nahe steht. Es 
handelt sich desshalb wohl doch eher nur um eine vielvrippige Varietät dieser letzteren Art, als um 
eine besondere Species. 

Vorkommen: La Stuva. 


Rhynchonella sp. af. Alberti Orr. 
(Taf. XVII, Eig. 1.) 

Eine eigenthümliche grosse Form, welche ich jedoch, da mir hievon bloss zwei Stücke vor- 
liegen. nicht als besondere Species betrachten möchte, kommt auf La Stuva vor. In der Zahl und 
Anordnung, sowie in Bezug auf die Schärfe der Rippen schliesst sie sich sehr enge an Rhynchonella 
Alberti Öprp.‘ von Hierlatz an, jedoch weicht sie von ihr ab hinsichtlich ihrer Flachheit und insbeson- 
dere dadurch, dass ihre grösste Breite nicht in die Mitte des Gehäuses, sondern in die Verlängerung 
des Stirnrandes fällt, wodurch sie einen ausgesprochen dreieckigen Umriss erhält. Dass diese Form 
von Alberti abstammt, erscheint freilich nicht im mindesten zweifelhaft. 

Die Zahl der Sinusrippen ist $, die Zahl der Seitenrippen beträgt vier, jedoch sind nur die 
drei denn Sinus zunächst befindlichen kräftig entwickelt. Die grösste Breite fällt in die Nähe des 
Stirnrandes.. Die Dimensionen sind folgende: 


A. B. 
Höhe = 19,5 mm 15 mm 
Bretter — ala AU 
Dieke=—729°5 s) 


„ 


: Geyer, Die liasischen Brachiopoden vom Hierlatz. Abhandlungen d. k. k. geol. Reichsanst. 1889. p. 43. 
Taf. V, Fig. 14—18. 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 25 


ie ET en 


— 194 — 


Ausser diesen beiden Exemplaren liegt mir jedoch noch ein weiteres Exemplar vom nämlichen 
Fundorte vor, welches von der ächten Alberti fast nicht zu unterscheiden ist. 

Vorkommen: La Stuva. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Rhynchonella Greppini Orrer. 
(Taf. XVII, Fig. 12. 14.) 

1889. Geyer, Brach. d. Hierlatz. p. 48. Taf. VI, Fig. 1—5, 5—9 (non 4). 

Mir liegen verschiedene Exemplare vor, welche mit der typischen Rh. Greppini ziemlich gut 
übereinstimmen. Ich habe selber verschiedene dieser Stücke an der Lavarella aus dem mittleren Lias 
herausgeklopft, sie kommen dort zusammen mit Ah. variabilis vor. Diese Art ist im Mittellias weit 
verbreitet, auch aus den Nordalpen liegt sie mir von verschiedenen Fundorten vor. Bei St. Cassian 
finden sich mehrere Varietäten, hauptsächlich solche, welche den Figuren 2 und 3 auf Taf. VI bei 
Geyer ähneln. 

Ein kleines Stück zeichnet sich durch seine zahlreichen Rippen aus und kommt hierin der 
Rh. polyptycha Orr. sehr nahe, dagegen stimmt die Beschaffenheit des Schnabels und der Areolen 
sehr gut mit jener der übrigen Exemplare überein. 

Viel weniger sicher ist die Bestimmung des grossen, Taf. XVII, Fig. 12 abgebildeten Stückes 
von La Stuva. Schon der Umstand, dass bisher von dieser Lokalität Rhynchonella Greppini nicht 
bekannt war, lässt es sehr zweifelhaft erscheinen, ob dieses Exemplar wirklich zu Greppini gehört; 
nicht minder befremdend ist auch die starke Aufblähung des Gehäuses und die geringe Zahl der 
Rippen, allein es geht doch auch nicht an, hiefür eine besondere Art zu errichten. 

Vorkommen: Lavarella und La Stuva (?). 

Horizont: mittlerer Lias. 


Rhynchonella palmata OPpr. 
(RAR XVII DR S10 10%) 

1889. Geyer, Brach. d. Hierlatz. p.-50. Taf. VI, Fig. 11—14. 

1892. Paroxa, Rev. de Fauna lias. di Gozzano. pag. 33. Taf. I, Fig. 23, 24. 

Diese Art ist bei St. Cassian nicht gerade selten, doch unterscheiden sich manche der mir 
vorliegenden Exemplare vom Typus durch die ausserordentlich grobe Faltung der Stirnlinie; manche 
Stücke sind in der Schnabelgegend seitlich so comprimirt, dass man versucht ist, sie von Rh. pal- 
mata abzutrennen!. Andererseits finden sich wiederum alle Uebergänge zur ächten Rh. palmata, so 
dass eine Zerlegung der Formen in zwei Arten nicht wohl möglich ist. Ein Exemplar, welches ich 
jedoch von Rh. palmata nicht trennen möchte, nähert sich der Ah. flabellum, doch reichen die Areolen 
tiefer, sind auch schärfer ausgeprägt, und die Rippen besitzen noch nicht ganz jene Wellenform, 
welche sie bei Rh. flabellum zeigen. 

Fundort: La Stuva bei Cortina d’Ampezzo, Lavarella bei St. Cassian. 

Horizont: mittlerer Lias. 


' Ich möchte hier jedoch bemerken, dass nach meiner Auffassung die Exemplare von La Stuva doch wohl 
besser als eine constant gewordene Varietät, wenn nicht überhaupt als besondere Art anzusehen wären. Dass dieselbe 
freilich von palmata abstammt, ist nicht zu läugnen. Die Exemplare von Lavarella sind insoferne sehr werthvoll, als 
sie den Uebergang zu denen von La Stuva vermitteln. — SCHLOSSER. 


— 195 — 


Rhynchonella flabellum \MrxzcnH. 
(Taf. XVII, Fig. 13.) 
1597. Böse, E., Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeontogr. Bd. 44 p. 195. 


Diese Art kommt sowohl auf La Stuva, als auch an der Lavarella vor, ist aber stets ziemlich 
selten. Von beiden Fundorten liegen nur je ein kleines vollständiges Exemplar und einige Bruchstücke 
vor. Der Stirnrand verläuft, abgesehen von der Knickung der Rippen, vollkommen geradlinig. Das 
eine Stück zeichnet sich durch seinen verhältnissmässig hohen Schnabel aus. Die Originale GEMNEL- 
raro's haben die doppelte Grösse der Südtyroler Stücke. 


Rhynchonella fascicostata Unric. 
(Taf. XVII, Fig. 15.) 


1879. Usris, V., Ueber die liasische Brachiopodenfauna von Sospirolo. Sitz.-Ber. d. k. k. Acad. der Wiss. 
Wien. Bd. LXXX. p. 42. Taf. V, Fig. 1—3. 

1884. Haas, Beiträge zur Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna von Südtyrol. p. 10. 

Uxrıg hat diese Art so eingehend und trefflich beschrieben, dass ich nichts weiter hinzufügen 
brauche, als dass die Stücke von St. Cassian einen etwas tieferen Sinus besitzen, als die typischen 
von der Lokalität Sospirolo bei Belluno. Dass diese Art bei St. Cassian vorkommt, hat auch bereits 
Usris angegeben. Auch Haas hat sie unter seinem Materiale erwähnt. An anderen Orten scheint 
sie bisher noch nicht gefunden worden zu sein. 


Vorkommen: ziemlich häufig auf La Stuva, seltener, aber grösser an der Lavarella. 


Rhynchonella Dalmasi Dvm. 
(Taf. XVII, Eig. 16. 17.) 
1884. Rhynchonella Desori Haas, Beiträge zur Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna von Südtyrol und 
Venetien. p. 14. Taf. I, Fig. 1. 
5 Dalmasi Di-Sterano, Il Lias medio del Mte San Giuliano. p. 78. tav. II, fig. 8. 12. 
= er Böse, Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeonto- 
graphica Bd. 44 p. 208. Taf. XV, Fig. 16. 18. 

Diese hübsche Form zeichnet sich durch ihren regelmässig dreieckigen Querschnitt, den kurzen, 
ziemlich stark gekrümmten Schnabel und insbesondere dadurch aus, dass ihre bis an den Stirnrand 
reichenden seitlichen Areolen ausschliesslich auf der kleinen Klappe liegen, da die Seitencommissur 
direkt an der Rückseite der grossen Klappe verläuft. Die Rippen beginnen erst ungefähr in Mitte 
der Klappen. Die Zahl der Sinusrippen ist sehr variabel. Bei den Stücken von Lavarella beträgt sie 
bis S auf dem Wulst, meist sind aber & Sinusrippen. Seitenrippen sind dagegen sehr wenige vor- 
handen, meist nur je eine. Die Dicke des Gehäuses bleibt sich an allen Stellen fast gleich. 


Bemerkenswerth erscheint der Umstand, dass diese Art nicht bloss im ausseralpinen Lias des 
südlichen Frankreichs, sondern auch in Franken vorkommt. Mir liegen nämlich drei Stücke aus dem 
Lias y von Illenschwang am Hesselberg vor. 


Vorkommen: La Stuva und Lavarella. 


196 —- 


Rhynchonella Reynesi Grum. 
(Taf. XVII, Fig. 26.) 


1872—82. Rhynchonella Rewnesi GEMMELLARO, Sopra alcune faune giurese e liasiche di Sicilia. pag. 72. 
tav. X, fig, 23. 

1884. Rhynchonella Mattiroloi Haas, Beitr. zur Kenntn. d. liasischen Brachiopodenfauna von Südtyrol. p, 12. 
Taf. I, Fig. 8. 

1884. 5 cfr. Reynesi Haas, Ibidem p. 16. 

Zu Reynesi stelle ich vier vollständige Gehäuse und mehrere isolirte Klappen, welche sich 
zwar von der typischen Reynesi durch die geringere Rippenzahl unterscheiden, sonst aber damit in 
allen anderen Merkmalen übereinstimmen. Indessen liegt ein weiteres Exemplar ebenfalls von La Stuva 
vor, welches auch in dieser Beziehung sich als ächte Reynesi erweist. Für die Mehrzahl der Stücke 
wäre also der Name Mattiroloi Haas anzuwenden, wenn eben nicht die Zahl der Rippen bei ein und 
derselben Art innerhalb gewisser Grenzen schwanken könnte, und desshalb die Bestimmung als Reynesi, 
welcher Namen ohnehin die Priorität hat, vorzuziehen wäre. Ueberdies ist selbst für die ächte Reynesi 
die Rippenzahl noch keineswegs definitiv ermittelt, denn GEMMELLARO gibt an, dass ihm nur zwei 
Exemplare vorlägen, wesshalb es auch nicht ausgeschlossen erscheint, dass sich auch einmal solche 
mit 3 statt 4 Sinusrippen finden könnten. In allen übrigen Merkmalen — ziemlich bedeutende, gleich 
starke Wölbung beider Klappen, Kleinheit und Krümmung des Schnabels, geradliniger Verlauf der 
Seitencommissur bis zur ersten Rippe, Anwesenheit von je zwei resp. drei Seitenrippen und vollstän- 
diges Fehlen von seitlichen Areolen — stimmen Mattiroloi und Reynesi durchaus überein. Haas be- 
merkt zwar, dass bei Mattiroloi im Gegensatz zu Reynesi die Rippen bis zum Wirbel verlaufen, allein 
auf seiner eigenen Abbildung trifft dies nur für die Sinusrippen zu und bei Reynesi selbst — p. 16 
— sollen nach ihm die Rippen schon am Wirbel beginnen. Uebrigens darf auf diese Dinge ohnehin 
nicht allzuviel Gewicht gelegt werden. 


RoTHPLETZ * macht darauf aufmerksam, dass bereits Oppen aus dem Dogger von La Voulte 
Ardeche) eine Rhynchonella Reynesi aufgestellt hätte, ohne jedoch hievon eine Abbildung zu geben. 
Desshalb kann auch für die von GEMMELLARO gefundene Art der Name ZReynesi verbleiben. Die Art 
aus La Voulte hat Rorupuerz als erinoidea Rorkpr. * beschrieben und abgebildet. 


Rhynchonella Reynesi schliesst sich ungemein enge an die Rhynchonella rostellata QUENSTEDT * 
aus dem mittleren Lias (y) von Hinterweiler in Württemberg und Amberg an. Als Unterschied ist 
eigentlich nur der Umstand zu erwähnen, dass bei letzterer die grosse Klappe in der Schnabelregion 
stärker aufgebläht erscheint, auch hat sie schärfere Rippen. Die Zahl der Sinusrippen ist bei der 
überwiegenden Mehrzahl 3, doch finden sich auch solche mit $ Rippen am Sinus, sowie solche mit 
nur 2 Sinusrippen, also wie bei der folgenden Species — Rhynchonella pusilla GeEmm. Es ist mir 
daher auch nicht unwahrscheinlich, dass letztere bloss eine Varietät von Reynesi darstellt, jedoch 
ziehe ich es vor, beide vorläufig getrennt zu halten, so lange nicht Uebergänge zwischen ihnen be- 
kannt sind. 


Vorkommen: La Stuva; nach Haas auch am Piz Stern bei St. Cassian und an der Lavarella. 


! Palaentographica Bd. XXXII p. 147. Monographie der Vilser Alpen. 
® Ibidem p. 147. Taf. XI, Fig. 15. 
® Quexstepr, Petrefactenkunde Deutschlands. 1868—71. Brachiopoden p. 52. Taf. 37, Fig. 92—101. 


— 191 — 


Rhynchonella pusilla Gem. 
(Taf. XVII, Fig. 29.) 
1572—82. Gewserraro, G., Sopra alcune faune giurese e liasiche della Sicilia. p. 73. tav. XI, fie. 12. 


Ausser an der typischen Lokalität Montagnuola di San Elia bei Palermo ist diese zierliche 
Form bisher noch nirgends gefunden worden. Mir liegen nun S Exemplare von La Stuva vor, die 
von der ächten pusilla sich nur durch die Anwesenheit eines deutlichen Sinus unterscheiden, indessen 
zeist auch die Abbildung bei GEMMELLARO, dass die Falten neben der Mittetrippe der grossen Klappe 
doch viel höher hinaufreichen als die seitlichen und mithin selbst bei dem Original wenigstens die 
Andeutung eines Sinus vorhanden sein dürfte. Auch scheint GEMMELLARO überhaupt nur wenige 
Stücke von dieser Art zu besitzen, so dass eine Modification der ursprünglichen Diagnose recht wohl 
zulässig ist. 

Wie bereits bemerkt, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass wir es hier bloss mit einer 
Varietät von Rhynch. Reynesi zu thun haben. Das Charakteristische dieser Form besteht in der 
kugeligen Form des Gehäuses, in dem Fehlen von seitlichen Areolen, in der Kürze des etwas um- 
gebogenen und an den Kanten etwas zugeschärften Schnabels. Die Zahl der Seitenrippen ist 3. die 
der Sinusrippen ?. Die Rippen der grossen Klappe verlaufen bis fast in die Nähe des Schnabels, die 
der kleinen Klappen enden etwa in der halben Entfernung vom Schlossrande. 

Was GEyeEr ' als cfr. pusilla abgebildet hat, dürfte mit der GEmMELLARO'schen Species schwer- 
lich etwas zu schaffen haben. Sehr ähnlich ist dagegen Rhynchonella oligoptycha WAAGEN ? aus der 
Sowerbyi-Zone von Schambelen in der Schweiz. 


Rhynchonella pillula n. sp. 
(Taf. XVII, Fig. 30.) 

Von La Stuva liegen zwei kleine kugelige Gehäuse vor, die jenen der vorigen Art sehr ähnlich 
sehen, aber viel mehr Rippen besitzen. Der Schnabel ist ebenfalls spitz und gegen die kleine Klappe 
gebogen. Letztere ist ebenso hoch gewölbt wie die grosse. Die Seitencommissur verläuft geradlinig, 
die Stirnnaht ist zwar auch im Allgemeinen gerade, aber dabei stark gefältelt. Die Zahl der Rippen 
beträgt 7. Sie enden erst in der Nähe des Wirbels. 

Höhe = 6,5 mm, Breite = 6,7 mm, Dicke = 5,7 mm. 

Sehr nahe steht eine im Lias von Kramsach vorkommende Form, die aber möglicherweise 
bloss das Jugendstadium einer anderen Art darstellt und daher von Böse” mit keinem besonderen 
Namen belegt wurde. Sie besitzt etwas mehr Rippen als die Exemplare von La Stuva, was allerdings 
auch mit ihrer etwas beträchtlicheren Grösse zusammenhängen mag. Die Rippen gehen hier bis an 
den Wirbel. Das Vorhandensein wohlentwickelter Areolen lässt jedoch darauf schliessen, dass wir es 
doch mit einer anderen Art zu thun haben. Aehnlich ist auch Rhynchonella pillulaeformis Scumi * 


! Liasische Brachiopoden vom Hierlatz. Abh. d. k. k. geol. Reichsanst. Bd. XV. 1889. p.70. Taf. VIII, Fig. 2. 
2 Weber die Zone des Ammonites Sowerbyi Bexeore. Palaeontolog. Beiträge. 1867. Bd. I. Heft III. p. 640. 
Taf. 32, Fig. 7. 


> Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeontographica Bd. 44. p. 212. Taf. XV. 


Fig. 20. 21. 


* J. Scusıp, Ueber die Fossilien des Vinicaberges bei Karlstadt in Croatien. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 


1880. p. 728. Taf. XI, Fig. 11. 


en ee ne 7 aA an 


— 198 — 


aus dem oberen Lias (Bifrons-Zone) von Karlstadt in Croatien, allein diese Art zählt viel mehr — 10 
— Rippen. Endlich scheint auch Rhynchonella Kraussi Opr.' aus dem Lias vom Hierlatz bei flüch- 
tiger Betrachtung sehr nahe verwandt zu sein, jedoch gehört diese in die Gruppe der Inversae und hat 
daher keine näheren Beziehungen zu pillula. 

Unsere Art ist sowohl der Vorläufer von Rh. farciens Caxav.? aus dem unteren Dogger 
von Vils in Tyrol und von Monte Grappa als auch von der erwähnten Ah. pillulaeformis. 


Vorkommen: La Stuva bei Üortina. 


Rhynchonella retroplicata Zırr. 
(Taf. XVII, Fig. 25.) 


1876. Zrereß, Geologische Beobachtungen aus den Centralappenninen. Geognost.-palaeontologische Beiträge. 
Bd. II. p. 128. Taf. 14, Fie. 13. 14. 

1881. CanAvarı, Alcuni nuovi Brachiopodi degli Strati & Terebratula aspasia nell’ Appennino centrale. Atti 
Soc. Toscana. Sc. Nat. Pisa, Vol. V. p. 8. tav. IX, fig. 4. 

1882/83. Prrona, Contributo allo studio della fauna liasica dell’ Appennino centrale. Mem. R. Accad. dei 
Lincei. p. 103. 

Ausser in den Appenninen wurde diese Art bisher noch nicht beobachtet. Jetzt ist es mir 
geglückt, auf La Stuva im dortigen Crinoideenkalk zwei sichere Exemplare hievon: aufzufinden und 
damit den Nachweis zu erbringen, dass diese Art nicht ausschliesslich auf die Appenninen beschränkt, 
ist und daher auch vielleicht noch an anderen Lokalitäten in den Südalpen erwartet werden darf. 
Die vorliegenden Stücke sind zwar nur halb so gross als die Zırrer’schen Originale, stimmen aber 
sonst mit ihnen sehr gut überein, namentlich mit dessem kleineren Exemplare. Als Unterschied wäre 
höchstens anzuführen, dass der Schnabel vielleicht ein wenig länger ist als bei jenen. Das Original Ca- 
NAVART'S ist bedeutend flacher als die Zrrrev'schen und die von mir gefundenen Stücke. 

Da diese seltene Species in den neueren Arbeiten über Liasbrachiopoden nicht mehr behandelt 
wurde, so dürfte es wohl nicht ganz überflüssig sein, die wichtigsten Merkmale abermals zusammen- 
zustellen. ; 

Gehäuse: klein, zum grössten Theil glatt, nur am Rande gefaltet. Wölbung mässig, Umriss dreiseitig 
gerundet, etwas breiter als lang. 
Schnabel: kurz und spitz, aber wenig vorragend, beiderseits von je einer kurzen, aber deutlichen 
Areole begrenzt, Deltidium verdeckt. 
Commissur: an den Seiten wellig gefaltet, kleine Klappe tief eingesenkt. Zahl der Falten am Stirn- 
rand 3, an den Seiten 1 oder 2. Alle Falten bei jungen Exemplaren fast bis zur Schalenmitte 
reichend. Beide Klappen an den Seiten unter einem sehr stumpfen Winkel zusammenstossend. 


Vorkommen: La Stuva bei Cortina. 


Horizont: mittlerer Lias. 


! Orpev, Ueber die Brachiopoden des unteren Lias. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. 1861. p. 547. 


Taf. XIII, Fig. 6. 
? Ror#prerz, Monographie der Vilser Alpen. Palaeontograph. Bd. XXXII. p. 148. Taf. IX, Fig. 27. 28 (33). 


199 


Rhynchonella inversaeformis n. sp. 
(Taf. XVII, Fig. 27. 28.) ° 

Diese hübsche Form ist auf La Stuva nicht selten. Es lassen sich zwei Typen hievon unter- 
scheiden. Bei dem einen ist die kleine Klappe am Stirnrande sehr weit heruntergezogen, die Rippen 
sind breit, aber nicht sehr scharf, die Zahl der Sinusrippen ist 3. Die grosse Klappe hat nur je eine, 
die kleine aber zwei Seitenrippen. Bei dem zweiten Typus ist die Abwärtsbiegung der kleinen Klappe 
viel weniger auffällig, die Rippen sind wesentlich schärfer und das Gehäuse selbst etwas höher als 
breit. Durch diesen Umstand wird die Täuschung hervorgerufen, als wäre die Zahl der Rippen eine 
viel beträchtlichere, als dies in Wirklichkeit der Fall ist, denn beide Klappen besitzen nur je eine 
Rippe mehr als die des ersterwähnten Typus. 

Charakteristisch für beide Typen ist die starke Wölbung beider Klappen in der Nähe der 
Wirbel. ferner die Dicke und starke Umbiegung des Schnabels und die Anwesenheit ächter Lateral- 
felder. Unter den allerdings nicht besonders zahlreichen Exemplaren der inversa aus den Nordalpen 
finde ich kein einziges, welches den Stücken von La Stuva ähnlich wäre. Am nächsten kommen ihnen 
noch eine Anzahl kleinerer Exemplare vom Hierlatz, im Münchener Museum befindlich, viel weniger 
ähnlich sind die Originalien Geyer's von dieser Lokalität, allein auch bei ihnen ist der Schnabel viel 
zierlicher und Lateralfelder kommen bei ihnen niemals vor. Es dürfte mithin durchaus gerechtfertigt 
erscheinen, für die Exemplare von La Stuva eine besondere Species aufzustellen. 

Vorkommen: La Stuva. 


Rhynchonellina. 


Rhynchonellina cfr. Blanci Haas. 
1884. Haas, H., Beiträge zur Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna von Südtyrol und Venetien. p. 31. 
Taf. IV, Fig. 5. 

Diese Gattung ist unter dem vorliegenden Materiale bloss durch einige nicht näher bestimm- 
bare Fragmente, zwei von Lavarella und eines von La Stuva vertreten. Die feine Berippung, sowie 
das Fehlen einer Mittelfurche lässt allenfalls auf die Zugehörigkeit zu Blanci Haas schliessen, die 
indess selbst ganz ungenügend bekannt ist. Wenn sich auch die Species nicht ermitteln lässt, so ist 
doch so viel sicher, dass die Stücke von La Stuva und Lavarella der nämlichen Art angehören. 


Spiriferina. 


Spiriferina cfr. angulata Orr. 
(Taf. XVIII, Fig. 20. 23. 25.) 

1372—82. GemuerraRro, Sopra alcune faune giurese e liasiche della Sieilia. p. 56. tav. X, Fig. 7. 

1892. Parona, C. F., Revisione della fauna liasica di Gozzano in Piemonte. p. 23. tav. I, fig. 12. 

1897. Böse, E., Die mittelliasische Brachiopodenfauna der nördlichen Kalkalpen. Palaeontogr. Bd. 44 p. 222, 

Unter dem vorliegenden Materiale ist diese sowohl zeitlich als auch räumlich weit verbreitete, 
aber meistens doch nicht sehr häufige Art durch sechs grosse und vier kleine Klappen von Lavarella 
vertreten, also in den Südalpen verhältnissmässig eher häufiger als an ihren sonstigen Fundorten. 
Hiezu kommen noch acht grosse Klappen von La Stuva, die jedoch zum Theil etwas geringere Di- 
mensionen aufweisen als jene von Lavarella. 


— 200. — 


Diese Stücke sind zwar im Allgemeinen dem Gryer'schen Originale von Taf. IX, Fig. 9 ziem- 
lich ähnlich, jedoch fehlt die dem Sinus entsprechende Vertiefung auf der grossen Klappe vollständig, 
obwohl der Sinus selbst sehr gut entwickelt ist. Weniger Aehnlichkeit haben sie mit den übrigen 
Exemplaren von Hierlatz, denn der Sinus ist nicht V-förmig, sondern U-förmig, auch erscheint die 
Schnabelspitze etwas gebogen. Am meisten erinnern sie an das von GEMMELLARO tav. X, fig. 7 ab- 
gebildete Exemplar, und abgesehen von der Länge des Schnabels auch etwas an die Abbildung der 
Spiriferina obtusa Parona tav. 1, fig. 12. 

Ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass diese südalpine Form von angulata getrennt und 
zu einer besonderen Species erhoben werden muss, sobald einmal ganze Exemplare zum Vorschein 


kommen. Ich habe es versucht, von einem solchen eine reconstruirte Abbildung zu geben. 


Spiriferina cfr. rostrata SCHLoTH. sp. 
(Taf. XVII, Eig, 28.30.) 
1897. Böse, E., Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeont. Bd. XLIV p. 218. 


Hieher stelle ich eine Anzahl isolirter grosser Klappen, die sich von jenen der vorigen Art 
durch ihre beträchtliche Breite, den weniger gekrümmten Schnabel, öfters auch durch die Anwesenheit 
eines breiten, dem Sinus der kleinen Klappe entsprechenden Vorsprungs, der von zwei Kanten begrenzt 
wird, auszeichnen. Die Punktirung der Schale ist die nämliche wie bei der ächten rostrata. Das 
grösste Exemplar zeigt sehr starke runzelige Anwachsstreifen. Es hat folgende Dimensionen: Höhe 
— 36 mm, Breite = 38 mm, Dicke = 21 mm. 

Vorkommen: Lavarella. 


Spiriferina gryphoidea Unuic. 
(Taf. XVII, Fig. 26. 27. 29.) 


1879. Untie, V., Ueber die liasische Brachiopodenfauna von Sospirolo. Sitz.-Ber. d. k. k. Acad. Wien. 
Bd. LXXX. p. 15. Taf. I, Fig. 1—3. 


1884. Haas, H., Beiträge zur Brachiopodenfauna von Südtyrol und Venetien. p. 29. 

1897. Böse, E., Die mittelliasische Brachiopodenfauna der nördlichen Kalkalpen. Palaeont. Bd. XLIV p. 218. 

Die grosse Klappe dieser Spiriferinenart wurde von Unze sehr eingehend beschrieben, so dass 
ich im Allgemeinen nichts weiter beizufügen habe. An der Lavarella ist sie zwar nicht selten, aber 
nur durch isolirte Klappen vertreten, welche kaum halb so gross werden wie jene von Sospirolo. Sie 
unterscheiden sich von letzteren auch durch ihre relativ geringe Höhe und kommen auch in dieser 
Beziehung der typischen rostrata von Amberg sehr nahe, so dass man leicht versucht sein könnte, 
sie auf diese letztere Species zu beziehen. Bei näherer Untersuchung zeigt sich jedoch, dass der 
Schnabel viel stärker eingerollt ist als bei rostrata und die Stirn keinen Sinus aufweist. Auch ist die 
Punktirung viel feiner als bei dieser Art. 

Die kleine Klappe ist jener von brevirostris sehr ähnlich, aber doch stärker gewölbt, und der 
Wirbel viel mehr eingerollt. Wulst und Schlossrand, sowie die Seitencommissuren verlaufen fast voll- 
kommen geradlinig. Der Schlossrand selbst ist sehr kurz. Von La Stuva liegt ein vollkommenes 
Exemplar vor, das sich jedoch von den Stücken von Lavarella und von dem Untig’schen Original 
dadurch unterscheidet, dass seine erösste Breite nicht in die untere Hälfte, sondern in die Mitte des 


Gehäuses fällt, auch erscheint die Seitencommissur sanft wellig gebogen. Es hat folgende Maasse: 
Höhe —= 2S mm, Breite = 21 mm, Dicke = 17,5 m. 

Nach Haas wäre diese Art nur eine Varietät von brevrostris; in Wirklichkeit haben wir es 
mit einer wohlcharakterisirten Art zu thun, die allerdings als Nachkomme von brevirostris aufgefasst 
werden muss und sich von ihr durch den viel höheren Schnabel unterscheidet. 

Untersuchte Stücke: Je 1 vollständiges Exemplar von La Stuva und Lavarella, von letz- 
terer Lokalität ausserdem 12 grosse und 1 isolirte kleine Klappe, von ersterer ebenfalls einige isolirte 
grosse Klappen. 

Horizont: mittlerer Lias. 


Spiriferina decipiens n. sp. 
(Taf. XVII, Fig. 18. 19. 21. 22. 24.) 

Diese höchst merkwürdige Art ist unter dem Material von La Stuva durch ein grösseres und 
zwei kleinere Gehäuse und zwei isolirte grosse und eine kleine Klappe vertreten. Sie zeichnet sich 
durch den mehr oder weniger kreisförmigen Umriss, den zierlichen, kurzen, nur wenig gebogenen 
Schnabel, den kurzen, geraden Schlossrand, besonders aber auch durch die Anwesenheit von ziemlich 
zahlreichen Radialstreifen aus, welche nur bei wenigen Spiriferinen bekannt sind. Mit der sonst nicht 
seltenen Berippung haben diese Streifen anscheinend nichts zu schaffen, da sie nicht an der Schalen- 
oberfläche, sondern erst in den tiefsten Schalenschichten auftreten. Ausser dieser Art von Verzierung 
finden sich besonders am Rande noch concentrische Anwachsstreifen und über die ganze Schale ver- 
theilt eine ziemlich feine Punktirung. 

Die erwähnte Radialstreifung und die Kürze des Schnabels machen es bei kleinen Exemplaren 
nicht ganz leicht, sie sofort als Speriferinen zu erkennen, man wäre fast eher versucht, sie für Wald- 
heimien zu halten. Nur mit Hilfe der zugleich mit vorkommenden grösseren Exemplare wird es mög- 
lieh, ihr Genus richtig zu bestimmen. 


Die am besten erhaltenen Stücke haben folgende Dimensionen: 


A. B. C. 
Honemss 2292" mm 13 mm ll mm 
Bretten 2 20.0.19 Tau 10,5 „ 
DIGikehacte ee I Kaue 10 A Der 


In der Art der Schnabelbildung scheint Spiriferina appenninica Can.‘ nahe zu stehen, sie 
unterscheidet sich jedoch durch die starke Wölbung der kleinen Klappe, sowie durch den mehr oder 
weniger deutlichen Sinus, während bei unserer Art der Stirnrand geradlinig verläuft. Die Ornamen- 
tirung scheint wenigstens nach der Zeichnung, welche Cawavarı gegeben hat, bei beiden Arten ziem- 
lieh ähnlich zu sein. 

Spiriferina alpina und semieircularis Böse” haben einen viel höheren Schnabel, auch ist ihre 
kleine Klappe stets gewölbt und das Gehäuse in den meisten Fällen viel breiter als hoch. 


! 1878. Caswavarı, Üenni geologiei sul camerinese e particolarmente su di un lembo titonico nel Montagna del 
Sanyicino. Bolletino de I’ Comitato geologico Italiano. p. 19. tav. I, fig. 2. 
® Böse, Die mittelliasischen Brachiopoden der östlichen Nordalpen. Palaeontogr. Bd. 44 p. 219. Taf. XVI, 
Fig. 15. 16. 
Palaeontographica, Ed. XLVI. 26 


— 202 — 


Spiriferina afi. rupestris Ü. Dest. 
1864—66. Spiriferina rupestris U. DESLONGCHANMPS, Fitudes ceritiques sur des Brachiopodes nouveaux ou peu 
connus. Bullet. de la Soc. Linn. de Normandie. Tome VII. p. 4. pl. I. fie. 3—7. 

Zu dieser seltenen, aber wohl charakterisirten Art gehört möglicherweise ein kleines, asymme- 
trisches Stück von Lavarella, das wie die ächte rupestris durch die Länge des Schnabels ausgezeichnet 
ist und auch eine Ähnliche Sceulptur aufweist. Die für die typischen Exemplare von Calvados so 
charakteristischen Stacheln sind allerdings nicht mehr erhalten, auch die Rippen sind zum Theil ab- 
gerieben, aber immerhin lässt sich wenigstens noch constatiren, dass deren mindestens 7 auf jeder 
Seite vorhanden waren, bei dem allerdings viel grösseren Originale DestonscHamrs sind dieselben 
zahlreicher, aber nicht so kräftig. An dem Cassianer Stück ist die linke Hälfte des Gehäuses bedeu- 
tend kleiner als die rechte, auch zeigt der Schnabel eine ziemlich starke Drehung. 

Die Stärke und geringe Zahl der Rippen würde allenfalls auch dafür sprechen, dass wir es 
mit einem krüppelhaften Exemplare von Münster‘ zu thun haben könnten, allein bei letzterer Art wird 
der Schnabel doch niemals so lang und die Area niemals so hoch. Die Dimensionen sind: 

Höhe = 13,5 mm, Breite — 15 mm, Dicke — 14 mm. 

Vorkommen: an der Lavarella. 


Spiriferina cfr. Münsteri Davıvs. 


Zwei weitere stark berippte Exemplare von Lavarella schliessen sich sehr enge an owygonia 
D&sLonscH. und Münsteri Davıns. an, noch mehr aber an die letztere, denn ihr Sinus und Wulst 
haben ebenfalls beträchtliche Breite, auch stimmt die Zahl der Seitenrippen — 6 — ziemlich genau 
mit der von typischen Exemplaren der Münsteri überein, nicht minder auch der lange an der Spitze 
etwas gekrümmte Schnabel und die breite, deutlich dreieckige Deltidialplatte. Etwaige feinere Ver- 
zierungen sind allerdings nicht mehr erhalten, dagegen bemerkt man bei einiger Vergrösserung deut- 
lich eoneentrische Anwachsstreifen auf der grossen Klappe. Die kleine Klappe ist im Verhältniss sehr 
breit, etwa doppelt so breit als hoch, der Schlossrand verläuft vollkommen gerade und nimmt die 
ganze Breite der Schaale ein. 

Grosse Klappe: Höhe = S mm, Breite = 14,5 mm, Dicke = Ss mm, 
Kleine 5 Y Tas h 12 5 e 4.2 
Vorkommen: Lavarella. 
Horizont: mittlerer Lias. 


l 
I 
I 


Spiriferina af. Davidsoni Desı. 
1859. Spiriferina Davidsoni E. DrsLonscuamrs, Memoire sur les couches & Leptaena du Lias. Bulletin de la 
Societ& Linneenne de Normandie. Tome III. p. 40. pl. II, fig. 1—3. 
Von Lavarella liegen zwei grosse Klappen einer berippten Spiriferina vor, welche sich durch 
die Länge und Geradheit ihres Schnabels auszeichnen und in dieser Hinsicht ziemliche Aehnlichkeit 
mit der von DEsLoNGcHANps aufgestellten Species aufweisen. Die für Davidsoni so charakteristische 
Körnelung der Rippen lässt sich freilich nicht beobachten; allein die Erhaltung von so feiner Sculptur 
kann man in einem halbkrystallinischen Crinoideenkalk ohnehin nicht erwarten. Ihr Fehlen beweist 
somit noch keineswegs, dass diese Stücke nicht zu Davidson? gehören können. Die Zahl der Rippen 


rm 


ist die nämliche wie bei Davidsoni, ich zähle ebenfalls etwa 7 deutliche Seitenrippen und. 3 Sinus- 


— 0 — 


rippen auf der ganzen Klappe. Einen tiefgreifenden Unterschied gegenüber Davidsoni zeigt jedoch 
die Beschaffenheit der Area und des Deltidiums. Während bei der ächten Davidson von May (Cal- 
vados) die eigentliche Area, d. h. der ebene, mit parallel zum Schlossrand verlaufenden Linien ver- 
sehene Theil der grossen Klappe sehr klein ist, indem die Körnelung sich auf den grössten Theil des 
Schlossfeldes ausdehnt und somit die typische Area stark reducirt erscheint, finden wir bei den beiden 
Stücken von St. Cassian eine ganz normale Area, wie etwa bei angulata. Ausserdem ist hier auch 
das Deltidium ziemlich gross und mit einer deutlich dreieckigen Deltidialspalte versehen, bei der ächten 
Davidsoni hingegen ist das Deltidium sehr wenig deutlich und die Spalte eigentlich nur als schmaler, 
aber langer Schlitz entwickelt. Die Abbildung bei DeronscHamrs gibt über diese Verhältnisse aller- 
dings keine genügende Auskunft, wohl aber zeigen dies die mir vorliegenden Stücke von May (Cal- 
vados). Wenn nun auch einerseits die Identificirung der Cassianer Stücke mit dieser nordfranzösischen 
Species nicht ganz gerechtfertigt erscheint, so wäre es andererseits wohl noch mehr gewagt, auf so 
dürftiges Material hin eine besondere Species zu begründen. Von den übrigen bekannten Spiriferinen- 
arten sind diese Stücke noch mehr verschieden als von Dawdsoni. 
Ihre Dimensionen sind: 


Dicke der grossen Klappe 7 mm bei A, S mm bei B, 


Breite „ 3 RO FE N 
Sofern sich die Angabe GEYEr's ' bestätigen sollte, dass auch die glatten Spiriferinenarten in 
der Jugend Rippen besitzen — und für verschiedene Arten trifit dies auch thatsächlich zu —, so 


wäre die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass wir es hier nur mit jungen Individuen von angulata 
zu thun hätten. 


Koninckodonta. 


Koninckodonta Fuggeri Brrrn. 
1897. Böse, C., Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. Palaeontogr. Bd. 44 p. 223. 


Gehäuse von Koninckodonten sind sowohl in La Stuya als auch in Lavarella — 10 Stück — 
keineswegs selten, allein der ungünstige Erhaltungszustand gestattet nur ausnahmsweise die Abtrennung 
der späthigen Schaalen von dem ebenfalls mehr oder weniger krystallinischen Kalke. Es ist daher 
nicht zu verwundern, dass auch das einzige Exemplar, welches isolirt werden konnte, über die Ver- 
hältnisse des Schlossbaues keine nähere Auskunft gibt; man kann nur soviel daraus ermitteln, dass 
der Schlossrand geradlinig und ziemlich lang war, so dass für die spezifische Bestimmung nur der 
äussere Habitus übrig bleibt. Die Exemplare aus den Ampezzaner Alpen stimmen am besten mit 
Fuggeri überein, sowohl bezüglich der Beschaffenheit des Schlossrandes als auch hinsichtlich der 
Gestalt des Wirbels und der starken Wölbung der grossen Klappe. Der Wirbel ist wie bei Fuggeri 
zwar sehr klein, tritt aber gleichwohl recht deutlich hervor. Die kleine Klappe ist stark concav. 
Beide Klappen zeigen eine nicht besonders feine Faserstructur. 

Nicht unähnlich scheint auch Koninckina ? aquoniae ParoxA ? zu sein. Sie unterscheidet sich 
eigentlich nur durch ihre beträchtlicheren Dimensionen. Leider ist diese Art bis jetzt nur ganz un- 


* Liasische Brachiopoden von Hierlatz. Abhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1889. p. 75. 
2 1892. Parosa, Revisione della Fauna liasica di Gozzano in Piemonte. Memorie dell R. Accad. delle Scienze 
Torino. p. 20. tav. I, fig. 7. 


aa 


genügend bekannt, so dass eine direkte Identificirung nicht wohl angeht. Indessen ist auch die Mög- 
lichkeit, dass K. aquoniae nur besonders grosse Exemplare von Fuggeri sind, keineswegs vollständig 


ausgeschlossen. 
Koninckella. 


Koninckella cfr. gibbulosa Gemn. Sp. 

1872—82. Leptaena gibbulosa Gemm., Alcune faune giurese e liasiche di Sicilia. p. 53. tav. X, fig. 1. 2, 

Aus La Stuva liegen zwei hochgewölbte grosse Klappen eines Koninckiniden vor, welche in 
ihren Dimensionen zwar hinter den Originalen GEMMELLARO’s ziemlich weit zurückstehen, aber sonst 
sich an die letzteren, namentlich an das Fig. 2 abgebildete Stück sehr enge anschliessen. Eine Prä- 
paration erscheint bei der ungünstigen bröckeligen Beschaffenheit des anhaftenden Gesteins gänzlich 
aussichtslos zu sein, auch sind vermuthlich die kleinen Klappen ohnehin nicht mehr erhalten. Von 
Koninckella liasina unterscheiden sich die beiden Stücke durch ihre bedeutende Höhe. Die Schaale 
zeigt feine Faserung. 

Vorkommen: in La Stuva bei Cortina. 


Ausser den bereits besprochenen Arten erwähnt Haas noch folgende Arten aus dem Lias der 
Cassianer Gegend: 


Rhymchonellina Renevieri n. Sp. W.I. Umgegend von St. Cassian (Piz Stern). p. 30. Taf. II, 
Fig. 14—16. 
Rhynchonella Uhligi n. Sp. W.I. Umgegend von St. Cassian (angeblich mit retroplicata ZiTT. 


verwandt). p. 3. Taf. IL, Fig. 4—6. 


= hungarica BÜCKH. W.1. R » 5 1% && tens 10, Ines, 11%, 
= Suetü Haas. St] ayarellasps 9.2 Rafa IT, Bio.9: 
h peristera Uruıg, St... W.I. Umgebung von St. Cassian. p. 10. 
A " Matyasowszkyi BöckH#. W.1. S = E PO: 
r fissicosta MENEGH. W.1. e Re a 8 es I, 1, ls 12, 
N cfr. retusifrons Orr.  W.]. a .; „ (PizStern) p. 11. Taf. IV, Fig. 10. 
a atla Opp. ? Fanis 5 RATEN, 
n aptyga CANAY. W.I. Umsegendvon St. Cassian „ „ Dp. 15. 
” ‚pisoides ZITT. IWVEaIE " » » (Heiligkreuzkofel). p. 15. 
. Piceininii ZATT. We C = ei (PizStern) p. 16. 
Terebratula rudis GEMM. W.I. Umgebung „ ) Me, De), 
: Taramellii GEMM. W.1. er 3 5 p223: 
Waldheimia perforata PIETTE WI n B 2 p. 26. Taf. IV, Fig. 9. 
Spiriferina obtusa SCHLOTH. St.I. Lavarella p. 28. 


Wie das Zeichen W.]I. ersehen lässt, gehörten die meisten dieser Arten dem Wiener Institut, 
welches Material jedoch, wie in der Einleitung erwähnt wurde, jetzt nicht mehr aufzufinden war, so 
dass man bei der kritischen Betrachtung lediglich auf die Abbildungen angewiesen ist. 

An dem Gesammtresultate, dass die Brachiopodenfauna von St. Cassian dem mittleren und 
nicht dem unteren Lias angehört, ändern diese Arten jedoch nicht das Geringste, es sind vielmehr im 
Gegentheil verschiedene Species darunter, die überhaupt nur aus dem mittleren Lias bekannt sind, 


— ih — 


nämlich Rh. peristera, aptyga, pisoides und Piceininii; andere wieder schliessen sich aufs Engste an 
Formen an, die für den mittleren Lias charakteristisch sind, so die angebliche retusifrons an Rh. mar- 
garitati Böse vom Schafberg; die sogenannte afla ist höchst wahrscheinlich nichts Anderes als die 
atlaeformis Böse vom Schafberg und mithin ebenfalls liasisch. Die vermeintliche Waldheimia perforata 
dürfte wohl mit unserer Terebratula sp. ind. und mithin mit 7. sphenoidalis verwandt sein, Rhyncho- 
nella fissicosta darf wohl als /labellum, Matyasowszkyi als faseicostata und Aungarica allenfalls als 
Zitteli zu deuten sein. Mit Ahynchonella Sueti lässt sich überhaupt nicht viel anfangen, es handelt 
sich möglicherweise nur um ein abgeriebenes Exemplar von Zittelö oder variabilis, zum mindesten ist 
sie jedoch keine typische Form des unteren Lias. Ah. Uhligi scheint auf grossen Exemplaren der 
retroplicata zu basiren. Spirferina obtusa endlich dürfte, wie ich bereits oben erwähnt habe, als 
angulata aufzufassen sein, zumal da Haas selbst angulata von der nämlichen Lokalität eitirt, und 
auf die Verwandtschaft resp. die Uebergänge zwischen beiden Arten aufmerksam gemacht hat. 


Allgemeiner Theil. 


Wie die meisten der alpinen liasischen Brachiopodenfaunen, so zeigen auch die hier beschrie- 
benen Faunen von Lavarella auf Fanis bei St. Cassian und von La Stuva bei Cortina d’Ampezzo einen 
besonderen Charakter, insoferne die Uebereinstimmung mit den gleichalterigen Faunen anderer Lokali- 
täten keineswegs allzu gross ist. Auch untereinander sind diese beiden Südtyroler Faunen ihrer Zu- 
sammensetzung nach nicht unerheblich verschieden, was uns jedoch nicht verwundern darf, daja auch 
in den Nordalpen die einzelnen Fundstellen z. B. bei Kramsach im Innthal und am Schafberg bei 
Ischl sehr verschiedene Formen enthalten, ohne dass man desshalb berechtigt wäre, hieraus auf die 
Anwesenheit mehrerer, im Alter wesentlich verschiedener Horizonte zu schliessen. Noch grösser werden 
diese Unterschiede zwischen den Faunen zweier, wenn auch nur wenig von einander entfernten Lokali- 
täten, z. B. zwischen der Fauna von Kramsach und jener von Thiersee bei Kufstein. 

Wenn wir zunächst die Faunen von La Stuva und Lavarella betrachten, so finden wir folgende 
Arten, wobei die beiden Lokalitäten gemeinsamer Arten gesperrt gedruckt sind. 


La Stuva: Lavarella: 
Pseudokingena Deslongchampsi Pseudokingena Deslongehampsi 
e Capellindi 
Terebratula Chrysilla Terebratula Chrysilla 
n Aspasia 


De Lorenzoi 


4 
E gozzanensis 
Neumayri 
a sp. ind. (cfr. sphenoidalis 
Waldheimia batillaeformis 
e o2yonia 


— 2061 — 


La Stuva: Lavarella: 


Waldheimia securiformis 
5 Partschi 
Waldheimia Meneghinii a Meneghinii 
“ ampezzana 5 ampezzana 
Rhynchonella variabilis 
r 2 var. rimata 
e, Zitteli 


5 Briseis Iphimedia 
Rhynchonella aff. Alberti 


N Zugmayri 
5; Greppini 
5 palmata 5 palmata 
u Dalmasi 5 Dalmasi 
3 flabellum ; flabellum 
fascicostata 5 fascicostata 
E retroplicata 
: Reynesi 
3 pusilla 
pillula 
e ünversaeformis 
Rhynchonellina Blanci ? Rhynchonellina Blanci ? 
Spiriferina cfr. angulata Spiriferina cfr. angulata 
= rostrata 
5 gryphoidea 5 gryphoidea 
n decipiens 


a aff. rupestris 

. cfr. Münsteri 

= aff. Davidsoni 
Koninckodonta Fuggeri Koninckodonta Fuggeri 
Koninckella gibbulosa 


Fügen wir noch unter Berücksichtigung der oben vorgenommenen Correcturen die in unserem: 
Materiale nicht vertretenen, von Haas ausserdem beschriebenen Arten hinzu, so vermehrt sich die 
Fauna von Lavarella um Spiriferina obtusa und Rihynchonella retroplicata (Uhligi) und Sueti, von denen 
jedoch die letztere vielleicht nur abgeriebene Exemplare von Zitteli oder variabilis darstellt und daher 
nicht weiter in Betracht kommt, zum mindesten aber am Gesammtresultate sicher nichts ändert. Auch 
die Spiriferina obtusa dürfte möglicherweise in Wegfall kommen, da Haas selbst auf die Aehnlichkeit 
zwischen obtusa und angulata aufmerksam macht und das Vorkommen einiger Exemplare auf Fanis- 
alpe angibt. 

Jede der beiden Lokalitäten besitzt, wie obige Gegenüberstellung ersehen lässt, 26 Species 
von Brachiopoden, jedoch erhöht sich die Zahl der auf Lavarella vorkommenden Arten auf 27, wenn 
wir nämlich noch retroplicata — Uhligi Haas in das Verzeichniss aufnehmen, was aber, da ich mich 


| 
I Mittlerer Lias Unterer Lias 
I 8 = (>) o = | En) 1 S 5 = =1 {= 
Is 1818 35318/3238 &55|2 22|5|58 & 
I2lsı8 1512/18 315 a8 8|8 885 
IsIisl&ls|i2|2|2 18 Eael8|l=S| 2,5 |2|8 
A| < [e7} = =ı2 = v7} zZ = 
I } I 
Pseudokingena Deslongchampsi Dav. + | u er an 
. Capellinii Di-Szer. ee] [el 1 In 
Terebratula chrysilla Unt. . It I +! +| — | Se lin | 
„ Aspasia MENEGH. . +| — | + —-— + - | IL || u SL) | — -L + 
= de Lorenzoi n. Sp. Sr | | 
= sp. indet . Ir | | | 
- gozzanensis PAR. — | +|-|1+|-|-| + SL, | 2u8) 
en Neumayri Haas — | | | 
Waldheimia batillaeformis n. Sp. . + | | | 
= oxygonia Uat. . +/1—-|+[| | 
= securiformis GEMM. —-— I|+|I- | — |—-|-+ | | 
= Partschi Opr. — | Se il li (a — || — || cu 
3 Meneghinii Par. Sr or I +|+| + | 
“ ampezzana n. Sp- . Ziel | 
Rhynchonella variabilis ScHLoTA. . .I=|+I1-/ +1 =-|+| + ı+|+5| + 
= efr. variabilis rimata Gr. | - + | | -ı - | - - | -| — — |. —.|| u 
2 Zitteli Gem. RE u er e, 
er Briseis Iphimedia DS, ı — | +/|—- + —- | + | 
A Zugmayri Gem. . BE a nn e:, ee ar 
E, aff. Alderti Ope. . a ae 
” Greppini Opp. — |) + | — ia. lit | 
” palmata Orr. . Ze a a er — ner | 
L- Reynesi Gemm. ee Eee | 
. pusilla Geum. . +|-|i -|-|-|+ | 
En pilulla n. sp. +| — elle l—l.|.$ | 
-r flabellum Mexesn. + +|-| + +1 +'J +) — .)— | ® 
2 fascicostata Unr. . I+!+!+ | 
3 Dalmasi Dos. . ee a ee el 
= retroplicata Zimt. +i-|-|-|+]| | | 
Er inversaeformis n. Sp. 7 | | | | 
2 Rhynchonellina sp. . ar mr | | | | 
Spiriferina anqulata Orr. 5 srl el || ar = | +1+9)|- I + + + 
s rostrata SCHLOTH. . ZEr er ee len | || 
> gryphoidea Unr. SF | ar |eE Da EEE Se ES) 
an decipiens n. Sp. . + | 
a aff. vupestris Dest. -|+|-|-|-|-|\-|-| — | + Zı 
= cfr. Münsteri Dav.. - i+|-|ı+|-/+|-|-| — + 
es aff. Davidsoni Desı. . —ı Lielle| || —_—ı+ 
Koninckodonta Fuggeri Bırm.. ++ | 110 EEE Eee 0) 
Koninckella gibbulosa Gesm. Sp. . Eee I E—# Kon 
| | 
t) Fonsjoch am Achensee, Rofan (Gschöllkopf), °) Thiersee bei Kufstein. 
Berchtesgadener Alpen. De: „ „ 
?) Hagengebirge. ”) Fonsjoch am Achensee. 
3) Hohenschwangan. ®) » „ „ und Hohenschwangau. 


*) Thiersee bei Kufstein, Berchtesgaden. ®) Berchtesgaden. 


nur auf eigene Beobachtungen verlassen will, wenigstens vorläufig besser unterbleiben dürfte. Die 
Zahl der beiden benachbarten Lokalitäten gemeinsamer Arten beträgt nicht mehr als 12, also nicht 
einmal die Hälfte der an den beiden Fundplätzen beobachteten Arten und noch kein vollständiges 
Drittel der Gesammtfauna von Lavarella und La Stuva. Bei oberflächlichev Betrachtung erscheint 
dieses Ergebniss allerdings etwas befremdlich, allein es wiederholt sich hier nur eine Erscheinung, 
welche fast allen Brachiopodenfaunen des Lias eigen ist, keine ist einer anderen völlig gleich, ja selbst 
an den einzelnen Lokalitäten wechselt die Zusammensetzung der Fauna ausserordentlich, wie ich ! schon 
früher für den mittleren Lias von Kramsach bei Brixlegg und Böse ? für jenen vom Schafberg nach- 
weisen konnte. Meistens sind gewisse Arten an bestimmte Bänke gebunden, die auch zuweilen aus- 
schliesslich aus den Schaalen einer oder nur weniger Species bestehen. Daneben gibt es jedoch auch 
sehr viele Arten. welche sich in allen Bänken wiederfinden. 

Wie sich diese Dinge an der wichtigen Lokalität Lavarella im Fanisgebirge verhalten, vermag 
ich nicht anzugeben, da ich dort keine derartigen Untersuchungen vornehmen konnte, dagegen konnte 
ich auf La Stuva bei Cortina d’Ampezzo deutlich beobachten, dass hier verschiedene Arten vorwiegend 
auf gewisse Bänke beschränkt sind. So fand ich in den tiefsten von mir näher untersuchten Schichten 
fast nur Rhynchonella palmata. Eine zweite etwas höhere und auch härtere Bank enthielt zumeist 
Spiriferina angulata. Darüber folgte eine weichere Bank, die fast nur Waldheimia ampezzana ent- 
hielt. Dagegen fand sich Rihynchonella fascicostata Urtis in allen mir zu Gebote stehenden Proben. 
Die Mächtigkeit der von mir näher untersuchten Bänke ist nun ohnehin gering, etwa 20 Meter, doch 
gleichen ihnen auch die tieferen, sowie die wenigen noch etwas höheren Schichten in ihrem petro- 
graphischen Habitus so ausserordentlich, dass es höchst unwahrscheinlich wird, dass auf La Stuva von 
eigentlichen Horizonten des Lias die Rede sein könnte. Alle Bänke dürfen wohl unbedenklich als 
mittelliasisch angesprochen werden; die Anwesenheit von unterem Lias erscheint so gut wie vollständig 
ausgeschlossen. 

Diese Verhältnisse auf La Stuva gestatten nun auch einige Schlüsse auf die Verhältnisse der 
Fanisalpe, denn es liegen mir von dort Proben vor, die ausser der reinweissen Farbe keinerlei Ver- 
schiedenheit gegenüber jenen von La Stuva zeigen und auch sogar die nämlichen Versteinerungen, 
Brachiopoden, kleine Grypheen und Pecten führen, mithin also sicher das nämliche Alter besitzen. 
Die übrigen, an der Lavarella vorkommenden und in La Stuva nicht beobachteten Brachiopoden stam- 
men wohl aus einer oder mehreren besonderen Bänken, dürften aber gleichwohl im Alter auch nicht 
allzu verschieden sein. Unter ihnen wäre namentlich Waldheimia Partschi zu erwähnen, die allerdings 
bisher fast nur aus unterem Lias bekannt war und daher Veranlassung geben könnte, unsere Schichten 
für unseren Lias anzusprechen. Allein die übrigen mit ihr vergesellschafteten Arten sind zweifellos 
mittelliasisch, wesshalb es höchst wahrscheinlich wird, dass diese Art im südalpinen Gebiete sich länger 
erhalten hat. zumal da sie ja auch bei Sospirolo vorkommt. Dafür, dass unterliasische Brachiopoden 
noch in den mittleren Lias hinaufreichen können, haben wir sowohl in den Nordalpen als auch hier 
auf La Stuva und an der Lavarella zahlreiche Beispiele, es kann daher also diese eine Art für die 
Altersbestimmung keineswegs massgebend sein, vielmehr darf hiefür lediglich der Gesammtcharakter 


der Fauna im Betracht kommen. 
Es erübrigt mir nunmehr, die Brachiopodenfauna von La Stuva und Lavarella mit der von 


! Scuuosser, Zur Geologie von Nordtyrol. Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1895. p. 351. 
2 Böse, Die mittelliasische Brachiopodenfauna. Palaeont. Bd. XLIV p. 149. 


A 


ie Kr EEE EEE Dun 


anderen Lokalitäten zu vergleichen. Zu diesem Zwecke habe ich es versucht, das sonstige Vorkommen 
der hier beobachteten Arten auf beistehender Tabelle zu veranschaulichen. Wie wir hieraus ersehen, 
zeigt der Lias von Sicilien bei weitem die grösste Aehnlichkeit und zwar sind dies die Schichten mit 
Terebratula Aspasia der Provinz Palermo und Trapani, und zwar hat La Stuva hiemit gemein: 


Lavarella dagegen: 
Pseudokingena Deslongchampsi, Pseudokingena Deslongchampsi 


Terebratula Aspasia | 3 Capellinii 

; efr. sphenoidalis ? Waldheimia securiformis 
Waldheimia Meneghinii ” Meneghiniüi 
Rhynchonella Zugmayri Rhynchonella variabilis 

5 flabellum B: Zitteli 

= Dalmasi a Briseis var. Iphimedia 

5 Reynesi r flabellum 

R pusilla ee Dalmasi 
Spiriferina angulata n Reynesi 
Koninckodonta Fuggeri | Spiriferina angulata 
Koninckella gibbulosa re efr. Münsteri 


Koninckodonta Fuggeri. 


Bei der weiten räumlichen Entfernung dieser Lokalitäten erscheint diese Zahl der gemein- 
samen Arten höchst beträchtlich, denn man sollte eigentlich doch erwarten, dass die ungleich viel 
näher gelegene Lokalität Sospirolo bei Belluno einen bei weitem höheren Prozentsatz gemeinsamer 
Formen aufweisen würde. In Wirklichkeit sind es deren jedoch nur 8, nämlich: 


Terebratula chrysilla Ithynehonella palmata 
Aspasia " fascieostata 

Waldheimia oxygonia Spiriferina angulata 
Partschi 5 gryphoidea, 


denen vielleicht noch Rhynchonella Alberti anzureihen wäre. 


Diese relativ geringe Zahl von gemeinsamen Arten erklärt sich zum Theil wohl daraus, dass 
bei Sospirolo entschieden unterliasische Formen vorherrschen. Etwas grösser ist die Zahl der Arten, 
welche auch in Gozzano vorkommen, und zwar fallen diese um so stärker ins Gewicht, als letztere 
Lokalität ohnehin nicht besonders reich an Arten ist. Es sind dies etwa 12, nämlich: 


Terebratula sp. ind. (sphenoidalis) Rhynchonella Zitteli Rhynchonella Dalmasi 
gozzamensis n Briseis var. Iphimedia _Spiriferina angulata 

Waldheimia Meneghini ck palmata ” rostrata 

Rhynchonella Greppini ; flabellum is Münsteri. 


Die Zahl der Arten, welche sich auch im Lias des Centralappenin finden, ist freilich ziemlich 
gering. allein es muss hiebei doch berücksichtigt werden, dass wenigstens die von dort stammenden 
Zırzerv'schen Originale einer anderen Facies des Lias angehören. Die Namen der gemeinsamen 
Arten sind: 


Terebratula chrysilla Waldheimia Meneghini Rhynechonella flabellum 
Aspasia Rhynchonella Zitteli retroplieata. 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 27 


— 2]0 — 


Mehr Appenin-Formen als Stuva und Lavarella scheint die Lokalität Piz Stern aufzuweisen, 
jedoch kann sie hier nicht in Betracht kommen, da ich das von dort stammende Material nicht aus 
eigener Anschauung kenne. Recht gering dagegen ist die Zahl der Arten, welche La Stuva und La- 
varella mit dem mittleren Lias der Nordalpen gemein haben. Es ist dies um so auffallender, als letz- 
terer, besonders die Lokalitäten Kramsach und Schafberg, einen so beträchtlichen Artenreichthum 
aufweisen und besonders letztere trotz der so grossen räumlichen Entfernung in Bezug auf ihre 
Brachiopodenfauna doch so sehr an den Lias von Sicilien erinnert. Ich verzichte darauf, die gemein- 
samen Arten hier mit Namen anzuführen, dagegen muss ich um so stärker hervorheben, dass die 
Lokalität Thiersee bei Kufstein trotz ihrer grossen Artenarmuth doch verhältnissmässig recht viel 
Arten mit La Stuva resp. Lavarella gemein hat, nämlich: 

Rhynchonella Zugmayri Spiriferina angulata 
5 Zitteli r rostrata. 

Die Unterschiede zwischen dem nordalpinen mittleren Lias und dem südalpinen äussern sich 
theils in dem vollständigen Fehlen gewisser Formen, theils in der Vertretung durch verwandte Typen. 
Vollständig fehlen im mittleren Lias der Nordalpen: Pseudokingena, die Terebratulae vom Typus der de 
Lorenzoi, die Waldheimiue vom Typus der batillaeformis, oxygonia, securiformis und Partschi, ferner 
Rhynchonella Briseis, palmata, fascicostata, Reymesi, pusilla und retroplicata, Spiriferina decipiens, ru- 
pestris, Davidsoni und Münsteri, sowie Koninckella gibbulosa. Dagegen fehlen im Lias von La 
Stuva und Lavarella: Terebratula punctata, ascia, ferner die sonst so häufigen Waldheimia subnumis- 
malis und mutabilis, Waterhousi, sowie W. sarthacensis, furlana und andere, die glatten oder schwach- 
berippten Rhynchonellen vom Typus der margaritati, Stachei, Paoli, hagaviensis :etc., welche für den 
Lias vom Schafberg so charakteristisch sind, ferner die grobrippigen, auch in Sieilien vorkommenden 
Scherina, @lyeinna, sodann Rhynchonella vom Typus der Caroli und retusifrons, und endlich Spöriferina 
Salomoni und semieircularis und andere. Immerhin darf man der Abwesenheit mancher dieser Typen, 
so z. B. der mehr oder weniger glatten und der grobrippigen Rhynchonellen vielleicht doch nicht allzu 
grosses Gewicht beilegen, da dieselben anscheinend mehr an die Facies der bunten Cephalopodenkalke 
gebunden sind. 

Als vicariirende Arten kommen in Betracht: Terebratula sp. für gracilicostata, vielleicht auch 
Neumayri für Adnethensis, Waldheimia ampezzana für appenninica und Ewaldi, Rhynchonella palmata 
für polyptycha, ünversaeformis und retroplicata für ünversa. Wie bereits vorhin bemerkt wurde, ist 
diese Verschiedenheit zwischen der mittelliasischen Brachiopodenfauna der Ampezzaner Alpen und der 
Nordalpen zum Theil wenigstens sicher durch facielle Abweichungen bedingt, wesshalb eigentlich nur 
nordalpine Schichten von gleicher Ausbildung, also ebenfalls Crinoideenkalke zum Vergleiche benützt 
werden dürften. Wie berechtigt diese Annahme ist, zeigt die erwähnte Brachiopodenfauna von Thiersee, 
die trotz ihrer grossen Artenarmuth, aber zugleich auch wohl gerade wegen ihrer überraschenden 
Faciesähnlichkeit sogar vier Arten mit dem Ampezzaner Lias gemein hat. 

Im ausseralpinen mittleren Lias finden sich von den hier beschriebenen Arten: 


Pseudokingena Deslongehampsi Spiriferina rostrata 
Rhynchonella Dalmasi ni Münsteri 
N variabilis n Davidsoni 

2 rupestris. 


Auch darf ich nicht vergessen, auf die nahe Verwandtschaft zwischen der ausseralpinen Rhynchonella 
rostellata QuEnsT. mit Rh. Reynesi und pusilla hinzuweisen. 


nn. Mu ee ee TE 


005205 W001 TUN! 


— 


Die Zahl der gemeinsamen Arten ist nun freilich nicht gross, aber dieselben haben um so 
grössere Bedeutung, insoferne ihr Vorkommen im ausseralpinen Gebiete auf ganz genau fixirte Hori- 
zonte — mittleren Lias — gebunden und daher für die Altersbestimmung geradezu entscheidend ist. 

Nachdem wir bisher die Analogien mit den gleichalterigen Faunen anderer Lokalitäten 
behandelt haben. müssen wir zum Schluss auch noch untersuchen, ob und welche von den beschrie- 
benen Formen mit solchen aus älteren und jüngeren Schichten in näherer Beziehung stehen. 

Ausschliesslich gehören dem unteren Lias der Nordalpen an: Waldheimia Partschi, Rhyncho- 
nella Alberti. palmata, sowie die allerdings höchst unwesentliche variabilis rimata und Spiriferina Mün- 
steri, dagegen besitzen auch hier schon bedeutende verticale Verbreitung: Terebratula Aspasia, Rhyn- 
chonella Greppini, sowie Spiriferina angulata und rostrata; letztere Arten können daher an und für 
sich nicht weiter in Betracht kommen, auch die ersterwähnten Rhynchonellen sind von den auf La 
Stuya vorkommenden Formen sehr verschieden und daher nur als deren Vorläufer aufzufassen. Da- 
gegen erscheint es höchst bedeutungsvoll, dass die Waldheimien vom Typus der Partschi incl. oxygonia, 
sowie Rhynchonellina hier in den Südalpen in jüngeren Schichten auftreten als in den Nordalpen, wo 
sie zu dieser Zeit anscheinend bereits erloschen sind. Umgekehrt erscheint in diesem Theil der 
Alpen erst im Mittellias Rhynchonella Zugmayri, welche ebenso wie flabellum ein ursprünglich meridio- 
nales Glied der Liasbrachiopodenfauna darstellt. Für Ah. pusilla, Reynesi und prlulla finden sich im 
unteren Lias überhaupt keine sicheren Verwandten, es müsste denn Reynesi etwa zu ramina Suess 
und pilulla etwa mit Kraussi in genetischen Beziehungen stehen. Unter den Terebratuliden treten 
Terebratula gozzanensis und de Lorenzoi ganz unvermittelt im mittleren Lias auf. Durchaus räthsel- 
haft ist auch die Herkunft der Gattung Pseudokingena. Abgesehen von diesen letzteren Ausnahmen 
lässt sich jedoch die Brachiopodenfauna der Ampezzaner Alpen ziemlich ungezwungen von Formen des 
unteren Lias ableiten. Ich glaube jedoch von einer ausführlichen Besprechung der genetischen Be- 
ziehungen zwischen den Brachiopodenfaunen des mittleren und unteren Lias Abstand nehmen zu dürfen, 
denn eine solche Darstellung würde doch zum grössten Theil nur eine Wiederholung dessen sein, was 
Böse ' bereits bei einer anderen Gelegenheit vorgebracht hat. Ich ziehe es daher vor, diese Verhält- 
nisse zum Schluss bloss in der umstehenden Tabelle zu veranschaulichen, vorerst aber noch auf die 
verwandtschaftlichen Beziehungen verschiedener Formen mit späteren Typen aufmerksam zu machen. 

Hier ist nun vor Allem höchst merkwürdig das plötzliche Auftreten der Gattung Pseudo- 
kingena, die wohl für die jurassischen und cretacischen Gattungen Magas und Kingena, vielleicht auch 
für Terebratella und Terebratulina bedeutungsvoll ist, wenn auch leider bis jetzt keine Zwischenformen 
im Dogger ermittelt werden konnten. So lange solche nicht zum Vorschein gekommen sind, muss man 
freilich auch mit der Möglichkeit rechnen, dass wir es nur mit einer blossen Convergenzerscheinung 
zu thun haben. 

Günstiger liegt dagegen die Sache für gewisse Terebratula-, Waldheimia- und Rhynchonella- 
Typen. Die Aspasia-Gruppe setzt direkt in den unteren Dogger fort. De Lorenzoi hat hier ebenfalls 
dirckte Nachkommen, z. B. Rossi, von gozzanensis stammt allenfalls fylgia ab, auch Waldheimia 
Meneghinii hat einige Verwandte im unteren Dogger; auf Ampezzana geht wohl die inaudita zurück. 
Dagegen erlöschen die Waldheimien vom Typus der batilla, Partschi, oxygonia vollständig. 

Wesentlich unsicherer ist hinwiederum die Ermittlung der näheren Beziehungen zwischen den 
scharfrippigen mittelgrossen Rhynchonellen des Lias und jenen des Doggers, doch hat es fast den 


* Die mittelliasische Brachiopodenfauna. Palaeontographica Bd. XLIV p. 155. 


u 


Anschein, als ob der grösste Theil der ersteren, wenigstens von den hier besprochenen Arten des 
alpinen Lias, keine weiteren Nachkommen hinterlassen hätte. Nur Rrhynchonella Zugmayri und varia- 
bilis kommen allenfalls als Vorläufer von prava und infirma, vesp. Vigilii in Betracht. Eine um so 
wichtigere Rolle spielen hingegen die kleineren Rhynchonellenarten des Ampezzaner Lias in genetischer 
Beziehung, denn jede dieser Arten hat im unteren Dogger direkte Nachkommen aufzuweisen, wie die 
nachstehende Tabelle ersehen lässt. Die Gattungen Rhynchonellina, Spiriferina, Koninckodonta und 
Koninckella interessiren uns hier nicht weiter, da sie sich nicht über den Lias hinaus fortsetzen. 


Vorläufer 
im unteren Lias 


Nachkommen im Dogger 


Sippe der 


Terebratula Aspasia 
chrysilla 
de Lorenzoi 
gozzanensis 

” sp. aft. sphenoidalis 
Waldheimia batillaeformis 
oXygonia 
securiformis 
Partschi 
Meneghinii 
ampezzana 
ERhynchonella variabılis 
Zitteli 
Briseis Iphimedia 


” 
” 


„ 


” 


” 


” 


Zugmayri 
cfr. Alberti 
palmata 
Greppini 
 Reynesi 
pusilla 
pilula 


inversaeformis 
retroplicata 
Rabellum 
faseicostat« 


nimbata 
? 
22 
? 
2 
Juvavica 
batilla 


stapia 


Partschi 
alpina 
Ewaldi 
belemnitica 
„? 
Zugmayri 
Alberti 
palmata 
Greppini 
rostellata 


”„ 
Kraussi ? 


inversa 


” 
latifrons 
Matyasowskyi 


nepos, bifida 
vespertilio 
Rossi, oenana 
fylgiaeformis 


oenana, supinifrons, angustipectus 
inaudita, Daedalica ? 
Vigilii 


infirma, prava 

aschaviensis, oligoptycha 

Wähneri ? 

(pillulaeformis, oberer Lias) far- 
ciens 

retrosinuata, supinifrons 

cymoides, Szainochae 

cymatophora, fascilla, depressicosta 


| Nucleatae 


De 


Coarctatae 
Sphenoidea ? 
Striatae 2 


Digona 2 


Coarctatae 
Impressae 2 
Variabilis 

? 

2 


Difformis 


Serrata 


Oxynoti 


Inversae 
Latifrons 
Ramosa 


Die Anatomie und die Verwandtschaft der. 


Ganoid- und Knochen-Fische 
aus der Kreide-Formation von Kansas. U.S.A. 
Von 


Frederic B. Loomis. 


"Mit Tafel NINX—XXVII. 


Einleitung. 


Die Basis der vorliegenden Untersuchung bildete das Teleostiermaterial, das sich in der Samm- 
lung von Wirbelresten befindet, die von Herrn STERNBERG im Laufe von drei Jahren im Auftrage von 
Herrn Geheimrath v. Zırrer für das Münchener Museum zusammengebracht wurde. Sie enthält eine 
Menge isolirter Theile, aber auch eine grosse Anzahl vollständiger Schädel. Aus den folgenden Unter- 
suchungen geht hervor. dass sich die vorhandenen Fische grösstentheils auf die primitiven Familien 
der Olupeoidae und Salmonidae und deren Verwandte vertheilen, welche alle der Gruppe der Iso- 
spondyli angehören. Eine Ausnahme bilden die Reste von Protosphyraena, einer Ganoiden-Gattung. 
Alle Fischreste kommen in der weichen, gelben Kreide der Niobrara-Group, nahe bei Elkader, 
Logan County. Kansas, vor. 

Die Niobrara-Group ist der obere Theil der Coloradostufe und nach Dana ein Aequivalent 
des Turon, besser aber als Unter-Senon zu betrachten. Das die Fischreste enthaltende Gestein ist 
ein weicher, gelber oder grauer Kreidemergel. welcher hauptsächlich Wirbelthiere enthält, obwohl auch 
etwa ein halbes Dutzend Mollusken und eine beträchtliche Zahl von Foraminifera darin vorkommen. 

Die hier gefundenen Fischgattungen kommen auch in der englischen Kreide und ferner in 
Belgien vor. Das britische Museum besitzt eine grosse Suite von eng verwandten Formen aus der 
englischen Kreide, Aufrichtigen Dank möchte ich hier Herrn Dr. A. S, WoopwArD aussprechen, 
welcher mir das Studium des einschlägigen Materials im britischen Museum in jeder Beziehung er- 
leichterte, mir kritische Rathschläge für meine Arbeit gab und mir die Einsicht in sein Manuseript 
über die englischen Formen gestattete, Zu Dank bin ich auch verpflichtet Herrn Professor Dr. Feuıx, 


der mir das Original zu seiner Untersuchung über Protosphyraena lieh, Herrn Dr. Dorso vom Museum 
PAUL 


— 2lA — 


in Brüssel, Herrn Professor R. Hrerwıg, der mir beim Studium der recenten Fisch-Osteologie behilf- 
lich war; ferner Herrn StEwARD von der Kansas-Universität, der mir brieflich manche Winke über 
sein Werk über diese nämliche Gruppe gab, und vor Allem Herrn Geheimrath v. ZırrEn, welcher so 
liebenswürdig war, mir die Bearbeitung dieses ausgezeichneten Materials zu übertragen und dessen 
Rath mich täglich leitete. 

Da die osteologische Nomenclatur bei den Fischen eine sehr verwirrte ist, habe ich für den 
Schädel die von Parkzr vorgeschlagene und in Zırrzv’s Handbuch und in Herıwıg’s Zoologie an- 
gewandte gebraucht, für den Schultergürtel GEGEnBAuER’s Terminologie. 

Ich betrachte die Art der Bezahnung als von grosser Wichtigkeit, noch grösser dünkt mich die 
Art der Zahnstructur, In der allgemeinen Systematik bin ich der von A. S. WoopwAzp für den 
Catalogue of fossil Fishes in the British Museum angewendeten meistens gefolst, welche selbst wieder 
eine Modification von CopeE’s Systematik ist. 


Ganoidei. 


Protospondyli. 


Protosphyraena Lrıpy 1857. 
Trans. Amer. Phil. Soe., Philad., vol. XII, new series, 1860, S. 95. 

Xiphias Leiwyr 1857, 1. c. S, 9. 

Saurocephalus Asassız 1535—43, Pois. Foss., vol. V, pt. 1, S. 102, 

Erisichthe Core 1872, Proc. Acad. Nat. Sci., Philad., S. 280, 

Pelecopterus Core 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Terri., vol. I, S. 244 C. 

Erisichthe Corr 1875, ]. c. S. 217. 

Erisichthe Cor 1877, Bull. U. S. Geolog. & Geog. Surv. Terri., No. 3. S. 821. 

Protosphyraena Feuix 1890, Zeitschr. Deutsch. Geol. Gesell., Bd. 42, S. 278, 

In der Nomenclatur dieses Genus herrschte eine unglückliche Verwirrung. Die ersten her- 
gehörenden Reste, die erwähnt werden, sind die von Mantert abgebildeten, welcher die Brustflossen 
als „spines of a fish allied to Balistes“ bezeichnete. Acassız brachte die englische Form mit HArnan’s 
Saurocephalus in Beziehung, worin ihm unglücklicherweise Dixon, Owen und Kırrisanorr folsten. 
Leipy legte die Unmöglichkeit dieser Beziehung dar und brachte den Namen Protosphyraena für die 
englischen Arten in Vorschlag, zweifelte aber, ob das Rostrum zu den Kiefern gehörte und nannte es 
Xyphias. Core nannte mit Vernachlässigung von Lemy’s Namen einen Theil der amerikanischen 
Reste Erisichthe und schlug für die Flossen den Namen Pelecopterus vor, indem er gleichzeitig die 
Frage offen liess, ob sie demselben Fische wie die Kiefer angehörten, Davızrs? und Newrox ? haben 
diese Verwirrung einer Diskussion unterzogen und gaben Listen von corrigirten Synonymen‘ A. S. 
Woopwarp ° hat darauf hingewiesen, dass die verschieden benannten Theile einem Genus angehören, 
dessen Anatomie er erläuterte. Die vollständigste Erörterung dieser Verhältnisse ist die von FrLıx® 
gegebene, der eine sehr vollständige Beschreibung des nur selten gut erhaltenen Visceral-Skeletts 
lieferte. Copz” bespricht speziell die Flossen. 

Das hieher gehörige Material besteht aus 2 Schädeln, die die Cranialanatomie zeigen, ausser- 
dem liegen mir 5 Rostra und die dazu gehörigen Kiefer vor. Die Schädel sind dorso-ventral ver- 
drückt, die Knochen aber nicht verschoben, Die ursprüngliche Kopfform muss niedrig und flach 


1 Fossils of South Downs, S. 229. 

® Geolog. Mag., 1878, dec. 2, vol. 5, S. 260. 

> Quart. Journ. Geol. Soc. London, 1878, vol. 34, S. 794. 

* Owes’s Saurocephalus-Zahn gehört Protosphyraena an. 

® Proc. Geol. Assoc., 1888, vol. X, S. 321. 

° Dr. Ferix hat mir in liebenswürdigster Weise die Originale seiner wichtigen Arbeit zur Vergleichung geliehen. 
” Palaeontographica 1892, Bd. 39, S. 110. 


Bo 


abgedacht gewesen sein. Die von mir studirten Schädel zusammen mit dem Visceral-Skelett, das FeLıx 
beschreibt, machen die Protosphyraena zur bestbekannten Form unter den Pachycormidae. 


Rostrum,. — Das Rostrum (Taf. XIX, Fig. 1) ist durch die Verschmelzung aller vorderen 
Cranialknochen entstanden. Das Ethmoideum bildet den Hauptbestandtheil und mit ihm sind die 
paarigen Vomer und die Frontalia verschmolzen. Manchmal ist das vordere Frontale erhalten, aber 
es ist keine Spur von einer Naht zwischen dem Ethmoid und einem Frontale oder zwischen den beiden 
Frontalien zu bemerken. Der innere hintere Theil der Frontalia ist ausnahmslos verloren gegangen und 
ich kann daher nicht feststellen, wie weit die Verschmelzung nach hinten ging. Ein Querschnitt durch 
das Rostrum zeigt einen in der Mitte etwas schwammigen massiven Knochen, der gegen die Peripherie 
hin immer dichter wird. Der Schliff ist charakteristisch für dieses Genus, denn das äusserlich ähn- 
liche Rostrum von Tetrapus zeigt 2 grosse Kanäle wie bei Xiphias und Lepidosteus. 

Dermal-Cranium. — Die Frontalia (Taf. XIX, Fig. 1 Fr.) sind breit und reichen so weit 
rückwärts, dass sie das Sphenoticum bedecken. Der Kopf erweitert sich hinter den Augen beträcht- 
lich. Die Grenze der Frontalia am Squamosum ist nicht ganz klar. Der vordere äussere Rand des 
Frontale ist einwärts gebogen und an diese Fläche grenzt die Praemaxilla. Ueber die Parietalia kann 
ich keine Angaben machen. Die äussere Hinterecke des Kopfes verlängert sich zu einem scharfen 
Dorn (Taf. XIX, Fig. 2), der Rücken desselben ist durch einen Dermal-Knochen bedeckt, dessen Grenze 
nach vorn nicht deutlich ist, dem aber seine Verzierung eine separate Stellung zuweist. Dieser Knochen 
ist als Squamosum ! aufzufassen. Die Vomer sind paarig, vorn, wo sie verschmolzen sind, breit, 
hinten, wo eine mediane Naht zu beobachten ist, schmal. Das hintere Ende verläuft spitzig nach 
unten und ist von dem Parasphenoid ? umgeben (Taf. XIX, Fig. 1). Vorn an jedem Vomer sitzt 
ein Fangzahn, der in einem Winkel von 25—30° zu dem Rostrum steht. Bei mehreren Rostren be- 
obachtete ich, dass nur je ein Zahn gross und mächtig entwickelt ist, während der andere Zahn auf 
dem andern Vomer klein bleibt oder ganz fehlt. Dies wurde schon von FeLıx und Copz ? bemerkt; 
der letztere meint: „Only one of these teeth is in functional service at a time.“ Ich beobachtete alle 
Stadien von zwei gleich entwickelten grossen Zähnen und auch alle Zwischenstadien herab bis zu dem, 
wo nur ein Zahn vorhanden war. Dieser Mangel an Symmetrie in der Bezahnung des Rostrums ist 
nicht zufällig, sondern der Ausdruck des gesetzmässigen Alternirens beim Zahnersatz aller Fische. 


Das Parasphenoid ist ein breiter, kräftiger, flacher Knochen, der nach vorn gabelförmig die 
Vomer umgibt, worauf er nach hinten läuft und einen freien Interorbitalraum überbrückt, bis er den 
Orbitosphenoid-Knochen erreicht, mit dem er in einem zapfenartigen Gelenk folgendermassen ver- 
bunden ist: der vordere Theil des Orbitosphenoids sendet nach unten einen Zapfen, der in eine Tasche 
des Parasphenoid eingreift. Diese mediane Aushöhlung ist nur kurz und von der Mittellinie erhebt 
sich nach hinten zu ein Wulst, der in eine entsprechende Aushöhlung hinten am Orbitosphenoid passt. 
Dieser Wulst läuft noch weiter nach hinten, trennt die Alisphenoidea, verschwindet aber an ihrer 
hinteren Grenze. Das Parasphenoid ist hier (vor den Prootica) auf beiden Seiten eingeschnürt, 
erweitert sich jedoch sofort zu seiner ursprünglichen Breite und endist nahe dem Ende des Basioceci- 


! Siehe A. S. Woopwarnp, Brit. Mus. Cat. Fossil Fishes, vol. I’. WoopwArp machte mich in liebenswürdiger 
Weise auf die wirkliche Bedeutung dieses Knochens aufmerksam. 

? Ferix sagt, dass die Vomer das Parasphenoid umgeben; aber in vier sehr klaren Fällen finde ich, dass das 
Parasphenoid die Vomer umgibt. 

3 1877. Cope, Bull., No. 3. S. 821. 


ee 


pitale. Gerade vor der Einschnürung auf beiden Seiten liegt ein kleines Foramen (Taf. XIX, Fig. 1) 
für den Durchgang der Carotis. Die mittlere Ventralfläche vor den Foramina ist mit winzigen 
Zähnen bedeckt. Hinter der Zusammenschnürung an der Ventralseite liegt ein Mediankiel oder eine 
mediane Anschwellung'. Diese verschwindet nach hinten zu und die untere Fläche wird hinten concav, 
entsprechend der Unterseite des Basioceipitalee Ein Augenmuskelkanal ist nicht vorhanden. Die 
srossen, aber nicht hervorragenden Ethmoidea lateralia sind vom Rostrum vollständig getrennt, obwohl 
sie den Raum zwischen Vomer und Frontalia ausfüllen (Taf. NIX, Fig. 1 Eth. lat.). 

Sphenoidea. — Das Orbitosphenoid ist ein einziger ovaler Knochen, breiter als lang, 
mit nur geringer Wölbung gegen die Frontalia stossend. Es sitzt direkt auf dem Parasphenoid, wie 
oben beschrieben, und zeigt, dass die Höhe des Kopfes hier sehr gering war. Nahe dem Aussenrand 
liest auf beiden Seiten ein kleines Foramen (Taf. XIX, Fig. 2). Die Alisphenoidea greifen an der 
hinteren Grenze ein und sind zwei nahezu quadratische Knochen, die in der Mitte durch den Wulst 
auf dem Parasphenoid getrennt sind. Jedes trägt nahe an seinem Aussenrand ein Foramen, wahr- 
scheinlich für den ersten Zweig des Trigeminus. Ein Basisphenoid ist nicht vorhanden. 

ÖOtica. — Das Prootieum ist ein rechteckiger Knochen, breiter als lang; seine vordere 
Grenze mit dem Alisphenoid liest der Einschnürung des Parasphenoid gegenüber. Die zwei Prootica 
stossen bei meinem besten Exemplar in der Mitte beinahe zusammen, so dass ich glaube, ‘dass sie 
ursprünglich durch einen Knorpel verbunden waren. 

So würden die Prootica den Boden der Gehirnhöhle bilden. Nahe an der inneren Seite des 
Prooticums liegt ein Foramen für den Gesichtsnerv. Die vordere untere Ecke des Hyomandibular- 
Gelenks befindet sich an dem Prooticum. Das Opisthotiecum ist ein grösserer, rechteckiger, mehr 
langer als breiter Knochen; es grenzt nach innen an das Basioceipitale und bildet die Seite der Hirn- 
höhle. Fast ganz hinten ist ein schmales Foramen entweder für den Glossohyal- oder Vagus-Nerv. 
Darüber und seiner ganzen Oberseite entlang liegt das Pteroticum, ein primärer Knochen, der den 
grössten Theil des Hyomandibular-Gelenks trägt. Das lange schmale Pteroticum ist mit dem Squa- 
mosum eng verschmolzen, mit welchem es den hinteren Sporn bildet. Das breite dreieckige Spheno- 
ticum bildet den Postorbitalfortsatz, ist aber vollständig durch das Frontale überdeckt. Der restirende 
obere vordere Winkel des Hyomandibular-Gelenks liegt am Sphenoticum. Spuren eines eigenen Epio- 
ticums sind nicht vorhanden. 

Oecipitalia. — Das Basi Oeeipitale ist ein starker, keilförmiger Knochen, der den hinteren 
Theil des Bodens der Hirnhöhle bildet. Die Unterseite ist hinten tief eingekerbt, wie für ein mäch- 
tiges Ligament, aber fast die ganze Unterseite ist durch das Parasphenoid bedeckt. Das tief aus- 
gehöhlte hintere Ende bildet eine conische Grube für die Chorda. Doch ist der hintere Rand dieser 
Grube nicht eben wie bei Fischen mit verknöcherten Wirbeln, sondern die obere Grenze neigt sich 
nach vorn, in der Mitte geht aber eine lange, schlanke Zunge nach hinten (Taf. XIX, Fig. 1). Diese 
Zunge, die ganze innere und die Randfläche hinten am Basioeeipitale sind granulirt, wie die mit 
Knorpel bedeckten Knochen. Diese sonderbare Structur des Basioceipitale fasse ich als vollgültigen 
Beweis dafür auf, dass die Wirbel nicht verknöchert waren. Abgesehen von dieser eigenthümlichen 
Ausbildung des Basioceipitale ist bei über 50 schon bekannten Exemplaren kein einziger Wirbel be- 
kannt. Die Exoccipitalia scheinen stark nach vorne geneigt gewesen zu sein. Sie sind gross, 
schliessen ein mässig grosses Foramen magnum ein und treffen darüber in einer langen Mittelnaht 


! Der von Ferıx bemerkte Kiel kommt nur bei P. nitida Copr vor. 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 23 


— 18T — 


zusammen. Hinten sieht man Ansatzstellen für starke Muskeln in der Form von rauhen Wülsten, 
einen in der Mitte und je einen auf jeder Seite über dem Foramen magnum. Zwischen diesen Wülsten 
verläuft auf jeder Seite eine lange schräge Furche und von der Mitte an zwischen den zwei Wülsten 
eine zweite kurze Furche, die im Foramen magnum endet (Taf. XIX, Fig. 2). Das Supraoceipi- 
tale fehlt wie gewöhnlich bei den Ganoiden. 

Palato-Quadratbogen. — Das Hyomandibulare wird von Fenıx ' als grosser dünner Knochen 
abgebildet, unglücklicherweise fehlen aber die Gelenkflächen. Das Quadratum ist unbekannt, ebenso 
das Palatinum und die Meso- und Meta-Pterygoide. Ein langer dünner Knochen mit Granularzähnen 
stellt wahrscheinlich das Pterygoid dar. Viele von den Opercularknochen sind fragmentarisch erhalten 
und zeigen, dass sie glatt und dünn waren, eine leichte Unregelmässigkeit nahe am Rand ausgenommen. 
Das Operculum ist sehr gross. 

Kiefer. — Die dreieckige Praemaxilla ist nach vorn mehr oder weniger verjüngt, hinten 
aber breit. Längs des oberen Randes trägt sie eine Rinne, an welche die eingebogene Kante des 
Frontale stösst. Der hintere Theil ist eine breite Platte, deren Innenseite für die Aufnahme eines 
langen Dornfortsatzes der Maxilla ausgehöhlt ist. Der Unterrand trägt zahlreiche Zähne, ganz vorn 
eine Reihe kleiner Granularzähne; hinter diesen kommt im tiefen Alveolen eine Reihe von grossen 
Fangzähnen. 3—6 Alveolen für Fangzähne sind vorhanden, die indessen nie alle gefüllt sind, da nur 
die Hälfte der Zähne zu gleicher Zeit funktionirt. Schliesslich stehen hinter einem grossen Zwischen- 
raum hinten noch 3—4 kleinere Zähne in Alveolen als Fortsetzung der Maxilla-Reihe. Die Maxilla 
ist ein langer, schlanker Knochen, längs des Zahnrandes verdickt. In der Mitte ist sie schlanker und 
wird gegen jedes Ende hin breiter. Vorn trägt sie einen langen Dornfortsatz, welcher sich von hinten 
her in die Aushöhlung auf der Innenseite der Praemaxilla legt. Sie trägt eine einzige Reihe von mehr 
oder weniger zusammengedrückten kräftigen Zähnen in Alveolen. Bei manchen Species sind die Zähne 
stark nach vorn geneigt. Der Unterkiefer setzt sich aus einem Dentale, Articulare und zwei 
Splenialia zusammen. Das Dentale ist gross, vorn recht dick und der Dentalrand krümmt sich vorn 
in sehr charakteristischer Weise nach unten (Taf. XIX, Fig. 7). Auf jeden Fall sind, soweit ich die 
Verhältnisse prüfen konnte, drei Alveolen für vordere Fangzähne vorhanden, von denen die erste 
Alveole fast direkt nach vorwärts zeigt. Hinter diesen Fangzähnen folgt eine grosse Lücke, in welcher 
nur Granularzähne den Rand bedecken, und zwar dem Spleniale gegenüber. Dahinter trägt das Den- 
tale eine einzige Reihe grosser Zähne in Alveolen. Der Zahnrand ist innen beträchtlich verdickt und 
die Fläche mit kleinen Granularzähnen bedeckt. Das vordere Spleniale ist ein annähernd halb- 
kreisförmiger Knochen, gegenüber der Innenseite des Dentale, gerade hinter den drei Fangzähnen. Auf 
dem Aussenrand steht eine Reihe kleiner conischer Zähne in Alveolen; nach innen zu stehen zwei 
grosse Fangzähne, welche vorgeneigt sind. Die Alveolen dieser Zähne nehmen die ganze Tiefe des 
Spleniale ein. Dahinter und gegenüber dem hinteren Theil des Dentale liegt eine zweite dünne Platte, 
das hintere Spleniale °, dessen Innenseite mit kleinen Granularzähnen bedeckt ist. Dieser Knochen ist 
indessen nicht so eng mit dem Dentale verbunden wie das vordere Spleniale und fehlt da, wo das 
Dentale lose gefunden wird. Er ist nur bei dem eimen von Ferrx untersuchten Exemplar bekannt; 
ein Hypsocormus des britischen Museums zeigt allerdings dieselbe Structur. Das dicke Articulare 
ist keilförmig, hinten mit einer seichten ovalen Gelenkpfanne, welche auf ihrer Oberfläche mit Knorpel 


! Zeitschr. d. deutschen geolog. Gesellsch. Bd. 42. 5. 278. Fig. 1. Taf. XIII. 
? Vgl. Ferıx, Taf, XI, Fig. 1. Spl. p. 


219 


ausgekleidet gewesen sein muss. Von dem von Ferıx beschriebenen Pracdentale weiss man jetzt, dass 
es auf einen Bruch zurückzuführen ist. 


Zähne. — Die Zähne lassen sich am besten in fünf Gruppen betrachten: 1) die Fangzähne, 
die srössten und mächtigsten, seitlich comprimirt, vorn und hinten mit Schneiderändern. Sie variiren 
an Grösse zwischen 10—20 mm ausserhalb der Alveolen, wozu noch ebensoviel in den Alveolen kommt. 
Jeder Vomer trägt einen Fangzahn, jede Praemaxilla 4—6, je nach der Species, das Dentale immer 
3, das vordere Spleniale 2, was bei P. penetrans z. B. 22 Fangzähne resp. Alveolen für Fangzähne 
ausmacht, denn nicht alle Alveolen sind mit gleichzeitig funktionirenden Zähnen besetzt. Die Fang- 
zähne richten sich alle nach vorn und sind je nach den verschiedenen Knochen in verschiedenem Grade 
zusammengedrückt. Der innere Theil der massiven Zähne zeigt unregelmässige Falten von Vasodentin 
und gewährt das Aussehen eines Haifischzahns. Die Structur der Zähne beweist ein ähnliches Wachsen 
derselben unter dem Einfluss der Entwicklung von Dentin-Lamellen ', welche allmählig die Haversischen 
Kanäle der Pulpahöhle umschliessen. Ferix ? giebt eine Abbildung eines Fanszahnschlifies. Die zweite 
Gruppe ist die der Maxilla- und Dentalzähne, die kleiner, aber auch massiver sind und in tiefen Alveolen 
stehen. Sie sind, je nach der Species, mehr oder weniger zusammengepresst und zwar die Maxillazähne 
immer mehr als die Dentalzähne. Die Structur ist der obigen ähnlich, aber weniger complicirt. 
Owen’ gibt eine gute Abbildung unter dem Namen Saurocephalus (aber die Saurocephalus-Zähne sind 
hohl und mit denen von Profosphyraena nicht im geringsten vergleichbar). 3) haben wir eine Gruppe 
von eonischen, massiven, längsgestreiften Zähnen in seichten Alveolen, dieselben treten am vorderen 
Spleniale, vorn an der Praemaxilla und am Dentale gegenüber dem vorderen Speniale auf. 4) mögen 
die kleinen massiven Granularzähne am hinteren Spleniale und innen am Dentale erwähnt werden. 
5) tragen auch die Parasphenoid- und Pterygoidknochen winzige, hohle, conische Zähne *,. Dieser letzte 
Typus ist bei fast allen Fischen verbreitet, sie treten im Munde und auf der Haut auf und sind nach 
dem Typus von Herrwıs's® Zähnchen gebaut; sie sollen hier immer „primäre Zähnchen“ genannt werden. 

Zahn-Ersatz. — Von den Protosphyraena-Zähnen wurde behauptet, dass sie einander von 
unten nach oben ersetzen. Aber ich finde, dass Protosphyraena in Uebereinstimmung mit allen 
Fischen, deren Zähne in Alveolen ruhen, ihre neuen Zähne nahe dem oberen Rande der Alveolen bildet 
und seitlich eine Höhle in die alten Zähne eingräbt und zwar in folgender Weise: Innen an der Al- 
veole, gerade unter dem Zahnrand. wird der neue Zahn gebildet, dieser oder das ihn umgebende 
Gewebe gräbt in die Seite des alten Zahns eine Höhlung, die allmählig grösser wird, bis die Spitze 
des alten Zahnes abbricht und den jungen in der Alveole, aber über einer alten Zahnwurzelmasse 
übrig lässt. (Dieses Stadium ist Taf. XIX, Fig. 4 abgebildet.) Nachdem die alte Wurzel allmählig 
resorbiert ist, wächst der junge Zahn zu seiner vollen Grösse aus und wird in der alten Alveole 
befestigt. Dies ist der Vorgang bei dem classischen Fall der Crocodilia®, der so lange als Beispiel für 
den Ersatz von unten nach oben eitirt wurde. Eine andere bemerkenswerthe Erscheinung bei Proto- 
sphyraena ist, dass gewöhnlich bei den verschiedenen Kieferknochen fast jeder zweite Zahn fehlt. Noch 
auffallender ist, dass man bei Schnitten jeden zweiten Zahn in irgend einem Stadium des Ersatzes findet. 
! Vgl. Röse über trabicular. Dentin, Anat. Anzeig., 1897, Bd. XIV, S. 59. 

2 Taf. XIV, Fig. 5, S. 289. 

® Odentographie, Pl. 55. 

* Ferıx, Taf. XIV, Fig. 7. 

® Morph. Jahrb. Bd. 1876, S. 328. 

® Röse, Morpholog. Arbeiten, Bd. III. S. 224 —26. 


oe 


Bei den Fangzähnen ist oft beobachtet worden, dass nur einer von den zwei Vomerzähnen funktionirt 
und dass von den fünf Alveolen an der Praemaxilla nur zwei oder drei funktionirende Zähne besitzen. 
Selbst wenn der Kiefer voll von Zähnen zu sein scheint, findet man bcı sorgfältiger Präparirung, dass 
die alternirenden alten Zähne schon etwas ausgehöhlt erscheinen für jüngere Zähne, durch welche sie 
ersetzt werden sollen. Nicht nur bei diesem Genus habe ich die Erscheinung bemerkt, dass jeder 
zweite Zahn in irgend einem Ersatzstadium gefunden wird, sondern bei jedem im Folgenden beschrie- 
benen Genus haben wir die gleiche Erscheinung und die „allgemeine Uebersicht“ wird zeigen, dass 
dasselbe bei einer ganzen Reihe recenter Fische, Amphibien und Reptilien der Fall ist. Es lässt sich 
also ein Gesetz, das aus diesem Genus abgeleitet ist und das noch weiter entwickelt werden soll, er- 
kennen, dass bei allen Fischen, deren Zähne in regelmässigen Reihen stehen, mögen sie pleurodont, 
theocodont oder acrodont sein, der Zahnersatz durch einen regelmässigen Wechsel von 
zwei Zahnsätzen stattfindet, deren einer mit dem anderen auf allen Zähne tragenden 
Knochen abwechselt. 

Hyoid-Apparat. — Die Hyoid-Knochen sind schwach. Das Interhyale ist klem und drei- 
eckig, das ebenfalls kleine Epihyale hat ein gerundetes Gelenk am schlanken, langen Ceratohyale 
Das Urohyale ist ein hoher, dreieckiger Knochen mit einem verdickten vorderen Ende. Die Bran- 
chiostegi * sind zahlreiche, kurze dünne Platten; die Branchialbogen die normalen muldenartigen 
Knochen. 

Wie oben bemerkt, waren die Wirbel, wie bei Hypsocormus, nicht verknöchert, Bei einem 
Exemplar sind lange schlanke Haemapophysen erhalten, aber sie geben keinen Aufschluss über ihre 
Basis und dienen nur als Beweis, dass die Wirbelkörper nicht verknöchert waren; denn ich kann nicht 
einsehen, wie die Haemapophysen erhalten bleiben konnten, während solide Wirbel verloren gegangen 
sein sollten. 

Schulter-Gürtel. — Das Cleithron war verknöchert, wie ein Exemplar zeigt, von dem ein 
beträchtlicher Theil erhalten ist. Die Scapula ist ziemlich häufig gefunden, ist aber ziemlich schwer 
zu deuten. Sie ist sehr kräftig und scheint mit dem Coracoid verschmolzen zu sein. Es sind Gelenk- 
flächen für 7 Baseosten vorhanden, 6 in einer Mulde hinter einander, die siebente vordere steht ausser- 

halb der Linie gegenüber einem abgerundeten Kopf, der direkt mit den Flossen- 

® e) strahlen artikulirte, unter denen die Gelenkpfanne 2 sich findet. Der eigenthümliche 
Bau dieser Scapula veranlasste Copr°, eine eigene Ordnung für diese Flossen auf- 

zustellen. Vor dem oben genannten Knopf befindet sich ein Foramen, welches ich 
für das Scapular-Foramen halte; wenn das der Fall wäre, würde daraus hervor- 


oO 
= gehen, dass die Baseosten-Reihe ungefähr vertical stand. Was die Baseosten selbst 
1 betrifft, so zeigt das nebenstehende Diagramm ihre Anordnung, von der Flossen- 
jagramm 


der Anordnung seite aus gesehen (Fig. 1). Der schwarze Fleck ist eine Pfanne in den Flossen- 


der Baseosten bei strahlen für den Scapula-Kopf. Der einzelne unsymmetrische Baseost ist sehr kurz 
der Brustflosse und dick, die andern sind längliche flache Stäbchen, die letzten besonders schlank. 
einer Protosphy- ; : : a 6 5 e 

en u Die Brustflossen sind jene wunderbaren Waffen, für die man die verschiedensten 


Namen erfunden hat; Maxtern nannte sie Dornen verwandt mit Balistes, Acassız“ 


1 Ferıx, Taf. XII, Fig. 3, R.B.». 
2 Diese Pfanne hat mir A. S. Woopwarp auch bei Hypsocormus gezeigt. 
3 Rep. U.S. Geol. Surv. Territ. S, 244 a. 


4 Poiss. Foss. 1837, vol. III, S. 56. 


— 21 — 


Dornen von Pfychodus und CorE Pelecopterus; der letztere erkannte später ‘ ihre Zugehörigkeit zu 
Protosphyraena. Aber bis heute sind nur für sehr wenige dieser Flossen die ihnen entsprechenden 
Schädelreste bekannt geworden. Eine Species von Pelecopterus, i. e. P. gladius Copz, halte ich nach 
Analogie mit Hypsocormus für die Schwanzflosse. Die sehr langen, schmalen Brustflossen von Proto- 
sphyraena werden von Dermalstrahlen, die in einen soliden Dorn verschmolzen sind, gebildet. Vorn 
ist die Verschmelzung so vollständig, dass die verschiedenen Strahlen ihre Individualität verlieren, indem 
sie durch eine dünne Schicht von Knochencement bedeckt sind. Hinten ist die Flosse weniger fest 
verschmolzen, so dass beim Zerbrechen die verschiedenen Strahlen auseivanderfallen. Der vordere 
Rand ist scharf, wellenförmig oder gezackt. Die Flosse ist so enorm entwickelt, dass sie nur als eine 
Waffe betrachtet werden kann. 

Bauchflosse. — Von dem Beckengürtel wissen wir nichts. Die Bauchflosse kenne ich an 
einem Individuum, dessen Brustflosse zu der von Corz als P. perniciosa beschriebenen gehört. Sie 
hat 2 Baseosten und neben dem ersten eine Grube, welche auf einen Kopf an dem 
Isehiopubis-Knochen (ähnlich wie am Scapulare) hinweist. Die Anordnung ist 


die im nebenstehenden Diagramm gegebene (Fig. 2). Die Flosse, die demselben @ 9) 

Typus wie die Brustflosse angehört, hat einen verschmolzenen wellenförmigen Vor- oO 

derrand, während sie hinten weniger fest als die Brustflosse verschmolzen ist. Sie Fig. 2, 

ist viel kleiner, mindestens um die Hälfte kürzer, als die Brustflosse desselben In- Diagramm der Anord- 

dividuums. nung der Baseosten 
Schwanzflosse. — Die als P. gladius Copr beschriebene Flosse bei der Bauchflosse 


einer Protosphy- 


scheint mir eine Schwanzflosse zu sein®, weil sie so stark von der als Brust- ren 


flosse bekannten abweicht. Wie bei der letzteren wird ihr Rand von zusammen- 
cementirten Dermalstrahlen gebildet, die aber in einiger Entfernung vollständig frei werden. Wich- 
tiger jedoch ist der Winkel, unter welchem sich die Strahlen dem Rande nähern; nahe an der Basis 
beträgt er 50°, in der Mitte i. e. 400 mm von der Basis 30°. Das lässt auf Fulera schliessen, und 
ebenso der Umstand, dass kein Brustflosse-Strahl sich dem Rande unter einem Winkel von über 15° 
nähert. Wenn man schliesslich eine P. gladius mit einem Hypsocormus-Schwanz vergleicht, so findet 
man, dass die Struetur genau übereinstimmt. Unter den Knochen in der von mir untersuchten Samm- 
lung sind einige flache, ovale, mit einem kurzen Stiel auf einer Seite. A. S. Woopwarn ? betrachtet 
diese als Hypuralia nach der Analogie mit dem ganz ähnlichen Hypurale bei Hypsocormus. Es wäre 
das dann ein unpaariger, mittlerer, vollständig verknöcherter Hypural-Knochen. 

Verwandtschaft. — Die Verwandtschaftsverhältnisse sind schon von Woopwaro ® besprochen 
worden, der Protosphyraena in die Familie der Pachycormidae mit Hypsocormus als nächstem Ver- 
wandten und wahrscheinlichen Vorfahren stellt. Dem stimme ich vollständig bei und füge noch hinzu, 
dass jedes neue Detail den Unterschied noch kleiner macht. Die oben gegebene Anatomie des Schä- 
dels ist für die Ganoiden charakteristisch und Protosphyraena ist die einzige Gattung aus dieser Fa- 
milie, deren Schädel-Anatomie in solcher Genauigkeit bekannt ist. 

Vorkommen. — Nach seiner Bezahnung scheint Protosphyraena eine Tiefwasserform gewesen 
zu sein und thatsächlich findet sich die Gattung nur in Tiefwasserablagerungen. Sie kommt zuerst in 


! Vrgl. A. S. Woopwarn, Proc. Geol. Assoc., vol. X, 1888, S. 521. 
2 Die als P. yigas Srewarn beschriebene Flosse ist auch eine Schwanzflosse. 
® Ann. a. Mag. Nat. Hist., ser. 6, vol. 13, S. 510. 


oe 


der mittleren Kreide der Fort Benton-Group (P. Bentonia Stew.) vor. Hypsocormus ist eine Juraform 
und das Zeitintervall bis zu Protosphyraena ist beträchtlich, aber wahrscheinlich durch den Mangel an Tief- 
wasserablagerungen in der späteren Jura- und der frühen Kreidezeit zu erklären. Protosphyraena kommt 
in Cenoman Turon und Senon vor. Amerika besitzt 7 Species: P. Bentonia‘ Srew., P. penetrans 
Cops’, P. nitida Copz?, P. tenuis nov. spec.°, P. obliqwidens nov. spec.’, P. recurvirostris STEw. ? 
und P. sp. Srew. ' England hat 5 Species*, welche alle auf Rostra begründet sind. Russland bietet 
2 Species’, wie auch Belgien. Aus Sachsen stammen P. dispar ° Hr. und P. marginatus Reuss °, 
die auf lose Zähne begründet sind. 

Die als Pelecopterus ® bekannten Flossen tragen noch spezielle Namen, werden aber bald den 
entsprechenden Köpfen zugewiesen werden können. Erisichthe wiphiodes Copr ’ ist ein abgeriebenes 
Rostrum. P. angulatus Cope ” ist auf lose Zähne basirt. Die verschiedenen Arten sind meistens auf 
Rostra und deren Ornamentirung begründet. Die Praemaxilla ist von allen Schädelknochen am meisten 
charakteristisch in Bezug auf die spezifische Variabilität. Die Zähne dagegen bilden keine Basis für 
die Artenunterscheidung, da sie_sogar bei ein und demselben Individuum sehr stark variiren. 


SOSs 


\ OCHLEIZDEHLISDE DEE, 
GG GGG 


ET, 


Fig. 3. Protosphyraena. Restaurirt !/ıo natürliche Grösse. 


Restauration. — In der beigegebenen Abbildung habe ich versucht, die oben erhaltenen 
Facta übersichtlich darzustellen. Der Kopf ist nach P. nitida Corz, der grössten bekannten Species 
restaurirt. Mit Bezugnahme auf die enge Verwandtschaft mit Hypsocormus habe ich für Protosphy- 
raena die gezeichnete Körperform gewählt mit Berücksichtigung der Grösse und Anordnung für 


STEWARD, Kansas Univ. Quart. vol. 7, S. 27. 
n 5 n Nolan se tglE 
Vrgl. unten. 
Cat. Foss. Fishes Brit. Museum (N.H.) S. 399. 

® Kırsisanorr, 1860, Bull. Soc. Imp. Nat., Moscou, vol. 33, pt. 1, S. 666. 
® Palaeontographica 20, 2, S. 225, GeınıTz. 

” Bull. U.S. Geol. a. Geog. Surv. Terri., 1877, No. 3, S. 822, 

° Proc. Amer. Phil. Soc. Philad. 1872, vol. 12, S. 337. 


174 


Fig. 4. Rostra in natürlicher Grösse, von der Seite angesehen. 
Querschnitte an den Punkten mit Ziffern angegeben. 


a. P. tenuis nov. Sp. , 
b. P. penetrans CoPpE. 
ce. P. nitida Cope. 


oe 


Schwanz und Flossen, wie sie bei Protosphyraena zu beobachten sind. Die Flossen sind die als P. per- 
miciosus CopzE bezeichneten; alle ‚Verhältnisse weisen aber darauf hin, dass sie zu P. nitida gehören. 
Der Schwanz ist P. gladius CorE, wie oben besprochen wurde. Alle Flossen sind in den dem Kopfe 
entsprechenden Verhältnissen wiedergegeben. Die Dorsal- und Ventralflossen sind nach Analogie mit 
Hypsocormus gezeichnet. 

Um den Vergleich der amerikanischen und englischen Formen zu erleichtern, habe ich Um- 
risse und Querschnitte von den an der Figur 4 bezeichneten Stellen der Rostra beigegeben; die Zahlen 
geben immer die Millimeter an. Die Länge der Rostra ist vom Vorderrand des Vomerzahnes gemessen. 
Eine Vergleichung der Praemaxillae ist ebenfalls gegeben, Fig. 5, wo alle auf die gleiche Grösse 
gebracht sind, indem die Länge als das Grundmaass angenommen ist. Die beigegebene Tabelle ent- 
hält die genauen Maasse der verwendeten Praemaxillae. 


P. obliqwidens 
P. nitida 
P. tenuis 


P. penetrans 


Fig. 5. Protosphyraena Praemazxillae in gleicher Länge. 


Tabelle, um die verschiedenen Praemaxillae nach ihren exacten Maassen 
mit einander zu vergleichen. 


| | | Länge vom | No. 
\ Totallänge | Höhe | ersten Fang-| der Fang- 
| | ‚zahn bis vorn zähne 
P. penetrans . . | 90 Sl 2 5 
P.tenms. . . . | u | 21 | —_ 4 
ID D 5 0 96 | 30 34 4 
P. obliquidens . . \ 56 | 19 | 15 5 


Protosphyraena penetrans Cork 1877. 
(Taf. XIX, Fig. 1-5.) 
Bull. U.S. Geol. and Geog. Surv. Terri., No. 3, S. 822. 
Protosphyraena penetrans Frrıx, 1890, Zeitschr. Deutsch. Geol. Gesellsch., Bd. 13, S. 297. Taf. 14, Fig. 1. 
A. S. WoopwaArp, 1895, Cat. Foss. Fishes Brit. Museum pt. 3. S. 409, 


» 5 

Core beschreibt unter dem Gattungsnamen Hrisichthe ein Rostrum, ohne dasselbe abzubilden. 
Feuix bildet ein Rostrum ab und ich konnte einen fast vollständig erhaltenen Kopf mit dieser Species 
identifiziren. Dieser Schädel bildet die Basis der obigen Gattungsbeschreibung, ergänzt durch P. 
tenuis und P. nitida Core. Cope’s spezifische Merkmale sind: „The second species, which I call 
Erisichthe penetrans, has a snout of uniformly oval section at all points. The long diameter of the 
section is transverse. The axis is straight and the form acuminate, the contraction being uniform 


a 


and gradual to an acute apex..... The surface of the beak is thrown into numerous sharply defined 
longitudinal ridges, which more or less inosculate with each other.“ Diese Beschreibung passt voll- 
ständig für das hier auf Taf. NIN und in Textfigur 4 c abgebildete Rostrum. Die äussere Form findet 
sich aber auch bei anderen Species, nur die Verzierung ist für diese Art charakteristisch. Als beson- 
deres Kennzeichen unserer Art gilt noch die dreieckige lange Praemaxilla, welche vorn sehr 
verschmälert ist; sie trägt Alveolen für 5 Fangzähne; der dritte Fangzahn ist 20 mm lang, 8'/a breit 
und 3"/ dick. Vor den Fangzähnen liegt eine einzige Reihe von 7—8 kleinen ('/a—1 mm hohen) 
eonischen Zähnen. Hinter den Fangzähnen stehen 3 oder 4 kleine Zähne, die die Fortsetzung der 
Maxillar-Reihe bilden. Bei gut erhaltenen Excmplaren liegt ausserhalb der Fangzähne eine Reihe von 
winzigen Granularzähnen. Die flache schlanke Maxilla ist an beiden Seiten erweitert. Vorn trägt 
sie einen langen runden Dornfortsatz, der von hinten gerade neben der Praemaxilla liest. Der 
obere Rand der Maxilla ist etwas verdickt, wodurch ihr Querschnitt keilförmig wird. Das hintere Ende 
fehlt, aber auf 72 mm Zahnrand liegen 26 Alveolen in einer einzigen Reihe. Die Zähne sind kurz, 
massiv und seitlich zusammengedrückt. Ausserhalb dieser Alveolarzahnreihe befindet sich eine Reihe 
winziger Granularzähne; das Dentale fehlt. Ein Theil des Pterogoids ist mit kleinen bürstenartigen 
Zähnchen bedeckt. Das Parasphenoid hat vor seiner Einschnürung eine grosse Fläche mit ähnlichen 
Zähnchen und dahinter eine mediane Anschwellung, die indessen bald verschwindet. Die totale Länge 
des Craniums beträgt 398 mm, wobei ein kleiner Theil des Rostrums noch fehlt; die Breite am Post- 
orbitalfortsatz ist 130 mm. Von der Länge kommen 120 mm auf das Rostrum, d. h. auf den Theil 
vor den Vomerzähnen. 

Die Oberseite des Craniums ist granulirt. Die anderen Merkmale der Schädel-Anatomie haben 
keinen spezifischen Wertli und sind bereits bei der Gattungsbeschreibung berührt. 

Vergleichung. — P. penetrans lässt sich von den andern amerikanischen Species sofort 
unterscheiden, wenn Kiefertheile erhalten sind, Das Rostrum von P. temwis und P. obliquidens ist 
ähnlich verziert und niedergedrückt, aber weit schlanker. P. tenws hat nur 4 Zähne in der Prae- 
maxilla und diese ist vorn nicht ausgezogen. Wie P. penetrans hat auch P. obliquidens 5 Fangzähne 
in der Praemaxilla; die Maxillazähne sind aber kürzer und weniger seitlich comprimirt als bei den 
anderen amerikanischen Arten, 


Protosphyraena obliquidens nov. spec. 
(Taf. XX, Fig. 1—4.) 


Dies ist eine zweite Form mit seitlich comprimirtem Rostrum. Die Knochen des kleinen 
Fisches sind sehr leicht und zart. Es liegen nur SO mm vom Rostrum, ferner Praemaxilla, Vorder- 
hälfte des Dentale, eine Brustflosse und viele Fragmente von anderen Knochen vor. Das Rostrum hat 
an den Vorderzähnen einen nahezu quadratischen Querschnitt, ist oben ein wenig breiter als unten, von 


! Ich fand zusammen mit P. penetrans einen winzigen V-förmigen Knochen, Taf. XIX, Fig. 5, der zu P. pene- 
irans gehören kann, wahrscheinlich aber nur zufällig mit den Resten von P. penetrans vermengt wurde, obwohl sonst 
nur wenig dafür spricht, dass die Lage der verschiedenen Knochen überhaupt gestört wurde. Es ist ein medianer Knochen 
von dem Aussehen eines Schildkrötenschnabels, dessen vordere Seite granulirt und augenscheinlich frei ist, während die 
linteren Partien von irgend welchen anderen Knochen bedeckt waren. Ich kann bei Protosphyraena keinen Platz für 
ihn finden; er sieht aus wie ein ähnlicher Knochen gerade vor dem Hyoidapparat eines Plethodus, den A. S. WooDwARD 
beschrieben hat. 

Palaeontographica. Bd. XLVI. 29 


— 226 — 


wo an es langsam in eine spitzige, schlanke, ovale Form übergeht. Oben ist es nahezu glatt, während 
es unten mit kurzen, scharfen, länglichen Wülstchen bedeckt ist. Die dreieckige Praemaxilla senkt 
sich regelmässig gegen das vordere kurze Ende. Vor den Fangzähnen stehen nur 3—3 kleine Zähne, 
worauf 5 Alveolen für die grossen Fangzähne folgen. Hinten ist nur ein Zahn, der zu der Maxillar- 
Reihe gehört. Ausserhalb der Fangzähne ist eine Spur von Granularzähnen vorhanden, aber nur 2 
oder 3 Kronen sind erhalten. Die Maxilla fehlt. Das Dentale, das, soweit es erhalten, sehr leicht 
ist, hat vorne die Alveolen für 3 Fangzähne, von denen der erste fast direkt nach vorwärts zeigt. 
Dahinter ist eine Lücke von etwa 40 mm, bevor die regelmässige Reihe der Dentalzähne beginnt. 
Diese seitlich stark comprimirten und scharfkantigen Zähne sind nach vorwärts geneigt und bilden mit 
dem Zahnrand einen Winkel von etwa 60°, eine Erscheinung, auf welche der Artnamen hinweist. 
Ausserhalb dieser Reihe liegt eine andere von Granularzähnen und innen auf breitem verdicktem Zahn- 
rand eine Fläche feiner Granularzähne. Das breite vordere Spleniale reicht von dem zweiten Dentale- 
fangzahn zurück bis zum ersten Alveolarzahn. Ausserhalb der zwei leicht nach vorn geneigten gewöhn- 
lichen Splenialefangzähne liest ein Band mit kleinen, conischen, longitudinal gestreiften Alveolarzähnen 
mit etwa 3 Reihen von Zähnen von '/,—2 mm Höhe. Der proximale Theil der Brustflosse, 
Taf. XX, Fig. 1, bildet eine kräftige Waffe, die sich aus 23 sehr eng am Vorderrand, weniger am 
Hinterrand verschmolzenen Strahlen zusammensetzt. Vorn ist der Rand gerade, wie zahlreiche Frag- 
mente zeigen, und mit Cement bedeckt, das senkrecht zum Rand fein gestreift ist. Das proximale 
Ende ist so in die Scapula und Baseosten hineingepresst, dass sich die Verhältnisse dort nicht klar- 
legen lassen. Die Grenze der Aussenseite der Dermalstrahlen, wie sie an den Baseosten enden, steht 
fast vertical, während die Enden der inneren Dermalstrahlen eine sehr schräge Linie bilden. 


Vergleichung. — Die Reste der Hintertheile des Kopfes zeigen nicht nur einen viel leich- 
teren Bau als P. penetrans, sondern das Opisthoticum ist verhältnissmässig auch kürzer. Das Para- 
sphenoid ist sehr schwach und die mediane Anschwellung hinter der Einschnürung des Prooticum sehr 
niedrig. P. obliqwidens gleicht der P. tenuis sehr, hat aber an der Praemaxilla 5 Zähne, wo letztere 
nur 4 hat. Das Spleniale hat ein Band von 3 Zahnreihen, wo P. obliguwidens nur eine Reihe hat. 
Schliesslich ist der Flossenrand von P. tenuis gerade, hingegen bei P. obliquidens ist er wellenförmig. 
Die englische P. tenwirostris A. S. Woopw. hat das gleiche schlanke, aber weniger zusammengepresste 
Rostrum. 


Protosphyraena tenuis nov. spec. 
(Tafel XX, Fig. 5—7.) 


Diese Form ist mit der vorigen verwandt, unterscheidet sich aber wie folgt: Sie ist ein kleiner, 
schlanker Fisch mit einem besonders langen, schlanken Rostrum, von dem ich 3 Exemplare besitze, 
jedes mehr oder weniger vollständig. Das abgebildete Exemplar ist an der Basis durch Seitendruck 
zerbrochen, der Querschnitt erscheint, wenn man für diesen Theil ein anderes Individuum heranzieht, 
höher als breit, die grösste Breite befindet sich gerade über der Mitte. Das Rostrum verläuft all- 
mählig in eine scharfe Spitze, die sehr bald im Durchschnitt oval wird und breiter als hoch ist. Die 
Längsaxe ist nahe der Mitte des Rostrums leicht nach aufwärts gebogen. Die Oberfläche ist spärlich 
mit kurzen Wülsten verziert, während die Unterseite dicht mit kurzen, scharfen, selten anastomosiren- 
den Wülstchen ähnlich wie bei der vorigen Species bedeckt ist. Das zweite Exemplar, das mit dem 
obigen in allen Kieferknochen, in Bezahnung und allgemeiner Form übereinstimmt, ist vollständig mit 


dieser typischen Verzierung bedeckt. Ich halte das jedoch für eine individuelle Variation. Die Vomergegend 
ist dadurch, dass sie weniger Raum wie gewöhnlich einnimmt, bemerkenswerth; die Vomerfangzähne sind 
stark comprimirt. Das vordere Ende der leichten, dreieckigen Praemaxilla ist, obgleich abgebrochen, 
augenscheinlich sehr verjüngt. Es sind 4 Alveolen für Fangzähne vorhanden und dahinter ein Raum 
von etwa S mm, bevor die Maxilla-Zahnreihe beginnt; 3 Zähne davon sitzen an der Praemaxilla. Längs 
des äusseren Randes befindet sich eine Reihe von winzigen Granularzähnen. Der mittlere Theil der sehr 
dünnen flachen Maxilla ist beträchtlich eingeschnürt, der hintere Theil bildet eine breite Platte. Auf 
53 mm Zahnrand sitzen 35 Zähne oder vielmehr Alveolen, da die Hälfte der Alveolen leer ist. Die 
Zähne sind comprimirt und beträchtlich länger als bei P. penetrans. Ausserhalb dieser Alveolarzähne 
befindet sich auf einem erhöhten Rand eine Reihe von Granularzähnen. Der vordere Theil der ab- 
gebildeten (Taf. XX. Fig. 7 b) Maxilla ist verloren, aber ein anderes Exemplar zeigt, dass dort ein 
sehr langer Fortsatz für die Praemaxilla gewesen sein muss, ein Fortsatz, der im Querschnitt oval 
erscheint. Das Dentale ist zierlich, es trägt vorn die üblichen 3 Fangzähne und nach einem be- 
trächtlichen Zwischenraum beginnt dahinter die Reihe der stark comprimirten Alveolarzähne, welche 
lang und nach vorwärts geneigt sind; mit dem Zahnrand bilden sie Winkel bis zu 60°. Aussen ist 
eine Reihe von Granularzähnen und ebenso innen am verdickten Zahnrand ein Streifen kleiner Gra- 
nularzähne. Das wie gewöhnlich halbkreisförmige Spleniale hat 2 ziemlich dicke Fangzähne, ausser- 
halb deren eine einzige Reihe von kleinen conischen Zähnen steht. Der Schultergürtel zeigt das 
verknöcherte Cleithron und entspricht den in der Gattungsbeschreibung behandelten Verhältnissen. Die 
linke Brustflosse ist bis zu 360 mm d. h. nahezu vollständig erhalten. Sie ist ziemlich breit und aus 
nur 18—20 eng verschmolzenen Strahlen zusammengesetzt. Ihr vorderer Rand ist durch eine Cement- 
schicht besonders bewehrt und leicht wellenförmig. Die Dermalstrahlen sowohl von der Aussen- als 
auch der Innenseite enden in einer nahezu verticalen Linie. Das Cranium ist ganz ähnlich dem von 
P. penetrans, nur ist es etwas leichter und schlanker. Auf dem Parasphenoid vor der Einschnürung 
des Prooticum liegt eine grössere mit winzigen Zähnen bedeckte Fläche. Hinter der Einschnürung 
folgt keine Anschwellung, wie eine solche bei anderen Arten vorkommt. Das Opisthoticum ist ver- 
längert wie bei P. penetrans. 

Vergleichung. — P. tenwis ähnelt am meisten der P. obliquidens, unterscheidet sich aber 
von jener Species, wie oben auseinandergesetzt wurde. Die Praemaxilla trägt nur 4 Zähne. Das 
Rostrum ist schlanker als alle sonst bekannten und weniger gekrümmt als bei P. recurvirostris STEw. 
Die englische P, fenuirostris ist unserer Art ähnlich, wenn auch nicht so schlank, bis jetzt kennen 
wir aber nur das Rostrum dieser englischen Form. 


Protosphyraena nitida Core 1872. 
(Tafel XIX, Fig. 6—7.) 
Proc. Acad. Nat. Sci., Philad., S. 280. 
Erisichthe nitida Core 1874, Bull. U.S. Geol. and Geog. Sury. Terri., No. 2, S. 42. 


E = „ 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Terri., vol. II. S. 217. Taf. 48, Fig. 3, 4 u. 6. 
:s 5 „ 1877, Bull. U.S. Sury., No. 3, S. 822. 
Protosphyraena nitida Ferıx 1890, Zeitschr. Deutsch. Geol. Gesellsch. Bd. 42. S. 279, Taf. 12 u. 13. 
= „ 4A.S. Woopw. 1895, Cat. Foss. Fishes Brit. Museum, S. 408. 


Die erste Notiz über diese Art besteht nur in der Angabe, dass Cop (dieselbe in einer Sitzung 
der Acad. of Nat. Science erwähnte. Im Jahre 1874 wurde die Praemaxilla, damals Maxilla genannt, 


oe 


mit einem vorderen Fragment des Unterkiefers von Core beschrieben. 1575 bildete Core! diese 
Knochen ab und 1877 konnte derselbe Autor das Rostrum dazufügen. Feuıx, der eine sehr voll- 
ständige Beschreibung dieser Species gibt, bemerkt zum Rostrum: „Die eine Fläche ist glatter als die 
gegenüberliegende; einen ‚strong angle‘ bilden freilich diese beiden Contourlinien noch nicht.“ Wenn 
man aber die Praemaxilla und das Dentale zum Vergleich heranzieht, so ist klar, dass Ferıx, Exem- 
plar die wahre P. nitida des Originaltypus ist. Fig. 5 und 5a bei CorE? scheinen mir aber nicht 
zu der oben erwähnten Praemaxilla zu gehören, denn bei drei untersuchten Individuen sind die Zähne 
gerade und nicht nach vorwärts geneigt wie bei Cope's Fig. 5. Für die Detail-Anatomie vergleiche man 
Ferıx; ich will hier nur die spezifischen Merkmale geben. Das dicke Rostrum läuft rasch in eine 
stumpfe, runde Spitze aus. An den Vomerzähnen ist es fast so breit wie hoch, am breitesten nahe 
dem Unterrande. Die Vomerfläche ist bei dieser Species sehr gross. Das fast runde Rostrum spitzt 
sich rasch zu. Das mir vorliegende zeigt keinen seitlichen „strong angle“, sondern ist von derselben 
Form wie das von Feuıx. Die Oberfläche ist mit kurzen, scharfen, länglichen Wülsten bedeckt, welche 
auf der Oberseite regellos und stark anastomosiren; auf der Unterseite ist das Anastomosiren so stark, 
dass dadurch ein Netzwerk entsteht. Das Vorderende der dreieckigen Praemaxilla ist ähnlich wie 
bei P. penetrans zu einer langen starken Spitze ausgezogen, die zahlreiche kleine conische Zähne trägt. 
Die Praemaxilla wird da tiefer, wo die Fangzähne, deren Zahl nur 4 beträgt, beginnen. Dahinter, 
aber mit keiner beträchtlichen Lücke, beginnt die Maxilla-Reihe, repräsentirt durch 4 auf der Prae- 
maxilla stehende Zähne. Die gewöhnliche äussere Reihe feiner Granularzähne findet sich hier eben- 
falls. Die Maxilla ist ziemlich kräftig, besonders oben verdickt, und hat keilförmigen Querschnitt; 
in der Mitte ist sie nicht eingeschnürt. Ein langer runder Fortsatz (in einem Falle 35 mm lang) setzt 
von hinten her neben der Praemaxilla ein. Das sehr kräftige Dentale hat vorn Fangzähne, hinter 
denen eine Lücke von 45 mm folet, bevor die regelmässige Alveolar-Zahnreihe beginnt. Die Zähne 
der letzteren sind sehr gross und gerade, nehmen nach hinten an Grösse zu, so dass die hinteren 
Zähne sehr gross werden, manche 9 mm hoch und alle stark comprimirt. Auf der Innenseite liegt 
das gewöhnliche Band von Granularzähnen. Das grosse Spleniale trägt auf der Innenseite 2 Fang- 
zähne und aussen ein Band von kleinen conischen Zähnen. Das Band setzt sich aus 1—2 Zahnreihen 
von 1—2 mm Höhe zusammen. Ein zweites Spleniale bei dem von Feuıx beschriebenen Exemplar 
ist eine dünne verlängerte Platte, auf der Innenseite des unteren Theile des Dentale. An seiner Innen- 
seite ist es ganz mit kleinen Granularzähnen bedeckt, während die Zähne weiter oben grösser sind. 
Das Parasphenoid trägt vor der Einschnürung die gewöhnlichen villiformen Zähne und dahinter einen 
kurzen Kiel, der indessen sehr bald verschwindet. 


Vergleichung. — P. ferox Leıwy in England scheint die nächst verwandte Form zu sein, 
hat aber ein stärker comprimirtes Rostrum und eine weniger verjüngte Praemaxilla. 


1 S. 291. 
? Cops 1875, Rep. U.S. Surv., Taf. 48, Fig. 3, 4 u. 6a. 


A ne 


Plethodidae A. S. Woopwarn. 


Thryptodus gen. nov.‘ 
(Tafel XXI, Figur 1—10.) 

Nur einmal ist ein Fisch dieses Typus beschrieben worden und zwar ein Ethmoid-Knochen, 
welcher isolirt gefunden mit Aceipenser* in Beziehung gebracht wurde. Das Stück wurde in der Kreide 
von Sussex gefunden, wo auch die Plethodus-Formen vorkommen. Der Name Thryptodus soll an- 
deuten, dass die Formen dieser Gattung sich augenscheinlich von Mollusken nährten, deren Schalen 
sie zerbrachen. 

Der Kopf ist von rechteckigem Umriss, vorn so breit wie hinten, die Schädelknochen sind 
sehr kräftig, die Kiefer dagegen sehr schwach gebaut. Die Basis der folgenden Beschreibung bildet 
ein mit fast allen Knochen erhaltener Schädel, an welchem nur die Pterygoid- und ein Paar Orbi- 
talia fehlen. 

Ethmoidea. — Das Ethmoid lässt die dicke, plumpe Schnauze in einem breiten, geraden 
Knochen von grosser Dicke enden. Das gerade abgestumpfte vordere Ende ist 12 mm dick, während 
ein klein wenig weiter zurück der Knochen eine Dicke von 32 mm hat. Oben wird die hintere Grenze 
von 4 Lappen gebildet; zwischen den zwei mittleren sind die Frontalia eingeschlossen und auf den 
Seiten sind zwischen je einem äusseren und inneren die Nasalia eingeschlossen. 

Das obere vordere Ende ist mit einigen Grübchen versehen und von ihnen laufen radiale 
Strahlen nach hinten. Der abgestumpfte vordere Theil ist glatt. Der untere Theil wölbt sich ein- 
wärts und bedeckt das vordere Ende des Vomers. Der innere Rand dieses gewölbten Theiles ist auch 
mit Grübchen versehen. Berücksichtigt man die schmale nahe verwandte Form, die A. S. WoopwArn° 
als Plethodus. beschreibt, so erscheint es mehr als wahrscheinlich, dass die Praemaxillae mit dem 
Meso-Ethmoid verschmolzen sind, um diese sonderbare Schnauze zu bilden. Auf jeden Fall gibt 
es in Woopwarp's Form, bei welcher jeder Knochen in situ erhalten ist, keine freien Praemaxillae, 
noch einen Platz für solche; dasselbe gilt auch von der hier beschriebenen Form. Die Eth- 
moidea lateralia sind gross, theilweise unter dem Vomer und dem Parasphenoid liegend; sie reichen 
bis zur Orbitalgegend zurück. Jedes hat gegen die Mitte hin eine etwas erhöhte Narbe, auf welcher 
wahrscheinlich das Palatinum ruhte, 

Dermalknochen. — Die zwei Frontalia sind gross und nehmen an der Bildung des Cra- 
niumdaches einen hervorragenden Antheil. In der Mitte sind sie getrennt bis in die Nähe der Nasalia, 
wo die mittlere Naht blind endist. Sie sind sehr dick und bilden ein weites Dach über der Augen- 
höhle. Die Nasalia sind grosse ovale Knochen, welche zwischen den äusseren Lappen des Ethmoids 


! Oovxıo — zerbrechen, odovs — Zalın. 


A. S. Woopwarn 1890, Proc. Geol. Assoc., vol. XI. S. 31. Taf. 1, Fig. 6 u. 6a, 
3 Ann, a. Mag. Nat. Hist. 1899, May-Number. 


Pr 


liegen und theilweise auf den Frontalia ruhen. Die Parietalia sind rechteckig, stossen in der 
Mitte ihrer ganzen Länge nach zusammen und sind mit Strahlenlinien verziert. Ein gesondertes 
Squamosum ist nicht erkennbar, aber eine Art Schleimkanal läuft vom Frontale quer über das Ptero- 
ticum. Der Vomer ist ein breiter, unpaariger, theilweise vom Ethmoid überwölbter Knochen. Hinten 
lest er sich concav um den vorderen Theil des Parasphenoid herum; Verzierungen und Zähne fehlen 
ihm. Das Parasphenoid ist eine grosse eiförmige, sehr dicke Platte, unten leicht concav und am 
Rande, besonders aber vorn mit Grübchen besetzt; die Mitte und der hintere Theil bleiben glatt. 
Die untere Fläche ist mit einer sehr harten Schmelzschicht überzogen, gegen welche die breiten Ento- 
glossal- und Copula-Knochen beim Zermalmen der Mollusken-Nahrung arbeiten. Dieser stattliche 
Knochen (Taf. XXI, Fig. 3 p. sph.) wird von einem einzigen medianen Orbitosphenoid und hinten von 
den Alisphenoiden getragen. 

Otica. — Alle fünf Otica sind vorhanden. Das Prooticum ist nahezu rechteckig und ist 
von den üblichen Knochen begrenzt; am vorderen hand lässt ein doppeltes Foramen den Gesichtsnerv 
durch, während weiter rückwärts ein schmales Foramen für die Carotis liegt. Nahe am hinteren Rand 
enthielt ein anderes Foramen wahrscheinlich die Jugular-Vene. Das kleine und oben beinahe vom 
Frontale bedeckte Sphenoticum bildet einen schmalen, schlanken Postorbital-Fortsatz. Das Ptero- 
ticum ist sehr gross und erstreckt sich beträchtlich unter die Hyomandibularpfanne bis zum Exoceci- 
pitale. Seine Dorsalseite nimmt einen weiten Raum ein und bildet den hinteren Winkel des Kopfes, 
wohin auch ein Schleimkanal quer vom Frontale verläuft. Die Hyomandibular-Gelenkpfanne ist unten 
gerade abgegrenzt, oben dagegen ist sie eingeschnürt, entsprechend einer Mulde auf dem Hyomandi- 
bulare. So hat die Pfanne einen vorderen und hinteren Theil, die durch einen schwachen Hals ver- 
bunden sind. Das Opistoticum ist ein winziger kleiner Knochen, der auf der Naht zwischen dem 
Pteroticum und Exoceipitale ruht. Ein ganz kleiner Knopf nach hinten zeigt, dass hier ein Ligament 
zum Posttemporal-Knochen befestigt war. Das Epioticum ist ebenfalls klein und dreieckig; es trägt 
einen kaum erkennbaren Knopf, an den das obere Glied des Posttemporale durch ein Ligament ange- 
heftet war. 

Occipitalia. — Das Basioceipitale ist nicht erhalten, die grossen Exoceipitalia sassen 
mit ihrer breiten Basis auf dem Basioceipitale Sie standen fast vertical und bildeten die hintere 
Wand der Gehirnhöhle. Ein ziemlich grosses Foramen an der Basis diente als Durchgang für den 
Vagus. Das Supraoccipitale ist grösstentheils weggebrochen, aber der Rest beweist sein Vorhanden- 
sein und zeigt, dass es nicht gross war und nur einen ganz geringen Antheil an der Bildung des 
Schädeldaches hatte. 

Die Alisphenoidia sind klein, das Orbitosphenoid ist ein unpaariger Knochen, wie die 
einzige Mediannaht auf der oberen Seite des Parasphenoids zeigt. Die Praemaxillen waren, wie oben 
bemerkt, mit dem Meso-Ethmoid verschmolzen. Ich könnte mir auf keine andere Weise die mit Grübchen 
versehene untere Fläche des Ethmoids erklären, denn primäre Knochen werden nicht mit Zahnbein bedeckt. 
Die Maxilla ist ein kurzer Knochen mit einem dicken concaven unteren Rand, dessen gewölbte un- 
tere Fläche mit Grübchen übersät ist, welche aussen in Strahlenlinien übergehen. Der obere Theil ist 
dünn und von beträchtlicher Ausdehnung. Der Zahnrand ist nur mit der gewöhnlichen Schmelzschicht 
überzogen. Der Unterkiefer ist im Vergleich zu dem grossen Kopf sehr klein, sehr dünn und tief; 
seine Kleinheit steht in keinem Verhältniss zu der mächtigen Entoglossal- und Parasphenoid-Partie. 
Er ist kurz und auf seinen Trägern weit vorgestreckt. Der Unterkiefer ist stark einwärts gebogen 
mit einer ziemlich tiefen Symphyse. Der zahnlose Zahnrand ist eine ziemlich breite gekrümmte Platte, 


oe 


die mit Grübchen und der schwachen Zahnbeinschicht bedeckt ist. Der dünne untere Theil des Kiefers 
ist tief und eingebogen. Das Articulare ist eine hohe dünne Platte, welche nur auf eine kurze 
Strecke hin vom Dentale bedeckt wird. Die Gelenkpfanne ist eine tiefe Tasche von beträchtlicher 
Weite, allem Ansehen nach war sie früher mit einer Knorpelschicht bedeckt. Der Mecrkn’sche Knorpel, 
dessen Kürze aus der Depression für das vordere Ende hervorgeht, hatte eine breite, aber dünne 
Basis. Eine besondere Eigenschaft dieses Knorpels ist, dass ein beträchtlicher Theil desselben an 
seiner Basis verknöchert' war. Ein besonderes Angulare war nicht differenzirt. 


Taf. XXI, Fig. 10 scheint die verknöcherte Basis eines Bartfadens zu sein. Nur eine solche 
Basis ist erhalten und ist dadurch interessant, dass sie deutlich auf den Meeresboden, als den Lebens- 
wohnsitz dieses Fisches, hinweist. Sie gleicht vollständig der verknöcherten Basis der Bartfäden bei 
den Siluriden. 


Die Schmelzschicht oder die mit dieser Schicht bedeckten Flächen repräsentiren die Be- 
zahnung dieses Fisches. Im Dünnschliff zeigt eine solche Fläche aussen eine dünne glasige Schicht; 
darunter erscheinen spindelförmige Knochenzellen, welche sehr bald in die manniefach verzweigten nor- 
malen Knochenzellen übergehen (Taf. XXII, Fig. S). Eine solche Schicht bedeckt alle Flächen, die sonst 
in normaler Weise Zähne tragen. Bei genauerer Untersuchung dieser mit Grübchen versehenen Fläche 
findet man kleine, gerundete, körnelige Zähne, so dass die Vermuthung nicht ferne liegt, dass diese 
körneligen Zähne Rudimente einer früheren, vollständigeren Bezahnung vorstellen und dass diese dünne 
Schmelzschicht das letzte Stadium in der Rückbildung der Bezahnung ist. Es ist mir wahrscheinlich, 
dass eine derartige Bezahnung, wie sie die Gattung Pisodus* zeigt, schrittweise auf diese dünne Schicht 
reduzirt wurde, und dass die körneligen Zähne allein schon für frühere abgerundete Zähne sprechen. 
Bei Plethodus liegt der Fall ähnlich, nur dass dort das Zahnbein zum grösseren Theil erhalten blieb, 
wenn auch die einzelnen Zähne zu einer einheitlichen Masse umgeformt sind. 


Das Hyomandibulare ist sehr gross und nach vorn geneigt”. Das obere Ende ist auf beiden 
Seiten verdickt: aussen trägt es eine Mulde, die der Aushöhlung der Gelenkpfanne entspricht. Der 
Opercular-Fortsatz ist ausserordentlich lang und fast direkt nach unten gerichtet; an ihm beginnt fast 
am Ende ein starker, hoch emporragender Wulst, welcher erst aufwärts läuft, sich darauf scharf nach 
unten wendet, dann dem hinteren Rand des Hyomandibulare entlang zieht und schliesslich an dessem 
unteren Rande verschwindet. Ein Foramen durchsetzt das Hyomandibulare; es beginnt auf der Innen- 
seite nahe dem vorderen Rande und tritt aussen gerade hinter dem Winkel des Wulstes heraus. Der 
untere Theil des Hyomandibulare ist verjüngt und umgibt das Metapterygoid. Das Hyomandibulare reicht 
indessen bis zum Quadratum. Das Quadratum hat die Form eines ziemlich schmalen Dreiecks mit 
einem dreieckigen runden Gelenkkopf an einem kurzen Halse. Vorn grenzt es an das Metapterygoid, in der 
Mitte an das Hyomandibulare; hinten hat es einen breiten Vorsprung nach aufwärts. In dem Winkel 
dieses Fortsatzes liegt innen eine schmale Leiste, auf welcher vermuthlich das Symplecticum ruhte. 
Die Reste des Metapterygoids sind sehr dünn; die andern Pterygoidea fehlen. Vorn am Palatinum sieht 
man auf seiner unteren Fläche dieselben Grübchen wie am Kiefer; dadurch ist klar, dass das Pala- 
tinum beim Zermalmen der Nahrung mithalf. 


! Dieses habe ich sonst nur einmal bei einem Karpfen gesehen. 


? Ann. a Mag. Nat. Hist.. 1893, Ser. 6, vol. XI, 5. 357. 
3 S, Restauration Seite 234. 


Das Praeoperculum ist eine dünne, breite Lamelle, deren vordere Kurve mit der hinteren 
des Hyomandibulare parallel läuft. Das Operculum ist eine breite, sehr dünne Lamelle und hat sein 
Hyomandibular-Gelenk ganz nahe dem vorderen oberen Rande. Das Interoperculum ist als ein rauher, 
dünner Knochen ausgebildet. Das Suboperculum fehlt. 

Der Hyoidapparat ist vollständig erhalten und sehr hoch entwickelt. Das Epihyale ist ein 
kurzer, aber sehr tiefer dreieckiger Knochen mit einem langen vorderen Gelenk am Ceratohyale. 
Dieser letztere Knochen ist kurz, dick und breit, nur mässig eingeschnürt. Vorn wird er dicker und 
hat zwei Gelenke; in dem oberen ruht das kreisförmige Hypohyale und in dem unteren das viel dickere 
Basihyale. Das Urohyale ist vorhanden, es ist ein schmaler horizontaler Balken, auf welchem eine 
breite, verticale Lamelle ruht, so dass ein Verticalschnitt ein umgekehrtes j zeigt. 

Die Ursache der Ausbildung so starker unterer Knochen finden wir im Entoglossum und 
der Copula; diese sind zwei mit einander articulirende Knochen von grossem Gewicht und grosser 
Breite, deren Lage lange zweifelhaft war !. Der vordere von diesen Knochen, das Entoglossum, Taf.-XXI, 
Fig. 4, ist dreieckig und oben leicht convex. Die Oberfläche ist mit Grübchen und der Schmelzschicht 
bedeckt; auf einer kleinen Partie am Hinterrande fehlen die Grübchen. Die Unterseite ist strahlenförmig 
ausgekehlt und unregelmässig und ungewöhnlich stark ausgehöhlt. Die Copula ist trapezförmig, unten 
concav und oben leicht convex. Sie ist kräftiger als das Entoglossum, aber weniger verziert. Aussen 
herum läuft ein ganz mit Grübchen besetzter Streifen, die Mitte dagegen wird von einer weiten, 
glatten Fläche eingenommen; das Ganze ist mit Schmelz überzogen. Unten zieht längs der Mitte ein 
breiter Streifen, welcher eine Naht zu sein scheint, an welcher die unterliegenden Phrangealknochen 
ruhten. 

. Vier Knochen des Orbitalrings sind erhalten, drei gehören zu den Supraorbitalien, welche 
mit ihrem oberen Rand am Frontale sitzen, während der untere Rand gerundet ist und die Augen- 
höhle begrenzt. Der hintere Knochen ist oval und liegt gerade vor dem Sphenoticum; der mittlere 
ist rechteckig und liegt direkt über dem Auge, während der vordere, der kürzer als tief ist, am Na- 
sale ruht und den Raum bis zur Maxilla ausfüllt. Der vierte ist ein langer schmaler Knochen, welcher 
irgendwo in die untere Grenze der Augenhöhle gehört. Die Orbitalöffnung scheint länger zu sein 
als tief. 

Branchialia. — Sie scheinen denen des Pseudothryptodus ganz ähnlich gewesen zu sein. Nur 
ein derartiger keulenförmiger Knochen ist erhalten und zwar ein Ceratobranchiale, augenschemlich der 
fünfte. Seine Oberfläche trägt die bekannten Grübchen und die Schmelzschicht. Die untere Fläche 
ist leicht concav, auf beiden Enden rauh für die Aufnahme von Ligamenten. Ausserdem liegen noch 
einige vereinzelte, diesem ähnliche Knochen in der Sammlung, aber ich vermag sie nicht absolut sicher 
diesem Genus zuzuweisen. 

Von den Wirbeln sind S erhalten, alle sehr kurz und scheibenförmig. Der Atlas ist fast 
rechteckig; sein Centrum liegt weit unter dem Mittelpunkt des Knochens. Die folgenden Wirbel 
werden aber bald kreisförmig und haben ihr Centrum in der Mitte. Jeder Wirbel trägt oben nahe 
bei einander zwei Grübchen für die Neuralbogen und unten zwei weiter auseinander liegende für die 
Haemalbogen. Lateralgrübchen sind nicht vorhanden, ebensowenig sind Andeutungen von Verschmel- 
zung der Wirbel zu beobachten, die Form ist ganz einfach. 


’ An der unteren Seite des Entoglossums war ein Iypohyale und ein Basihyale fest eingepresst und nur das 
3asihyale konnte ich wegnehmen. 


— 28 — 


Vergleiehung. — Unter den lebenden Fischen gibt es drei Familien, bei welchen das Para- 
sphenoid als breite Platte entwickelt und wo das Orbitosphenoid unpaarig ist, nämlich die Scope- 
lidae, Gymnarchidae und Albulidae. Gymnarchus ist besonders in der Ohrgegend modifizirt, Thryp- 
fodus nicht, Die Scopeliden besitzen weder ein so ausserordentlich entwickeltes Parasphenoid, noch 
die grossen Entoglossalknochen. Aldula hat ein ähnliches, wenn auch weniger entwickeltes Parasphe- 
noid mit erbsenförmigen Zähnen und ein ähnliches, wenn auch weniger entwickeltes Entoglossum, 
ebenfalls mit erbsenförmigen Zähnen; ferner hat Albula kleine, weit nach vorne geschobene Kiefer und 
die allgemeine Kopfform von Thryptodus. Trotzdem kann Thryptodus nicht in dieselbe Familie ein- 
gereiht werden, denn wo Albula villiforme Zähne an den Kiefern und am Gaumenbein hat, zeigt Thryp- 


Fig. 6. Thryptodus Zitteli nov. sp. */a natürliche Grösse. 


Eth. — Ethmoid, Na. — Nasale, Fr. — Frontale, Pa. = Parietale, Sp.ot. — Sphenotic, 

et.ot. — Pteroticum, op.ot. — Opishtoticum, E.oc. = Exoceipitale, B.oc. = Basioccipitale, Mx. 

— Maxilla, S.ord. — Supraorbitalia, 5’.ord, — Suborbitalia, Hy.md. — Hyomandibulare, Dent. 

— Dentale, Art. — Articulare, Sym. — Symplecticum, P.op. — Praeoperculum, I.op. — Inter- 
operculum, S.op. — Subopereulum, 09. — Operculum. 


todus die Zahnbeinschicht. Zhryptodus hat ferner keine freie Praemaxilla und einen vorn viel 
breiteren Kopf. Desshalb glaube ich, dass Thryptodus in keine der lebenden Familien eingereiht 
werden kann. Woopwarn ! beschrieb einen kleinen Fisch als Plethodus, der im Wesentlichen mit 
Thryptodus übereinstimmt. Der Unterschied liegt nur darin, dass die Schnauze bei dieser Form spitzig 
ist und dass die Maxilla convex statt concav ist, Die von A. S. Woopwarn beschriebene Art wird 
provisorisch zu Plethodus ? gezählt und zweifellos gehört sie diesem Typus an. Die dicke für Pletho- 
dus so charakteristische Zahnbeinschicht fehlt bei Thryptodus. Ich würde also Plethodus, Thryptodus 
und Pseudothryptodus zu einer Familie vereinigen, die Plethodidae, wie sie nach der ältesten und 


! Ann. a. Mag. Nat. Hist. 1899, May Number. 
® Dıxos, Geol. of Sussex, S. 366. 
Palaeontograpbica. Bd. XLVI. 30 


vollständigsten bekannten Gattung zu nennen ist. Diese Familie charakterisirt sich durch das Fehlen 
der Zähne, welche durch eine Zahnbeinschicht ersetzt sind, durch die starke Entwicklung der Para- 
sphenoid-, Entoglossal- und Copulaknochen. Sie ist eng verwandt mit den Albulidae und stammt wahr- 
scheinlich von den Scopeliden ab. Kein Glied dieser Familie ist ausserhalb der Kreidezeit bekannt. 
Pseudothryptodus stellt eine Uebergangsform dar, bei welcher die Praemaxillae noch nicht mit dem 
Ethmoid verschmolzen sind und Spuren der früheren villiformen Bezahnung erhalten sind. 

Die Restauration des Kopfes von Zhryptodus ergab sich aus einer Zusammenstellung der 
Knochen ihrer natürlichen Lage nach, welche dann direkt nach der Natur gezeichnet wurden. Die 
Lücken an Stelle der fehlenden Knochen sind durch punktirte Linien ausgefüllt, der Norm entsprechend, 
die für die Albulidae als die nächsten Verwandten gilt. 


Thryptodus Zitteli nov. sp. 
(Taf. XXI, Fig. 1—10.) 


Es ist dies die grössere der zwei vorliegenden Arten. Der Kopf ist rechteckig, 198 mm lang, 
dicht hinter der Schnauze 103 mm, über den Augen 120 mm und hinten 111 mm breit. Der Ethmoid- 
Knochen hat die erstaunliche Dicke von 27 mm vorn und 32 mm am dicksten Theil. Die detailirte 
Anatomie findet sich oben, in der Beschreibung der Gattung. 


Spezifische Merkmale. — Das Ethmoid ist vorn vertical abgestutzt und glatt, oben mit 
Grübchen versehen, von denen aus nach rückwärts strahlenförmige Linien laufen; der untere innere 
Rand ist ebenfalls mit Grübchen versehen. Der Vomer hat von vorne an auf jeder Seite einen langen 
scharfen Fortsatz, der das vordere Ende des Ethmoid laterale umgibt. Das Parasphenoid ist dick, 
eiförmig, 97 mm lang und 63 mm breit. Das vordere Ende ist mit Grübchen versehen, eine Ver- 
zierung, welche den Rändern entlang allmählig abnehmend fast bis zur hinteren Seite läuft. Die 
Maxilla ist 68 mm lang mit concavem unterem Rande, dessen 12 mm dicke Fläche mit Grübchen ver- 
sehen ist. Die gekrümmte Zahnfläche ist imnen durch eine Furche scharf abgegrenzt. Aussen ist die 
Maxilla mit Strahlen verziert, die nach dem oberen Rand hin laufen. Der Unterkiefer ist 132 mm lang, 
an der Symphyse 19, bei dem Coronoid 50 und am Gelenk 33 mm tief. Der mit Grübchen versehene 
Zahnrand ist an der Symphyse horizontal, krümmt sich allmählig auf seinem Weg nach hinten ein- 
wärts. Das kommt daher, dass der Kiefer nicht vertical steht, sondern sich, besonders hinten, unter 
den Kopf neigt. Das Articulare ist gross, stösst ganz unvermittelt an das Dentale und ist nur wenig 
von diesem Knochen bedeckt. Der Meckkzr’sche Knorpel ist kurz, breit und dünn, seine Basis hat 
einen kleinen Winkel. Das Entoglossum ist ein gleichseitiges Dreieck mit einer Seite von 65 mm. 
Die obere Fläche ist vollständig mit Grübchen bedeckt ausser einer kleinen Partie m der Mitte des 
hinteren Randes, welche glatt und leicht erhöht ist. Die Copula, von deren Hinterende ein kleines 
Stückchen fehlt, ist von abgestumpft ovaler Form, 11 mm dick, 685 mm breit und 52 mm lang. An 
den oberen Rändern der Copula finden sich Grübchen und zwar am meisten hinten. Die ganze Mittel- 
fläche ist glatt. Die Wirbel sind scheibenförmig, 21 mm im Durchmesser; der längste, den ich gesehen, 
ist 12 mm lang. 


— 23535 — 


Thryptodus rotundus nov. sp. 
(Taf. NXII, Fig. 1—2.) 

Von dieser Art sind nur das Parasphenoid und die Copula vorhanden. Es sind das aber 
gerade sehr charakteristische Theile, welche sich von den entsprechenden Knochen der vorigen Art 
wesentlich unterscheiden. Der Fisch dürfte verhältnissmässig klein und leicht gebaut sen. Das Para- 
sphenoid ist fast rund, worauf der Name „rotundus“ Bezug nimmt, unten sehr leicht concav, mit 
einem Diameter von 42 mm. Die untere Fläche ist mit einer dünnen Schicht von zahnbeimähnlicher 
Masse bedeckt. Der äussere Rand ist mit einem Bande von Grübchen bedeckt, und ganz aussen kann 
man viele kleine körnige Zähnchen constatiren. Der Knochen ist ziemlich dünn, oben mit einer Längs- 
naht für das Orbitosphenoid. Die Copula ist annähernd rechteckig, vorn etwas concav und hinten 
eonvex, 41 mm lang, vorn 25 mm und hinten 30 mm breit. Oben findet sich die Schmelzschicht, die 
Mitte ist glatt, die Ränder sind mit Grübchen besetzt, vor allem hinten. Auch hier kommen am Rand 
viele körnige Zähnchen vor. Die Unterseite ist leicht concav mit sanduhrglasförmiger Naht für die 
darunter liegenden Knochen. 

Das britische Museum besitzt einige Parasphenoide von diesem Typus; diese sind aber concaver 
als die, welche mir vorliegen. No. 35585 und 39091 (im British Museum) scheinen mir eine dritte 
Species von Thryptodus zu repräsentiren, die sich durch dieselbe Grübchenverzierung am Rand, 
durch dieselbe glatte Mitteltläche und durch den Mangel an den für Plethodus charakteristischen 
Zahnbeinröhrchen kennzeichnet. Die Form dieser Parasphenoide ist aber wieder dadurch verschieden, 
dass sie fast rund, dick und sehr concay sind. 

Ein weiterer verlängerter Knochen No. P. 5626 im British Museum ist Jongitudinal cannellirt, 
zeigt aber denselben allgemeinen Charakter der Zhryptodus-Parasphenoide und wird vermuthlich eine 
vierte Species bilden. 


Pseudothryptodus nov. gen. 
(Taf. XXII, Fig. 3—8.) 

Einige Knochen, die einem Fische von dem allgemeinen Typus des Thryptodus, aber in primi- 
tiverer Ausbildung angehören, repräsentiren eine neue Gattung Pseudothryptodus. Von hierher gehören- 
den Resten liegen mir vor: 2 Praemaxillae, 2 Entoglossal-Knochen, 1 Quadratum, 3 paarige und ein 
einzelnes Branchiale, 5 Wirbel und einige Orbitalia neben anderen kleinen Fragmenten. Alle diese 
Stücke schienen mir zuerst auf eine Thryptodus-Form hinzuweisen, aber die freien Praemaxillae ergeben 
die Zugehörigkeit zu einer anderen Gattung. 

Die kurzen Praemaxillae sind trapezförmig mit breitem, starkem Zahnrand, der mit Grübchen 
bedeckt ist; der Knochen ist mit einer dünnen Lage von Schmelz überzogen. In der Mitte ist eine 
kleine etwas vertiefte Fläche mit winzigen conischen Zähnen besetzt, die auf erhöhten Ringen sitzen. 
Diese Zähne sind ungefähr 1 mm lang. Die Aussenseite der Praemaxilla ist mit feinen Wülstchen 
bedeckt, die von der vorderen Spitze strahlenförmig auslaufen. Die schräge verdickte Symphyse hat 
eine beträchtliche Ausdehnung. Die anderen Kiefertheile fehlen. Das Quadratum ist schwach und 
verlängert. Der Gelenkkopf des Quadratum sitzt auf einem kurzen eingeschnürten Hals. Das Ge- 
lenk ist parallel zur Längsaxe des Fisches abgerundet. 

Die zwei Entoglossal-Knochen bilden bei natürlicher Lage ein vollkommenes Oval. Der 
vordere oder das Entoglossum, ungefähr '/s des Ganzen einnehmend, ist ziemlich dünn und seine 


— 236 — 


Oberseite mit Grübchen besetzt. Diese sind am Aussenrande am kleinsten und in der Mitte am grössten. 
Der hintere Theil oder die Copula bildet °/s des Ovals und ist dick und stark. Sie ist auf der con- 
vexen Oberseite ebenfalls ganz mit Grübchen bedeckt. Die untere concave Seite zeigt jederseits eine 
gekrümmte Naht; wo die Copula auf dem Hyoidknochen liest, bilden diese Nähte eine &-förmige 
Zeichnung. Keiner dieser Knochen trägt solche Zähne, wie die Praemaxilla, nur gegen die Ränder 
hin stehen viele körnelige Dentieuli, die auf rudimentäre Zähne hinweisen. Von den Branchialia sind 
drei Paare erhalten und ich habe für die Abbildung jene gewählt, die nach meinem Dafürhalten eine 
zusammenhängende Reihe auf der rechten Seite repräsentiren. Der grösste dieser Knochen ist das 
fünfte Ceratobranchiale, welcher Kiemenbogen gewöhnlich unvollständig ist. Es ist asymmetrisch, 
spatelförmig, seine Oberseite mit Grübchen und einer Schmelzschicht bedeckt. Die Unterseite trägt 
einen Längswulst, der am breiten Ende des Knochens median liest und dann gegen den Vorderrand 
hin etwas schräge verläuft, ohne das schmale vorderste Ende des Knochens zu erreichen. Das zweit- 
grösste Ceratobranchiale scheint das vierte zu sein, das ebenfalls mit Ausnahme eines schmalen Streifens 
längs des Vorderrandes mit Grübchen und Schmelz bedeckt ist; der Vorderrand trägt winzige Zähnchen, 
wie sie auf der Praemaxilla stehen. Das nächste Ceratohyale hat die Grübchenverzierung nur an der 
vorderen Grenze und mag den zweiten oder dritten Bogen darstellen. Der erste dünne Wirbel ist 
nach unten in einen langen Lappen ausgezogen. Die folgenden Wirbel sind scheibenförmig und den 
Wirbeln von Thryptodus ähnlich. 


Vergleichende Bemerkungen. — Pseudothryptodus repräsentirt einen primitiveren Typus 
als Thryptodus und entspricht vielleicht der Uebergangsform von noch unbekannten Ahnen zu Thryp- 
todus. Der Entoglossal-Apparat ist dem von T’hrypthodus ähnlich, aber seine Praemaxillae sind frei, 
und das Cranium muss in einem stumpfen Winkel geendet haben. Die Bezahnung zeigt den Ueber- 
sang zu Thryptodus, denn wir haben die Grübchenflächen und in ihrer Mitte eine Reihe von villiformen 
Zähnen. Das Osteoglossum gleicht dem von Thryptodus. 


Pseudothryptodus intermedius nov. sp. 
(Taf. XXIL, Fig. 3—8.) 

Die trapezförmigen Praemaxillae treffen in einem Winkel von ungefähr 100 ° zusammen. Die 
Bezahnung der Praemaxilla bildet eine kleine Fläche bürstenartiger Zähne, umgeben von einer mit Grüb- 
chen versehenen Kaufläche. _Die zwei Entoglossal-Knochen sind zusammen 73 mm lang, 38 mm breit; 
der vordere kleine Knochen des Entoglossum nimmt 27 mm dieser Länge ein. Die Grübchen erstrecken 
sich über die ganze Oberfläche der Knochen. Das fünfte Ceratobranchiale ist 104 mm lang und an 
der breitesten Stelle 23 mm breit. 


Chirocentridae., 


Ichthyodectes CorE 1870. 
Proc. Amer. Phil. Soc. Philad. vol. XI. S. 556. 


Hypsodon Acassız 1834—45, zum Theil, Pois. Foss., vol. V. pt. 5. S. 99. 
Cladocyclas Acassız 1834—45, 1. c. S. 103. 
Ichthyodectes Core 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Territ. vol. II. S. 205. 

Li Newrox 1877, Quart. Journ, Geol, Soc., London, vol. 33, S. 520. 


— 931 — 


Chondrosteus Davıs 1883, Trans. Dublin Soc., Ser. 2. vol. 3, S. 501. 
Ichthoydectes A. S. Woopwarn 1888, Proc. Geol. Assoc. vol. X, 8. 311. 
Cladoeyclas A. S. Woopwarn 18S8, 1. c., S. 325. 

Ichthyodectes Croox 1892, Palaeontographica vol. 39. S. 111. 

Gillieus* O. P. Hay 1898, Amer. Journ. Sci. Ser. 4, vol. V, S. 230. 


CopE begründete diese Gattung auf amerikanisches Material und trennte dieselbe von Portheus 
auf Grund seiner gleichmässigeren Bezalnung. NEWToN zeigte, dass Acassız’s Gattung Hypsodon auch 
Ichthyodectes-Reste enthält und beschrieb zugleich die englischen Arten von Ichthyodectes. Croox be- 
handelte dann die Osteologie des Craniums; seine Abbildungen geben ein klares Bild der Oberseite 
des Craniums; die Unterseite des Craniums wurde dabei nur wenig berücksichtigt. Unter den Schuppen 
von Ichthyodeetes fand ich viele, die sehr an Cladocyelas erinnern, welche Gattung nur durch Schuppen 
bekannt ist. Acassız definirt Cladoeyelas: „J’ai nomme ce nouveau genre Oladocyclas A cause du tube 
des ecailles de la ligne laterale, qui est branchu.“ 


Diese Diagnose stimmt mit derjenigen der Ichthyodectes-Schuppen überein. Form, Grösse und 
Verzierung sind dieselben wie bei Ichthyodectes, und bei der Prüfung des Originals von Cladocyclas 
Leiensis und von Cladoeyclas Gardneri” (des zweiten Typus der Gattung) findet man, dass die bei- 
liegenden Wirbel Ichthyodectes-Wirbel sind. Kurz, die Schuppen gehörten jenem Theil der Gattung 
Hypsodon° an, der jetzt als Ichthyodectes bekannt ist‘. Srewarn 5 schlägt vor, die Familie der Ichthyo- 
dectidae in zwei Aeste zu theilen: 


a) mit Praedentale — Saurocephalus, Saurodon, 


b) ohne Praedentale — Portheus, Ichthyodectes. 
Aus den auf Seite 241 angegebenen Gründen scheint mir diese Theilung unzweckmässig. 


Dermal-Cranium. — Die Frontalia sind sehr gross und reichen bis zum Supraoccipitale, 
welches die zwei ziemlich kleinen Parietalia vollständig trennt. Der Vomer ist zahnlos, nach vorn 
etwas verdickt, um einen Theil des vorderen Maxilla-Gelenkes zu tragen. Das Parasphenoid ist 
ein schlanker, flacher, mehr oder weniger gekrümmter, zwischen den Orbitalia frei liegender Knochen; 
hinter den Flügeln des Prooticums ist es gegabelt und begrenzt seitwärts die zwei Seiten des Augen- 
muskel-Kanals. Hinter dem Prooticum sendet es nach jeder Seite einen langen Flügel, welcher je zwei 
Foramina trägt. 


Primordial-Cranium. — Das Dermoethmoid ist eine breite mittlere Platte, mit welcher 
das Primordial-Mesoethmoid verschmolzen ist °. Es vervollständigt die Gelenkpfanne für die vordere 
Maxilla-Verlängerung und hat seitlich einen pufferähnlichen Fortsatz für den Palatinkopf. Das Eth- 
moideum laterale bildet eine hohe gekrümmte Praeorbitalgrenze. Das Orbitalsphenoid ist eine ein- 


* Dieser auf Ichthyodectes occidentalis begründeten Gattung kommen keine concreten Merkmale zu, welche die- 
selbe von Ichthyodectes unterscheiden. Meiner Ansicht nach sind der leichtere Bau und die geringere Zahnentwicklung 
bloss spezifische Merkmale. 

2 Niemals abgebildet. 

3 Cladocyclas ist eine erst nachträglich eingeführte Bezeichnung für die Schuppen, welche erst als Hypsodon 
bezeichnet waren. 

* Es ist leicht begreiflich, dass lose Schuppen mit Vorsicht behandelt werden müssen; denn die andern Glieder 
dieser Familie können haben und haben wahrscheinlich-auch Schuppen mit einer verzweigten Seitenlinie. 

® Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 21 und vol. 8, S. 110. 

% Das Mesoethmoid scheint paarig zu sein wie bei den Clupeiden. 


zelne mittlere Platte, die einen seichten Becher unter den Frontalia bildet, es hatte wahrscheinlich 
einen vorderen Fortsatz, weil der vordere Rand immer zerbrochen ist, wie bei den Clupeiden. Die 
Alisphenoidea treffen in der Mitte vor dem vorderen Foramen der Gehirnhöhle zusammen. Ein 
kleines, mittleres, hantelförmiges Basisphenoid bildet die Brücke zwischen einem vorderen und hin- 
teren Foramen in den vorderen Theil der Hirnschale. All’ dieses ist typisch clupeoid. Das Pro- 
oticum ! ist breit, ein seitlicher Flügel nach unten bildet die Seitenwand des Augenmuskel-Kanals, 
ein innerer Flügel den Boden der Gehirnhöhle. Es nimmt an der Bildung des Hyomandibular-Gelenks 
und der Schläfengrube Theil. Das Sphenoticum bildet einen starken Postorbitalfortsatz und ist von 
einem Kanal durchbohrt, welcher nur bei wenigen Gattungen vorkommt. Dieser Kanal bietet einen 
abgekürzten Weg von der Orbital- in die Temporalgegend. Denselben Kanal finden wir auch bei 
den Clupeiden. Das Pteroticum betheiligt sich wesentlich an dem Aufbau der oberen Schädelfläche, 
reicht abwärts bis zur Schläfengrube und bildet eine abgeschrägte Fläche längs des hinteren Schädel- 
randes (wie gewöhnlich bei den Clupeiden). Eine tiefe Grube über der Hyomandibularpfanne com- 
plizirt die Gestalt dieses Knochens noch mehr. Das sehr breite Epioticum hindert das Parietale, 
den hinteren Theil des Craniums zu erreichen, und bildet auch den starken hinteren Winkel für den 
Ansatz des Posttemporale. Ein kleines dreieckiges Opisthoticum sitzt gerade über der Naht des Ptero- 
ticums und Exocecipitale. Die tiefe Schläfengrube, welche sich direkt nach unten öffnet, ist von dem 
Pteroticum, Exoccipitale und Prooticum umgeben. Die Hyomandibularpfanne ist meistens in das Ptero- 
ticum eingesenkt, vorn nehmen auch noch das Sphenoticum und Prooticum an der Bildung derselben 
Theil. Das Exoccipitale begrenzt seitwärts das Foramen magnum und bildet die Rückseite der 
Hirnschale. Das Supraoccipitale ist gross, trennt die Parietalia und bildet einen hohen Kamm. 
Die ovale Praemaxilla liegt meistens über dem vorderen Theil der Maxilla und trägt 5—12 in 
Alveolen stehende Zähne. Core hat diesen Zähnen ein besonderes Gewicht für die Species-Unter- 
scheidung beigelegt. Aber hier ist grosse Vorsicht geboten, da die Zahl der Zähne selbst bei einem 
Individuum sehr variabel ist. Ein Exemplar von /. ctenodon z. B. (Taf. XXI, Fig. 7) zeigt 4 Al- 
veolen in der rechten und 6 in der linken Praemaxilla und ein Exemplar von /. hamatus hat 6 rechts 
und 7 links. Im Uebrigen sind die Schädelknochen bei diesem Individuum vollständig symmetrisch 
angeordnet. Core? und auch StewArp ° haben ähnliche Beobachtungen gemacht. Die säbelförmigen 
Maxilla haben 2 Gelenkfortsätze, einen für den Vomer, den andern für das Palatinum neben dem 
schuppigen vorderen Gelenk für die Praemaxilla. Die Maxilla trägt 40—50 Zähne. Der Unterkiefer 
ist sehr tief und vorn abgestumpft wie bei Chörocentrus, aber ohne Praedentale. 24—35 Zähne stehen 
jederseits im Unterkiefer; dieselben sollen einander an Grösse gleichen, aber bei einigen Species kommen 
beträchtliche Verschiedenheiten vor, z. B. bei I. ctenodon und I. hamatus. Die Grenze zwischen 
Portheus und Ichthyodectes ist also eine willkürliche. 

Bezahnung. — Die Zähne sind alle von einem Typus, grosse, mehr oder minder conische 
Zähne in tiefen Alveolen. Doch in den verschiedenen Theilen des Mundes eines einzigen Indivi- 
duums kann grosse Variabilität herrschen. Alle sind hohl, aus einer dünnen Lage Schmelz und einer 
dieken Schicht reinen Dentins gebildet. Gewöhnlich sind sie glatt, doch kann auch die ganze Reihe 
gestreift sein, wie z. B. bei Z. multidentatus Copz, oder es sind nur die Zähne der Maxilla und nicht 


! ÖRoor’s Opisthoticum ist ein Theil des Prooticums, 
2 Rep. U.S. Geol. Surv. Territ. vol. II. S. 201. 
3 Kansas Univ. Quart. vol. 7. S. 21. 


die des Dentale gestreift, wie bei I. hamatus. Die Zähne des Dentale von I. ctenodon sind schräg 
zusammengepresst, kurz und dick, während der Oberkiefer lange, schmale, runde Zähne trägt. Die 
Grösse kann unregelmässig sein wie bei I. cfenodon oder I. hamatus, oder alle Zähne können gleich 
gross sein wie bei /. multödentatus. Die Zahl in einem Kiefer ist sehr constant. 

Zahnersatz. — Bezüglich des Zahnersatzes wurden wiederholt Fehler gemacht, indem be- 
hauptet wurde, dass die jungen Zähne in der Pulpahöhle der alten wachsen und dann die alten Zähne 
ausstossen ‘‘ Um hier Klarheit zu schaffen, will ich den Zahnersatz im Detail besprechen, wie ich 
ihn in Schliffen gefunden habe“. Niemals habe ich einen jungen Zahn an der Basis der Alveole 
gefunden. Gerade innen unter dem Kieferrand erscheinen sie zuerst, und in ihrer Umgebung wird 
der alte Zahn auf der inneren Seite zuerst durch eine Aushöhlung angekerbt, die allmählig wächst 
und die innere Wand des alten Zahnes durchbohrt. Die Aushöhlung wächst noch bis zur äusseren 
Wand, worauf der alte Zahn natürlich abbricht. Der junge Zahn steht dann über der langen Wurzel 
des alten, wobei die innere Wand des alten Zahns stärker ausgehöhlt ist als die äussere. Dieses 
Stadium habe ich von 7. multidentatus abgebildet (Taf. XXI, Fig. 9). Manchmal wird der junge 
Zahn in der Pulpahöhle selbst gefunden, er ist in diese Lage aber nur zufällig durch die durchbohrte 
Seitenwand gelangt. Das ist aber kein Wachsthum aus der Basis der Pulpahöhle. Wie der junge 
Zahn an Grösse zunimmt, absorbirt er von oben nach unten die alte Wurzel, wird aber nicht, 
bevor er vollständig ausgewachsen ist, an die Alveolarwand cementirt. Derselbe Prozess spielt sich 
bei Suurocephalus und Saurodon ab, ebenso bei den Zacertilia und Crocodilia und soweit ich entscheiden 
kann auch bei allen höheren Fischen und Reptilien. 

Bemerkenswerth an den abgebildeten Stücken ist es, dass junge und alte Zähne mit einander 
abwechseln. Im Dünnschliff gibt es kaum einen Kieferknochen, der nicht diese Ausbildung zeigt. 
Gelegentlich scheint ein Kiefer ganz voll von Zähnen zu sein, wenn nämlich die jungen Zähne gerade 
ausgewachsen sind und der Ersatz der alten noch nicht so weit vorgeschritten ist, um am Fossil 
bemerkbar zu sein. Hier wie bei allen andern Gliedern der Familie, besonders aber bei Saurocephalus 
und Saurodon, gilt die Regel, dass ein Satz junger Zähne mit einem solchen alter Zähne abwechselt 
und dass jene selbst wieder ersetzt werden durch noch jüngere, immer aber in abwechselnden Reihen. 

Die Knochen des Palatinbogens, die sehr dünn gewesen zu sein scheinen, sind nur in Frag- 
menten erhalten, so dass die Form der Pterygoidea unbekannt ist. Das Palatinum hat einen dicken 
Kopf, der als Puffer zwischen dem Ethmoideum laterale und der Maxilla dient. Das Quadratum ist 
dreieckig mit einem starken Kopf an kurzem Halse. Der Symplectical-Einschnitt ist tief. Das Oper- 
eulum ist sehr dünn und hat hoch oben eine grosse Pfanne für den Hyomandibular-Fortsatz. Das 
Ceratohyale hat die innere longitudinale Grube. Die Branchialia haben die übliche Form von mul- 
denartigen Knochen; sie tragen innen jeder eine Reihe von langen „Gill-rakers“. Diese schmalen dünnen 
Platten sind an Gestalt und ungeheurer Entwicklung denen von Clupea ähnlich. 

Wirbel. — In einem Falle sind 49 Wirbel vorhanden; nach meinem Dafürhalten mögen noch 
4—5 an der ganzen Summe der Wirbel fehlen. Die vorderen sind ziemlich kurz, aber normalerweise 


! Stewarp gebraucht das als Hauptgrund, um die Ichthyodectidae in zwei Familien zu theilen. 

? Um die Entwicklung zu studieren, habe ich Kiefer genommen und sie zuerst innen abgeschliften, bis ich auf 
die jungen Zähne oder die Aushöhlung der alten kam; darauf drehte ich um und schliff aussen, bis die Aushöhlung 
auch auf dieser Seite erschien. Das gibt ein Bild von beiden Seiten des Zahnes und von der verhältnissmässigen Ge- 
schwindigkeit der Aushöhlung der inneren und äusseren Wände des alten Zahnes. 

3 Röse, Morph. Arbeiten, Bd. II, Heft 2, S. 195. 


— 240 — 


ist ein Wirbel so lang wie hoch und fast so breit wie hoch. Bei den ersten zwei Wirbeln liegt das 
Centrum über der Mitte, bei den andern in der Mitte selbst. Die Neurapophysen sitzen in zwei 
Gruben dicht bei einander. Die Haemapophysen liegen ebenfalls in zwei Gruben, bei den ersten zehn 
Wirbeln weit auseinander gerückt, bei den folgenden nähern sie sich aber mehr. und mehr. Seitlich 
treten auf den Wirbeln zwei longitudinale Kerben auf; die ersten zehn Wirbel haben nur obere Kerben, 
die letzten neun weder obere noch untere Kerben. 

Der Schwanz ist stark heterocerk. Vom 12. hintern Wirbel an schwellen die Neur- und 
Haemapophysen zu starken breiten Platten an. Das drittletzte Hypurale ist eine dreieckige, nicht 
sehr breite Platte und die letzten 2 Hypuralia sind mässig breite Lamellen. Eine Eigenthümlichkeit 
dieser Gattung ist es, dass die Hypuralia leicht geschweift erscheinen. Die Dermal-Strahlen greifen 
auf die Basis der Hypuralia und Epuralia über und sind die Ursachen dieser Schweifung. 

Schulter-Gürtel. — CopE'! gibt nach seinem unvollständigen Material eine in der Haupt- 
sache richtige Beschreibung des Schulter-Gürtels.. Crook? polemisirt gegen Corz, da Copr’s Orien- 
tirung falsch sei. CRroox selbst hat indessen immer die rechte und linke Flosse verwechselt und sie 
dann umgekehrt, wie ich in meiner Beschreibung zu zeigen versuchen werde. Die Nomenclatur der 
Theile des Schulter-Gürtels ist so verwirrt, dass ich GesengAaur’s Terminologie? anwenden will. Die 
Ligamentnarben am Epioticum und Opisthoticum sind der einzige aber genügende Beweis für die Exi- 
stenz eines Supracleithron (Posttemporale). Das Cleithron ist eine breite, dünne, oben convexe Platte, 
ähnlich wie bei den Clupeiden. Die Scapula (Taf. XXI, Fig. 2) ist ein starker Knochen mit 3 Ge- 
lenkflächen und einem Scapularforamen*. Dieses Foramen liegt immer vor und nicht hinter den 
Gelenken, wohin es Crook verweist. Dadurch rücken die Gelenke, wie CopE sagt, fast in eine 
verticale Linie. Ein langer flacher Knochen? ist an das Cleithron angelegt und lässt an seinem unteren 
Theil einen Durchgang zwischen Scapula und Cleithron offen. Nur ein Knochen bei den Teleostiern 
liegt dem Cleithron in gleicher Weise an, das „Spangelstück“, in Form einer verticalen, nicht „hori- 
zontalen“ Platte. Das Coracoid liegt vor der Scapula, ist aber gewöhnlich verloren °. Der hier be- 
schriebene Schulter-Gürtel entspricht dem allgemeinen Typus des Schulter-Gürtels der Clupeoid-Fische. 

Der erste Strahl der grossen Brustflosse ruht direkt an der Scapula, die andern werden von 
Baseosten getragen. Der vordere Rand des sehr breiten, starken ersten Strahls ist mit einer Cement- 
schicht bedeckt. Gerade wie bei Copr’s Restauration ist dies der vordere und zugleich unterste Strahl; 
das geht auch aus den obigen Bemerkungen” über den Schulter-Gürtel hervor und ergibt sich ferner 
aus 2 Exemplaren im Britischen Museum, einem Portheus und einem Ichthyodectes (ähnlich dem 
I. oceidentalis Ley). Bei diesen beiden Stücken ist nähmlich die Flosse und die Verbindung mit 
dem Gürtel mit ihrem vergrösserten Strahl nach unten erhalten. Im ganzen kommen zwischen 15 
und 20 Strahlen vor, die an Grösse regelmässig abnehmen. Die grosse Eigenthümlichkeit dieser Familie 
besteht darin, dass, während die Dermalstrahlen dichotom verzweigt sind, sie selbst an den Spitzen 

! 1875, Rep, U. S. Survey, S. 186. 

? Palaeontographica Bd. 39, S. 117. 

® Vergleichende Anatomie, 1898. 

+8, Croor, T. XVI, Fig. 4. 

5 8. Croox, T. XVII, Fig. 1 und T. XV, Fig. 2. 

© Bei Chirocentrus sind die zwei Coracoide in der Mitte verschmolzen. 

” Zool. Bull. (Whit & Wheeler) Boston, vol. 2, 8. 25. 

® Crook möchte glauben machen, dass alle Teleostier den vorderen kräftigen Strahl oben haben; das gilt aber 


nur von den Formen, deren Pectoralflossen mehr oder weniger hoch an der Seite des Körpers liegen. Viele Formen 
sind wie Ichthyodectes (Isox, Clupeiden u. Ss. w.). 


nicht segmentirt sind. Chirocentrus nähert sich dem durch eine ganz ähnliche Flosse, aber die Flossen- 
strahlen sind hier an den Spitzen segmentirt. Jeder Strahl ist deutlich aus zwei, einem inneren und 
einem äusseren verschmolzen. Die Bauchflosse ist auf ein keulenförmiges Ischiopubis gestützt, das 
sich hinten und innen stark verdickt und eine breite, kreisförmige Gelenkpfanne für den Gegenknochen 
trägst. Aussen sind 3 Gelenkflächen vorhanden, eine für den vorderen Strahl, die andern für die 
Baseosten. Im Wesentlichen ist diese Flosse der Brustflosse ähnlich, aber etwas kleiner. Reste der 
Ventral- und Dorsalflossen sind nicht erhalten !. 

Die Schuppen, Taf. XXIII, Fig. 3 u. 4, sind gross, von rundem bis etwas ovalem Umriss. 
Für unsere Beschreibung können wir 4 Regionen auf der Schuppenoberfläche unterscheiden: 1) ein 
mittleres, hinteres, freiliegendes Segment von ungefähr 130°, dessen ganze Oberfläche mit unregel- 
mässigen, feinen Körnchen besetzt ist. 2) Zu beiden Seiten dieses Segments befindet sich je ein voll- 
ständig glattes Segment von einigen 50° und 4) das vordere Segment, das durch unterbrochene Strahlen 
ausgezeichnet ist. Unten an diesem vorderen Segment treten sehr feine (nur mit der Lupe wahr- 
nehmbare) wellenförmige Linien auf. Ueber alle Segmente verlaufen die concentrischen Wachsthums- 
streifen. Diese Beschreibung von J. occidentalis passt auch für die meisten Cladocyelas-Species. Den 
Schuppen von I. cfenodon® fehlt die Granulirung. Die Seitenlinie ist aber in allen Fällen ähnlich. 
Am Vordertheil der Schuppen bildet sie einen ziemlich breiten Kanal, in der Mitte beginnt sie sich 
dichotom zu verzweigen; an einem Exemplar zählte ich 13 Hauptzweige neben einer ganzen Reihe 
feinerer Abzweigungen. Das Ganze gibt ein geradezu baumartiges Bild. Der Aufbau der Schuppen 
zeigt einfach geschichtetes Ganoin; Knochenzellen wurden nicht beobachtet. Die Schuppen in der 
Nähe des Schwanzes sind mehr oyal. 

Cope stellte zuerst eine eigene Familie für die /chthyodeetes-ähnlichen Formen auf, und Portheus, 
Saurocephalus und Saurodon wurden dieser Familie (Ichthyodectidae Copz) zugezählt. Als Copz dann 
später? die Tiefseeform Chirocentrus studirte, betrachtete er alle jene Formen als Glieder seiner Fa- 
milie der Ohirocentridae. Dieser Vergleich ist, nachdem auch ich Chirocentrus untersuchte, vollständig 
gerechtfertigt. Ich würde diese Formen mit Spathodactylus als Glieder der Familie der Chirocentridae aus 
der Kreidezeit betrachten. Als übereinstimmende Merkmale lassen sich aufzählen: Die durch das Supra- 
occipitale geschiedenen Parietalia; die grossen Epiotica, welche die Parietalia von dem hinteren 
Schädelrand ausschliessen; die tiefe Grube über dem Hyomandibulargelenk; die Schläfengrube, das 
Palatinum als Puffer zwischen Maxilla und Ethmoideum laterale; die Fortsätze an der Maxilla, das becken- 
förmige Örbitosphenoid. Die zahlreichen „Gill-rakers“ sind allgemeine Clupeiden-Merkmale; aber 
Ichthyodectes gleicht der Gattung Chirocentrus ganz besonders in der Tiefe des Unterkiefers, den in tiefen 
Alveolen stehenden Zähnen und der oberen Mundgrenze, nur dass bei Chirocentrus die Praemaxilla 
länger als bei Ichthyodectes ist. Schliesslich sind die Flossen von Ohörocentrus verzweigt, bis zu den 
Spitzen segmentirt, während die von Ichthyodectes durchaus unsegmentirt sind. Im Allgemeinen unter- 
scheidet sich Ichthyodeetes durch seinen innerlich heterocerken Schwanz, weniger Wirbel?, geringere 
seitliche Kopfcompression und engeren Zahnsatz. 


! Bei dem ausserordentlich nahe verwandten Spathodactylus (Pıcter, Descript. Pois. Terrain neocom. Voirons 
pt. 3. Sec. 2, Taf. 1.) liegt die Rückenflosse weit vorn, vor der schmalen Bauchflosse. Hier sind die unpaarigen Schwanz- 
flossen segmentirt. ; 

? Der Unterschied zwischen I. oecidentalis und I. ctenodon ist grösser als zwischen zwei beliebigen Clado- 
eyclas-Species oder Ichthyodectes occidentalis und Cladocyclas. 

3 Bull. U.S. Geol. and Geog. Sury. Terr. vol. 3. S. 588. 

* Chirocentrus hat circa 80 Wirbel. 

Palaeontographica, Pd. XLVI. 31 


m 


Verbreitung. — Die Gattung Ichthyodectes tritt nur in der mittleren und jüngeren Kreide 
auf und zwar am häufigsten in Amerika, wo 8 Species vorkommen: I. anaides' Copz, I. ctenodon 
Cope!, I. hamatus CopeE!, I. multidentatus Copr', I. oceidentalis Lzıwy', I. Goodeanus CopE? und 
T. acanthicus Core. In der englischen Kreide kommen 4 Species vor: I. minor EGERTON?, I. elegans 
Newrox® und zwei noch nicht beschriebene Species. Dazu kommen auch die Schuppen Oladocyclas 
Lewesensis, welche zu einer der obigen Arten gehören. Aus Sachsen muss GEinıtz’s Hypsodon Lewe- 
sensis* zu Ichthyodectes gerechnet werden. Die COladocyclas genannten Schuppen stammen aus ver- 
schiedenen, geographisch getrennten Gebieten: I. (C.) Gardeneri As.’ aus Brasilien, I. (C.) Streplensis 
Geintrz aus Sachsen®, I. (C.) Sweeti WoopwArp’ aus Australien. Die Verbreitung gleicht sehr der- 
jenigen von Portheus. 


Ichthyodectes oceidentalis Leıwy 1856. 
(Taf. XXII, Fig. 1—6.) 


Cladocyclas occidentalis Leıpy 1856, Proc. Acad. Nat. Sci., Philad. vol. I, S. 256. ° 
5 Mn rn Akt 1b ok 9, DE 
3; „ 1873, Rep. U.S. Geol. Surv. Terri., vol. I, S. 288. 
Portheus ah > Chan 1875, 1. c. vol. II, S. 204 (nicht Taf. 47). 
Ichthyodectes arcuatus Corz 1877, Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., S. 177. 
> polymicrodus Crook 1892, Palaeontographica Bd. 39, S. 112, Taf. 16. 
„ arcuatus Core 1892, Amer. Nat. vol. 26, S. 941. 
Gillicus polymicrodus Hay 1898, Mon Journ. Sci. ser. 4, vol. 5, S. 2308. 


Die Species wurde von Ley auf Grund einiger Schuppen begründet aber, wie oben erwähnt, 
ist der Gattungsname Oladocyclas nicht zulässig“. Diese Schuppen wurden beschrieben, aber erst 
1873 abgebildet. Core bestimmte sehr kurz eine Species ohne Abbildung als P. arcuatus. Croox gab 
später unter I. polymicrodus eine eingehende Beschreibung und Abbildungen nach ausgezeichnetem 
Material. Cop aber stellte Croor’s Art zu seinem I. arcuatus. Der Priorität folgend wende ich den 
Artnamen oceidentalis an. 

Die vorliegende Art ist leicht an den fast zahnlosen Kiefern zu erkennen; die Zähne sind 
vollständig rudimentär. Die Praemaxilla ist unbekannt. Die Maxilla ist breit säbelförmig. Unter 
dem Palatingelenk wird sie stark eingeschnürt, biegt sich dann in einer langen Kurve nach oben und 
endigt hinten in einen schmalen nach aufwärts gerichteten Fortsatz. Das sehr dünne Dentale ist 
aussergewöhnlich tief und hat nur gegen vorn hin Zähne. Die Schuppen sind an dem vorderen 
Segment durch Strahlenlinien, an den 2 Seitensegmenten von je 50° durch glatte Flächen und auf 


! Vel. unten. 

2 Proc. Amer. Phil. Soc. Philad. 1877, S. 176. 

3 S, Newron oben. 

3 Palaeontoeraphica Bd. 20, 2, S. 222. 

5 Pois. Foss. vol. V, pt. 1, S. 103. 

6 Geimıtz oben, S. 224. 

? Ann. and Mag. Nat. Hist., ser. 6, vol. 14, 1895, S. 445. Taf. X, Fig. 2—6. 

8 Croor’s Bestimmung der Knochen der Oberseite des Craniums stützt sich auf 12 Exemplare und ist richtig, 
die Knochen der Unterseite sind von Croox falsch bestimmt worden. 

° Zwar ist Cladocyclas ein älterer Name als Ichthyodectes; aber er ist für Schuppen angewendet worden, die 
zu einem Theil der Gattung Hypsodon gehören. Neben diesem Genus könnte Cladocyclas beibehalten werden, aber 
Ichthyodectes ist ein in der Literatur längst eingebürgerter und nicht zu Verwechslungen führender Name und also bei- 
zubehalten. 


= 


dem hinteren Segment von-140° durch vereinzelte Granulationen ausgezeichnet. Die Form der Schuppen 
schwankt zwischen rund und oval (s. die Fig. 3 u. 4, Taf. XXIN). Das Cranium ist sehr leicht mit 
einer niedrigen Supraoceipital-Crista. Die hier behandelte Art lässt sich nur mit der unbeschriebenen 
Form No. P. 8633 im britischen Museum vergleichen. 


VAR VL, SIR; 4 / 
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Fig. 7. Ichthyodectes occidentalis Leıpy. 


Restaurirt '/s natürlicher Grösse. 


Ichthyodectes hamatus Coprz 1372. 
(Taf. XXIII, Fig. 9a u. b.) 
Proc. Amer. Phil. Soc. Philad., vol. XII, S. 340. 

Ichthyodectes hamatus Core 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 209. 

Dies ist die breiteste und stattlichste Form der Ichthyodecten. Die Praemaxilla meines Exem- 
plares hat links 6, diejenige rechts 7 Zähne. Die Praemaxillae sind ovale Platten, °/s ihrer unteren 
Fläche bilden ein Schuppengelenk gegen die Maxilla. Die Maxilla unterscheidet sich von allen anderen 
durch stark concaven Zahnrand mit 48 Zähnen. Das rechteckige, sehr tiefe und kräftige Dentale 
besitzt einen wellenförmigen Zahnrand mit 25 Zähnen. Das Dentale ist äusserst scharf charakterisirt 
durch zwei hackenförmige Zähne an dem dicken Vorderende des Zahnrandes innerhalb der gewöhn- 
lichen Zahnreihe. Die Zähne der Maxilla haben longitudinale Furchen, die anderen sind glatt. 


Ichthyodectes multidentatus CorE 1872. 
Proc. Amer. Phil. Soc. Philad., vol. XII, S. 342. 
Ichthyodectes multidentatus Core 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. I, S. 202, T. 50, Fig. 6, 7. 


Die Praemaxilla lässt sich leicht an dem tiefen Einschnitt am inneren oberen Rand erkennen, 
Sie trägt 12 Zähne, von allen Ichthyodectes-Arten die grösste Zahl und ragt beträchtlich unter der 


— 2144 — 


Maxilla hervor. Die starke säbelförmige Maxilla trägt 44 Zähne und hinten einen hohen Sporn. Das 
nicht sehr tiefe, rechteckige Dentale trägt 32 Zähne. Der Winkel der Symphysen mit dem wellen- 
förmigen Zahnrand beträgt nur 72°. Alle Zähne sind mit länglichen Furchen und Rinnen verziert. 


Ichthyodectes ctenodon CorE 1870. 
(Taf. XXIII, Fig. 7. u. 8.) 
Proc. Amer. Phil. Soc. Philad., vol. XI, S. 536. 


Ichthyodectes ctenodon CopE 1872, 1. c. vol. XII, S. 340. 
n en „ 1875, Rep. U. S. Geol. Terr., vol. II, S. 207, T. 46. 

? Portheus arcuatus CorzE 1375, l. ec. T. 47, Fig. 7—9. 

Die Praemaxilla ist oval, lang und hat einen kleinen Einschnitt oben auf dem inneren Rand, 
der dem tiefen Einschnitt bei I. multidentatus homolog ist. Die normale Zahnzahl ist wahrscheinlich 5; 
mein Exemplar hat 4 Zähne an der rechten und 6 an der linken Praemaxilla. Die Maxilla ist gerade, 
hinten trägt sie einen kleinen Sporn, die vordere obere Seite ist aussergewöhnlich massiv und ziemlich 
kurz. Der Zahnrand hat 44 Zähne. Das Dentale ist rechteckig, kurz und schwer, der Symphysenwinkel 
nur 70°, der Zahnrand wellenförmig mit 26 Zähnen. Die Oberkieferzähne sind cylindrisch und glatt, 
die Zähne des Unterkiefers schräg gepresst, kurz und kräftig. Das Cranium ist sehr kurz und massiv 
mit einem hohen Oceipitalkamm. Die Schuppen zeigen dieselbe Gestalt wie bei /. occidentalis, sie 
sind rund bis oval mit einer verzweigten Seitenlinie.e An Stelle der Körnelung an der hinteren un- 
bedeckten Fläche finden sich hier bloss Punkte. Das Cranium ist fast wie bei J. anaides, der Unter- 
kiefer aber unterscheidet sich deutlich durch seine weit grössere, verlängerte Gestalt. 


Ichthyodectes anaides Cork 1870. 
Proc. Amer. Phil. Soc. Philad., vol. XII, S. 339. 


Ichthyodectes anaides Copz 1575, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr. vol. II, S. 206, T. 44, Fig. 1, 4, und 15 und 
Taf. 45, 1-8. 
Ichthyodectes anaides Crook 1892, Palaeontographica vol. 39, S. 111, T. XV. 


Die ovale Praemaxilla hat 5 Zähne. Die fast gerade Maxilla mit 44 Zähnen hat hinten 
einen schräg nach rückwärts verlängerten Sporn, auch ist sie hinter dem Zahnrand, anstatt abgerundet 
zu sein, plötzlich abgestumpft. Der Umriss des Dentale ist ein Parallelogramm mit dem kleinen 
Symphysen-Winkel von 68°. Wir finden hier den verhältnissmässig verlängerten Unterkiefer aller 
Ichthyodectes-Arten mit 30 Zähnen und wellenförmigem Zahnrand. Das kurze starke Cranium trägt 
einen hohen Supraoccipitalkamm, der von demjenigen des I. ctenodon nicht zu unterscheiden ist. Die 
Kiefer sind aber leichter gebaut als bei den anderen Species (ausgenommen ]. oceidentalis). 


Die beigegebenen Abbildungen veranschaulichen die Variation in Gestalt und Verhältnissen 
der verschiedenen Kiefer-Elemente bei der Annahme gleicher Höhe. Die Tabellen geben die absoluten 
Maasse der Abbildungen und Umrisse. 


restaurirt ee \ 
I. multidentatus ——— N | = ——a== 
T.anıides  ——-—— £ 


T. oeeidentalis —_.—-— 


I. hamatus neh 
I. ctenodon 


— 


Fig. 9. Natürliche Grösse. Maxillae in gleicher Höhe projicirt. 
Siehe Verzeichniss oben. ” 


Tabellen der genauen Maasse für die Kiefertheile der verschiedenen Species. 


Die Maasse sind Basis der obigen Diagramme. 


— = - 


| Unterkiefer | Maxilla Praemaxilla 
I | 
Syn \ Länge Länge! Höhe | Höhe | Bang nz Höhe 
pay- | | No. .ma- | Total- 
Zähne | sen- JEB der er ger! 3 | 3 Er xila |_. am (Zähne Höhe |Breite 
| Win- | Zahn- Basis | Sym- | Coro- Zähne | Zahn- | "pe. |Länge| Coro- 
| kei |randes physe | noid | randes | deckt noid 


I multidentatus . . | 32 |15°| 96 1321 38 ar ı a |ıs 1) solıalar 3 
Ehomaı. ... 25 | nelımı 54 1 |as 1260| 22 |10| 35 | 7 | a | 


Ecendm. . . . | 26 |70° | 102| ı28| 44 | 51 | 
I. oeeidentalis . . 
I. anaides . 


120 | — | — | 34 45 | 31 


_ | g9 — 1 — | 45 \ 64 


30 | 68° | 111 | 144 | 42 | 48 


» 
co 


44 | 108.| — | 135 | 34 | A 


Portheus Cops 1871. 
Pröc. Amer. Phil. Soc. Philad., vol. XIII, S. 175 und 331. 


Hypsodon Acassız, zum Theil, 1834—45, Pois. Foss., vol. V, pt. 1, Taf. 25b, Fig. 1, 2, 3. 
? Xiphactinus Leıwy 1870, Proc. Acad. Nat. Sci., Philad., S. 12. i 
Portheus Core 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 190. 
Newrox 1877, Quart. Journ. Geol. Soc. London, vol. 33, S. 505. 

H) A. S. WoopwArnp 1888, Proc. Geol. Assoc. London, vol. X, S. 310. 
Xiphactinus STEwARD 1898, Kansas Univ. Quart., vol, 7, S. 110. 


” 


Dieses von CopE creirte Genus wurde auf einen Kopf und einige Flossenreste begründet, die 

Cops im Jahre 1871! erwähnte und später genauer beschrieb und abbildete. Leıpy hatte schon 1870? 
als Xiphactinus einen Flossenstrahl beschrieben, der wahrscheinlich hieher oder möglicherweise zu 
einem grossen Saurocephalus gehört; aber der Name Portheus ist als besser begründet und länger 
gebräuchlich dem von Leıpy gegebenen Namen vorzuziehen. STEwArD allerdings, der eine sehr in- 
structive Reihe von Zeichnungen von Kiefern giebt, welche die Variation in und zwischen den ver- 
schiedenen Arten illustriren, erkennt dem Namen Xyphactinus die Priorität zu und benützt ihn für 
alle Portheus-Arten. 
Portheus ist ein mehr aus Convenienz als aus Nothwendigkeit gebrauchtes Genus, welches 
dem Ende einer Entwicklungsreihe entspricht. Der Uebergang von Portheus zu Ichthyodectes ist so 
vollständig, dass die Scheidung der zwei Gattungen jetzt als eine sehr willkürliche erscheint. Cop 
sah die grössere Unregelmässigkeit und die Grösse der Zähne als ein unterscheidendes Merkmal an; 
das ist indessen nur relativ, denn Ichthyodectes hat auch unregelmässige Zähne®. Die Unterschiede lassen 
sich etwa folgendermassen ausdrücken: 

Zu Portheus gehören grössere, kräftiger gebaute Fische mit grösserer Unregelmässigkeit in 
der Grösse der Zähne. Die Praemaxilla trägt gewöhnlich weniger Zähne, das Cranium wird hinter 
den Orbitalia ganz bedeutend breiter als bei Ichthyodectes und das Parasphenoid ist verhältnissmässig 
gerade, während es bei Ichthyodectes mehr oder weniger gekrümmt ist‘. Man sieht, alle diese Merk- 
male sind relativ und zwischen den jetzt bekannten zahlreichen Arten von Portheus und Ichthyodectes 
lässt sich in jedem Fall ein mehr oder weniger vollkommener Uebergang feststellen. 


Das Cranium gleicht in allen anatomischen Einzelheiten dem von Ichthyodectes. Die Basi- 
sphenoidresion, die tiefen Schläfengruben, der hohe Supraoccipitalkamm, die Ethmoidalgelenke, die 
allgemeine Form der Kiefer, Bau und Stellung der Zähne, all das ist wie bei Ichthyodectes. Die Prae- 
maxillarzähne sind ausserordentlich entwickelt und die grössten sind in den Praemaxillaknochen ihrer 
ganzen Höhe nach eingelassen. An der Maxilla, unter dem Palatin-Condylus ist gewöhnlich eine An- 
schwellung des Zahnrandes vorhanden mit einigen kräftigeren Zähnen. In ähnlicher Weise kommt am 
Unterkiefer nahe dem vorderen Ende eine Reihe grösserer Zähne auf einer Anschwellung des Zahn- 
randes ver und manchmal sind auch auf der angeschwollenen Symphyse ein oder zwei grössere Zähne 
vorhanden. Der Zahnersatz ist wie der für Ichthyodectes beschriebene. 


Portheus kommt fast überall da vor, wo auch Ichthyodectes beobachtet ist. Von Kansas sind 


! Bull. U. S. Geol. and Geog. Surv. Terr., vol. 2, S. 39 und oben 1875. 
®-Oben 1870 und Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. I, S. 290. 

3 z. B. I. hamatus Cop. 

* I. occidentalis Leıpy bietet einen excessiven Fall. 


5 recht häufige und gut erhaltene Species! bekannt. In England sollen 3 vorkommen?, in Belgien*® 
2, den englischen ähnliche. Farrsch, A.,* gibt unter dem Namen Hypsodon lewesensis' eine Abbildung 
eines Unterkiefers, welcher Newrox’s P. gaultinus ganz ähnlich ist. Von Australien® beschreibt 
Woopwarn ejnen Unterkiefer unter dem Namen ?. Australis. 


Die Arten dieser Gattung sind wie die von Ichthyodeetes fast über die ganze Erde verbreitet. 


Saurodon Hays 1830. 
(Tafel NXIV.) 
Trans. Amer. Phil. Soc. Philad., new ser., vol. 3, S. 471. 
Saurocephalus Leipy, zum Theil, 1856, ]. c., vol. XI (1860), S. 91. 
Saurodon Core 1875, Rep. U,S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 275. 
Daptinus Core 1875, 1. c., S. 213. 


Saurodon Core 1877, Bull. U.S. Geol. and Geog. Surv. Terr., vol. 3, S. 588. 
Saurocephalus .Davies, zum Theil, 1878, Geol. Mag. dec. 2, vol. 5, S. 254. 


Den Newros, zum Theil, 1878, Quart. Journ. Geol. Soc. London, vol. 34, S. 786 und 440. 

Saurodon StewArp 1898, Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 177. 

Der Name der Gattung wurde von Hays für S. Leanus gegeben. Hays sah darin ein von 
Saurocephalus Harzav verschiedenes Reptil. Später betrachtete Hays Saurodon und Saurocephalus 
als eine Gattung, behielt aber den selbstgeschaffenen Namen bei. Als Ley die Saurocephalus-Formen 
genauer studirte, schloss er Saurodon in diese Gattung ein, worin ihm Davızs und NEwTon folgten. 
Core trennte Saurodon wieder ab, führte aber für einige von seinen Funden die Gattung Daptinus 
ein. Als CopE aber später erkannte, dass Daptinus identisch sei mit Sawrodon, liess er die Gattung 
Daptinus wieder fallen‘. Später kam Stewarn ganz unabhängig davon zum selben Schluss, als er den 
prächtigen Kopf des S. ziphirostris fand. Das mit Saurocephalus verwandte und nur eine spezialisirte 
Entwicklungsstufe desselben darstellende Genus unterscheidet sich indessen von Saurocephalus durch 
ein dolchähnliches Praedentale und einen nicht sehr tiefen aber rechteckigen Unterkiefer, der weit 
über die Praemaxilla hervorragt, während Saurocephalus nur ein kleines dreieckiges Praedentale und 
einen tiefen Unterkiefer hat. 

Die zwei wundervoll erhaltenen Köpfe, S. intermedius NEwTon und $. ziphirostris STEWARD, 
geben ein vollständiges Bild der Cranialanatomie. Die Praemaxillae sind rechteckig und äusserst hoch 
mit 10 oder mehr Zähnen. Die Maxilla ist eine breite, dünne, säbelförmige Platte, die den Unter- 
kiefer theilweise überdeckt, Der Unterkiefer ist lang und rechteckig, das Artieulare ein sehr schmaler, 
dünner Keil. Ein langes, dolchähnliches, unpaariges, zahnloses Praedentale”? ist vorhanden. 

Alle zalıntragenden Elemente haben tiefe Alveolen und auf der Innenseite eine Kerbe, wo die 
Zahnleiste eingelassen war. Das Alternieren junger und alter Zähne ist besonders charakteristisch. 
Das Hyomandibulare ist oben breit, verjüngt sich aber sehr stark gegen die Basis hin. Was die Lage 


! Vgl. Srewaro oben. 

2 S. Newrox oben. 

® Dorıo, Bull. Soc. Geol. Belge, 1892, S. 5. 

* Rept. und Fische, Böhm, Kreidef., S. 32. 

® Ann. and Mag. Nat. Hist. 1894, ser. 6, vol. 14, S. 444. Fig. 1, 7, 10. 

° Herr A. Suımm Woopwarp hat mich auf diese nachträgliche Correcetur aufmerksam gemacht. 
” Erst von Stewarp gefunden. 


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der sehr dünnen Pterygoidea, der Orbitalia und Visceralknochen angeht, so siehe die Beschreibung 
von Ichthyodectes, wo die Verhältnisse dieser Knochen ganz gleiche sind. 

Verbreitung. — Aus Amerika kennen wir 5 Species: $. Leanus Hays von New-Jersey, S. ziphi- 
rostris STEWARD, S. ferox STEwARD, S. phlebotomus Copz und $, pygmaeus nov. spec. von Kansas. 
England besitzt nur eine Form: $. öintermedius NEWTON', 


Saurodon phlebotomus CorE 1870. 
(Taf. XXIV, Fig. 1-5). 
Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., vol. XI, S. 530. 
Saurocephalus phlebotomus CopE 1872, ]. c. vol. XI, S. 343. 


Daptinus er Cops 1874, Bull. U. S. Geol. and Geog. Surv. Terr., vol. I, S. 41. 
5 5 Corz 1875, Rep. U. S. Geol. Sury. Terr., vo]. II, S. 213, Taf. 49. 
Saurodon » Corz 1877, Bull. U. S. Geol. and Geog. Surv. Terr., vol. 3, S. 588. 


Diese Species wurde auf Fragmente sämmtlicher Kieferknochen begründet. Nachdem mir diese 
Knochen jetzt alle vollständig vorliegen, ist eine neue Beschreibung wohl am Platze. 

Die Praemaxilla ist annähernd rechteckig, 51 mm hoch und 31 mm breit mit 12 Zähnen und 
liegt mit ungefähr ?/s ihrer unteren Fläche auf dem vorderen Theil der Maxilla; diese letztere ist dünn, 
für Saurodon ziemlich niedrig und lang. Der Ethmoidal-Condylus® ist lang, der Palatin-Condylus niedrig, 
aber sehr lang und schmal. Der Knochen ist 123 mm lang, hinter dem Palatin-Condylus 42 mm hoch 
und der Zahnrand trägt bei einer erhaltenen Länge von 71 mm 25 Alveolen. Der Unterkiefer ist 
viereckig, ziemlich tief und wird an der Symphyse dicker. Innen ist eine lange, enge Mulde für den 
Mecxezr’schen Knorpel vorhanden, dieselbe endet gerade hinter der Symphyse in einer auffallend tiefen 
Tasche. Aussen tritt eine schräge Grübchenreihe auf, die vom Zahnrand schräg abwärts zieht. Die 
Grübchen stellen keine Foramina dar, sondern jedes derselben ist eine kleine Tasche mit einer verticalen 
Furche, so besonders bei den vorderen Grübchen. Diese Grübchen auf dem Dentale liegen so weit auseinan- 
der wie die Spitzen der Maxillarzähne und die ganze Grübchenreihe dient zur Aufnahme der Maxillarzähne. 
Man kann das leicht nachweisen, indem man die Maxilla und Praemaxilla auf das Dentale legt; je ein 
Zahn der Maxilla kommt in je ein Grübchen des Dentale. Man sieht daraus, wie genau die Kiefer 
scheerenförmig zusammenarbeiteten. Der Unterkiefer ist bei einer Gesammtlänge von 177 mm, am 
Coronoid 45 mm tief, an der Symphyse 25 mm; 144 mm Zahnrand tragen 47 Alveolen. Der Unter- 
kiefer ragt über Maxilla und Praemaxilla um fast ein Drittel seiner Länge hervor. Das Articulare 
ist ein dünner, 69 mm langer Keil, hinter dessen Gelenk ein beträchtlicher Fortsatz für eine Muskel- 
verbindung vorhanden ist. Die Pfanne ist tief und aussen durch diesen Fortsatz geschützt. Alle Zähne 
sind ziemlich lang (5—6 mm über dem Rand). Jedem Zahne entspricht im Zahnrand eine Kerbe. Die 
Art ist durch die schräge Grübchenreihe aussen am Kiefer scharf charakterisirt. 


Saurodon pygmaeus nov. Sp. 
(Taf. XXI, Fig. 10). 


Diese Species ist auf einen vollständigen Unterkiefer begründet. Derselbe ist rechteckig, 
vorn fast ebenso tief wie hinten und sehr klein. Am Coronoid misst er 22 mm, an der Symphyse 18 mm 


! Siehe besonders Nrwron’s Figuren. 
® Hier abgebrochen. 


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in der Tiefe; die Länge beträgt 65 mm. Der Zahnrand ist concav, nur 44 mm des 56 mm langen 
oberen Randes sind mit Zähnen besetzt. Die 31 Alveolen tragen sehr lange (4 mm), schlanke, nur 
wenig zusammengepresste Zähne. Das Articulare ist nur mässig lang und trägt einen direkt nach 
hinten gerichteten Sporn für einen Muskel. Der Zahnersatz ist genau abwechselnd. Bemerkenswert 
an dieser Species ist, dass hier keine Kerben längs der Innenseite gegenüber den Zähnen vorhanden 
sind, wie sonst bei allen anderen Species dieser Gattung. 


Saurocephalus Harrıy 1824. 
Journ. Acad. Nat. Sci., Philad., vol. III, S. 331. 


Saurocephalus Leipy 1857. zum Theil, Trans. Amer. Phil. Soc. XI (new series), S. 91. 
Core 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 215. 
2 Davızs 1878, zum Theil, Geol. Mag., dec. 2, vol. 5, S. 254. 
n Newros 1878, zum Theil, Quart. Journ. Geol. Soc., London, vol. 34, S. 215. 
= Stewarp 1398, Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 177. 

Das Genus wurde von Harran auf einige Kieferfragmente basirt, die er als einem Reptil an- 
gehörig betrachtete, Hays! wollte den Namen in Saurodon abgeändert wissen, da er seine Gattung 
für identisch mit Saurocephalus Harran hielt. Grosse Verwirrung wurde ausserdem durch die euro- 
päischen Protosphyraena-Formen hervorgerufen; Asassız zählte nämlich die europäischen Protosphyraena- 
Arten zu Saurocephalus, obwohl nur eine geringe Aehnlichkeit zwischen beiden Gattungen vorhanden 
ist. Drxos, OwEs, KiPRIJANOFF, GEISITZ und andere folgten dem von Acassız eingeschlagenen Wege. 
Leipr brachte Licht in diese Verwirrung, vereinigte aber Saurodon mit Saurocephalus, wofür er in 
Davıes und Newrox Nachahmer fand. Core und Stewarn haben dagegen die ursprüngliche Fassung 
der Gattung Saurocephalus festgehalten und nur im Lichte des reichen Materials des letzteren Autors 
werden die Grenzen dieses Genus klar. 

Cranium. — Der Kopf von Saurocephalus ist in anatomischer Beziehung dem von Ichthyo- 
dectes ähnlich, unterscheidet sich aber durch seine Verlängerung nach vorn, durch den Praedental- 
knochen und die Form der Praemaxilla, des Palatinums und des Unterkiefers. Wie Fig. 1, Taf. XXV 
zeigt, haben wir dieselben Ethmoidgelenke, dasselbe Loch an der Schläfe, denselben Oceipitalkamm 
und die gleiche Basisphenoidregion. Sofort in die Augen fällt aber der Unterschied in der bedeutenden 
Länge des Kopfes vor dem Postorbitalfortsatz. 

Kiefer. — Die trapezförmigen Praemaxillae besitzen eine beträchtliche Zahl von Zähnen 
(7—10) und liegen mit 2 ihrer Unterfläche auf der Maxilla. Die Maxillae sind ungewöhnlich hoch, 
sie besitzen sowohl Palatinum- als auch Ethmoid-Condylus und tragen 27—35 Zähne. Der Unter- 
kiefer läuft fast in eine Spitze aus, ist hinten tief und vorn flach, was ihn von Saurodon unter- 
scheidet, welchem Genus er sich in anderen Details nähert. Der Zahnrand hat 30—45 ziemlich niedrige 
Zähne. Das ziemlich kurze Artieulare ist weit vom Dentale überdeckt. Das Praedentale ist ein 
schmaler, dreieckiger, medianer Knochen ohne Zähne. Es gleicht demjenigen von Suurodon, ist aber 
weit kürzer. Eine Erscheinung, die zahlreiche Erörterungen verursacht hat, ist die, dass bei manchen 
Arten Foramina in einiger Entfernung unter dem Zahnrand auftreten und zwar für jede Alveole je 
eins, Bei S. dentatus Stew. sind dies nur tiefe Kerben wie bei Saurodon, aber bei $. lanciformis 
liegen diese Foramina volle 5 mm unter dem Zahnrand in einer ihm parallel gerichteten Rinne. HARLAN 


! Trans. Amer. Phil. Soc. Philad., new series, vol. 3, S. 471, 1830. 
Palaeontographica. Bd. XLVI. 32 


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meinte, dieser Rinne entlang liefe der untere Maxillarnerv und es mündeten durch diese Foramina 
Nerven und Blutgefässe in die Zahn-Alveolen, statt dass diese wie gewöhnlich im Unterkiefer selbst liegen. 
Hays wiederholt diese Erklärung. Cor beobachtete, dass der untere Maxilla-Nervenkanal, wie ge- 
wöhnlich, im Dentale liegt und erklärte, die Foramina dienten zur Zuleitung von Nerven und Blut- 
gefässen für die Ernährung der jungen, gerade unter den Foramina liegenden Zähne, da diese keine 
Nahrung von der Basis der Alveole erhalten konnten. Die jungen Zähne stehen gerade unter dem 
inneren Ende der Foramina, aber die Oeffnungen sind viel zu gross, um als Blutgefäss-Foramina er- 
klärt zu werden, abgesehen von der Schwierigkeit, die Herausbildung eines neuen Systems von Nerven 
und Blutgefässen zu begreifen. Im Gegentheil, der Gedanke liegt nahe, dass diese Foramina den Zu- 
tritt der Zahnleiste vermitteln, denn diese muss dahin kommen, wo der junge Zahn gebildet wird und 
bleibt bei Fischen immer mit dem Mundepithel verbunden. Ich zeigte die Exemplare Herrn Dr. Röse 
und er erklärte die Foramina ohne Zögern als Kanäle für die Zulassung der Zahnleiste an die Alveolen. 
Wir haben bei den nachstehenden Formen eine klare interessante Entwicklungsrichtung in auf- und 
dann wieder absteigender Reihe. Bei Ichthyodectes fehlen die Foramina, d. h. die Zahnleiste muss 
oben an der Alveole eingetreten sein. Bei $. dentatus haben wir Kerben, welche zeigen, dass der 
junge Zahn tiefer liegt; die Leiste hat einen Kanal eingegraben. Bei $. laneiformis ist das Foramen 
oben geschlossen und 5 mm unter den Rand zurückverlegt. Unter den Saurodon-Formen hat S. ferox 
die Kerben und die besonders spezialisirte Form S. pygmaeus ist zu der ursprünglichen kanal- und 
kerbelosen Anlage zurückgekehrt. 

Zähne. — Die kurzen zusammengepressten, mit einem vorderen und hinteren Schneiderand 
versehenen Zähne sitzen tief in den Alveolen (3—4mal so tief als ihre frei hervorragenden Theile) und 
sind hohl, was sie sofort fundamental von den Protosphyraena-Zähnen unterscheidet!. Der Zahnersatz 
ist genau wie der für Ichthyodectes beschriebene, nur ging er augenscheinlich etwas rascher vor sich 
und ist deshalb deutlicher wahrnehmbar. Hartan, Hays und Leipy sprechen von den jungen Zähnen, 
als ob sie sich in der Pulpahöhle entwickelten. Cork corrigirt dies und zeigt, dass die jungen Zähne 
gerade unter den Foramina auf der inneren Seite der Alveole entstehen, ein Loch in die Seite des 
alten Zahnes höhlen, so dass dieser allmählich abbricht und seine Wurzel unter dem jungen Zahn lässt 
(Fig. 5, Taf. XXV). Diese Wurzel wird von dem jungen Zahn resorbirt, wenn er heranwächst und 
später wird er an die Aveole cementirt. Das Alterniren der einander ersetzenden Zahnsätze ist bei diesen 
Species besonders auffällig, Die Wurzeln der Zähne sind mehr oder weniger gefurcht, aber dieses 
Merkmal variirt bei den Arten sowohl nach dem Mundtheile, in welchem der Zahn steht, als auch 
mit dem Alter des Zahnes; es ist dieses also allein kein Artmerkmal. 

Die Kieferträger und das Visceralskelett gleichen dem von Ichthyodectes, mit Ausnahme des 
Hyomandibulare, das oben breit ist, sich aber unten zu einem Dorn verengert. Das Palatinum hat 
einen langen, flachen Kopf anstatt des kurzen, kreisförmigen Puffers bei Ichthyodectes. Ein Exemplar 
zeigt dieselbe Ausbildung der „Gill-rakers“ wie Ichthyodectes. Die Wirbel und Flossen bieten, soweit 
sie bekannt sind, kein neues Merkmal. Einige der Fische sind sehr gross, an Grösse zwischen Portheus 
und dem grossen Ichthyodectes stehend. In Amerika kommen zwei Species vor: S. lanciformis HaRLaN 
und $. Broadheadi SrrwAarn, England besitzt nur eine Art: $. Woodwardi Davızs. 


ı Owsx’s Figur von S. laneiformis Harvan in Odontography T. 55 ist ein Protosphyraena-Zahn, trotz der 
Thatsache, dass Owex ihn von Hartax erhielt, was wahrscheinlich die Grundlage der bei den europäischen Fachgenossen 
herrschenden Verwirrung wurde. 


Saurocephalus lanciformis Hırran 1824. 
(Taf. RXV, Ries 25). 
Journ. Acad. Nat. Sci., Philad., vol. 3, S. 331, Taf. 14. 


Saurodon lanciformis Hays 1830, Trans. Amer. Phil. Soc., Philad, new series, vol. 3, S. 476, Taf. 16. 
Saurocephalus lanciformis Harran 1834, Trans. Geol. Soc. Penn., vol. 1, S. 87, und Med. and Phys. Resear., 
S. 362. 
= = Leıpy 1857, Trans. Amer. Phil. Soc., new series, vol. XI, S. 91, Tat. 6. 
= 3 Cope 1870, Proc. Amer. Phil. Soc., vol. XI, S. 530. 
1874.. Bull. U. S. Geo]. and Geog. Surv. Terr., No. 2, S. 41. 
1875. Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 275. 
arapalovius Core 1872, Proc. Amer. Phil. Soc., vol. XII, S. 343. 
1874, oben eit. S. 41; 1875, oben cit. S. 275, Taf. 49, 
L dentatus STEwarp 1898, Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 21. 

Die auf eine fragmentarische Maxilla basirte Species wurde von Harvan beschrieben und ab- 
gebildet und später von Lerpy noch einmal beschrieben und abgebildet. Die Vereinigung von Copk's 
S. arapalovius und STEwARD'S S. dentatus mit unserem S. lanciformis werde ich unten begründen. Die 
rechteckige Praemaxilla ist 485 mm hoch und 37 mm breit und trägt an dem vorderen Rand 9 Zähne. 
Aussen besitzt sie eine Verzierung von feinen Linien, die von der Spitze ausstrahlen. Nahezu 3 der 
Innenseite werden von einem Schuppengelenk gegen die Maxilla eingenommen. Die Maxilla ist sehr hoch 
(47 mm hinten am Palatin-Condylus) und lang (124 mm). Der Zahnrand bildet eine sanfte, convexe 
104 mm lange Kurve und trägt 37 Alveolen. Dieser untere Rand ist beträchtlich verdickt. Das obere 
Ethmoidalgelenk scheint zweitheilig zu sein, aber da es etwas zerbrochen ist, kann ich dies nicht ganz 
sicher beurtheilen‘. Der Palatin-Condylus ist lang und schmal. Der Unterkiefer mit gerader, 
verticaler Symphyse ist vorne niedrig, 22 mm hoch’; er wird aber nach hinten zu höher und ist am 
Coronoid 59 mm hoch. Der Zahnrand ist 125 mm lang (einige mm sind verdeckt) und trägt auf 
dieser Strecke 36 Alveolen. Die Zähne nehmen nach hinten an Grösse zu, die erössten sind 5 mm 
hoch. Das Praedentale bildet ein schmales, medianes Rostrum; es ist hinten 22 mm hoch und läuft 
in eine abgerundete Spitze zusammen. An allen Kieferelementen liest 5—6 mm jenseits des Zahn- 
randes eine Reihe von Foramina, eines für jede Alveole. Sie liegen in einer engen Rinne, welche 
gerade weit genug für den Zutritt der Zahnleiste ist. Die Zähne sind seitlich comprimirt und kurz, 
vorn und hinten mit Schneiden versehen, die etwas crenulirt sein können oder nicht (beides kann bei 
einem Individuum an verschiedenen Stellen des Kiefers vorkommen). Die Oberfläche ist glatt, obwohl 
unter dem Mikroskop (bei guter Erhaltung sogar unter der Lupe) eine leichte Streifung wahrnehmbar 
ist. Eine Streifung kann in manchen Fällen beobachtet werden: helle und dunkle Bänder abwechselnd, 
offenbar in Folge der Einwirkung der Dentinstructur. Der in der Alveole liegende Theil des Zahnes 
ist mehr oder minder eckig, mit einem winzigen vorderen und hinteren Kiel, der gegen die Basis hin 
verschwindet. Die innere Seite des Zahnes kann kannellirt sein, wie von Leıpy wiederholt hervor- 
gehoben wurde, aber das variirt sogar bei verschiedenen Theilen ein und desselben Kiefers. Copk 
stellte einen S. arapalovwius nach einem kleinen Maxillafragment auf und zeigte, dass er dem S$, lanci- 
formis sehr ähnlich war, dass aber die von Leıpy angegebenen Kanten an den Wurzeln der Zähne nicht 
vorhanden und die Zähne tiefer in den Alveolen eingesenkt seien. Der erste Unterschied ist kaum 
ein spezifischer, da das Fehlen der Kanten selbst bei jüngeren Zähnen, welche schon ihre definitive 


! Stewarn gibt ein solches Merkmal für die Maxilla von S. dentatus an. 
2 Gemessen am inneren Rand des Praedentale. 


oe 


Grösse erreicht haben, sehr variabel ist, ebenso wie die Tiefe der Einschnürung. SS. dentatus STE- 
WARD zeigt keinen merkbaren Unterschied und stimmt sogar in den mikroskopischen Merkmalen überein; 
es ist dieses aber die erste Art, von welcher uns eine vollständige Maxilla, Praemaxilla und ein eben- 
solcher Unterkiefer erhalten sind. „The long thin element“ an der Basis des Dentale fehlt bei meinen 
Exemplaren, vermuthlich ist die Abtrennung dieses „element“ nur auf einen Bruch im Unterkiefer 
zurückzuführen. 


Saurocephalus Broadheadi SrzwArn 1898. 
(Taf. XXIV, Fig. 6 u. Taf. XXV, Fig. 1.) 
Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 24, Taf. 1. 


Von dieser Species untersuchte ich Schädel, Maxilla und Dentale. Das Cranium zeigt 
enge anatomische Verwandtschaft mit Ichthyodectes, wie schon bei der Gattungsbeschreibung hervor- 
gehoben wurde. Die Maxilla ist schwächer als die der vorhergehenden Art und hat einen winzigen, 
langen, ovalen Ethmoid-Condylus und einen Palatin-Condylus von normaler Länge. Hinter diesem ist 
sie 48 mm hoch. Auf 76 mm Zahnrand stehen 25 Zähne. Das Dentale ist wie das der vorhergehenden 
Art, vorne flach (16 + x mm), am Coronoid zu 54 mm erweitert. Der Zahnrand trägt bei einer Länge 
von 158 mm 45 Alveolen. Die Basis des Unterkiefers ist 193 mm lang. Das Articulare ist kurz mit 
einer sehr flachen Gelenkpfanne, die gegen aussen durch einen breiten, rückwärtigen Fortsatz für die 
Anheftung eines Muskels geschützt ist. Die Foramina liegen nicht in einer Rinne, sondern sind ein- 
fache Kerben an der Basis jedes Zahnes. Die Zähne gleichen denen der vorhergehenden Species. 
Bei dem von mir untersuchten Exemplar fand ich eine grosse Variabilität in Bezug auf die Tiefe der 
Einsenkung und die Stärke der Kanten an der Wurzel. Im Ganzen ist der Unterkiefer verhältniss- 
mässig schwächer und länger als bei S. lanciformis. 


Albulidae. 


Syntegmodus’ nov. gen. 
(Taf. XXII, Fig, 9.) 


Es ist dieses ein hoch spezialisirtes Genus. Das Parasphenoid trägt unten eine Masse von 
Zahnbein, eine Eigenthümlichkeit, welche sonst bei keinem anderen Genus beobachtet wird. Das 
Orbitosphenoid ist ebenso stark entwickelt. Die allgemeine Gestalt spricht für einen seitlich 
stark zusammengedrückten Fisch. Die Frontalia sind von mässiger Grösse, bilden über der 
Augenhöhle ein Dach und bedecken alles ausser der Spitze des Sphenoticums. Die fast quadrati- 
schen Parietalia sind gross und treffen in einer langen Mittelnaht zusammen. Das Pteroticum 
ist sehr gross und bildet den rückwärtigen Winkel des Craniums, es ist oben sehr breit (ein eigenes 
Squamosum ist nicht aufzufinden) und trifft auf dem breiten glatten Schädeldach mit den Parie- 
talia zusammen; auf der Seite reicht es beträchtlich unter das Hyomandibular-Gelenk herab. Ueber 


ı Cope’s Ichthyodectes prognathus mag hieher gehören, es lässt sich dies jedoch nur mit Hilfe grösseren Ma- 
terials entscheiden. 
? ovvınyua Verschmelzung; odovg Zahn. 


— 


dieser Gelenkpfanne liegt eine tiefe Grube, grösstentheils im Pteroticum, aber ihr vorderes Ende reicht 
in das Sphenoticum herein, welch letzteres einen mässigen Postorbitalfortsatz bildet. Das quadratische 
Prooticum scheint an seinem unteren Rand den Rest eines breiten Flügels zu besitzen, der den 
Augenmuskelkanal seitlich begrenzte. Die Alisphenoidea sind hoch, aber eng, und bilden die Seiten- 
wände des vorderen Durchgangs in den Hirnschädel. Das wegen seiner enormen Grösse besonders 
merkwürdige Orbitosphenoid ist ein unpaariger Knochen, ebenso hoch als lang, hinten durch eine 
kreisförmige Interorbitalöffnung ausgehöhlt. Es erscheint vollständig mit dem Parasphenoid verschmolzen, 
welch letzteres sehr stark und im Durchschnitt dreieckig ist. Unter der Orbitalgesend ist der Knochen 
auf seiner Unterseite tief ausgehöhlt und diese Aushöhlung mit einer Masse kräftigen Dentins aus- 
gekleidet. Dieses Dentin ist durch ein schmales Knochenband gegen die bei den früheren Gattungen 
erwähnte Grubenoberfläche begrenzt. Das Zahnbein ist ganz voll von verticalen Kanälen (Haversische 
Kanäle), die durch die ganze Dicke hindurchsetzen, und zwischen ihnen treten die mit den grösseren 
Kanälen parallel laufenden canalieuli auf. Diese Dentinmasse scheint eine Bezalınung vorzustellen: 
einzelne Zähne verschmolzen zu solcher einheitlichen Masse. Die Dentinlage kann nur zum Zermalmen 
von harten Gegenständen, wie Molluskenschalen, gedient haben. Das Parasphenoid hatte bei Syn- 
tegmodus dieselben Funktionen wie bei den Plethodiden; aber statt sich in die Breite zu entwickeln, 
wuchs es nur an Dicke und Höhe. Die Ethmoidea lateralia sind sehr hoch mit gekrümmter 
Orbitalgrenze, 

Verwandtschaft. — Das grosse Orbitosphenoid lässt zunächst auf eine Verwandtschaft mit 
der Gattung Albula‘ schliessen. Diese stimmt im Schädeldach und in allen Details, das Parasphenoid 
ausgenommen, mit unserer Gattung überein. Die Gattung Pisodus? A. S. WooDwaArD zeigt ein mit 
erbsenförmigen Zähnen bedecktes Parasphenoid und lässt auf eine Zahnform schliessen, aus d@r sich 
die solide Dentinmasse bei Syntegmodus entwickeln konnte. Pisodus unterscheidet sich von Albula nur 
durch seine Bezahnung. Ich betrachte die Gattung Synfegmodus als ein drittes Glied der Albuliden-Familie. 


Syntegmodus altus nov. sp. 
(Taf. XXII, Fig. 9.) 

Alle Merkmale der Art sind in der Beschreibung der Gattung bereits gegeben. Kiefer sind 
keine erhalten und nur das Parasphenoid kann für spezifische Charakteristik angewendet werden. Der 
Schädel ist von hinten bis zum Ethmoidum-laterale 62 mm lang und über den Orbitalia 52 mm breit. 
Das Orbitosphenoid ist 39 mm hoch und lang, das Parasphenoid in der Mitte dreieckig, 13 mm hoch 
und 20 mm breit. Das eingeschlossene Zahnbein bildet hier $ der ganzen Masse, nimmt weiter nach 
vorn ab und verschwindet unter der hinteren Seite des Ethmoidum-laterale ganz, 


Anhang. 
(Tafel XXIL, Fig. 10 u. 11.) 


Ein lanzettförmiges, die allgemeinen Merkmale der Gattung Syntegmodus zeigendes Parasphe- 
noid scheint mir einer zwischen Syntegmodus und Tihryptodus stehenden Form anzugehören. Das- 


! Abbildungen dieses Fisches s. SaureLpr, U. S. Commission of Fish ard Fisheries, Report for 1883, S. 808. 
® Ann. and Mag. Nat. Hist,, ser. 6, vol. XI, 1893, S. 357, 


— 2a 


selbe war oben mit einem sehr langen Orbitosphenoid verschmolzen, während es unten mit 
Grübchen und einer Schmelzschicht bedeckt ist. Im Durchschnitt bildet es ein niedriges Dreieck. 
Gerade vor dem Prooticum ist es stark eingeschnürt und der verengte Theil von einem Foramen 
schräg durchbohrt. Es ist 68 mm lang, 22 mm breit und hat eine weidenblattähnliche Form. Ein 
zweites, etwas grösseres Parasphenoid weist alle wesentlichen Merkmale des vorhergehenden auf, doch 
ist die Grübchenverzierung gröber und der Knochen flacher, d. h. sein Durchschnitt stellt ein niedrigeres 
Dreieck dar, auch ist derselbe breiter und hinten unvermittelter eingeschnürt. Es misst bei 99 mm 
Länge 34 mm im der Breite. In Anbetracht der Schmelzschicht und der Grübchenverzierung wäre 
man geneigt, diese Parasphenoide den Plethodidae Zuzutheilen, wenn gleich sich dieselben in keiner der 
bekannten Gattungen unterbringen lassen. Form und Verschmelzung mit einem langen Orbitosphenoid 
zeigen jedoch eine grössere Aehnlichkeit mit Syntegmodus, welch letztere Gattung ebenfalls etwas 
Schmelz und Grübchenverzierung um den Aussenrand des Parasphenoids herum aufweist. Die zwei 
Knochen scheinen mir zwei spezifisch unterschiedene Parasphenoide einer sonst unbekannten Gattung 
darzustellen, doch habe ich dieselben ohne Namensbezeichnung abgebildet, in der Hoffnung, dass sich 
in Zukunft mehr von den übrigen Theilen finden wird, um darauf ein Genus sicher begründen zu können. 


Blopidae. 


Osmeroides Acassız 1843. 


Poiss. Foss. vol. V, pt. II, S. 103. 


Agnomius Core 1871, Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., S. 170. 
& Cops 1877, ]. ec. S. 177. 
Osmeroides A. S. WoopwArnp 1888, Proc. Geol. Assoc., vol. X, S. 322. 
s A. S. Woopwarp 1894, Proc. Zool. Soc., London, S. 655. 
Beryxz StewArp 1898, Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 195. 
Agnomius STEwWARD 1899, ]. c. vol. 8. 


Acassız stellte dieses Genus für emige westphälische und englische Arten auf, wobei er freilich 
bemerkte, die letzteren möchten der Gattung nach verschieden sein. Als von DER MArck ! die west- 
phälischen Formen untersuchte, erachtete er sie als mit den Clupeiden verwandt und schied sie unter 
dem Namen Sardinoides aus. Die englischen Exemplare waren zuerst von MAntern? als Salmo lewesensis 
bestimmt worden. Woopwarn studirte im Jahre 1894 die Gattung Osmeroides und stellte ihre Ver- 
wandtschaft mit den Elopiden fest. Für einige Wirbel wendete Core ursprünglich den Namen Agnomius 
an, während er sie später als der Gattung Pachyrhizodus angehörend betrachtete, um wieder später ®, 
im Jahre 1877, nach Auffindung reichhaltigeren Materials den Namen Agnomius von neuem in An- 
wendung zu bringen. Bei zwei Species folgte Srewarp in der Nomenclatur dem Beispiele Copk's. 
Ich kann indessen keinen Gattungsunterschied zwischen dem amerikanischen Agnomius und den eng- 
lischen Osmeroiden finden. Der Hauptunterschied liegt in der höheren und verhältnissmässig etwas 
breiteren Praemaxilla. 


1 Palaeontographica, vol. XI, 1863, S. 41—45. 
® Fossils of South Downs, 1822, S. 235. 
3 Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 240, 


— 355 — 


Dermal-Cranium. — Die Frontalia sind mässig gross, bilden ein breites Dach über den 
Augenhöhlen und reichen gerade bis hinter das Sphenoticum zurück. Die grossen Parietalia treffen 
ihrer ganzen Länge nach in der Mitte zusammen. Das lange, schmale Parasphenoid ist gerade vor 
dem Prooticum stark eingeschnürt und bildet von da an rückwärts den Boden des hohen Augenmuskel- 
kanals. Die Unterseite des Parasphenoid unter der Orbitalgegend zeigt eine rauhe, mit kleinen 
Grübchen versehene Fläche, die als Widerlager beim Zermalmen der Nahrung gebraucht wurde. Gerade 
vor den Prootica ist oben ein n-förmiger erhöhter Rand, durch welchen auf beiden Seiten ein Foramen. 
für die Carotiden geht. 


Primordial-Cranium. — Der Augenmuskelkanal ist sehr hoch, seitlich durch Flügel begrenzt, 
die vom Prooticum herunterkommen:; dieser letztere Knochen ist sehr gross und bildet den grössten 
Theil der Seite der Hirnschale; innere Fortsätze nehmen an der Zusammensetzung des Bodens der 
Hirnhöhle Theil. In der Mitte ist das Prooticum durch mehrere Foramina für Trigeminus-Zweige, 
andere Nerven und Blutgefässe durchbohrt. Das Sphenoticum bildet einen sehr unbedeutenden Post- 
orbitalfortsatz. Das kleine Epioticum liegt ziemlich nahe der Aussenseite des Schädels; hinten trägt 
es einen runden Knopf für das Posttemporale. Das oben lange und schmale Pteroticum ist an der 
Seite ziemlich breit und bildet den grössten Theil der Hyomandibularpfanne. Das Opisthoticum ist sehr 
klein und sitzt an der Naht zwischen Pteroticam und Exoceipitale. Es trägt einen runden Knopf für 
den Ansatz des unteren Armes des Posttemporale. 


Das Orbitosphenoid ist ein unpaariger hoher Knochen, welcher stark an den Clupeiden- 
Typus erinnert. Die Alisphenoidea sind ziemlich gross. Eine kleine, ungestielte Platte mag, wie bei 
den Clupeiden, dem Basisphenoid entsprechen. Das Basioceipitale ist seitlich stark zusammengedrückt, 
mit einer tiefen Rinne für den Augenmuskelkanal. Das hintere Gelenk für die Wirbel ist fast recht- 
eckig. Die kleinen Exoceipitalia scheinen in der Mitte über dem Foramen magnum zusammenzutreffen. 
Das Supraoceipitale ist zerbrochen, scheint aber nur klein gewesen zu sein. 


Kiefer. — Die Praemaxilla ist ein niedriges Dreieck, das an der Rückseite am breitesten 
ist; die zwei Praemaxillae stossen mit ungefähr 4 der Länge ihres oberen Randes in einem Winkel von 
70° zusammen und bilden so eine scharfe, spitzige Schnauze. Der vordere Winkel der Praemaxilla 
ist mit Papillen bedeckt, die nach hinten zu in radiale Strahlen übergehen. Der Zahnrand ist eine 
breite convexe Platte, die auf einer verticalen Platte sitzt und mit feinen Zähnen „en brosse* bedeckt 
ist. Die Maxilla ist lang, schlank und unten concav mit einem scharfen, einwärts gebogenen Fortsatz 
hinter der Praemaxilla. Der Knochen wird nach hinten dünner und höher. Der Zahnrand ist vorn 
breit, wird aber gegen hinten schmäler und verschwindet kurz vor dem Hinterende der Maxilla. Die 
sehr zahlreichen Zähne sind bürstenartig. Gerade hinter dem anderen Fortsatz auf der oberen Grenze 
ist ein runder, leicht vorspringender Gelenkfortsatz für das Palatinum. Der Unterkiefer ist ein langes, 
niedriges Dreieck mit kurzem Gelenkfortsatz. Die vordere Symphyse ist verdickt, niedrig und tief 
ausgekerbt. Der Zahnrand ist eine gerundete Platte, die horizontal auf dem dünnen, verticalen Dentale 
sitzt. Er krümmt sich nach innen gegen den hinteren Rand zu und ist ganz mit feinen bürstenartigen 
Zähnen besetzt. Das kurze Articulare greift nur wenig in das Dentale ein; sein Gelenk ist ganz flach 
und ganz ohne erhöhte Ränder, so dass es sehr lose erscheint, wahrscheinlich war eine Seitenbewegung 
möglich. 


it Vgl. Copz, 1877, 1. c. 


— 256 — 


Visceralskelett. — Das Quadratum ist gross, dünn und breit; ein dicker äusserer Wulst 
läuft von dem Kopf aufwärts, der hinteren Grenze entlang, Der Symplectieum-Ausschnitt ist ganz 
klein. Die obere Grenze wird grossentheils durch das lange, dünne Metapterygoid gebildet. Hinter 
dem Gelenk liegt ein kleiner, halbmondförmiger, fremdartiger Knochen. Das Hyomandibulare ist 
oben breit, mit einem nach unten gerichteten Opercularfortsatz. Das lange Mesopterygoid ist trapez- 
förmig; ein beträchtlicher Theil desselben grenzt an das Quadratum. Seine Innenseite ist mit bürsten- 
artigen Zähnen besetzt, wie auch das schlankere, gekrümmte Pterygoid. Das oben schlanke Praeo- 
perculum erweitert sich unten, sobald es hinten um das Quadratum herumbiegt. Das ungefähr dreieckige 
Operculum hat sein Hyomandibulargelenk an der oberen, vorderen Ecke. Es ist sehr dünn und mit 
tiefen, radialen Rinnen verziert. 

Von den zwei erhaltenen Supraorbitalknochen ist der eine rechteckig, der andere fast 
viereckig, wozu, wie bei Thryptodus, augenscheinlich noch ein dritter kam. Andere Orbitalknochen sind 
in die Knochenmasse um die Maxilla hineingepresst. Der vollständige Hyoidapparat umfasst ein grosses, 
dünnes, dreieckiges Epihyale und an seinem vorderen Ende liegen auf jeder Seite zwei kreisförmige 
Knochen, ein Basi- und ein Hypohyale. Die Branchialia sind zahlreiche, kurze, runde Knochen, wie 
eine Franse um das Ceratohyale angeordnet. 

Wirbel. Von den scheibenförmigen Wirbeln sind die vorderen kürzer als die mittleren und 
hinteren. Die drei bis vier ersten haben ihr Centrum unter der Mitte und sind seitlich stark zusammen- 
gedrückt, so dass sie höher als breit werden. Die mittleren Wirbel sind ungefähr so breit wie 
hoch. Der Raum zwischen den Vorder- und Hinterflächen ist vollkommen ausgefüllt; die Wirbelkörper 
sind ringsum nicht verengert. Bei einem Exemplar sind 39 Wirbel: ohne die Schwanzwirbel erhalten, 
so dass über 50 Wirbel da gewesen sein müssen. 

Das Genus wurde von A. S. WoopwArp 1894 in die Verwandtschaft der Elopidae gestellt. 
Bei meinen Exemplaren findet sich keine Gularplatte, aber die anderen Charaktere sind die der Os- 
meriden. Zu den von WoopwArD für die Verwandtschaft mit den Zlopidae angeführten Gründen, 
nämlich: Zusammenstossen der Parietalia, zwei Supramaxillae auf gewölbter Maxilla, die Existenz einer 
Gularplatte, würde ich noch die Bezahnung von Mesopterygoid, Pterygoid und Palatinum und das 
Vorhandensein von Supraorbitalia fügen. Der Kopf ist an der Unterseite des Schädels durchaus clupeoid. 

Vorkommen. — In Amerika kommen drei Arten vor: O. favirostris CopE !, O, evolutus 
Copz ? und O. polymicrodus STEWARD?. England besitzt zwei Species: O. lewesensis Acassız? und O. 
crassus Dıxon*. Aus Böhmen stammt eine Species®. Dies ist die bei verschiedenen Gattungen be- 
kannte Verbreitung in den Tiefseegewässern. 


Osmeroides polymicrodus StEwARD 1898. 
(Taf. XXVI, Fig. 1—4.) 


Agnomius polymicrodus S’rEWARD, Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 195. 
N 5 5 1899, 1. c. vol. 8. 


Diese Art ist durch einen nahezu vollständigen Kopf und Bruchstücke von drei anderen Indi- 
viduen vertreten. Der Kopf ist lang (225 mm), schmal und hoch (165 mm). Die Kieferträger sind 


1 Siehe oben, 1877. .? Vgl. unten. ° Vgl. A. S. WoopwArp 1894. * Geol. of Sussex, S. 376. 5 Fritsch, A., 
Rept. u. Fische a. Böhm. Kreidef. S. 32, 


— 37 — 


etwas nach vorn geneigt. Die Species-Merkmale sind am besten an den Kiefern und am Parasphenoid aus- 
geprägt. Die dreieckige Praemaxilla ist 65 mm lang und hinten 32 mm hoch. Vorn ist die Aussen- 
seite mit Papillen bedeckt, von welchen bis zum Hinterrande radiale Streifen laufen. Die gewölbte Zahn- 
randplatte sitzt auf dem niederen Rand und trägt ungefähr 10 unregelmässige Reihen von Zähnen „en 
brosse“. Die winzigen bürstenartigen Zähne haben einwärts gekrümmte Spitzen " (1—1'), mm lang). 
Die lange schlanke Maxilla ist unten concay °. Der vordere Theil ist ein breiter nach aufwärts gerichteter 
Fortsatz, etwa 25 mm lang, und passt sich hinten der Praemaxilla an. An der oberen Grenze ist der 
gerundete Palatinumfortsatz ungefähr 5 mm breit. Der untere Rand ist ziemlich dick, wird nach 
hinten aber dünner (die ganze Länge einschliesslich des Praemaxillafortsatzes beträgt 116 mm) und 
ist mit denselben winzigen Zähnen bedeckt. Der Unterkiefer ist sehr dünn, an der Symphyse flach 
am Hinterrand dagegen hoch. Die Symphyse trägt eine tiefe horizontale Kerbe. Die gewölbte Zahn- 
randplatte liest horizontal und trägt etwa 12 unregelmässige Zahnreihen, die ihre ganze Fläche be- 
decken. Für den Mecxer'schen Knorpel ist keine eigene Aushöhlung vorhanden. Die ganze Länge 
des Unterkiefers beträgt 153 mm, die des Zahnrandes 121, die Symphysen-Höhe ist 14, die Coronoid- 
Höhe 51 mm. Das kurze Articulare ist wenig vom Dentale bedeckt und hoch. Der Oberrand neigt 
sich vom Zahnrand gerade nach unten. Das Gelenk ist sehr flach und gar nicht verbreitert. Die 
Abdachung vom Zahnrand bis zu dem hinteren Ende des Gelenkes beträgt 55 mm. Das Parasphe- 
noid ist an der unteren Seite mit feinen Grübchen in fiederartiger Anordnung verziert; es setzt gerade 
vor den Prootica ein und endigt etwa 55 mm vor denselben. 


Osmeroides evolutus Core ? 1877. 
(Taf. XXVI, Fig. 5, 6.) 
Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., S. 195. 

Beryz (?) multidentatus StewArn 1898, Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 195. 

Agnomius evolutus STEwARD 1899, ]. c. vol. 8. 

Von dieser Art liegen mir zwei Praemaxillae, ein vollständiger Unterkiefer (soweit der Zahnrand 
in Betracht kommt) und ein Stück der Symphysenregion vor. Ich habe diese Reste der Species evo- 
lutus zugezählt, obwohl ich hierin nicht ganz sicher bin; denn der Unterkiefer ist so zusammengefaltet, 
dass die wichtigen Proportionen sehr schwer zu schätzen sind. Die Praemaxilla gleicht jener der 
vorhergehenden Art, ist aber ein wenig höher. Ihre Länge beträgt 79 mm, die Höhe 32; sie trägt 
15 Zahnreihen, wenn man quer auf dem breiten Theil des Zahnrandes zählt. Der Unterkiefer ist, 
soweit er erhalten, durch Verdrückung der Länge nach gegen innen umgebogen, der Unterrand ver- 
loren gegangen. Er misst 225 mm in der Länge und hat einen in der Mitte 22 mm breiten und 
147 mm langen Zahnrand. Ungefähr 28 Zahnreihen finden sich am breitesten Theil desselben, alle 
Zähne sind sehr klein und haben meistens schwarze Spitzen. Der Zahnrand verengst sich nach hinten. 
Die Artieularpfanne ist oval, etwas ausgehöhlt und der sie umgebende Theil des Articulare stark ver- 
dickt. Die 16 mm tiefe Symphyse zeigt die gewöhnliche horizontale Rinne. 


2 Anf beträchtlichen Theilen des Zahnrandes sind die Spitzen der Zähne schwarz, während die Basis hellbraun 
ist. Das kommt, wie ich glaube, nur vom Zersetzungsprozess her. Cork legte allerdings bei Stratodus einiges Gewicht 
darauf und A. S. Woopwarn erwähnt dasselbe bei der Beschreibung eines englischen Stratodus. 

2 Die englischen Osmeroiden haben unten einen convexen Zahnrand. 

Palaeontographica. Bd. XLVI. 33 


9 


Salmonidae. 


Pachyrhizodus Dixon 1350. 


Geol. of Sussex, S. 374. 

Hypsodon Asassız 1834—45, zum Theil, Pois. Foss. vol. V, pt. 1. Taf. 25a, Fig. 1. 2. 4, 25 b Fig. 4—7. 

Acrodontosaurus Masan 1869, Quart. Journ. Geol. Soc. London, vol. 25, S. 442. 

Pachyrhizodus Core 1872, Proc. Amer. Philos. Soc., Philad., vol. 12, S. 344. 

A) Copz 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 220. 
e A. S. WoopwArp 1888, Proc. Geol. Assoc., London, vol. X, S. 313. 

Acassız bildete zuerst verschiedene diesem Genus zugehörige Reste ab, welche er aber seiner 
unglücklichen Gattung Hypsodon zuzählte. WoopwArn erkannte das zuerst und schlug gleichzeitig 
vor, da die fraglichen Reste die letzten waren, die noch als Hypsodon bezeichnet wurden (Portheus 
und Jchthyodectes waren schon früher abgetrennt worden), den Namen überhaupt fallen zu lassen, da 
Hypsodon in Acassız’s Fassung ganz heterogene Formen enthielt. Ein als Acrodontosaurus bezeich- 
netes Kieferfragment hielt Masox für ein Reptil; es gehört aber zu Pachyrhizodus. Diesen Namen wen- 
dete zuerst Dixon für einige Knochenfragmente an, nannte dabei aber Acassız als Autor; letzterer 
hat, indessen nie etwas hierauf Bezügliches veröffentlicht. Alle bisherigen Studien über die hier zu 
betrachtenden Formen beruhten auf ganz fragmentarischem Material, was naturgemäss zu den ver- 
schiedensten Auffassungen über die Verwandtschaftsverhältnisse dieser Formen führte. Cork stellte 
Pachyrhizodus zu seinen Stratodontidae, einer Familie, welche aus den heterogensten Elementen zu- 
sammengesetzt ist, die jetzt alle in verschiedene Familien eingereiht sind, mit Ausnahme von Stratodus 
selbst, welche Gattung nur nach einigen Kieferfragmenten bekannt ist. A. S. Woopwarn ! vermuthet 
verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Pachyrhizodus und den Salmonidae. Diese Annahme dürfte 
wohl richtig sein, und hier soll die Homologie der verschiedenen Knochen nachgewiesen werden. 

Cranium. — Die Knochen der Crania werden gewöhnlich isolirt gefunden, was wahrschein- 
lich auf schnellen Zerfall der Schädel durch Maceration zurückzuführen ist. Eine Prüfung der Naht- 
flächen führt zu der Vermuthung, dass hier eine Knorpelschicht zwischen den Knochen lag wie bei 
Salmo, welche den totalen Zerfall wie bei den recenten Salmonidae sehr beschleunigte. Die sehr 
grossen Frontalia reichen so weit zurück, dass sie die Parietalia fast ganz bedecken, die durch ein 
niedriges Supraoceipitale getrennt sind. Zwischen den grossen Epiotica und dem Pteroticum ist eine 
tiefe Mulde. Die Pterotica bilden einen scharfen Winkel hinten am Kopf und hängen an der Seite 
beträchtlich über. Das Opisthoticum ist klein, das Prooticum gross mit mehreren Foramima für 
Nerven und Blutgefässe. Die Alisphenoidea sind klein. Das schwache Parasphenoid sendet 
nach jeder Seite einen Flügel zu dem Prooticum, das durch ein Foramen für die Carotis durchbohrt ist. 
Der hohe Augenmuskelkanal ist unten durch das muldenförmige Parasphenoid begrenzt. Das Cra- 
nium von Salmo ist soweit sehr ähnlich, aber gerade vor den Parasphenoid-Flügeln ist bei Pachy- 
rhizodus auf der unteren Fläche ein paariges erhöhtes, dreieckiges Feld, augenscheinlich eine Reibfläche 
(Taf. XXVI, Fig. 10) zu beobachten. 

Kiefer. — Die Praemaxilla° ist der variabelste Knochen am Schädel, obwohl sie in den 


* Palaeontology of Vertebrates, 1898, S. 118. 

? Ein sehr vollkommener Schädel im britischen Museum, dessen Kiefer in jeder Beziehung wie die von ?. 
fero@ Stew. beschaften sind, zeigt, dass diese Formen einen flachen niedrigen, dreieckigen Kopf hatten, der in dem 
Mediantheil nahe dem Hinterrande eine dreieckige Depression im Schädeldach zeigt, gerade wie bei P. dasalis. Die 
Wangen sind mit drei grossen Infraorbitalia bedeckt. 


— 259 — 


Hauptzügen constant bleibt. Bei P. caninus CopE und P. basalis Dixox ist sie ein starker dorso- 
ventral zusammengedrückter Knochen, bei allen anderen Formen eine schwache verticale Platte. In 
allen Fällen jedoch bildet die verdickte innere, vordere Fläche eine Plattform, auf der bei P. caninus 
und P. basalis zwei grosse Zähne, bei allen anderen Arten nur ein Zahn sitzt. Längs des äussern 
Randes befindet sich eine Reihe von 12—15 Zähnen. Die verschiedene Gestaltung der Praemaxilla ruft 
indessen keinen grossen Unterschied in der Schädelform hervor, wie aus vorstehender Note hervorgeht; 
in beiden Fällen haben wir niedrige, oben abgeflachte Schädel. P. caninus und P. basalis sind wahr- 
scheinlich noch etwas niedriger und breiter als die übrigen Arten. Unsere Renntniss dieser Formen 
scheint mir indessen nicht genügend, um dieselben generisch von den andern Pachyrhizodus-Arten zu 
trennen, und da diese zwei sehr nahe verwandten Arten sehr viel Uebereinstimmendes mit den übrigen 
P.-Arten besitzen, so betrachte ich alle diese Formen als zu einer Gattung gehörig. Die Praemaxilla von 
Salmo ist wie bei Pachyrhizodus eine verticale Platte, aber ohne inneren Zahn. Die gekrümmte, im Quer- 
schnitt dreieckige Maxilla' ist am Zahnrand am schmälsten. Sie trägt eine einzige Reihe von 24—50 
Alveolen, von denen ungefähr die Hälfte mit Zähnen besetzt ist. Sie sendet einen starken Dornfortsatz 
nach vorn, der von hinten her in die Praemaxilla eingreift und bis zur Einschnürung der letzteren 
reicht. Der Öberrand trägt eine ovale rauhe Fläche, an welcher die Maxilla gegen das Ethmoideum 
laterale stösst. Das gar nicht tiefe Dentale hat dieselbe Form wie bei Salmo. Die Symphyse ist zu 
einem Knopf angeschwollen, der an seinem vorderen Ende horizontal ausgeschnitten ist. Der Zahn- 
rand krümmt sich vorn in charakteristischer Weise nach unten. In einer einzigen Reihe standen 25 
bis 45 Zähne. Es scheint ein gesondertes Angulare existirt zu haben, das durch eine Nahtfläche, 
von der es wegmacerirt ist, angedeutet wird. Das nicht sehr lange Articulare hat ein breites, ein- 
wärts gekrümmtes, sattelartiges Gelenk, was sowohl seitliche als verticale Bewegung der Kiefer erlaubte. 
Alle Kiefer haben dünne erhöhte Aussenränder, gegen welche die Zähne in ächtem Pleurodonten-Typus 
cementirt sind. 

Zähne. — Diese sind conisch, kräftig, glatt und mehr oder weniger einwärts gebogen. Die 
Structur ist die eines normalen Fischzahnes, eine Schicht Schmelz über einer dicken Lage Dentin mit 
einer grossen centralen Pulpahöhle . Der Zahn sitzt auf einer grossen Basis reinen Cements, voll 
von Knochenzellen, welche allmählig gegen oben verschwinden; die Knochenzellen sind zuerst spindel- 
förmig und verschwinden dann, ohne dass die Grenze zwischen Cement und Dentin klar ist. Was den 
Ersatz betrifft, so finden wir innen nahe der Basis häufig eine Aushöhlung von variirender Grösse, 
Aus der Analogie mit anderen Fischen geht hervor, dass der junge Zahn innen neben dem alten ent- 
steht, die Basis so weit aushöhlt, bis die Spitze abbricht, worauf die ganze Cementbasis absorbirt wird 
und die Alveole als leere Tasche mit einem Loche unten zurücklässt, durch welches Loch das nutri- 
tive Gewebe in die Pulpahöhle eintrat. Wenn der junge Zahn ausgewachsen ist, wird er an die 
Alveole cementirt; niemals ist ein halb ausgewachsener Zahn schon befestigt. Der regelmässige Wechsel 
im Zahnersatz ist hier sehr streng durchgeführt, indem jede zweite Alveole entweder leer ist oder 
einen theilweise zerstörten alten Zahn besitzt. Die vorausgehende Beschreibung würde genau auch 
für Salmo-Zähne passen, die pleurodonte Befestigung ist keineswegs weit unter den Fischen verbreitet. 
Ausser diesen grossen Zähnen sitzen am Pterygoid und Mesopterygoid Flächen von dünnen, conischen 


i Core’s Maxilla ist ein Palatinum. 
?2 Röse muss einen Zahn von einem anderen Genus gehabt haben, als er Vasodentin fand. Anat. Anzeiger 
Bd. 14, 1897, S. 34. 


— 260 — 


Zähnen; ferner auch an den Branchialia, und da ich grosse Fetzen mit dichtstehenden Zähnchen lose 
im Gestein finde, war wohl auch die Zunge wie bei Salmo mit Zähnchen bewehrt. 


Kieferträger. — Das Hyomandibulare' ist gross und dünn wie eine Zimmeraxt geformt 
mit einem sehr kurzen, hinten hoch gelegenen Opercularfortsatz. Nach dem Einschnitt hinten am 
Quadratum zu urteilen, war das Symplecticum gross. Das dreieckige Quadratum hat einen grossen 
Kopf mit einer Genlenkfläche, die dem Articulare entsprechend, wie ein umgekehrter Sattel geformt 
ist. Das dünne Metapterygoid liegt unter der oberen Verbreiterung und auf dem hinteren Theil 
des Hyomandibulare und begrenzt mit diesem Knochen ein breites, ovales Foramen. Das Mesoptery- 
goid ist innen mit winzigen, bürstenartigen Zähnen bedeckt; das Pterygoid ist ein mit feinen 
Zähnen bedeckter, gekrümmter, flacher Stab. Die Form der obigen Knochen entspricht derjenigen 
der Salmonidae, aber unter diesen hat nur Osmerus am Mesopterygoid Zähne und zwar nur eine Reihe. 
Das Palatinum? ist ein langer, leicht gekrümmter Knochen von keilförmigem Querschnitt mit dem brei- 
teren Ende nach oben. An seinem Unterrand trägt es eine einzige Reihe von etwa 35 Alveolen mit 
ebensolchen Zähnen, wie auf den Kiefern. Nahe der Vorderseite liegt oben eine grosse ovale Narbe, 
die Articulationsstelle des Palatinum gegen das Ethmoid laterale. Innen bildet es ein Schuppengelenk 
gegen das Pterygoid. Dieses gleicht ebenfalls dem Pterygoid von Salmo. 


Das Operculum ist gross und dünn, bei P. leptognathus ist es mit dem Interoperculum er- 
halten. Ein Infraorbitalring von dünnen Knochen bedeckte die ganzen Wangen. Die Sclerotica war 
in zwei getrennten Stücken verknöchert. Der Hyoidapparat zeigte den normalen Typus mit einer 
longitudinalen Kerbe innen am Ceratohyale®. Die Branchialia sind die gewöhnlichen canellirten 
Knochen mit einer Lage feiner Zähne. Jeder winzige Zahn ruht auf einem Knochenring auf kleiner 
Basis und diese Basen sind zu breiten Platten verschmolzen; die Verwachsung aber ist nicht so fest, 
dass nicht die einzelnen Stücke erkennbar wären. Sie gleichen Herrwıg's* typischen Primärzähnchen. 
Neben diesen Zähnchen, die auch auf der Zunge vorhanden waren, stehen auf den Branchialia „Gill- 
rakers“. Diese (Fig. 11, Taf. XXVI) sind abgeflachte, dornartige Knochen mit einem Basalgelenk wie 
eine Ulna. Die Länge variirt. Der obere Theil wird immer von einer in der Längsrichtung zusammen- 
gefalteten Lamelle gebildet. Vorn auf den Rändern der Lamelle stehen rechts und links neben der 
von der Lamelle gebildeten Rinne gewöhnlich 2—3 Reihen winziger Zähne. In die Base (vel. Fig. 11) 
der „Gill-rakers“ tritt ein Haversicher Kanal ein, der gegen oben ausserordentlich häufig anastomosirt. 
Die Branehiostegi haben verschiedene Grösse und die Form von ungleich grossen Sensenklingen. 
Die beiden lezten Details sind ganz salmonoid. | 


Die scheibenförigen Wirbel sind etwas breiter als hoch und ihr Centrum liegt gerade über 
der.Mitte. Sie sind durchweg kurz, da ihre Länge nur wenig mehr als die Hälfte der Höhe beträgt. 
Zwischen der Vorder- und Hinterfläche sind die Wirbel vollständig ausgefüllt. Die Wirbel sind zahl- 
reich; bei einem Individuum habe ich deren 40 gezählt und da noch einige Schwanzwirbel fehlen, so 
mag die Gesammtzahl nicht weniger als 50 gewesen sein. In der Thorax- und Bauchregion sind die 
Neur- und Haemapophysen nicht mit den Wirbelkörpern verschmolzen; aber bei mindestens den letzten 
8 Wirbeln sind sie vollständig mit den Wirbelcentren verschmolzen. Die letzten drei Wirbel biegen 


* Corr’s „supposed Hyomandibulare“ ist wahrscheinlich das Epihyale. Taf. 51, Fig. 4. 


? Cope’s Maxilla. 
° Cope's „supposed interoperculum“, Taf. 5l, Fig 5. 
* Morphologisches Jahrbuch, Bd. 2, 5 und 7. 


— al — 


sich leicht nach oben. Der letzte fehlt, der vorletzte und einige vorausgehende zeigen die Träger der 
Schwanztlosse (Fig 9, Taf. XXVI). Das vorletzte Hypurale ist eine breite, dreieckige Platte. Die 6 
bis 7 vorausgehenden sind kräftige Stäbe, deren grosser Durchmesser in der Querrichtung liegt. All 
diese Hypuralia sind mit ihren Centren verschmolzen. Die Gestalt und Zahl der Wirbel, die innere 
Heterocerkie des Schwanzes sind Salmonidenmerkmale, die Hypuralia der letzteren Gattung sind freilich 
nieht in derselben Ausdehnung mit den Centren verschmolzen. 


Das Cleithron ist eine breite, dünne Platte, oben convex wie bei Salmo. Scapula und Coracoid 
fehlen, das „Spangelstück“ ist eine dünne, breite Platte, deren äusserer Rand eine lange und deren 
innerer eine sehr kurze Curve beschreibt. Vier erhaltene Baseosten gehören zu einer Flosse. Der 
erste ist ein kurzer, kräftiger, cylindrischer Stab, die anderen sind schlank und abgeflacht. Von einer 
Brustflosse sind 18 Strahlen erhalten, deren erster direkt an der Scapula mit einem ulnaähnlichen Ge- 
lenk artikulirt. Dieser Strahl ist ungespalten und sehr kräftig, gegen das äussere Ende in sehr kurze 
Segmente gegliedert; die andern Strahlen sind dichotom verzweigt und unregelmässig in grössere Seg- 
mente gegliedert. Jeder Strahl entsteht durch Verwachsung eines inneren und äusseren Dermalstrahles, 
die nur an der Basis getrennt sind. Die kurze Bauchflosse liegt weit gegen den Schwanz hin zurück. 
In dieser Gegend ist der Körper plump, von fast rundem Querschnitt. Der erhaltene Theil der Schwanz- 
flosse zeigt hinlänglich, dass sie aussen homocerk mit segmentirten Strahlen war. 


Schuppen. — Die Schuppen sind für die Grösse des Fisches sehr klein. Sie sind oval, zum 
grösseren Theile verdeckt, ihr Centrum liegt vor der Mitte. Ein Segment von etwa 100° (mittlere 
Vorderregion) trägt bei einigen Species einige unterbrochene, radiale Linien; bei P. latimentum Copz 
ist jedoch ein gekörnelter Fleck die einzige Verzierung. Der Rest der Schuppe ist vollkommen glatt. 
Eine der englischen Species! und P. lepfognathus Stzw. zeigen die radialen Linien. Alle Schuppen 
sind sehr diek, besonders in der Mitte, und zeigen in Dünnschliffen eine Masse von Knochenzellen 
hauptsächlich im centralen Theil. 


Die vorausgehende Beschreibung zeigt, dass Pachyrhizodus den Salmonidae in allen wichtigen 
und in einer auffallend grossen Menge geringerer Merkmale gleicht. Die Trennung der Parietalia, 
Mundgrenze, Palatinzähne, die pleurodonte Bezahnung und die Struktur der Zähne, Form der Wirbel, 
der hemiheterocerke Schwanz, die Struktur der Schuppen, nicht zu sprechen von der Ausbildung der 
„Gill-rakers“, Branchiostegi. des Hyomandibulare, alles das weist auf Verwandschaft mit den Salmonidae. 
Pachyrhizodus unterscheidet sich nur durch seine Zähne am Mesopterogoid und Pterygoid und durch 
seinen inneren Zahn an der Praemaxilla. Eine nahe verwandte Form ist Zhrissopater Günther. Thrisso- 
pater unterscheidet sich indessen dadurch sehr von unserer Gattung, dass die Wirbel auf den Seiten 
tief eingekerbt, die Kiefer niedrig sind und der Kopf recht lang ist. Cops vermuthet, dass Cono- 
saurus Gıpes® mit Pachyrhizodus übereinstimmt, aber Gısgs beschreibt die Zähne als massiv und in 
diesem Punkt ist ein Zweifel ausgeschlossen, da ihn Leıpy° bestätigt. Es ist also sicher, dass Cono- 
saurus kein Pachyrhizodus ist, dagegen fällt Conosaurus wahrscheinlich mit Cimolichthys zusammen. 
Conosaurus wurde auf lose Zähne begründet, es bedarf daher weiterer Funde oder mikroskopischer 
Untersuchungen zur Feststellung der Verwandtschaftsverhältnisse. 


ı A, S. Woopwarp, Proc. Geol. Assoc., London, vol. X, S. 313, T. 1, Fig. 8. 
? Smithsonian Contrib. 1851, vol 11; S. 9. 
3 Proc, Acad. Nat. Sci., Philad., 1868, S. 202. 


— 262 — 


Vorkommen. — Aus Amerika sind 4 Species aus Kansas unterschieden worden, die unten 
behandelt werden. England lieferte 4: P. basalis' Mason, P. Gardeneri' Mason, P. gracilis Owen, 
P. magnus A. S. W. In Sachsen kommt mindestens eine°, unter dem Namen Hypsodon lewesensis Ac. 
beschriebene Art vor. Die geographische Vertheilung würde auf Tiefsee-Salmoniden schliessen lassen. 


Pachyrhizodus ceaninus Copz 1872. 
(Taf. XXVII, Fig. 10—12). 
Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., vol. 12,.S. 344. 
Pachyrhizodus caninus Cor 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 221, Taf. 50, Fig. 1—4. 


Von dieser Species sind alle Kiefer, Palatinum, Theile des Visceralskelets und Wirbel 
erhalten. Es ist der grösste und am stärksten gebaute Pachyrhizodus. Die Praemaxilla® ist oval, 
dorsoventral comprimirt, mit einer tiefen Einschnürung nahe der Mitte der Innenseite. Ihre Länge 
beträgt 75 mm, die grösste Breite 32 mm. Die Oberseite ist convex und glatt, ausser an zwei grossen, 
ovalen, rauhen Stellen an der Innenseite, einer vor, der anderen hinter der Einschnürung. Diese 
dienen vermuthlich zur Befestigung der Muskeln oder der Ligamente, die die 2 Praemaxillae zusammen- 
halten. Die Unterseite hat um den äusseren Rand herum 10 Alveolen und auf einer Plattform, die 
den Platz vor der Einschnürung einnimmt, sitzen zwei grosse Zähne innerhalb der regelmässigen Reihe. 
Der Maxillafortsatz reicht bis zur mittleren Einschnürung der Praemaxilla. Die Maxilla* ist ein 
starker, gekrümmter Knochen, dessen Unterrand schmal, dessen Oberrand sehr dick ist. Die vorderen 
35 mm liegen seitlich innerhalb der Praemaxilla und bilden ein Schuppengelenk. 132 mm Zahnrand sind 
erhalten und tragen 24 Alveolen; 12 davon enthalten Zähne. An der Oberseite der Maxilla liegt eine 
ovale Narbe, wo sie am Ethmoideum laterale ruhte. Das Dentale ist dick und ziemlich kurz. Die Sym- 
physe schwillt zu dem gewöhnlichen Knopf an, der durch den horizontalen Einschnitt getheilt wird; 
Höhe 20 mm. Der Unterkiefer erweitert sich zu 56 mm am Coronoid. Der Zahnrand ist vorn ein- 
wärts und nach unten gekrümmt; diese Krümmung nach unten ist hier aber viel geringer als bei irgend 
einer der anderen Pachyrhizodus-Arten. Der 196 mm lange Zahnrand hat 36 Alveolen. Die kurzen, 
kräftigen Zähne stehen so dicht bei einander, dass sie in der Richtung von vorn nach hinten ziemlich 
stark zusammengedrückt sind. Charakteristisch für die Species ist, dass die vorderen 2 Zähne im 
rechten Winkel mit der langen Reihe auf der inneren Seite der verdickten Symphyse stehen. Gerade 
hinter der dicken Symphyse ist der untere Theil des Kiefers stark ausgehöhlt und während der Zahn- 
rand dick ist, ist der untere Theil sehr dünn. Das Palatinum ist ein langer, schlanker, seitlich ab- 
geflachter Stab, der eine einzige Reihe von 27 Alveolen trägt, die mit Zähnen wie die Maxilla versehen 
sind. Das hintere Ende ist zahnlos und dort ist die Innenseite längs gefurcht, wo es gegen das Ptery- 
goid lag. Das Palatinum ist leicht gekrümmt und oben verdickt, so dass der Querschnitt schmal keil- 
förmig wird. Nahe der vorderen Seite liegt oben eine Narbe, wo es an dem Ethmoideum laterale ruhte. 
Höhe am Gelenk 22 mm, Länge 162 mm. Das Pterygoid und Mesopterygoid sind mit feinen, 
spitzigen oder körneligen Zähnchen bedeckt. Ein Wirbel hat eine Länge von 14 mm, bei einer Höhe 


1 Proc. Geol. Assoc., London, vol. X, S. 313. 
® Palaeontographica, Bd. 20, 2, Taf. 43, Fig. 1. 
® Cops scheint in seiner Beschreibung vorn und hinten zu verwechseln und die rauhen Stellen für das Ethmoid- 
Gelenk zu halten, was mir unmöglich scheint. 
* Copr’s Maxilla ist das Palatinum. 


ea, 


von 28 und einer Breite von 31 mm. Die nächst verwandte Species ist P, basalis Dıxon, die eine 
ähnliche Praemaxilla mit zwei inneren Zähnen hat, aber leichter gebaut ist. Alle andern Spezies haben 
nur einen inneren Zahn und eine verticale Platte als Praemaxilla. 


Pachyrhizodus latimentum Üopr 1872. 
(Taf. XXVI, Fig 7. u. S). 
Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., vol. 12, S. 346. 
Pachyrhizodus Kingü Cope 1872, ]. c. S. 346. 
= latimentum Core 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 223, Taf. 51, Fig. 1—7. 
= Kingiüi Core 1875, 1. c. S. 223, Taf. 46, Fig. 11. 

Pachyrhizodus latimentum und P. Kingii möchte ich zu einer Art vereinigen, welche ich 
als P. latimentum bezeichne, da dieser Name ursprünglich einer grösseren Anzahl von typischen Stücken 
gegeben wurde. Der Name P. Kingii wurde für eine Maxilla oder vielmehr nur für ein Fragment 
einer solchen mit 12 Zähnen geschaffen. P. latimentum dagegen ist auf zwei nahezu vollständige 
Unterkiefer begründet. 1575 wurden einige neue Stücke von P, latimentum bekannt, aber keine 
Maxilla. P. Kingii erfuhr keine Bereicherung durch neue Funde. Es scheint, dass die als P. King 
bezeichnete Maxilla zu den P. latimentum genannten Unterkiefern gehört, wie aus der Beschreibung 
hervorgeht. Die schmale, verticale Praemaxilla geht hinten in einen Flügel über, welcher sich auf 
die Maxilla lest. Vorn ist die Innenseite verdickt und bildet die Basis für einen inneren Zahn, 
während eine einzige Reihe von 13 Alveolen den Aussenrand einnimmt. Charakteristisch für die Art 
ist der Oberrand der Praemaxilla. der da, wo die dünne Platte breiter wird, leicht eingekerbt ist. 
Die leicht wellenförmig gebogene Maxilla ist ziemlich schlank mit dreieckigem Querschnitt. Die 
vorderen 15 mm legen sich von hinten her gegen die Praemaxilla und tragen natürlich keine Zähne. 
Nahe dem Vorderende der ziemlich breiten Oberseite ist eine Narbe, deren Innenseite etwas einge- 
buchtet ist, und dadurch eine fast halbmondartige Form erhält. Das ist das Gelenk gegen das Eth- 
moideum laterale, unter dem direkt an der Innenseite eine längliche Grube liegt, die gegen oben durch 
einen Wulst begrenzt wird. Der Wulst verschwindet bald gegen hinten zu. Die ganze Länge der 
Maxilla beträgt 162 mm, die des Zahnrandes 123, die Höhe am Gelenk ist 21 mm. 46 Zahnalveolen 
stehen in einer Reihe. Von P, Kingii sagt Core: „Established on a portion of maxillary bone with 
articulatory surface, bases of 12 teeth!. It is a species of nearly the same size as last but the bone 
eontraets more rapidly than in that one and presents a strong interior longitudinal ridge.* Die Höhe 
am Gelenk beträgt 22 mm, am 10. Zahn 15,5 mm. (Es ist nicht nothwendig, den Vergleich auf die 
angebliche Maxilla von P. caninus auszudehnen; diese ist jezt als Palatinum erkannt). 

Die vorhandene Maxilla hat das „suberescent“ Gelenk und ganz die gleichen Maasse. Auf 
31 mm desselben Theiles der Maxilla wie auf der Abbildung Core’s stehen 12 Zähne. Deshalb halte 
ich meine Identifizirung der beiden Arten für gerechtfertigt. Das Dentale von P, latimentum ist 
dünn und ziemlich hoch. die Symphyse verdickt und horizontal ausgekerbt und der vordere Theij 
des Zahnrandes stark nach abwärts gebogen. Der Rand ist mässig dick und 142 mm lang mit 
39 Alveolen: ausserhalb der Hauptreihe stehen keine Zähne. Die schlanken konischen Zähne zeigen keine 
Compression. Das dünne, breite, keilfürmige Articeulare erstreckt sich bis ungefähr in die Mitte des 
Unterkiefers. Aussen ist es weithin vom Dentale bedekt. Das sattelförmige Gelenk krümmt sich stark 


! Seine Figur zeigt 12 Zähne auf 31 mm Zahnrand. 


— 264 — 


nach innen. Der Mecezr’sche Knorpel lag in einer breiten undeutlich begrenzten Mulde und endete 
ungefähr bei 4 der Länge vom Vorderende in einer scharfen, spitzigen Grube im Dentale. Der Unter- 
kiefer erhöht sich von 20 mm an der Symphyse zu 56 an dem Coronoid. Pterygoid, Mesopterygoid, Bran- 
chialia und Zunge sind mit winzigen, konischen Zähnchen bedeckt. Von dem vorderen Flossenapparat 
sind 4 Baseosten und 18 Flossenstrahlen erhalten. Der erste Strahl ist kräftig, nicht verzweigt, nahe dem 
äusseren Ende in 2—3 mm lange Segmente zerlest und articulirt direkt an der Scapula in einem ulna- 
ähnlichen Gelenk. Von dem zweiten Strahl sind 252 mm erhalten, der vierte misst 275 mm. Alle 
Strahlen ausser dem ersten sind dichotom verzweigt und in 5—6 mm lange Segmente zerlegt. Die 
scheibenförmigen Wirbel messen im Durchschnitt: Länge 13 mm, Höhe 18 mm, Breite! 17 mm. Die 
Schuppen sind oval, ihre Längsachse liegt parallel zur Längsachse des Fisches. Das Wachsthumcentrum 
liegt hinter dem mathematischen Mittelpunkt, die Stelle gerade davor ist granulirt. Sonst ist die 
Schuppe glatt, sowohl innen als aussen, die concentrischen Anwachslinien ausgenommen. Die Schuppen 
sind durchschnittlich 17 mm lang und 12 breit. . : 


Pachyrhizodus Sheari Core 1372. 
Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., vol. 12, S. 347. 
Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 255. 

Diese Species wurde aufgestellt für ein Knochenfragment von 41 mm Länge und 7 mm Höhe 
mit 22 Alveolen ohne Zähne und zwar soll dasselbe eine Maxilla sein. Würde nur eine kleine Pachy- 
rhigodus-Art existiren, so könnte dieser Knochen mit anderen bekannten Theilen in Beziehung gebracht 
werden, aber nach dem jetzt bekannten Pachyrhizodus-Material kann er sowohl ein Maxilla- als auch 
ein Palatinum-Fragment von irgend einer der 3 Species: P. leptognathus STEw., P. ferox STEw., oder 
P, recurvatus nov. Sp. sein. 


Pachyrhizodus lepitopsis CopE. 1574. 
Bull. U. S. Geol. and Geog. Surv. Terr., No. 2, S. 42. 
Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 225, Taf, 51, Fig. 8. 
Nur ein fragmentärer Unterkiefer ist bekannt, dessen Hauptmerkmal das Fehlen der sehr 
charakteristischen Verdickung an der Symphyse ist. 


Pachyrhizodus leptognathus Srew. 1898. 
(Taf. XXVI, Fig.. 10—16). 
Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 195. 

Diese Art wurde auf einen vollständigen Unterkiefer mit seinen Trägern begründet. Die sehr 
charakteristische, kleine Praemaxilla ist ein verticaler, flacher Knochen mit einem breiten an die 
Form eines Pecten erinnernden Flügel an seinem Oberrande. Der vorn verdickte Unterrand bildet 
eine Plattform für einen inneren Zahn, hinter dem eine tiefe Rinne liegt. Der Aussenrand trägt 
13 Alveolen und ist 23 mm lang. Die Höhe bis zur Spitze des Flügels ist 14 mm. Von der Maxilla 
sind nur die hinteren 55 mm mit 35 Alveolen erhalten, von denen 18 funktionirende Zähne haben, 
die mit den leeren Alveolen abwechseln. Dieser im Querschnitt ovale Knochen ist 10 mm hoch, die 
Zahnreihe reicht fast bis zum Hinterende. Der Unterkiefer ist der längste der uns bekannten, sein 


1 Cope’s Wirbel, Fig. 5, gehört einer Ichthyodectes-Art an. 


U LU UT UT U LLUUUTTTTÖÖGTÖUU U UN El nn nu LU ie Mei ee 


Zalnrand ist concav, vorn nicht, wie gewöhnlich, nach unten gebogen. Die Symphyse ist mässig ver- 
diekt, vorn horizontal ausgekerbt und 9 mm hoch. Von hier an wird der Unterkiefer höher bis zu 
22 mm am Coronoid. Der Zahnrand hat auf 90 mm Länge 2S Alveolen. Das Articulare ist lang 
und dolehförmig, die Gelenkpfanne biest sich nach innen, bis die innere Fläche ungefähr vertical steht. 
Das Angulare ist klein. Der Unterkiefer als Ganzes ist 1283 mm lang und sehr schlank. Das Hyo- 
mandibulare ist zimmeraxtförmig, 72 mm hoch, 33 breit, mit kurzem, hoch nach oben gerichtetem 
Opereularfortsatz. Pterygoid und Mesopterygoid haben an der Innenseite bürstenartige Zähne. Das 
Parasphenoid ist unter den ÖOrbiten schlanker, von dreieckigem Querschnitt; unter dem Augen- 
muskelkanal wird es oben tief und eng muldenförmig ausgehöhlt. Es entsendet zu dem Prooticum 
einen Flügel, durch den das Carotis-Foramen hindurchgeht. Unterhalb und gerade vor den Flügeln 
liest auf jeder Seite eine abgerundete erhöhte Fläche, augenscheinlich eine Reibfläche. Die zwei 
erhöhten Flächen stossen in der Medianlinie zusammen. Die „Gill-rakers“ und Branchiostegi, die in 
der Gattungsbeschreibung erörtert wurden, gehören dieser Art an. Von dem Vorderflossen-Apparat 
sind ein Baseost und 14 Dermalstrahlen erhalten. Es sind das die normalen, segmentirten und ge- 
gabelten Strahlen, deren grösster 115 mm lang ist. Die scheibenförmigen Wirbel sind durchschnittlich 
4°’; mm lang, 11 hoch und 12 mm breit. Die Schuppen sind dick und oval, mit dem Wachsthums- 
centrum vor der Mitte. Das vordere mittlere Segment der Schuppe von ungefähr 100° hat auf seiner 
Oberseite unterbrochene radiale Linien. Sonst sind die Schuppen sowohl innen als aussen glatt. Eine 
mittelgrosse Schuppe misst 9 mm in der Länge und S'/» in der Breite. Diese Schuppen gleichen 
denen, die Woopwarn (vgl. die Gattungsbeschreibung) von einer englischen Species beschrieben hat. 
Die Praemaxilla ist genau übereinstimmend mit der von P. magnus A. S. WoopwAr», der Unterkiefer 
ist aber beträchtlich länger. 


Pachyrhizodus ferox Stew. 1898. 

Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 193. 

Von dieser Art ist nur der Unterkiefer bekannt. Derselbe ist dem der vorausgehenden Art 
ähnlich, aber verhältnissmässig höher und kürzer, während die Zahl der Zähne auf dem thatsächlich 
kürzeren Kiefer eine grössere ist. Die 9 mm hohe Symphyse ist verdickt und horizontal eingekerbt. 
Der fast gerade, 71 mm lange Zahnrand trägt 45 sehr eng bei einander stehende Alveolen und Zähne. 
Das lange dreieckige Articulare ist nicht so schlank wie bei der vorausgehenden Species. Die stark 
einwärts gebogene Gelenkpfanne ist von einem erhöhten Rand umgeben, dessen Vorderseite in sehr 
charakteristischer Weise ausgezackt ist. Der Unterkiefer wächst zu einer Höhe von 12 mm am Coro- 
noid an und hat im Ganzen eine Länge von 112 mm. 


Pachyrhizodus curvatus nov. sp. 
(Taf. XXV, Fig. 6—8.) 

Es ist dies die dritte Species aus der Gruppe des P. leptognathus. Von ihr liegen vor: eine 
Maxilla, zwei nahezu vollständig erhaltene Unterkiefer, Mesopterygoid, Pterygoid und andere Frag- 
mente. Der Unterkiefer ist am äusseren Ende sehr stark nach unten gekrümmt. Die angeschwol- 
lene Symphyse ist horizontal eingekerbt und 9 mm hoch. Auf dem in der Länge von 50 mm erhal- 
tenen Zahnrande stehen 33 eng zusammengedrängte Alveolen. Der Kiefer, der ähnlich wie bei P. 


latimentum gegen hinten beträchtlich höher wird, stand nach der Symphyse zu urtheilen schräg unter 
Palaeontographica. Pd. XLVI, 34 


dem Cranium. Die Maxilla, die der von P. caninus gleicht, ist unten schmal und oben sehr dick. 
Ein 9 mm langer Fortsatz legt sich von hinten her gegen die Praemaxilla. 41 sehr eng stehende 
Alveolen liegen auf 48 mm Zahnrand. Vorn auf der Oberseite liegt eine halbmondförmige Narbe, an 
welcher die Maxilla gegen das Ethmoid laterale stosst. Das ovale Mesopterygoid ist mit Cranalars 
zähnen bedeckt, die an Grösse gegen die untere Grenze hin abnehmen. Auch das Pterygoid hat 
innen Granularzähne. Ein oberes Pharyngeale ist mit feinen conischen Zähnen besetzt, die an Grösse 
nach der Innenseite hin zunehmen, so dass die letzten zwei Reihen zwei- oder dreimal so gross sind 
wie die anderen Zähne. P. curvatus erinnert etwas an einen kleinen P. caninus, aber die weit grössere 
Zähnezahl und die Krümmung des Unterkiefers erlauben es nicht, ihn als ein junges Exemplar dieser 
letzteren Art anzusehen. 


P. curvatus 


Fig. 10. Pachyrhizodus, Unterkiefer, auf gleiche Höhe projicirt. 
Natürliche Grösse. 


P. Caninus 


P. leptognathus 


P. latimentum 


Tabelle der genauen Maasse, welche als 
Basis der Diagramme benutzt wurden. 


Unstzeurkulentgent; 
N ———— 
| Den- | Höhe | Höhe | 
tal- |Total-| am ander |,. 
I ‚Zähne 
| rand, | länge | Coro- Sym- 
Länge ı noid | physe | 


P. latimentum . | 142 | 250 | 56 | 20 39 


P curvatus. .. | 71 | 112. 242797725 
| | 
P. leptognathus. | 90 | 128 | 22 | 92023 
Biel) Bock P caninus .... | 175| 250 | 70 | 21 | 35 
maxillae verglichen dadurch, dass | | | 
alle in gleicher Länge dar- Praemaxilla 
gestellt sind. a hu ee : = 
a von unten gesehen, | | | Breite 
D von der Seite. | bei | 
S : En G E Tänge| Höhe | Ein- | Zähne 
atürliche Grösse, | | ante 
rung 
P. latimentum . | AO Eh ls (1) 


P. leptognathus . il 5 | 2% 13 (A) 
I, GRWORS. o 6° 64 23 111 (2) 


Enchodidae. 


Cimolichthys Leidy 1857. 
Trans. Amer. Phil. Soc., vol. XI (1860), S. 9. 


Saurodon Asassız 1843, Poiss. Foss., vol. V, pt. II, S. 120, T. 25c. Fig. 30 u. 31. 
Empo Core 1872, Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., vol. 12, S. 374. 
1574, Bull. U. S. Geol. and Geog. Surv. Terri. No. II, S. 45. 
s » 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 228. 
Cimolichthys Newron 1878, Quart. Journ. Geol. Soc., vol. 34, S. 789. 
Saurodon Dames 1887, Sitzungsb. Ges. Naturf. Fr., Berlin, S. 72. 
Cimolichthys A. S. Woopwarp 1888, Proc. Geol. Assoc. London, vol. X, S. 316. 


Eu) n 


Die ersten dieser Gattung zugehörenden Reste wurden von Acassız beschrieben, der einen 
Theil eines Pterygoid mit Hays’ Saurodon in Beziehung brachte. Ley sah die Unmöglichkeit irgend 
einer engeren Verwandtschaft zwischen den beiden ein und schlug für die englische Species den Namen 
Cimolichthys vor. Dieser Name blieb seitdem für Empo-ähnliche Formen mit Widerhakenzähnen in 
Anwendung. Vollständigere Exemplare von Empo nepaeolica CorE zeigen indessen, dass die Wider- 
hakenzähne hinten am Pterygoid stehen und die einfachen Zähne vorn am Palatinum. Ein Stück des 
britischen Museums, P. 1810a, zeigt dasselbe für die typische Species von Cimolichthys, nämlich: 
Widerhakenzähne und das Empo-Palatinum, Die beiden Genera sind in Wirklichkeit eins und der 
Name Cimolichthys besitzt nicht nur die Priorität, sondern war für die englische Species auch immer 
in Gebrauch. Ascassız's Bezeichnung als Saurodon beruht auf einem Missverständniss von Hays’ Be- 
schreibung. Saurodon hat hohle comprimirte Zähne in Alveolen, Cimolichthys hat runde massive Zähne auf 
Cementbasen. Der schmale, seitlich zusammengedrückte Kopf hat ein ungewöhnlich grosses Maul. Die 
Hyomandibularia zeigen stark abwärts und geben dem Kopf das ungefähre Aussehen eines Schlangenkopfes. 


Cranium. — Das Dermo-Ethmoid ist eine breite, mediane Platte, mit der das Meso-Ethmoid 
verwachsen ist. Das Ethmoid laterale sendet seitlich einen starken Fortsatz nach unten, der das 
Palatinum nahe seiner hintern Grenze, gerade vor dem breiten Pterogoidflügel trifft. Die ziemlich 
schmalen aber sehr langen Frontalia reichen fast bis zum Hinterende des Kopfes und bedecken bei- 
nahe die Parietalia, die in der Mitte durch das Supraoccipitale getrennt sind. Die Frontalia sind mit 
radialen Wülsten verziert, die von den Verknöcherungscentren, nahe dem hinteren Ende ausstrahlen. 
Das kleine Supraoccipitale bildet keinen Kamm. Obwohl die Sphenotica fast durch die Frontalia 
bedeckt sind, bilden sie doch einen schmalen Postorbitalfortsatz und nehmen einen beträchtlichen Theil 
an der Seite des Craniums ein. Das lange, schmale Pteroticum läuft hinten in einen starken Fort- 
satz aus. Das Hyomandibulargelenk ist eine sehr kurze, vorn nach unten geneigte Mulde; es liegt 
vollständig auf dem Pteroticum, obwohl ein Wulst von ihm zum Prooticum läuft. Das breite Epioticum 
trifft das Frontale vorn und bildet hinten einen stumpfen Winkel, an den das Posttemporale angeheftet 
war. Die Prootica bilden sowohl die Basis als die Seitenwand der Gehirnhöhle. Zwischen den 
Prootica liegt ein grosses, dreieckiges Foramen, das aus der Gehirnhöhle in den Augenmuskelkanal 
führt. Der Augenmuskelkanal ist vorn hoch und endet im Basioccipitale. Dieses ist kräftig und bildet 
den hinteren Theil der Hirnschale. Die es umgebenden Exoccipitalia stossen in der Mittellinie vor 
ihm zusammen und bilden die Hirnschale zwischen dem Basioceipitale und den Prootica. Das Para- 
sphenoid hat zwischen den Orbitalia die Form eines dreieckigen Balkens, unter dem Augenmuskel- 
kanal die einer flachen, dünnen Platte. 


— , 20 — 


Kiefer. — Die obere Mundgrenze bildet eine lange, mit Zähnen besetzte Praemaxilla und 
eine zahnlose Maxilla. Die dünne, verticale, selten erhaltene Praemaxillarplatte reicht etwas über die 
Hälfte der Länge des Unterkiefers. Der untere Rand trägt eine einzige Reihe kleiner, conischer Zähne 
von acrodonter Befestigung. Vorn stösst die Praemaxilla gegen das Ethmoid, seitlich ist sie frei, durch 
einen Zwischenraum vom Cranium getrennt. Die Praemaxilla ist nur selten erhalten!. Die ebenfalls 
selten erhaltene Maxilla liegt hier schräg hinter der Praemaxilla und ist ein langer, abgeplatteter, 
balkenförmiger Knochen, der über dem Unterkiefer liegt und so die hintere Mundgrenze bildet. Sie 
scheint sich bei dem abgebildeten Exemplar in normaler Lage zu befinden. An ihrem proximalen Ende 
liegt eine einzelne, schmale, halbovale Supramaxilla. Der sehr grosse Unterkiefer erstreckt sich 
bis direkt unter das Pteroticum. Er ist lang und ziemlich schlank, von einer ziemlich breiten Basis 
allmählich in ein schmales Vorderende sich verjüngend. Der Unterrand ist ist verdickt, ebenso auch 
der Zahnrand, die beide eine tiefe, lange Mulde für den Mecrer’schen Knorpel offen lassen. Der Zahn- 
rand trägt auf der Innenseite eine Reihe von 40—50 grossen Alveolen, von denen nur die Hälfte 
Zähne hat; aussen stehen 1—2 Reihen winziger Zähne. Die Bezahnung ist durchaus acrodont. Vom 
Articulare ist nur der hintere Theil mit dem Gelenk erhalten. Die Gelenkfaune ist quer verlängert 
und nahe der Mitte eingeschnürt, so dass es aus einem grösseren inneren und einem kleinen äusseren 
Flächennapfe besteht, die durch einen kurzen Hals verbunden sind. Das Angulare ist ein freier, 
langer, schmaler Knochen. 


Zähne. — Wirhaben hier 3 Gruppen von Zähnen: 1) die grossen conischen Zähne am Palatinum, 
Dentale und Pterygoid; 2) die schmalen Zähne der äusseren Reihen des Dentale, der inneren Reihen des 
Palatinum und der Praemaxilla; 3) die bürstenartigen Zähne des Pterygoid, Mesopterygoid und der Pha- 
ryngealia. Die der ersten Gruppe sind an der Basis rund, mehr oder weniger conisch und sitzen auf dicken 
Cementbasen. Der obere Theil des Zahnes ist etwas zusammengedrückt, so dass eine Schneide an der 
Oberfläche entsteht. Am Pterygoid und einem Theil des Palatinums verläuft diese erhöhte Schneide 
bis zur Spitze und ein kurzes Stück an der hinteren Seite und bildet so die Widerhakenzähne» 
die man früher als Cimolichthys bezeichnete. Die Struktur zeigt aussen eine Schmelzschicht, dann eine 
Lage von wirklichem Dentin, innen eine dickere oder dünnere Schicht Vasodentin und schliesslich eine 
enge Pulpahöhle®. Die Masse des Vasodentin, dessen Struktur sehr charakteristisch ist, hängt von 
der Zahngrösse ab. Die Haversischen Kanäle laufen fast senkrecht zu der inneren Zahnfläche bis zum 
Dentin, machen dann eine Wendung und laufen parallel zum eintretenden Kanal zurück, Fig. 9, 
Taf. XXV. Sie anastomosiren während ihres Laufes gewöhnlich mehr oder weniger, besonders in der 
Nähe des Dentins. Zwischen diesen Kanälen und parallel zu ihnen laufen zahlreiche Dentinröhrchen. 
Diese Struktur ist verursacht dadurch, dass die Capillaren von dem einwärts wachsenden Dentin 
eingeschlossen sind. Es kann die Urform, von welcher die #sox-Struktur entwickelt ist, sein, unter- 
scheidet sich aber dadurch, dass die Capillarkanäle zurückkehren und nicht wie bei #sox sich in Dentin- 
kanäle vertheilen. Eine noch primitivere Entwicklung habe ich bei Salmo hucho gesehen; eitirt wird die- 
selbe für Gadöus aeglefinus®. Diese grossen Zähne der ersten Gruppe sind 6—12 mm hoch, oft an der 
Innenseite gestreift, die grössten sogar mit Falten um die Basis. Die Zähne der zweiten Gruppe sind 


! Cope’s Praemaxilla ist das Palatinum. 
? Die Zähne sind nicht, wie Corz (1875, Rep. Geol. Surv. S. 229) angab, massiv. 
3 Röse, Anat. Anzeig. Bd. 14, 1897, S. 34 u. Fig. 2, S. 29. Röse bemerkt hier diese Structur bei „Zmpo*. 


— 269 — 


nur 1—5 mm hoch, sehr schlank und leicht gekrümmt. Die dritte Gruppe hat die weit verbreiteten, 
hohlen, conischen Zähnchen. 

Visceralskelett. — Das Hyomandibulare hat nur am Pteroticum ein kurzes dickes Gelenk. 
Es verengt sich dann zu einem dornähnlichen Knochen. Der Opercularfortsatz liest tief unten und 
ist kurz. Das sehr niedrige und breite Quadratum hat einen tiefen Ausschnitt für das Sympleeticum. 
Der Gelenkkopf ist hantelförmig eiugeschnürt, so dass seine beiden Theile den zwei Pfannen am Arti- 
eulare entsprechen. Das Metapterygoid ist ein grosser, vierseitiger, dünner Knochen. Die Innenseite 
des rechteckigen Mesopterygoids ist mit bürstenartigen Zähnen besetzt. Das Pterygoid ist nach hinten 
verbreitert, es articulirt am Quadratum und Mesopterygoid: in der Mitte verdickt es sich zu einem 
dreieckigen, balkenähnlichen Knochen und sendet vorn einen Flügel nach aufwärts, an dessen Hinter- 
seite das Mesopterygoid und an dessen Vorderseite das Ethmoideum laterale articuliren. Ueber dem 
Palatinum endist es in einem Schuppengelenk. Eine einzige Zahnreihe läuft von dem Palatinum aus 
nach hinten und auf das Pterygoid', auf dessen dreiseitigem Theile es verschwindet. Das Palatinum 
ist ein breiter Knochen, dessen Querschnitt ein halbes Oval ist; an dem oberen hinteren Ende ruht es 
auf dem Ethmoideum laterale. Unten ist es flach und rundet sich vorn zu einer Spitze ab. Dem äusseren 
Rand entlang zieht eine Reihe von 15—24 grossen Zähnen, dem inneren entlang nahe der Vorderseite 
eine Reihe von 3—5 grossen Zähnen, dann folgt eine Lücke, hinter der 1 oder 2 Reihen kleiner 
Zähne stehen, die gerade vor zwei sehr grossen Zähnen hinten am Palatinum enden. Das Palatinum 
ist der für die Unterscheidung der einzelnen Arten wichtigste Knochen. Von dem Infraorbitalring 
sind nur 2 Knochen erhalten. Das Praeoperculum ist eine gekrümmte, breite Platte; das Operculum 
ist D-förmig mit geradem Vorderrand, in dessen Mitte das Hyomandibular-Gelenk liest, von wo aus 
nach innen ähnlich wie bei Enchodus ein Wulst läuft. Branchialia sind erhalten und ferner ein Knochen, 
den ich für das obere Pharyngeale halte. Dieser Knochen ist lang, niedrig und dreieckig, mit bürsten- 
artigen Zähnen besetzt, von denen einige innere Reihen grösser sind als das Durchschnittsmaass der 
übrigen; die letzte Reihe ist 5—6 mal grösser. Diesen Knochen fand ich lose zwischen den Bran- 
chialia. Das Ceratohyale ist lang und schmal, die Branchiostegi sind kurze runde Stäbe. 

Wirbel. — An einem Exemplar sind 45 Wirbel erhalten, was der Gesammtzahl sehr nahe 
kommt. Die vorderen Wirbel sind rund und ebenso lang als hoch und tief biconcav. Die Neur- und 
Haemapophysen liegen in tiefen Gruben, sind aber nicht verwachsen. Die Rumpf- und Schwanzwirbel 
sind dagegen vollständig mit ihren Neur- und Haemapophysen verschmolzen. Auf den Seiten der 
Wirbel können 1—2 tiefe, längs gestellte Gruben auftreten; der dazwischen liegende Theil des Wirbel- 
körpers ist aus radial stehenden Lamellen mit vielen Intersepten zusammengesetzt. Die Wirbel der 
Bauchhöhle tragen nur eine obere seitliche Grube. An den Schwanzwirbeln liest sowohl oben als unten 
eine Grube, die in der Mitte durch je einen verticalen Rücken getheilt sind, der in die Neural- und 
Haemaldornen ausläuft und so auf jeder Seite 4 Taschen erzeugt, 2 über und 2 unter der lamellaren 
Medianmasse. Die Basen der Neur- und Haemapophysen verbreitern sich zu dünnen Platten, welche 
auf beiden Seiten eine Schutzwand für die Neural- und Haemalkanäle bilden. Der Schwanz ist rein 
homocerk. Ungefähr beim siebenten Wirbel von hinten verdicken sich die Neural- und Hämaldornen 
zu kräftigen Trägern, 2 mittlere, dreieckige Platten vervollständigen das Schwanzende. 2 Extra-Epu- 
ralia zeigen, wo die Epistyle lag. Mit dem letzten Centrum sind augenscheinlich 2 rückgebildete 
Wirbel verschmolzen. 


! Das Pterygoid ist Cope’s Maxilla, das Palatinum seine Praemaxilla. 


— 270° — 


Bei den Flossen, von denen ich nur einen Theil der Schwanzflossen habe, beginnen die Dermal- 
strahlen sich sehr bald dichotom zu gabeln. Sie sind vollständig segmentirt. Eine von Copr’s ab- 
gebildeten Brustflossen ' erweist sich als weiche Flosse derselben Art. 

Schuppen. — Cop spricht von zwei Schuppenarten: „large scales on the side and on the 
middle line of the back“ und von „diamond-shaped shields“ (rhombenförmigen Scuta). Aus seiner 
Figur * ersehen wir, dass die ersteren hornige, runde Schuppen sind mit einigen radialen Linien auf 
dem Hinterrand. Ich habe von diesen nur Fragmente, sie scheinen aber den grössten Theil des Kör- 
pers bedeckt zu haben. Die rhombenförmigen Scuta treten in zwei Modificationen auf: bei einer Reihe, 
augenscheinlich der mittleren Dorsalreihe, ist der vordere Theil viel kürzer als der hintere. Ein mittlerer, 
dorsaler Wulst zeichnet diese grossen ganoidartigen Schuppen aus, daneben sehen wir kleine Wülstchen 
von dem Centrum ausstrahlen. Diese Schuppen liegen in einer Reihe aneinander gefüst. Die zweite 
Art der rhombenförmigen Scuta ist dünner, regelmässig rhombenförmig und ziemlich stark verlängert. 
Auch diese haben den medianen Wulst, aber nur ganz schwache Radialzeichnung. Diese letzteren 
Scuta sind in zwei Bändern (in Reihen von 3—4 auf jedem Band) erhalten und ich glaube daher, dass 
Oimolichthys drei Reihen Scuta hatte, eine mittlere dorsale und je eine laterale Reihe auf jeder Seite; 
die Zwischenräume waren mit den Hornschuppen ausgefüllt. Copr sagt °: „Some of these last bear 
the groove for the lateral line.“ 

Ich betrachte Cimolichthys als sehr nahe verwandt mit der im Süsswasser lebenden Gattung 
Esox und gebe die folgende Tabelle zum Beweise für diese Auffassung: 


Cimolichthys: Esox: 
Die verlängerten Frontalia bedecken in grosser Ausdehnung die — ebenso 
Parietalia. 
Die Parietalia sind durch das Supraoceipitale getrennt. _ 5 
Das Interorbitale ist nicht verknöchert. _ R 
Der Augenmuskelkanal ist unvollständig. —_ e 
Das Pteroticum trägt das ganze Hyomandibular-Gelenk. — 5 
Der Kopf des Quadratum ist zu 2 getrennten Lappen eingeschnürt. — Der Kopf des Quadratum ist 
nur leicht eingeschnürt. 
Die lange verticale Praemaxilla-Platte trägt alle Ober-Kiefer-- — ebenso 
zähne. 
Die zahnlose Maxilla bildet die hintere Mundgrenze. — 5; 
Eine Supramaxilla vorhanden. — " 
Langes Dentale mit einer Reihe grosser Zähne und kleinen Zähnen — Keine kleinen Zähne. 
ausserhalb der grossen. 
Pulpahöhle nahezu mit Vasodentin gefüllt. — Mit Trabeculardentin gefüllt. 
Das Pterygoid ist eine Fortsetzung des Palatinum, ein grosser — Keine Zähne. 
Flügel, eine Zahnreihe. 
Das Palatinum hat eine Reihe grosser und 1—2 Reihen kleiner — Mehrere Reihen grosser 
Zähne. Zähne 


1 Taf. 52, Big, 1. 
2 Taf. 53, Fig. 1- 
25. 230. 


A EN. NR. 


Cimolichthys: 


Die Wirbel begrenzen mit Neural- und Hämalplatten die Neural- 


und Hämalkanäle. 
Der Schwanz ist homocerk. 
Alle Flossen sind weich. 
Schuppen cycloid und 3 Reihen ganoidartiger Scuta. 


Ich bin geneigt, Cimolichthys zu den direkten Vorfahren von 
Nähe dieser Vorfahren) zu rechnen. Dieses Verwandtschaftsverhältniss wird durch folgendes Diagramm 


ausgedrückt: Esox hat trotz der Lebensweise im Süss- 
wasser viele eigenthümliche, primitive Charaktere bei- 
behalten, besonders, was mir sehr wichtig scheint, die 
Struetur der Zähne. Enchodus hat, obwohl schon in der 
Kreidezeit hoch spezialisirt, noch die Scuta der Stamm- 
form bewahrt. Die ausserordentliche Spezialisirung seiner 
ähnlich wie bei Cimolichthys construirten Zähne verur- 
theilen indessen das Genus zu baldigem Aussterben. Die 
verlängerten Formen wie Dercetis sind noch mehr speziali- 
sirt, sie sind Seitenzweige dieses Stammes. Dass Cimo- 
lichthys mit den Scopelidae viel gemein hat, lässt sich nicht 
läugnen, aber das tritt doch in den Hintergrund gegen- 
über den Unterschieden der Parietalia, die in der Mitte zu- 
sammentreffen, der ungewöhnlichen Entwicklung des Para- 
sphenoids und der Verknöcherung des Orbitosphenoids, 
Vorkommen. — Cimolichthys ist in Amerika 
durch vier Species vertreten: ©. nepaeolica CopE, €. Mer- 
rilli CopE, C. contracta Core und C. semianceps Core. 
In England kommt €. lewesensis Leıpy ' und wahrschein. 
lich noch eine kleine Species vor. Belgien hat zwei grosse 
Species ähnlich €. zepaeolica CopE* und €. Merrilli Copr?., 
Aus Böhmen kennen wir einige lose, von Reuss® Spinax 
marginatus genannte Zähne. welche wahrscheinlich zu 


Esox: 


ebenso 


„ 


” 


Schuppen cyeloid. 


Esox (oder mindestens in die 


Esox 


Scopelidae 


Cimolichthys gehören. Formen wie Saurocephalus marginatus Geisırzt scheinen auch hieher zu gehören. 


Cimolichthys nepaeolica (orE 1872. 


(Taf. XXVII, Fig. 13.) 


Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., vol. 12, S. 347. 


Cimolichthys sulcatus Core 1572, 1. c. S. 351. 


Empo nepaeolica Core 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 220, Taf. 40, 52 u. 53. 


i Pois. Foss. Acassız, vol. V, pt. 1, Taf. 25c, Fig. 30 u. 31 (Saurodon). 


® Doro, Bull. Soc. Geol. Belge, 1892, S. 5. 
® 1845, Böhm. Kreidef. S. 3, Taf. 4, Fig. 10 u. 11. 


* 1872 —75, Palaeontographica Bd. 20, 2, S. 226, Taf. 48, Fig. 3—8. 


=. 

Die Art wurde von Cope auf ein Palatinum! begründet und gleichzeitig wurde ein Unterkiefer- 
stück als ©. sulcatus beschrieben. CoPE selbst vereinigte später beide unter obigem Namen. Das 
Cranium, das der Gattungsbeschreibung zu Grunde lag, gehört dieser Species an. Es ist 390 mm lang 
und von der Spitze bis zur Basis des Quadratums misst es 145 mm. Seine allgemeine Form ist ein ver- 
längertes Dreieck. Die lange, dünne, verticale Praemaxilla-Platte ist nur 15 mm hoch, dagegen 140 
lang. Sie trägt eine einzige Reihe kleiner (3>—5 mm langer) gekrümmter Zähne, von denen etwa 40 
funktioniren, und ausserdem sind Alveolen für ebensoviele Zähne noch vorhanden. Der lange ovale Balken 
der zahnlosen Maxilla ist 130 mm lang. Der Unterkiefer ist ein langes niedriges Dreieck; die Entfer- 
nung von vorn bis zum Quadratum 275 mm. Sein Zahnrand (in einem Falle sind 200 mm erhalten) trägt 
31 grosse funktionirende Zähne und Alveolen für noch einmal so viele. Die vorderen vier Zähne sind 
von den anderen durch eine kleine Lücke getrennt. Diese Zähne sind 7—10 mm hoch mit einer 
vorderen Schneide. ' Ausserhalb der Hauptreihen stehen zwei Reihen kleiner Zähne, deren innere Reihe 
von 2—4 mm langen mässig eng sitzenden (10 auf 20 mm) Zähnen gebildet wird, während die äussere 
ungefähr dreimal so eng zusammengedrängte 1 mm hohe Zähnchen hat. Das Articulare fehlt; die 
Höhe des Unterkiefers, 200 mm vom Vorderrand entfernt, beträgt 49 mm. Die Mulde für den MEcrer’- 
schen Knorpel ist sehr tie. Das Hyomandibulare steht vertical. Der Querschnitt des dicken balken- 
förmigen Palatinum zeigt ein Viertel einer Ellipse. Ein Palatinum, das einem Fische von derselben 
Grösse wie C. nepaeolica angehört, ist 128 mm lang (incl. 22 mm, die über dem Pterygoid liegen) 
und 12 mm breit. Eine äussere Zahnreihe zählt 21 10 mm lange Zähne. Vorn ist jeder Zahn seitlich 
zu einer erhöhten Schneide zusammengedrückt und bei einigen wenigstens läuft die Schneide über die 
Spitze (Taf. XXVII, Fig. 2a) und ein kurzes Stück rückwärts hinab und bildet so einen Wider- 
hakenzahn. Alle Zähne sind ziemlich schlank, nach innen und rückwärts gekrümmt. Die innere 
Reihe beginnt 20 mm von vorn entfernt mit fünf grossen Zähnen, hinter denen ganz unvermittelt 
eine doppelte Reihe von kleinen (A4—6 mm langen) Zähnen bis zu den zwei grossen Hinterzähnen 
einsetzt. Jede der kleinen Zahnreihen enthält 18 Zähne; auf der Oberseite gegenüber den zwei 
grossen hinteren Zähnen liegt eine Narbe, an welcher das Ethmoid laterale oben auf dem Palatinum 
ruhte. Dahinter nimmt das Pterygoid die einzelne äussere Zahnreihe wieder auf, die Zähne werden 
kleiner und mit dem zwölften bis dreizehnten Zahne hört die Reihe auf. C. Merrilli unterscheidet 
sich von der sehr ähnlichen ©. nepaeolica durch eine lange Lücke zwischen den ersten vier und den 
folgenden Zähnen des Dentale und durch das Fehlen der doppelten Reihe kleiner Zähne am Palatinum. 


Cimolichthys Merrillii Core 1874. 
(Taf. XXVI, Fig. 7). 
Bull. U. S. Geol. and Geog. Surv. Terr., No. 2, No. 46. 
Empo Merrillii Copz 1875, Rep. U, S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 232, Taf. 53. 
„  lisbonensis STEwARD 1899, Kansas Univ. Quart. ? 
Einem Palatinum („Praemaxilla“), einem Theil des Pterygoid („Pharyngeale‘‘) und einem oberen 
Pharyngeale (,„Palatinum‘“)® gab Core den obenstehenden Namen. Das Palatinum ist etwas kräftiger 


1 das Praemaxilla genannt wurde, wobei man aber Vorder- und Hinterende verwechselte. 

® Ich kann keinen Unterschied für diese Art finden. Die Beschreibung gilt exact (soweit als genauere Merk- 
male gegeben sind) auch für C, Merrilliü Cork. 

3 Dieses Pharyngeale betrachtete Core als ein unterscheidendes Merkmal gegenüber C. semianceps, in Wirklich- 
keit aber verglich er ein Pharyngeale und ein Mesopterygoid. 


— a — 


als bei ©. nepaeolica und hat 17 Zähne in der äusseren Reihe. Die innere Reihe hingegen beginnt 
weiter vorn mit grossen Zähnen, die nach unten in eine einzige Reihe kleiner Zähne übergehen, welche 
letztere bis zu den zwei hinteren, grossen Zähnen reicht. Ausser der regelmässigen Reihe bilden hinten 
6—7 Zähne auf eine kurze Strecke hin eine unregelmässige, zweite kleine Reihe. Das Dentale ist 
ähnlich dem von ©. nepaeolica. Die innere Hauptreihe hat 20 Zähne. Aussen stehen, wie bei 
©. nepaeolica, 2 Reihen winziger Zähne. Einen Unterschied gegenüber dem Unterkiefer der vorher- 
gehenden Art ergiebt der Umstand, dass hinter den vorderen 4—5 Zähnen eine grosse Lücke folgt, 
bevor die Zahnreihe wieder einsetzt. 


Cimolichthys semianceps Corr 1872. 
(Taf. XXVIL, Fig. 4, 5, 6). 
Proc. Amer. Phil. Soc., Philad., vol. 12, S. 351. 

Empo semianceps Core 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 232, 

Diese Species wurde von Core für beträchtliche Theile des Kiefers und Kopfes incl. einiger 
Schuppen aufgestellt. Hauptmerkmale: Die sehr schlanken, langen Zähne haben wie die Palatinzähne 
eine vordere erhöhte Schneide, die sich bis zur Rückseite erstreckt und so Widerhakenzähne bildet. 
Das Dentale hat hinter seinen vorderen 3—4 Zähnen eine grosse Lücke. Am Palatinum ist die innere 
Reihe der kleinen Zähne durchaus einfach, die Scuta sind sehr verlängert. Die Form ist kleiner wie 
die vorhergehende und hauptsächlich durch leichteren Bau unterschieden. 


Cimolichthys contracta CopE 1874. 
(Taf. XXVII, Fig. 8, 9). 
Bull. U. S. Geol. Sury. Terr., No. 2, S. 46. 

Empo contracta Core 1875, Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 232, Taf. 53. 

Core kannte nur ein Palatinum und ein Pterygoid. Das sehr comprimirte, leicht gebaute, 
kleine Palatinum charakterisiert diese Art sehr scharf. Der Aussenrand des Palatinum trägt 20 grosse 
Zähne, die Innenseite 4 grosse und dann eine einzige Reihe von 22 kleinen Zähnen, die bis zu den 
2 grossen hinteren Zähnen reicht. Das Dentale ist dem der vorhergehenden Art sehr ähnlich: vorn 
stehen 3 grosse Zähne, dann folgt eine Lücke, worauf die Zahnreihe, wenn auch beträchtlich gegen 
die äussere Seite hingerückt, wieder aufgenommen wird. Nur eine Reihe kleiner Zähne liegt ausser- 
halb der grösseren. Die Scuta zeigen 2 Formen: die mittleren dorsalen, mit viel kürzerem vorderen 
als hinteren Theil. Es sind dies sehr kräftige Ganoidschuppen mit einem Wulst in der Mitte und 
mit Radialstrahlen verziert. Die Seitenscuta sind verlängert, rhombenförmig, dünner, mit einem Me- 
dianwulst und nur schwachen Radiallinien versehen; diese Scuta sind aber doch nicht so stark ver- 
längert wie bei Ü©. semianceps. 


Enchodus Acassız 1843. 


Poiss. Foss., vol. V, pt. 1, S. 60. 


Enchodus Römer, A. 1841, Norddeutsch. Kreidegeb., S. 111. 

Isodus Hecker 1843, Abbild. und Beschreib. der Fische Syriens, S. 241. 
Eurypholis Pıcrer 1850, zum Theil, Poiss. Foss. du Mont Libanon, S. 31. 
Phasganodus Leioy 1857, Proc. Acad. Nat. Sci., Philad., 3. 167. 
Ischyrocephalus v. vo. Marck 1864, Palaeontographica Bd. 11, S. 28. 
Tetheodus Core 1874, Bull. U.S. Geol. and Geog. Surv. Terr., No, 2, S. 48. 


Palaeontographica. Pd. XLVI. 35 


— 274 — 


Enchodus Copz 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. II, S. 238. 
Phasganodus CopE 1875, ]. c., S. 235. 

Enchodus Fritsch, A. 1878, Rept. und Fische der böhm. Kreidef., S. 35. 
Seminotus Frırsca, A. 1878, 1. c., S. 26. 

Euryynathus Davıs 1887, Trans. Roy. Dublin Soc., ser. 2, vol. 3, S. 601. 
Pantopholis Davıs 1887, 1. e., S. 599, 

Eurypholis Davıs 1887, zum Theil, 1. c., S. 596. 

_ Dieses Genus ist das am weitesten verbreitete aller cretacischen Genera und auf diese weite 
Verbreitung desselben ist wohl die grosse Verwirrung zurückzuführen, welche in Bezug auf die Deutung 
von Enchodus-Resten herrscht. Unter dem Namen Esox lewesensis beschrieb MantzıL! im Jahre 1822 
die ersten zu Enchodus zu stellenden Reste. Acassız stellte für die Manteuv'’schen und einige andere 
Exemplare die Gattung Enchodus auf, deren Name von Acassız nicht vor 1843 publieirt wurde, ob- 
wohl Acassız den Namen mindestens schon 2 Jahre früher aufgestellt hat, wie Römer’s Arbeit bezeugt. 
Acassız beschrieb 2 Species: Enchodus Faujasi und halocyon, in welch letzterer Art Manteın's E. lewe- 
sensis eingeschlossen ist. Von da an herrscht nun grosse Verwirrung in der Abgrenzung der Arten, 
indem alle möglichen Formen mit E. halocyon Ag. in Beziehung gebracht wurden, so dass die aus 
europäischen Ablagerungen häufig genannte Art E. halocyon in Wirklichkeit mehrere noch nicht ge- 
sonderte Species umfasst. 1843 schlug HEckEL unabhängig von Acassız den Namen Isodus vor. 
Später nannte Prorer einige nah verwandte Formen Eurypholis und begriff darunter mindestens eine 
Species von Enchodus. 1857 stellte Leıpy das Genus Phasganodus auf Grund eines Unterkieferfrag- 
mentes auf. Den einzigen Unterschied, den Ley damals beobachten konnte, fand er in den Zähnen, 
die als „proportionately shorter, saberlike and situated on broad bases“ bezeichnet werden. Später” 
sagte Leıpy von demselben Exemplar: „The bone .... appears not to differ in any important point 
from that of Enchodus.“ Da alle angeführten Merkmale vollständig für Enchodus sprechen, habe ich 
Phasganodus unter Enchodus eingereiht. Core unterschied die Gattung Phasganodus wieder, indem 
er sagte: „The form is near to Einchodus.... but in that genus the long teeth have unsymmetrical 
cutting edges, which are not in the long axis of the dentary bone.“ Dies würde heissen, dass bei 
Phasganodus die Schneiden der Zähne symmetrisch und in der Längsaxe des Unterkieferknochens lägen. 
Leipy hingegen beschreibt bei seiner Species die Ränder als schräg zum Unterkiefer; so bliebe also 
nur die Symmetrie als ein Unterscheidungsmerkmal bestehen. An der Praemaxilla und hinten am 
Unterkiefer sind die Zähne von Enchodus symmetrisch; am Pterygoid, Palatinum und vorn am Unter- 
kiefer sind sie unsymmetrisch. Phasganodus und Enchodus sind ein Genus; es ist dabei bemerkenswert, 
dass nur lose Zähne oder kleine Fragmente der Gattung Phasganodus zugewiesen wurden. Zetheodus 
wurde für Formen mit einer Osteodentinmasse vor dem ersten Palatinzahn (bei Copz Praemaxilla) auf- 
gestellt; das bezieht sich aber, wie ich zeigen kann, nur auf ein besonderes Stadium im Ersatz des 
Palatinzahnes von Einchodus. Ischyrocephalus von v. DER MARk ist der westphälische Repräsentant der 
Gattung Enchodus. Davis stellte die Genera Eurygnathus und Pantopholis auf wegen der Variabilität 
der Sceutareihen, die er nicht als ein Merkmal von Enchodus anerkannte; aber solche Scutareihen sind 
auch bei Enchodus vorhanden. 

Kopf. — Exemplare im britischen Museum geben uns ein sehr schönes Bild von dem hohen, 
seitlich comprimirten, scharfnasigen und ziemlich kurzen Kopf. Das mittlere Dermo-Ethmoid ist recht 


! Fossils of South Downs, S. 237. 
2 Rep. U. S. Geol. Surv. Terri., fol. 1, 5. 290. 


gross. Die langen, schlanken Frontalia reichen fast bis zum hinteren Theil des Kopfes. Die Parietalia 
sind klein und durch das Supraoceipitale geschieden. Das dicke, wenn auch schmale Hyomandibulare 
bildet oben ein kurzes Gelenk und läuft in eine Spitze aus, so dass es wie ein Pflock aussieht. Das 
mässig grosse Quadratum artikulirt vorn am Pterygoid. Meta- und Meso-Pterygoid sind grosse, dünne, 
zahnlose Knochen. Das Pterygoid ist breit und hinten dünn; es articulirt mit dem Quadratum und 
Mesopterygoid. Wo es das Mesopterygoid verlässt, wird es zu einem schwachen, dreieckigen Balken, 
der unter dem Palatinum liest und dort in einem Schuppengelenk endet. An der vorderen und an 
der oberen Fläche sendet das Pterygoid nach oben einen Flügel zum Ethmoideum laterale als Stütze, 
Die einzige Palatinzahnreihe erstreckt sich nach hinten bis unten auf das Pterygoid und verschwindet 
allmählich. 

Palatinum. — Das Palatinum ist der eigentümlichste und für dieses Genus besonders typische 
Knochen. Verschiedene Species zeigen verschiedene Stufen seiner Modifikation. Von hinten anfangend 
läuft es vom Pterygoid als einzelner, schlanker Balken nach vorn, an dessen unterer Fläche eine Reihe 
ausserordentlich langer, symmetrischer, lanzettförmiger Zähne sitzen, die gewöhnlich nach rückwärts ge- 
krümmt sind. Diese Zähne ruhen auf festen grossen Cementbasen und ausserdem ist die ganze untere 
Fläche des Knochens mit Cement ausgekleidet. Die Zähne stehen in einiger Entfernung von einander 
und in jedem Zwischenraum zwischen zwei Zähnen liegt die Narbe eines ausgefallenen Zahnes. Der 
Wechsel beim Zahnersatz ist bei Znchodus am vollkommensten zu beobachten. Das Palatinum ist 
ähnlich dem von Cimolichthys, nur dass bei Enchodus sein vorderes Ende eine grosse angeschwollene 
Masse von Östeodentin trägt. Diese Masse ist keilförmig, vorn am dicksten, während sie hinten sowohl 
oben als unten von dem Knochengewebe des Palatinum überdeckt wird. Am äusseren Ende des 
Palatinum sitzt ein grosser Fangzahn, von dessen Basis nach rückwärts zu eine Reihe von Narben 
ausgefallener Fangzähne zu bemerken ist. Die vorderen Narben sind scharf umgrenzt, nach hinten zu 
werden sie schwächer und unbestimmter. Es ist klar, dass die Fangzähne periodisch ausfielen und 
jedesmal durch einen anderen gegen vorn vor den alten Fangzahn reichenden ersetzt wurden. Ge- 
wöhnlich ist die Cementbasis eines Zahnes beim Ersatz absorbirt, aber hier bleibt die alte Basis 
erhalten und eine neue, grössere Basis bildet sich vorn an der alten und so baut sich ein ständig 
wachsender Keil von Cement oder Vasodentin auf. Der Ersatzprozess würde dann der sein, dass sich 
allmählich ein Lappen vorn am Östeodentinkeil entwickelt und an Grösse zunimmt, bis ein grosser, 
äusserer Lappen vorn am Palatinum überhängt, der etwas grösser als die letzte vorausgehende Cement- 
basis des Fangzahnes ist. Darauf bildet sich der neue Zahn, der bei einer gewissen Grösse den alten 
absorbirt und selbst an seine neue Basis cem@ntirt wird!. Diesen Prozess habe ich in seinen frühesten 
Stadien an verschiedenen Exemplaren beobachtet (Fig. 17, Taf. XXVII) und fast jedes Palatinum zeigt 
bei genauer Prüfung irgend eine Spur dieses Lappens. Das Schlussstadium mit dem besonders grossen 
Vorderlappen ist sicherlich das, was Cop als Tetheodus bezeichnet, und ist das letzte Stadium vor der 
Resorbirung des alten Zahnes. Während der Cementkeil so an Länge und Stärke zunimmt, wächst 
auch der Knochen des Palatinum selbst über das hintere Ende sowohl oben als unten und auf diesem 
Auswuchs mögen unten ein oder zwei Zähne sitzen, die den hinteren Palatinzähnen vollständig gleichen. 
Die Struktur (Fig. 15, Taf. XXVII) der Cementmasse gleicht der eines Zahnes sehr. Der centrale 
Pulpakanal läuft schräg in das ÖOsteodentin und parallel mit ihm eine grosse Zahl anastomosirender 
Haversischer Kanäle. Die Masse zwischen den Kanälen zeigt gelegentliche Knochenzellen. Die sehr 


* Junge Zähne werden nicht früher auf ihren Basen befestigt, als bis sie ausgewachsen sind. 


2 


zahlreichen Haversischen Kanäle scheinen die Fortsetzungen der Kanäle im Vasodentin zu sein. Das 
Palatinum trägt 12—15 funktionirende Zähne, auf ihm ist aber Raum für die doppelte Zahl von Zähnen 
vorhanden. 

Kiefer. — Die Praemaxilla ist ein ganz dünner flacher Knochen, dessen vorderes Drittel 
scharf ein- und aufwärts gekrümmt ist. Der nirgends sehr hohe Knochen trägt eine einzige Reihe 
kleiner schlanker Zähne, die in regelmässigen Zwischenräumen stehen und mit den Räumen für aus- 
gefallene Zähne abwechseln. Der lange, schlanke, zahnlose Maxilla-Knochen bildet die hintere Mund- 
grenze. Diese Maxilla liegt, wie bei #sox, auf dem hinteren Theil der Praemaxilla Der Unter- 
kiefer ist ziemlich tief, mit einem knopfähnlichen Gelenk für das Quadratum nahe dem unteren 
Ende. Das Articulare ist gross, das Angulare nicht erhalten. Das Dentale trägt eine Reihe grosser 
Zähne, jeder auf einer Cementbasis. Wie beim Palatinum ist auch der Dentalrand mit Cement bedeckt 
und zwischen den funktionirenden Zähnen liegen die Narben der ausgefallenen Zähne. Nahe dem 
Ende steht gewöhnlich ein grösserer Zahn oder besser Fangzahn, der dem Palatinumfangzahn ent- 
spricht. Ausserhalb dieser Reihe grosser Zähne befindet sich eine Reihe kleiner, 1—2 mm hoher 
Zähne, die ebenfalls auf Cementbasen ruhen. 


Das Operculum ist sehr charakteristisch. Sein Hyomandibular-Gelenk liest unter der Mitte 
am vorderen Rande und von ihm läuft ein starker Wulst nach innen. Die Verzierung strahlt von 
diesem mittleren Theile aus. Das säbelförmige Praeoperculum ist unten breit. Sub- und Interoper- 
culum sind auch vorhanden. 


Zähne. — Die Zähne variiren sehr im Grösse und Form, zeigen aber constante Structur. 
Sie können in 4 Gruppen getheilt werden: 1) die Fangzähne, zu denen die zwei vorderen Palatin- und 
die zwei vorderen Dentalzähne gehören. Diese sind asymmetrisch mit einer Schneide, die von der 
äusseren Vorderseite schräg zur Mittellinie über die Spitze etwas nach der hinteren Seite läuft. Der 
Querschnitt an der Basis ist genau eiförmig mit schräger Axe. Oben ist der Querschnitt lanzettförmig, 
seine Axe parallel zum Unterkiefer. Ein mittelgrosser Palatinum-Fangzahn misst 52 mm, ein Unter- 
kiefer-Fangzahn 28 mm und 10 mm im Durchschnitt an der Basis. In 2. Gruppe mögen wir die Pala- 
tinumreihe von asymmetrischen, langen, schlanken, leicht gekrümmten Zähnen betrachten. Der all- 
gemeine Typus ist wie bei den Fangzähnen, aber sie sind schlanker und gekrümmt und messen beim 
nämlichen Individuum wie oben 9 mm Länge bei einer Dicke von 2 mm. Die 3. Gruppe bilden die 
hinten am Unterkiefer stehenden Zähne; sie sind ebenso gross wie die Palatinzähne, aber die Schneide- 
fläche läuft direkt zur Spitze, so dass der Querschnitt des Zahnes bilateral symmetrisch ist, während 
seine Längsaxe schräg zum Unterkiefer liegt. In letzter Linie sind die kleinen Zähne der Praemaxilla 
und die äussere Reihe des Unterkiefers zu erwähnen; dieselben sind 1—2 mm hoch, seitlich zusammen- 
gedrückt und stark longitudinal gestreift. Alle Zähne sind der Structur nach gleich; ein Palatinzahn 
illustrirt die Structur aller Zähne, Aussen liegt eine dünne Schmelzschicht, welcher nach innen eine 
Schicht von Dentin folgt, innerhalb welcher dann eine solide Masse von Trabeculardentin liegt. Im 
Centrum der früheren Pulpahöhle läuft ein kleiner Kanal der Länge der Zähne entlang. Diesem pa- 
rallel laufen zahlreiche, vielfach anastomosirende Haversische Kanäle von ungefähr dem halben Durch- 
messer des Mittelkanals. Von den Haversischen Kanälen strahlen in das Dentin viele Dentinröhrchen. 
Viele Odontoblasten sind ebenfalls im das Vasodentin eingeschlossen. Die Haversischen Kanäle sind 


! A. S. Woopwarn.-Proc. Geol. Assoc., vol. X, 1888, Taf. 1, Fig. 5. 


— 21 — 


ungewöhnlich gross und zahlreich, so dass der Querschnitt des Zahnes wie ein Sieb aussieht (Taf. XXVII, 
Fig. 18). Diese Zahnstructur ist keineswegs weit unter den Teleostiern verbreitet. Nur Zsox hat 
unter den lebenden Gattungen einen soliden Zahn, unter den fossilen: Oimolichthys, Pomognathus Dixon 
und vielleicht einige andere wie Halec, die alle eng mit ZEinchodus verwandt sind. 


Vergleichende Bemerkungen. — In allen wichtigen Theilen gleicht Enchodus der Gattung 
Cimolichthys, besonders in den grossen Frontalien, den durch das Supraoceipitale getrennten Parietalia,. 
in der Form des Hyomandibulare und Operculums, in dem durch die bezahnte Praemaxilla und durch 
die zahnlose Maxilla begrenzten Munde, in den Zähnen am Palatinum und Pterygoid. Die soliden 
Zähne sind bei Enchodus ausserordentlich entwickelt, bei Cimolichthys haben wir halbmassive Zähne. Der 
wichtigste Unterschied ist die Osteodentinmasse vorn am Palatinum. Ich betrachte daher Znchodus 
als derselben Familie wie Cimolichthys angehörig und nur als eine spezialisirtere, in Tiefwasser ent- 
wickelte Form. 

Die als Enchodus * Lemmonieri Dowzo bekannte Form hat, während sie dieselbe Osteodentin- 
masse am Palatinum zeigt, zum Unterschied von allen anderen Enrchodus-Formen Zähne an der Maxilla 
und sollte desshalb, wie ich glaube, zum Range eines eigenen mit Zinchodus sehr nahe verwandten 
Genus erhoben werden. 


Vorkommen. Aus der obigen Betrachtung der Zähne geht hervor, dass als spezifische 
Merkmale weder die Form eines Zahnes, noch auch ihre Zahl ausser in beschränkter Weise als Basis für 
die Speciesaufstellung gebraucht werden können. Es sind zwar viele Enchodus-Arten auf Grund ein- 
zelner Zähne aufgestellt worden, vollständigere Kenntniss würde diese Zahl aber wahrscheinlich stark 
reduziren. Die Kreide von Kansas enthält vier gute Arten, die unten behandelt werden, nämlich: 
E. petrosus CopeE, E. dolichus Core, E. Shumardi Lewy und E. amicrodus Stew. Daneben gründen 
sich auf einzelnen Zähnen: E. calliodon Copz', E. (Phasganodus) anceps Cops ?, E. (P.) carinatus 
Core, neben E. (P.) dirus' Lemy aus Dakota. Aus Neu-Jersey wird von einer grossen Zahl von 
Species berichtet, die alle auf lose Zähne begründet sind: E. ferox Morton, ME. pressidens Cope, E. 
oxytomus Core, E. (P.) tetracus Cope und E. (P.) semistriatus Marse. England hat mindestens fünf 
Species aus der Kreide: E. lewesensis Manteru °, E. halocyon Acassız und E. Faujasi Ag. neben 
mindestens zwei unbeschriebenen Species im britischen Museum. Die Arten vom europäischen Fest- 
lande sind schwer mit den englischen Formen zu vergleichen, viele werden unter dem gemeinsamen 
Namen E. halocyon aufgeführt, obwohl sicher mehrere Species darunter zu verstehen sind. In Böhmen ® 
kommen mindestens zwei Species unter dem Namen E. halocyon Ac. vor. Reuss beschreibt ausserdem 
einige Zähne von Böhmen unter dem Namen Spinaz rotundus‘®. In Sachsen tritt wahrscheinlich eine 
neue Species auf, die bis jetzt E. halocyon Ac. genannt wird und welche von Gemmırz.’” beschrieben 
wurde. Westphalen hat zwei Species, die von v. Der Marck $ als Ischyrocephalus beschrieben sind. 
In Belgien kommen E. Faujasii As. und E. lewesensis Mantenu neben der fraglichen Art E. Lemmo- 


" Dorro, Bull. Soc. Belge, G£ol. Tom. VI, 1892, S. 5. 

? Rep. U.S. Geol. Surv. Terr., vol. II, 1875, S. 277. 

® Fossils of South Down, 1822, S. 237. 

* Pois. Foss., vol. V. pt. 1, S. 65. 

° Fritsch, A., 1878, Rept. und Fische d. Böhm. Kreidef., S. 35, 26. 
® Verstein. Böhm. Kreidef., Taf. 4, Fig. 65 und 66a. 

* Geisitz, Palaeontographica, 22, S. 226. 

® Palaeontographica Bd. 11, S. 28. 


— ad. 


nieri Doro !' vor. Endlich haben wir aus dem Libanon mehrere Formen: E. recurvatus Davıs’, E. 
(Europholis) longidens Pıoter °, E. (Eurygnathus) ferow' Davıs, E. (Pantopholis) dorsalis Davıs* und 
E. sulcatus HEcKEL°. 

Aus der obigen Liste geht hervor, dass Enchodus sehr weit verbreitet ist und in tiefen und 
seichten Gewässern vorkonmt; nach der Kreidezeit, ihrer eigentlichen Blütheperiode, wird die Gattung 
nicht mehr gefunden. 


Fig. 13. Enchodus-Kopf, restaurirt. Natürliche Grösse. 


Eth. — Ethmoideum, E. lat. — Ethmoideum laterale, Ar. — Frontale, Par. = Parietale, Soc. = Supraoceipitale, 
eot — Epioticum, Pi.ot. = Pteroticum, Sph.ot. = Sphenoticum, M£.pt. — Metapterygoid, Ms.pt. — Mesop- 
terygoid, Qu. — Quadratum, Prmx. — Praemaxilla, Max. = Maxilla, Pal. — Palatinum, Dent. — Dentale, 
Art. — Articulare, Op. —= Operculum, Pop. — Praeoperculum, /op. — Interoperculum, Sop. = Suboperculum. 


Enchodus petrosus Copz 1874. 


(Taf. XXVIL, Fig. 13—15.) 
Bull. U. S. Geol. and Geog. Surv. Terr., No. 2, S. 44. 


Tetheodus pephero Copz 1874, ]. c., S. 43. 

Enchodus petrosus Copz 1875, Rep. U. S. Geol. Surv. Terri., vol. II, S. 239, Taf. 59, 

Tetheodus pephero Cop, 1. c. S. 237, Taf. 54. 

Die vorstehenden zwei Artnamen treten zu gleicher Zeit auf, ich habe den zweiten ange- 
wendet, welcher dem häufiger vorkommenden Fossil gegeben wurde und der die falsche Hypothese _ 
einer neuen Gattung nicht involvirt. Die Species ist auf ein Palatinum (von Copz Praemaxilla be- 
zeichnet) begründet worden. Die Osteodentinmasse ist hier sehr angeschwollen, sie nimmt mit dem 


t Siehe oben. 
® Davıs, Trans. Roy. Dublin Soc. 1887, S. 596, 599 und 601. Ferox wird schon als Speciesname von Mor'rox 


gebraucht. 


— 279 — 


Alter nicht nur an Länge zu, sondern wächst mit jedem neuen Zahne mehr nach unten und bildet so 
einen sehr dieken Keil. Die äussere und untere Seite ist von einer starken Kante begrenzt, welche 
die Narben der ausgefallenen Zähne umgibt. Ich habe an einem alten Individuum 14 Narben gezählt, 
aber 9 oder 10 ist die gewöhnliche Zahl. Meiner Vermuthung nach entspricht die Zahl der Narben 
der Zahl der Perioden des Zahnausfalles und ergibt so ein Mittel zur Schätzung des relativen Alters 
des Fisches. Die Oberseite hat drei schräge, unregelmässige Furchen. Das eigentliche Palatinum liegt 
unter der Osteodentinmasse in einer kleinen Zunge normalen Knochens, auf dem 1—-2 Zähne stehen 
mögen. Vom Osteodentinkeil rückwärts sind 70 mm Palatinum erhalten, worauf 9 Zähne mit da- 
zwischen liegenden Alveolen für ebensoviele ausgefallene Zähne stehen. Auf dem hinteren Theile liegt ein 
Knochen, den ich als Pterygoid betrachte; dieser Knochen zeigt nur so viel, dass sich von ihm eine 
breite Platte aufwärts zu dem Ethmoideum laterale erstreckt. Praemaxilla-Fragmente zeigen eine einzige 
Reihe von 2—3 mm langen Zähnen. Das nicht vollständig erhaltene Dentale ist mit der inneren 
Reihe grosser und der äusseren Reihe winziger Zähne besetzt. Ein Exemplar trägt 11 grosse Zähne 
auf 90 mm Zahnrand, An dem vorderen Ende sitzt ein ausgewachsener grosser 28 mm langer Fang- 
zahn, vor dessen Basis die Narben ersetzter Fangzähne zu sehen sind. Der Zahnrand erstreckt 
sich bis ungefähr 12 mm vor den Fangzahn und um den äusseren Rand der Ausdehnung ist eine 
Reihe von 3—5 mm langen Zähnen, während der Knochen innen ausgehöhlt ist. Dieser Knochen 
entspricht bis auf das kleinste Detail der Gattung Zetheodus Core, hat indessen ein typisches Pala- 
tinum von E. petrosus. Ich zeigte oben, wie der Lappen vor dem Palatin-Fangzahn nach unten wächst 
und so diejenige Ausbildung bewirkt, die Corz dazu veranlasste, ein besonderes Genus aufzustellen. 
Bei der Beschreibung von 7. pephero bemerkt Copz, dass diese Art dieselbe Grösse und dieselben 
Kerben über dem Palatin-Osteodentin hat wie EZ. pefrosus. Da ich keinen anderen Unterschied finden 
kann als den nicht persistirenden des vorderen, zahnlosen Östeodentinlappens, so halte ich die zwei 
Species für identisch. E. petrosus hat seinen nächsten Verwandten in E. Faujasi Ac. 


Enchodus dolichus (orz 1875. 
(Taf. XXVII, Fig. 16, 17.) 
Rep. U.S. Geol. Surv, Terr., vol. II, S. 239, Taf. 54, und S. 300. 


Diese Species ist weit kleiner als die vorhergehende und wurde auf eine Osteodentinmasse 
des Palatinum begründet. Ich habe nur Palatinum, Pterygoid und einen Theil des Unterkiefers. Die 
Östeodentinmasse ist eine verlängerte, gerundete Masse, die mit dem Alter an Länge, aber kaum an 
Dicke wächst. Die Furchen der Oberseite sind fast parallel mit der Länge des Palatinums. Das 
knöcherne Palatinum liegt unter der Östeodentinmasse und trägt eine einzige Reihe sehr schlanker, 
langer Zähne, von denen zwei gewöhnlich gerade unter dem hinteren Theil’des Osteodentins stehen. 
Die Zähne nehmen nach hinten an Grösse regelmässig ab und hören am Pterygoid ganz auf. Letz- 
terer Knochen trägt nur wenige Zähne und geht hinten in eine dünne Platte über. Das Dentale 
hat wie das von E. petrosus Core nur eine einzige Reihe langer Zähne und ausserhalb dieser eine einzige 
Reihe winziger Zähne, Die vorderen 8 mm vor dem Fangzahn sind aussen durch einen erhöhten 
Rand begrenzt, auf dem 3—4 kleine Zähne stehen. Die Form steht dem englischen EZ. lewesensis 
Masten am nächsten, aber die Östeodentinmasse des Palatinum ist gerade vorwärts gerichtet und nicht 
gekrümmt wie bei dieser Form. 


—. 280 — 


Enchodus Shumardi Ley 1856. 
(Taf. XXVIL, Fie. 18, 19.) 
Proc. Acad. Nat. Sci., Philad., S. 257. 
Enchodus Shumardi Leiwy 1873, Rep. U. S. Geol. Surv. Terr., vol. 1, S. 289, Taf. 17. 


e parvus STEWARD 1898, Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 122. 


Die sehr kleine Species besitzt bei papierdünnen Knochen ausserordentlich lange Zähne. Sie 
ist von Leıpy auf ein Dentale begründet, ebenso wie Stzewarn’s E. parvus, welch letztere Form sich 
von der Leıpy’s nur in der Anzahl der Zähne unterscheidet, was ein äusserst variables Merkmal ist 
und in hohem Grade vom Zahnersatz abhängt. Nach Prüfung von 7 Individuen habe ich die zwei ge- 
nannten Species vereinigt. Der dünne, dreieckige Dentalknochen trägt 6—9 grosse Zähne auf dem 
inneren Zahnrand und ausserhalb dieser eine Reihe von winzigen (!/s mm) eng sitzenden Zähnchen. 
Die grossen Zähne sind sehr lang, die Fangzähne 4'/; mm. Das grosse, keilförmige Articulare bildet 
die Hälfte des Unterkiefers. Unten und hinten ist an diesem Knochen ein’ winziger, knopfähnlicher 
Fortsatz, an dem das Gelenk sitzt. Die ganze Länge des Unterkiefers beträgt 41 mm, Zahnrand 27 mm, 
Höhe am Coronoid 10 mm. Die Praemaxilla ist ein schlanker, langer Kochen mit einer einzigen Reihe 
kleiner Zähne. Die vorderen 3'/s mm sind ein- und aufwärts gebogen, die restirenden 9 mm gerade. 
15 Zähne sind an der Praemaxilla erhalten. Das Palatinum ist ein schlanker Stab mit sehr langen, 
rückwärts gekrümmten Zähnen. Das vordere abgebrochene Ende trägt eine kleine cylindrische Osteo- 
dentinmasse, die nach unten und vorne gerichtet ist. Die Palatinzähne stehen in beträchtlichen Inter- 
vallen, nehmen nach hinten an Grösse ab und hören am Pterygoid ganz auf. Ein Zahn nahe der 
Vorderseite ist 7” mm lang. Das Operculum ist D-förmig; das Hyomandibulargelenk liegt an dem ge- 
raden Vorderrand des Operculum nahe der Mitte. Von diesem läuft auf der äusseren Seite ein Wulst 
nach hinten und von dem Vereinigungspunkte des Wulstes mit dem Rande strahlen feine gekörnelte 
Linien aus. Das halbovale Suboperculum ist glatt mit Ausnahme eines kurzen Wulstes, der von seinem 
mittleren oberen Rande ausläuft. 

E. Shumardi ähnelt sehr den kleinen Formen, die unter Acassız’s Namen E. halocyon be- 
griffen werden, aber das Operculum von E. Shumardi ist weniger verziert als bei der englischen Species. 


Enchodus amierodus StzwArD 1898. 


Kansas Univ. Quart., vol. 7, S. 193. 

Dies ist eine grössere Form als die vorausgehende; sie wurde allein auf ein Dentale begründet. 
Dieses ist asymetrisch pfeilspitzenförmig. Sein gerader 48 mm langer Zahnrand trägt eine Reihe 
sehr langer Zähne. Der Unterrand ist sanft gekrümmt, die Coronoidhöhe beträgt 15 mm. Die Unter- 
seite trägt einen Hacken. Der erste Zahn oder Fangzahn erhebt sich 4 mm rückwärts von dem Vorder- 
rand und ist 11 mm lang. Die anderen Zähne, von denen sieben erhalten blieben, sind im Durchschnitt 
5 mm lang. Die äussere Reihe der kleinen Zähne ist nicht zu erkennen, da das Fossil in einem 
kieseligen Knollen mit seiner inneren Fläche nach aufwärts liegt. 


Zusammenfassung. 


Die Beschreibung der Anatomie und der Verwandschaftsverhältnisse bei den untersuchten 
Gattungen und Arten spricht für sich selbst. Jedes Genus wurde selbständig als geschlossenes Ganzes be- 
handelt. Bemerkenswerth ist es, dass unter den zwölf beschriebenen Gattungen sich kein einziger „Fried-“ 
Fisch befindet. Alle sind Fleischfresser und mit mächtiger Bezahnung ausgerüstet. Alle Formen sind 
hoch spezialisirt und zeigen verschiedene anatomische Eigentümlichkeiten, wie das Rostrum von Proto- 
sphyraena, das Praedentale von Saurocephalus und Saurodon, die ungewöhnliche Zahnentwicklung bei 
Enchodus und das hoch spezialisirte Parasphenoid bei TAryptodus. Solch eine Häufung ungewöhnlicher 
Charaktere der Osteologie innerhalb so weniger Gattungen findet sich heute nur noch bei Tiefseefischen 
und unsere Fischfauna scheint deshalb aus inneren Gründen eine Tiefseefauna'! zu sein, wofür ja auch 
die erhaltene Matrix, der sehr reine Kreidemergel, spricht. Wenn wir es also mit einer Tiefseefauna 
zu thun haben, dann ist es nicht überraschend, dass ihre nächst verwandte Fauna die der englischen 
Kreide ist. Was aber sehr überrascht, ist, dass, obwohl die Gattungen aus beiden Gebieten fast 
durchaus die gleichen sind, doch nicht eine einzige identische Species gefunden wurde. Das ist für 
eine Tiefseefauna ungewöhnlich und wird nur erklärlich, wenn wir uns erinnern, dass zwischen dem 
Wohnsitz der Kansasfauna und der englischen sich sowohl nach Osten als nach Westen grosse Con- 
tinentalmassen und weite Oceane ausdehnen, so dass die Communication nur eine äusserst langsame 
gewesen sein konnte. 

Auf den vorhergehenden Seiten wurde wiederholt auf zwei Erscheinungen hingewiesen, die 
noch nicht mit dem nöthigen Nachdrucke hervorgehoben worden waren: 1) die Einheit des Zahnersatzes 
bei allen Teleostiern, Amphibien, und Reptilien; 2) das regelmässige Alterniren beim Zahnersatz. In 
der Litteratur wird häufig auf zwei Arten des Zahnersatzes Bezug genommen, einmal, dass der junge 
Zahn an der inneren Seite des alten Zahnes ein Loch aushöhlt, wie bei den Zacertilia, und dann, dass 
der junge Zahn in der Pulpahöhle des alten Zahnes entsteht, wie bei den Crocodilia. RoESE? zeigt, 
dass bei den Crocodilia der junge Zahn ausserhalb des alten Zahnes an der inneren Seite desselben 
entsteht und ein Loch in den alten Zahn höhlt, durch welches er in die Pulpahöhle eintritt; so wird 
ein besonderer Crocodilien-Typus hinfällig. Protosphyraena, Portheus und Ichthyodecetes® wurden bisher 
unter den Fischen als Typen mit Crocodiliden-Zahnersatz betrachtet. Ich habe in jedem einzelnen 
Falle gezeigt, dass der junge Zahn ein Loch in die Seite des alten gräbt und dann nach unten die 
Wurzel des alten resorbirt; es kann dabei vorkommen, dass der junge Zahn unter der Krone des alten 
gefunden wird, aber die Hauptsache ist, dass er nicht in der Basis der Pulpahöhle entsteht. Re- 
capituliren wir noch einmal den Prozess: Auf der inneren Seite neben dem alten Zahn und gerade 
unter dem Zahnrand (oder bei acrodonten Zähnen gerade unter dem Epithel des Mundes) entsteht der 
junge Zahn in der Zahnleiste, das Epithel-Divertieulum bleibt indessen mit dem Mundepithel verbunden 
und kann deshalb kaum bis an die Basis einer Alveole reichend gedacht werden. Der neue Zahn oder 
vielmehr das ihn umgebende Gewebe gräbt ein kleines Loch in die Seite des alten Zahnes. Dieses 


» Mit der Bezeichnung Tiefsee will ich ausdrücken, dass die Fische in offenem Meere wohnen, gegenüber den 


Strandformen. 
? Zahnentwicklung der Crocodilien, Morph. Arbeiten, Bd. 3, Heft 2, S. 224—226. 
3 Die Protosphyraena-Zähne sind massiv, aber vom jungen Zahn wurde behauptet, er entstehe unter dem alten. 


Palacontographica. Bd. XLVI. 36 


— 2832 — 


Loch wird beständig erweitert, so dass der junge Zahn sehr bald unter der Krone des alten Zahnes 
steht. Die Krone bricht ab und fällt weg. Der junge Zahn resorbirt nun nicht nur die Wurzel des 
alten, sondern auch das Cement, so dass, wenn er im entsprechenden Alter an die Alveole befestigt 
wird, dieses durch neues Cement geschieht. Die Art des Zahnersatzes bedingt keinen Unterschied, die 
Art des Ersatzes ist immer die gleiche. Bei acrodonten und pleurodonten Zähnen liegt der neue Zahn 
gerade unter dem Epithel, bei thecodonten Zähnen gerade unter dem Rande des Kieferknochens. Wir 
können also sagen, dass es für die Teleostier nur eine Art des Zahnersatzes giebt und zwar die 
gleiche wie für Amphibien und Reptilien. 

Ein anderes bemerkenswerthes Merkmal ist die Art und Weise, in welcher neue und alte 
Zähne abwechsen. Es hat den Anschein, als ob jeder zweite Zahn immer zu einem anderen Satze 
gehörte und ich glaube, dass das in der That der Fall ist. Während jeder zweite Zahn stets gesund 
und intakt ist, befinden sich die anderen immer in irgend einem Stadium des Ersatzes, das gewöhnlich 
durch eine leere Alveole repräsentirt wird, denn junge Zähne werden nicht früher an den Kiefer 
cementirt, als bis sie ausgewachsen sind und fallen daher bei fossilen Individuen aus. Sogar bei re- 
centen Fischskeletten ist gewöhnlich jede zweite Alveole leer, wenn der Zahnersatz acrodont ist; und 
beim Präpariren von Fischköpfen beobachtet man immer, dass die zweiten Zähne bei der Maceration 
leicht ausfallen. Da dieses Alterniren so allgemein bei allen Fischen des mir vorliegenden Materiales 
wiederkehrte, so untersuchte ich eine grosse Reihe von recenten Fischen, Amphibien und Reptilien, 
wobei sich das Resultat ergab, dass die Eigenthümlichkeit alternirenden Zahnersatzes für alle Fische 
und Reptilien gilt, deren Zähne in einer oder zwei Reihen stehen!. Ich möchte darum folgende Ver- 
allgemeinerung aussprechen, die sich auf die Untersuchung einer langen Reihe (unten aufgezählter) 
Gattungen stützt, bei welchen ich die Gesetzmässigkeit des Vorganges gewöhnlich an mehr als einer 
Art prüfen konnte. Die Zähne von Fischen, Amphibien und Reptilien, welche in 1—2 Reihen 
stehen, werden inzwei abwechselnden Sätzen ersetzt, d. h. zwischen je zwei alte Zähne schiebt 
sich immer ein junger Zahn. Alle alten Zähne repräsentiren einen Satz (a), alle jungen den andern (b), 
und wenn diese selbst wieder alt geworden sind, rückt ein noch jüngerer Satz (a‘) an die Stelle des ersten 
Satzes (a). Auf diese Weise ist also ein Kiefer immer mit gut erhaltenen und beständig wechselnden 
Zähnen versehen. Dieser Wechsel ist ein gesetzmässiger, natürlich aber spielt er sich nicht immer mit 
mathematischer Genauigkeit ab. Wenn es auch oft vorkommt, dass zwei Zähne derselben Serie neben ein- 
ander stehen, so bleibt das Gesetz des Zahnwechsels doch bestehen, da dieser scheinbare Widerspruch nur 
ein zufälliges Abweichen von der Regelmässigkeit im Zahnersatz ist. Solche Ausnahmen kommen bei 
alten Fischen recht häufig vor. Das Vorschreiten des einen Satzes neuer Zähne in nur der Hälfte der 
_Alveolen, von innen nach aussen, lässt vermuten, dass wir es hier, bis zu gewissem Grade, mit einer 
Rückerinnerung an den Selachiertypus zu thun haben, wo Zahnersatz auf Zahnersatz nach vorwärts 
drängt und mehrere Sätze gleichzeitig funktioniren. Bei unseren Formen hingegen funktionirt immer 
nur ein Satz, während der zweite in der anderen Hälfte der Alveolen allmählich vorwächst; wenn dieser 
zweite Satz fixirt ist, kommt ein dritter und ersetzt Satz No. 1. Diese Verhältnisse bei den Teleostomi 
werden vielleicht noch klarer durch nächstseitiges Diagramm, auf welchem die grossen Ovale die 
funktionirenden Zähne ausdrücken. Die innen ausgehöhlten Zähne (a) sind alte Zähne und werden 
durch Satz a’ verdrängt, der mit dem gesunden und funktionirenden Satz b abwechselt. Satz b‘‘ 
wird Satz b’ ersetzen und alternirt mit a“ und a‘. Dass dieses Schema nicht rein theoretisch ist, geht 


t Für Zähne „en brosse“ habe ich das nicht untersucht, aber ich denke, dieselbe Regel oder vielleicht eine 
Modification derselben wird auch dort eingehalten werden. 


_— N 


aus der von Em FriepDmann' gegebenen Abbildung eines Hechtes hervor, wo die embryologische Ent- 
wicklung dieser Reihen klar ersichtlich ist. Ferner illustriren diese Verhältnisse erwachsene Individuen 
von Scarus; hier kehrt bis zu gewissem Grade die primitive 
Anlage bei Selachiern wieder und Zähne rücken, Reihe auf 


a» am > >] Reihe, in wechselnden Serien von innen nach aussen und zwar 
(6) 6 o 5» in so grosser Zahl, dass 20 Reihen gleichzeitig vorhanden sind. 
) o e a” Wie schon bemerkt, beobachtete ich diesen Zahnwechsel nicht 
° o is nur bei den Teleostomi°, sondern auch bei den Amphibien (Anu- 
© S N a” ren und Urodelen) und bei den Reptilien (in 5 Ordnungen). 
5 2 gr Unten folgt eine Liste derjenigen Gattungen, bei welchen dieses 


Gesetz sehr deutlich beobachtet werden konnte. 
Wenn die Bezahnung voll, lückenlos erscheint, so ist 
daraus doch nicht der Schluss zu ziehen, dass hier der gesetz- 
mässige Wechsel fehlte; in den meisten Fällen lässt ein Präparat der Innenseite des Kiefers die jungen 
Zähne deutlich erkennen. Gelegentlich kann aber auch das nicht zu beobachten sein und wir haben 
dann gerade ein Präparat aus der Periode, während welcher die jungen Zähne ausgewachsen sind und 
die alten noch kein bemerkbares Stadium des Ersatzes zeigen; ein zweites Exemplar wird aber zweifel- 
los den Ersatz wieder zeigen. Noch weiter in die Details dieser interessanten Gesetzmässigkeit im 
Zahnersatz einzugehen, würde dem Gegenstande der vorliegenden Untersuchung zu ferne liegen. 


Liste der Gattungen, bei welchen deutlich Zahnwechsel beobachtet wurde: 


Fische Amphibia Reptilia 
Acrodont: Thecodont: Rana Boa 
Esox Saurocephalus Menobranchus Naia 
Cimolichthys Saurodon Crotalus 
Enchodus Ichthyodectes Python 
Pomognathus Portheus Natta 
Osmerus Gymnarchus Fipera 
Muraena Embiotica Crocodilhus 
Leueisperca Chirocentrus Ichthyosaunus 
Scomber Protosphyraena Varanus 
Merlucius Iguana 
Polypterus ieurodant: Lacerta 
Lepidosteus Platecarpus 

£ Salmo 

Amia j 
Milca Pachyrhizodus 
Seiaena 


: Morph. Arbeiten Bd. 7, Heft 3, S. 563, Fig. 8. 
? Teleostomi = Ganoidei — Teleostier. 


Register. 


(Die beschriebenen Arten sind mit einem Sternchen (*) bezeichnet.) 


Acrodontosaurus Mason 258. 
Agnomius 254. 
evolutus Stew. 257. 

„  Polymierodus Stew. 256. 
Albulidae 252. 
Amia 283. 
*Amphicyon 125. 134. 
ambiguus FırH. 130. 131. 
giganteus LaurıLLarn 128. 
n intermedius Suess 124, 
lemanensis Pow. 129. 
n major Bramv. 124. 
rugosidens ScHLosseR 130. 
= steinheimensis Fraas 127, 


” 


Amphieynodon palustris SchLosser 116. 


Beryx 254. 
Beryx (?) multidentatus Stew. 257 
Boa 283. 
*Cephalogale 109. 138. 
na brevirhina Horuans 103. 
Cestracion 168. 
Chaetetes ? 22. 
Chirocentridae 236. 
Chirocentrus 283. 


*Cimolichthys Leıpy 267. 283, 

r er contracta Corr 273. 

, “ Merrillii Core 272. 

ii 5 nepaeolica ('orE 271, 

1 re semianceps Core 273. 
2 sulcatus Core 271. 

Cladoeycelus As. 236. 


occidentalis Leıpy 242, 

Cladodus KAT, 
Coccoserinae 4. 
*Coceoseris 9. 
R e£ Schmidtii Kıär 10, 
+ - Ungerni Eıcaw. 11. 
"Crocodilus 283. 
Crotalus 283. 
*Cynodon 115. 139. 
, = gracilis Fıra. 117. 
Daptinus Core 247. 

= phlebotomus Core 248. 
Dinocyon 121. 
Diploöpora Quesst. 26. 


| 


Elopidae 254. 
Embiatica 283. 
Empo Core 267. 
contracta CopE 273. 
‚  lisbonensis Stew. 272. 
„  Merrillii Core 27 


72. 
„  nepaeolica Core 271. 


semianceps (oPE 273. 
BaarOER 267. 
| *Enchodus 273. 283. 

z = anucrodus STEWARD 280. 
> ” dolichus. Core 279. 

r parvus Stew. 280, 
e n petrosus (opE 278. 
* Ar Shumardi Leıpr 280. 


*Erisichthe Cope 215. 


“+ nitida Core 227. 


*Eryops megacephalus Cope 61. 85. 89 fi. 


Esox 283. 

*Euarctos arctos 98. 

I rF etruscus 98. 

*Euarctos spelaeus 98. 

er tibetanus 98. 
Eurygnathus Davıs 274. 
Eurypholis Davıs 274. 

Gillicus polymierodus Hay 242. 
Gymnarchus 283. 

*Helarctos malayanus 98. 
Heliolites 39. 

asteriscus F. Rön. 4. 

dubius 22. 

7 favosus 22. 

inordinatus 4. 

3 intricatus var. lamellosa 
Limspste. 42. 

megastoma 37. 

parvistella F. Rön. 39. 

subtilis 4. 

Heliolitidae 3. 

Heliolitinae 39. 

*Hemicyon 107. 

Heptanchus 168. 

*Hyaenarctos 103. 106. 
Hyaenarctos arctoideus Drr£rer 107. 


„ 


minutus (Scutoss.) KokEn103. 


l 


| 


*Hybodus Ag. emend CaupBEeLL BROWN 
149 fi. 

s > Fraasi Camps. Brown 151. 

5 r Hauffianus E. Fraas 159. 

Hypsodon 236. 246. 258. 

Anunyadec Corz 236. 283. 

anaides Cors 244, 


> arcuatus CopE 244, 
= en ctenodon Corz 244, 
* „ hamatus CopzE 243, 
D op multidentatus Cors 243. 
“ ” occidentalis Leıpy 242, 
» polymierodus Croor 242. 


Ichthyosaurus 283. 
Iguana 283, 
Ischyrocephalus v. D. Mark 273. 
Isodus Hecke 273. 
Koninckella 204. 
*Koninckella efr. gibbulosa Geun. sp. 204. 
Koninckodonta 203. 
*Koninckodonta Fuggeri Bırım. 203. 
Lacerta 283. 
Lepidosteus 283. 
Leueisperca 283. 
Lonsdalia inordinata p’Ore. 4. 
Lutra dubia Drr&rer 104, 
Lyellia E. u. H. 26. 
Madrepora mammillaris WAHLENBERG 27, 
*Melursus labiatus 98. 
Menobranchus 283, 
Merlucius 283. 
Molva 283. 
Muraena 283, 
Naia 283. 
Natta 283. 
Nicholsonia KıÄr 37. 
*Nicholsonia megastoma Mc. Coy 37. 
*Osmeroides Acassız 254. 
E en evolutus Core ? 257. 
z cp polymierodus Stew. 256. 
Osmerus 283. 
*Pachycynodon 113. 139. 
grachyrhizodus Dıxon 258. 283. 

n caninus CorE 262. 
“ Kingei Core 263. 


” 


*Pachyrhizodus curvatus Loomıs 2659. 


= N ferox StEw. 265. 

* on latimentum CopzE 263, 

= ” lepitopsis CoPE 265. 

= hr leptognathus Srew. 265. 
= „= Sheari CopE 264. 

* en inordinata Lonsp. sp. 4. 


Palaeopora, M’Cor emend Kıär 4. 
megastoma M’Cor 37. 
en subtilis M’Cor 4. 

Palaeoporites Kıär 18. 
= \ estonicus Kıär 18. 
Palaeoporitinae 18. 
Panthopholis Davıs 274. 
*Paracynodon 115. 139. 
* ” vulpinus ScHLosser 116. 
Pelecopterus Copz 215. 
Phasganodus CoprE 274. 
Pinacopora Nıca. u. ErH. 26. 
Plasmopora Epw. u. Hamue 26. 

en conferta 27. 
intercedens KrÄr 32. 
parvotubulata Kıär 29. 
n primigenia Kıär 26. 
n ramosa KıÄr 32. 
S stellata Kıär 31. 
*Plasmoporella Kıir n. gen. 34. 


” 


KR KEN 


“ ” convexotabulata Krär 35. 
= ” convexotabulata var. vesi- 


culosa n. var. 36. 

Plasmoporinae 26. 
Platycarpus 283. 
Plethodidae A. S. Woopwarn 229, 
Polypterus 283. 
Pomognathus 283, 
Porites inordinata Loxsn». 4. 

»  megastoma M’Cor 37. 
Proheliolites Krär n. gen. 21. 
= » dubius F. Scumipr 21. 
Proheliolitinae 21. 
*Portheus Cop 246. 233. 

en arcuatus Copz 242. 
Propora E. u. H. 26. 

= conferta M. E. u. H. 27. 
*Protosphyraena Leıpy 215. 283. 


* 5 nitida Copr 227. 

x „ obliquidens Loomıs 225. 
“ „ penetrans CorE 224, 

* „ i” Ferıx 224. 

x tenuis Loowıs 226. 


Protospondy 215. 
*Pseudamphicyon 132. 137. 


Pseudamphicyon ambiguus Scaross. 131. 
= » helveticus Pıcr. 134. 
* m lupinus Scatosser 133. 
*Pseudarctos SCHLOSSER n. gen. 117. 
= h bavaricus ScHLosser 120. 
*Pseudocyon 122. 
== E bohemicus ScHLosser 124. 
= 2 sansaniensis LArrer 124, 
*Pseudokingena Böse n. gen. 177. 
* n Capellinii Dı-Ster. 179. 
= 3 Deslongchampsi Dav. 
178. 

su ethryptodn Loomıs n. g. 235. 

er intermedius Loomıs 

236. 
*Pygope gozzanensis Parona 184. 
* „ Neumayri Haas 185. 
Python 283. 
Rana 283. 
*Rhynchonella Briseis Grmar. var. Inter- 
media Dı-Ster. 192. 

< Dalmasi Dun. 195. 
“ faseicostata Uatıe 195. 


= er flabellum MenecH. 195. 

= eg Greppini Opreu 194. 

Br n inversaeformis SCHLOSSER 
193 

5 Rn palmata Orr. 194. 

Y " pillula Scatosser 197. 

“ 5 pusilla Geum. 197. 

2 0 retroplicata Zınr. 198. 

* > Reynesi Geum. 196. 

= = sp. aft. Alberti Orr. 193. 

= 3 variabilis Scurote. 191. 

= & „ var. rimata GEYER 

192. 
< . Zitteli Gemm. 192. 
< 5 Zugmayri Gemm. 193. 


se e 

fe . Blanei Haas 199. 
Salmo 283. 
Salmonidae 258. 


Saurocephalus 215. 


= ” Hartan 249. 283. 
= » arapalovus Copr 251. 
= 1 Broadheadi Srew. 252. 
, dentatus Srew. 251. 
| ” lanciformis Cop 251. 
IM ss 5; Harı. 251. 
on phlebotomus CorE 248. 
*Saurodon Hays. 247. 283. 
x lanciformis Hays. 251. 


” 


*Saurodon phlebotomus Copz 248, 
“ 55 pygmaeus Loomıs 248. 
Sciaena 283. 
*Sclerocephalus labyrinthicus GEmitzz 88. 
Scomber 283. 
Semionotus 274. 
Spiriferina 199. 


e u af. Davidsoni Desr. 202. 
= n cfr. angulata Orr. 199. 

= hr decipiens SchLosser 201. 
€ ” gryphoidea Uutıs 200. 

* op cfr. Münsteri Davıns 202. 
a5 5 cfr. rostrata SchLoru. 200. 
* 


aff. rupestris C. Dest. 202, 
Stelliporella Wenxzeu 39, 
Symmorium 171. 
*Syntegmodus Loonıs n. gen. 252. 


= = altus Loonıs 253. 
Terebratula 180. 
* er Aspasia Men. 181. 
*Terebratula chrysilla Urtıs 180. 
5 » de Lorenzoi Böse 181. 
* n sp. ind. 153. 
Tetheodus Cop 273. 
” pephero Cop 278. 


*Thalassarctos maritimus 98. 
Thecia confluens 4. 
*Thryptodus Loomıs n. gen. 229. 


= > rotundus Loomis 235. 
= 5 Zitteli Loomıs 234. 
Tremaretos americanus 98, 
” ornatus 98. 


*Ursavus SCHLosser n. gen. 101. 
brevirhinus Horı. 98. 103. 
5 primaevus GAıtLL. sp. 104. 
*Ursus 97. 
*  ,,  Böckhi ScaLosser 98. 101. 
*Ursus etruscus Cuv. 100. 

»  Primaeyus Gaıte. 104. 
Varanus 283. 
Viper 283. 
Waldheimia Davınsox 186. 


x » ampezzana SCHLossER 189. 
x = batillaeformis Böse 186. 

$ a Meneshinii ParonA 188. 

r ” oxygonia Unrıs 187. 

E cn Partschi Orreu 188. 

“ securiformis Gemm. 187. 


Re aenihus 171. 
Xiphactinus 246. 
Xiphias Leipy 215. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel I. 
(Alle Figuren direkt nach Photographien.) 


Fig. 1—6. Palaeopora inordinata Lonsp. pag. 4. 

1. Querschnitt eimes Zweiges von einem Stock aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike, 
Norwegen. Vergr. 7:1. 

2. Ein Theil desselben. Verer. 18:1. 

3. Längsschnitt eines Zweiges von demselben Fundorte. Vergr. 7:1. 

4. Querschnitt der Varietät von Esthland, Piersal, Zone Fı. Vergr. 18:1. 

Derselbe. Vergr. 7:1. 

Längsschnitt derselben. Vergr. 7:1. 


= s0H 


Palaeontographica, Bd. XLV1 


Palaeontographica Bd. XIV. Tafel 1. 


Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart 


E. Schweizerbart'sche Verlagshdlg 


E. Nägele, Stuttgart 


Tafel-Erklärunse. 


Tafel I. 


(Fig. 1—4 direkt nach Photographien, Fig. 5—7 von Herrn Krapr gezeichnet.) 


Fig. 1—2. Coccoseris Schmidtii nov. sp., pag. 10. 


1. Querschnitt eines Stockes aus Sutlep, Esthland (Fı). Vergr. 7:1. 
2. Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 


3—6. Coccoseris Ungerni Eıcaw., p. 11. 


3. Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 

Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 

Längsschnitt eines anderen norwegischen Exemplares. Vergr. 20:1. 

6. Querschnitt desselben. Vergr. 20:1. 


or 


1: 


Protaraea vetusta Hart, pag. 10. 


7. Längsschnitt eines amerikanischen Exemplares, das sich auf einer Strophomena angesiedelt 
hat. Vergr. 20:1. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Tafel Il. 


Palaeontographica Bd. XIV. 


Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel III. 
(Alle Figuren direkt nach Photographien.) ° 


Fig. 1—4. Palaeoporites estonicus nov. gen. n. sp. ypag. 18. 


1. Querschnitt eines Stockes aus Röa, Zone F,, Esthland. Vergr. 7:1. 
2. Längsschnitt desselben. Vergr. 7 :1. 

3. Querschnitt einer Thekalröhre von Fig. 1 unter Vergr. 18:1. 

4. Längsschnitt einer Thekalröhre von Fig. 2 unter Vergr. 18:1. 


5—6. Proheliolites dubius F. Schm., page. 21. 
e 5. Längsschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Ver- 


. grösserung 7:1. 
6. Querschnitt eines Stockes von demselben Ort. Verer. 7:1. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Tafel M. 


Palaeontographica Bd. XM. 


Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. 


Verlagshdlg 


Schweizerbart'sche 


E% 


Stuttgart 


Nägele 


Fig. 


» 


Tafel-Erklärung. 


Tafel- IV. 


(Alle Figuren von Herrn Krapr gezeichnet.) 


Plasmopora primigenia nov. sp., pag. 26. 

(Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Frognö, Ringerike, Norwegen. Vergr. 7:1. 
Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 

Plasmopora conferta Epw. & H., pag. 27. 


(uerschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 

Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 

Plasmopora conferta Epw. & H., Mutatio, pag. 29. 

Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5b, Östre Svartö, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 

Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 

Plasmopora petaliformis Lonsp., Querschnitt eines Stockes aus Wenlock, England. 
Verermsuzale 


Plasmopora parvotubulata nov. sp., Längsschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, 
Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Vergr. 7:1. pag.'29. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. XIM. Tafel N. 


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Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. 


E. Schweizerbart'sche Verlagshdlg. 


E. Nägele, Stultgart 


Tafel-Erklärung. 


Tafel V. 


(Alle Figuren sind von Herrn Krapr gezeichnet.) 


Fig. 1. Plasmopora parvotubulata nov. sp. Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, 
Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Vergr. 7:1. pag. 29. 
„ 2— 3.  Plasmopora stellata nov. sp., pag. 31. 
9. Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5b, Östre Svartö, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 
3. Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 
4. Plasmopora seita Epw. &H., Querschnitt eines Stockes aus Gotland. Vergr. 7:1. pag. 55. 
5— 6. Plasmopora ramosa nov. sp., pag. 32. 
5. Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 
6. Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 
7— 8. Plasmopora Grayi Epw. & H., pag. 34. 
7. Querschnitt eines Stockes aus Gotland. Vergr. 7:1. 
8. Längsschnitt desselben, die centrale, unverdickte Zone darstellend. Vergr. 7:1. 
1. Plasmoporella convexotabulata nov. gen u. sp., Pag. 35. 
Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 
10. Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 
11. Längschnitt eines Stockes, der Uebergang zu var. vesiculosa zeigt, 5a, Stavnaestangen, 


Ringerike, Norwegen. Vergr. 7:1. 
12. Plasmopora tubulata Loxso., Querschnitt eines Stockes aus Gotland. Verer. 7:1. pag. 56. 
13. Heliolites intrieatus var. lamellosa Lu., Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, 
Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Vergr. 7:1. pag. 42. 


Palaeontographica. Bd. XLVI, 


Palaeontographica Bd. XV. 


E 


Schweizerbart'sche Verlagshdlg. 


E. Nägele, Stuttgart. 


Tafel \. 


Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart, 


Tafel-Erklärung. 


Tafel VI. 
(Fig. 1—5 sind von Herrn Krarr gezeichnet, 6—9 direkt nach Photographien.) 


Fig. 1—2. Plasmoporella convexotabulata nov. sp. var. vesiculosa. pag. 36. 
1. Längsschnitt eines Stockes aus der Etage 5 a, Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 
Ä 2. Querschnitt desselben. Vergr. 7:1. 
‚ .3—4. ' Proheliolites dubius F. Schw., Mutatio, pag. 23. 
5 3. Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5b, Östre Svartö, Ringerike, Norwegen. Ver- 
grösserung 7:1. 
4, Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 
a 5. - Proheliolites dubius F. Scmu., Forma primaria, pag. 22. Etage 5a, Stavnaestangen, 
Ringerike, Norwegen. Vergr. 7:1. 
6—7. Plasmopora intercedens nov. sp., pag. 32. 
6. Längsschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Nyborg, Asker. Vergr. 7:1. 
7. Querschnitt desselben. Vergr. 7:1. 
»„ 8—9. Nicholsonia megastoma M’Cor. pag. 37. 
Ei 85. Querschnitt eines Stockes aus Soida, Esthland, Zone Fı. Vergr. 18:1. 
i 9. Längsschnitt desselben. Vergr. 18:1. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. XV. Tafel WM. 


Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. 


E. Schweizerbart'sche Verlagshdlg. 


E. Nägele, Stullgarl 


Tafel-Erklärung. 


Tafel VII. 


(Fig. 1—4 und 6—7 direkt nach Photographien, Fig. 5 und 8 von Herrn Krapr gezeichnet.) 


Fig. 1—2. Nicholsonia megastoma M’Coy, pag. 37. 
5 1. Querschnitt eines Stockes aus Soida, Esthland, Fı. Vergr. 7:1. 
2. Längsschnitt desselben. Verer. 7:1. 


5. Heliolites- intricatus var. lamellosa Lu., pag. 42. 

3. Querschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Asker, Norwegen. Vergr. 7:1. 

4. Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 

5. Längsschnitt eines Stockes aus der Etage 5a, Stavnaestangen, Ringerike, Norwegen.  Ver- 
grösserung 20:1. 

$. Heliolites parvistella F. Rön., pag. 39. 

6. Querschnitt eines Stockes aus Esthland, Fa. Vergr. 7:1. 

7. Längsschnitt desselben. Vergr. 7:1. 

; 8. Längsschnitt eines Stockes aus der Etage 5b, Östre Svartö, Ringerike, Norwegen. Ver- 

i grösserung 20:1. 


Palaeontographica. Bd. XLVI, 


Tafel VI. 


Palaeontographica Bd. XM. 


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Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. 


Verlagshdlg 


Schweizerbart'sche 


E 


Nägele 
g 


Stuttgart 


F 


Tafel-Erklärung. 


Tafel VIII. 


Eryops megacephalus (Coprr). Perm. Texas, Indian Creek, Thal des Big Wichita. 
Fig. 1. Schädelunterseite (nach 4 Schädeln restaurirt). 
P. — Parasphenoid. Pt. = Pterygoidea. Occ. lat. — Occipitalia lateralia. 
Pa. = Palatinregion. M. —= Maxillarregion. 
V. = Vomerregion. 
»„ 2. Unterkiefer, Aussenseite. 
d. 


Pm. — Praemaxillaregion. 
5 


4 Innenseite. 


2/5 natürlicher Grösse. 


(Die Original-Exemplare im paläontologischen Staatsmuseum von München.) 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Taf. Vill. 


Palaeontographica Bd. XLVI. 


Rommel 


fkunstanstalt von Martin 


Liehtdruck de H 


erlagshandlung 
ırt 


Stuttg 


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Schweizerbart’sche \V 
N 


Krapf & 


Tafel-Erklärung. 


Tafel IX. 


Eryops megacephalus (Cork). 


Wirbel von hinten. 
Wirbel, Seitenansicht. 
Oberer Bogen, Vorderansicht. 
x S Rückansicht. 
Hypocentrum, Vorderseite. 
Pleurocentrum, e 
Hypocentrum, Rückseite. 
Pleurocentrum, % 
Hypocentrum von oben. 
Pleurocentrum „  ,„ 
nn „ unten. 
Zusammenhängendes, etwas gepresstes Stück von 4 Wirbeln. 
centrum fehlt am letzten Wirbel. 
Sacralwirbel mit Rippenkopf der Sacralrippe. 
Rechte Sacralrippe, Innenseite. 
en H Aussenseite. 
Hinterhaupt. (Region des Foramen magnum.) 


2/3 natürlicher Grösse. 


Pleuro- 


(Die Original-Exemplare im paläontologischen Staatsmuseum von München.) 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. XLVI. Tafel IX 


E, Schweizerbart’sche Verlagshandlung 
Lichtdruck der Hofkunstanstale von Martin lommel & Lo. Stuttgart, 


©. Krapf gez 
‚ Nägele, Stuttgart. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel X. 


Eryops megacephalus (Copr). 


Fig. 1. Becken, linke Seite. 


rd e rechte 

“RS: RB Rückansicht. 

„4 5 von oben. 

„ 5. Scapula mit Coracoid, Aussenseite. 
6 % a v Innenseite. 


2/3 natürlicher Grösse. 


Die Orisinal-Exemplare im paläontoloeischen Staatsmuseum von München. 
© < 


Palzeontographica. Bd. XLVI, 


Palaeontographica Bd. XLVI. - 


Tafel X. 


E. Schweizerbartsche Verl: 
E. Nägele, Stuttgart 


iandlung m 


C. Krapf gez. 


Figur 1. 


Be, 

Q 
h 2 
2) 4. 
} % 
n 6. 

To 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XI. 


Sclerocephalus labyrinthicus Geinttz. Längsschliff durch die Spitze eines Gaumenzähnchens. 
S. = Schmelz, VD. = Vitrodentin, Dr. — Dentinröhrchen. Vergrösserung — 250. 


Selerocephalus labyrinthicus Gemirz. Querschliff durch die Basis eines Gaumenzähnchens. 


. — Pulpahöhle, Dr. — Dentinröhrchen, Dr.ı — Endausläufer der Dentinröhrchen, 7. — Interglo- 
bularräume, FD. = Vitrodentin, Co. — Conturlinien. Vergrösserung = 80. 


Eryops megacephalus Cop. Längsschliff durch die Spitze eines Kieferzahnes. 
P. = Pulpahöhle, S. — Schmelz; VD. = Vitrodentin, Co. — Conturlinien. Vergrösserung = 2. 


Eryops megacephalıs CopE. (uerschliff durch das obere Dritttheil eines grossen Kieferzahnes. 
P. — Pulpahöhle, S. — Schmelz, VD. — Vitrodentin, Co. — Conturlinien. Vergrösserung = 25. 
Eryops megacephalus Core. Querschnitt durch einen kleineren Kieferzahn in der unteren 


Zahnhälfte. 
P, — Pulpa, €. —= Cement, VD. — Vitrodentin, VD.ı — Vitroosteodentinband. Vergrösse- 
rung = 25. R 
Eryops megacephalus Core. Querschliff durch die obere Hälfte eines grossen Kieferzahnes, 
dicht unterhalb des Beginnes der Faltenbildung. 
$ = Schmelz, VD. — Vitrodentin, YD.ı — Vitroosteodentin, P. — Zipfel der zerschlitzten Pulpa- 
höhle, Co. — Conturlinien. Vergrösserung = 75. 
Eryops megacephalus Core. Theil des Querschnitts eines mittelgrossen Kieferzahnes. 
P. — Pulpazipfel, €. —= Cement, VD. — Vitrodentin, VYD.ı — Vitrotrabeculardentin. Vergrösse- 
rung 50! 


Palacontographica. Bd. XLVI. ? 


 Palaeontographica Bd. X. Taf N. 
Fig.1. 


Fig. 6. 


Lichtdruck v. Carl. Ebner, Stuttgart. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XI. 


Figur 1. Eryops megacephalus Copz. Ein Stück Zahnbein nahe der unteren Schmelzgrenze im 
Längsschliff bei starker Vergrösserung. 

S. = Schmelz, VD. = Vitrodentin, I. = Interglobularräume, #. = Wirkliche Gabelungen der Dentin- 
kanälchen, Dr. — Dentinröhrchen, Y. — Quere Verbindungsästchen der Neumann’schen Scheiden. 
Vergrösserung = 250. 

Selerocephalus labyrinthicus GEmmTz. Theil eines Querschliffs durch das obere Dritttheil emes 
grossen Fangzahnes. Peripherischer Verlauf der Dentinröhrchen bei starker Vergrösserung. 

Dr.ı = Endverzweigung der Dentinröhrchen, VD. — Vitrodentin, $S. — Schmelz, Co. = Contur- 
linien, Co.ı — Conturlinien mit Interglobularräumen, Co.e — Conturlinien mit massenhaften grös- 
seren Interglobularräumen. Vergrösserung — 250. 

Eryops megacephalus Core. Ein Theil des Querschliffs von Taf. XI Fig. 4 bei starker Ver- 
grösserung. 

P. = Rand der Pulpahöhle, Dr. — Dentinröhrchen, V. = Quere Verbindungsästchen der NEu- 
mann’schen Scheiden, Co. — Normaler Schichtungsstreifen (Conturlinie), Co.ı = Schichtungs- 
streifen mit kleinen Interglobularräumen und spiraliger Windung der Dentinröhrchen. Vergrös- 
serung — 250. 

„ 4. Eryops megacephalus Cope. Längsschliff durch die Basis eines Kieferzahnes in Verbindung 


mit den Knochen. 

P. — Pulpa, OD. = Osteodentin. Das Cement (©. ist eine direkte Fortsetzung des spongiösen Osteo- 
dentingewebes, auf weichem die Zahnbasis aufsitzt. X. — Lamellar geschichteter Kieferknochen, 
PD. — Plicidentinfalten, theils längs, theils schief getroffen, VD — Vitrodentin. Vergrösse- 
rung — 10. 

»„ 5. Eryops megacephalus Cops. Querschnitt durch die Basis eines kleineren Kieferzahnes. 

P. = Pulpa, PD. — kürzere Plicidentinfalten, PD.ı — längere Plieidentinfalten, welche nach aussen 
ohne scharfe Grenze in das umgebende Osteodentin OD. übergehen. K. — Kieferknochen, VD. 
— Vitrodentin, VD.ı — Vitrotrabeculardentin der Falten. Vergrösserung — 18. 


„6. Fryops megacephalus CorE. Theil eines Querschliffs durch die Basis eines grossen Riefer- 


DO 


= 


zahnes. 
P. — Pulpazipfel, ©. — Cement, VD. — Vitrodentin, VD.ı — Vitrotrabeculardentinbänder der 
Falten. Vergrösserung — 35. 
»„ 7. Eryops megacephalus Core. Theil eines Querschlifis durch die Basis eines grossen Kiefer- 


zahnes. 
P. = Pulpazipfel, P.ı — Pulpazipfel blindsackartig abgeschnürt. VD. — Vitrodentin, VD.ı Vitro- 
trabeculardentinband. ©. — Cement, G. = Gefässkanäle im Längs- und Querschnitt. Ver- 
grösserung = 3. “ 


Palaeontograptica. Ed. XLVI. 


Palaeontographica Bd.XIM. 


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Lichtdrack v. Carl Ebner, Stuttgart. 


Fig. 


„ 


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> 


19. 


23. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XI. 


Pachycynodon erassirostris Fıra., Unterkiefer von oben, aus den Phosphoriten von Querey. 
Idem Fig. 8. 
Paracynodon vulpinus n. sp., Untere P,—M; aus den Bohnerzen von Ulm, von innen. Idem 
Fig. 3. 10. 
Mn „„ Unterkiefer, aus den Bohnerzen von Ulm, von oben. Idem Fig. 2. 10. 
Oephalogale minor Fıra., Obere Pı—M: aus den Phosphoriten von unten. 
” ” a Alintere Du Mn: “ "sınnen: 
Paracynodon vulpinus n. sp., Schädel reconstruirt von der Seite, aus den Bohnerzen von Ulm. 
Pachycynodon cfr. crassirostris Fırs., Unterer Mı von innen aus den Phosphoriten von 
Querey. Fig. 7a von oben. 
Pachycynodon crassirostris Fıza., Untere Ps—Mz von aussen. Idem Fig. 1. 


® „ Obere Pı.. Mı von unten, aus den Phosphoriten von Quercy. 

Paracynodon vulpinus n. sp., Unterkiefer von aussen, aus den Bohnerzen von Ulm. Idem 
Fig. 2. 3. 

” en % Oberkiefer von unten, aus den Bohnerzen von Ulm. Idem Fig. 6, 


Ursavus brevirhinus Horm. sp., Oberer Mı .» von unten, Obermiocaen von Kieferstädtl in 
Schlesien. Idem Fig. 19. 
n z „ Oberer C—Pı von unten, Obermiocaen von Voitsberg in Steier- 
mark. Copie nach Hormann. Idem Fig. 19. 
„»  Primaevus GAILLARD Sp., Unterer Mı von innen, Obermiocaen von La Grive St. Al- 
ban. Copie von Dep£rEr’s „Lutra dubia“. Idem Fig. 20. 
Pseudamphicyon lupinus ScHuoss., Obere Pı—M» von unten, aus den Bohnerzen von Ulm. 
x x R Untere Pı—Ms „ oben „ 5 3% 
Pseudarctos bavaricus n. sp., Unterkiefer mit Pı—Ms von oben, aus dem Flinz von Tutzing 
am Starnberger See. Idem Fig. 22. 
Ursavus brevirhinus Horm., Untere O—Mz von oben, Obermiocaen von Voitsberg in Steier- 
mark. Copie aus mehreren Abbildungen Hormann’s und einem 
Gypsabguss. Idem Fig. 23. 
» 5 „ Obere P3s—Ms von aussen. Mı und » nach der Natur, von 
Kieferstädtl in Schlesien. Idem Fig. 12. Ps und « Copie nach 
Hormann. Obermiocaen von Voitsberg. Idem Fig. 13. 
5 primaevus GAILL. Sp., Unterer Mı von oben. Obermiocaen von La Grive St. Alban. 
Copie von Drr£Xrrr's „Lutra dubia“. Idem Fig. 14. 
Pseudarctos bavaricus n. sp., Obere Pı—M3s von unten, Mı Original aus dem Flinz von 
Häder bei Dinkelscherben. P> und Ma» .z reconstruirt. Darunter 
dieselben von aussen. 
" en „ Unterkiefer von aussen. Aus dem Flinz von Tutzing am Starn- 
berger See. Idem Fig. 17. 
Ursavus brevirhinus Horn. sp., Unterkiefer von aussen. Obermiocaen von Voitsberg in Steier- 
mark. Reconstruirt nach Zeichnungen HormAanv’s und einem 
Gypsabguss. Idem Fig. 18. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Be 


Palaeontographica Bd. XLVI. 


AA? 


ag = ‘ 
Ss Aa 


Lichtdruck der Hofkunntunntn 


It 


Alan SSIDUE 


von Martin Rommel & Co,, Stuttgart, 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


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sone 


vDDvbD 
sand 


Tafel-Erklärune. 


Tafel XIV. 


Amphiecyon lemanensis Pom., Oberer P,—M; von unten. Untermiocaen von Eckingen bei Ulm. 
Re ambiguus Fıun., Obere M,.; von unten. Phosphorite von Quercy. 
Pseudocyon bohemicus n. sp., Obere P,—M, von unten. Untermiocaen von Tuchorie in Böhmen. 
P, Copie nach Surss, M, reconstruirt aus Zeichnung von Suess und 
Fragmenten, M,; .z nach der Natur. 
a 5 „= Untere M}—; von oben. M, und , aus Untermiocaen von Tuchofie 
in Böhmen. Copie nach Svess, M, aus Untermiocaen von Weisenau. 
Copie nach H. v. Meyer’s Manuscript. 
Amphicyon rugosidens n. sp., Obere P,—M; von unten aus dem Untermiocaen von Haslach bei Ulm. 
M, steht etwas zu weit aussen. 
n lemanensis Pom.. Unterer M, von oben. Untermiocaen von Ulm. 
Unterer Mi ,„ N ” as x 
’ ambiguus Fıra., Unterer M, „ er Phosphorite von Quercy. 
Pseudocyon bohemicus n. sp., Unterer M,; von innen. Untermiocaen von Tuchotie in Böhmen. Copie 
nach Suess. Idem Fig. 4. 
Amphicyon rugosidens n. sp., Unterer P,—M, von oben aus dem Untermiocaen von Haslach bei Ulm. 


&} ” ” 


BR lemanensis Pom., Metacarpale V von innen. Untermiocaen von Eckingen bei Ulm. 
„ „ „ » IV „ aussen. » 66 » et, 
Fig. 12a von innen. 
» „ » „ BU, op „ ” „ Eckingen bei Ulm. 
Fig. 13a von innen. 
” ” „ ”„ II ”„ ” ” „ Eckingen bei Ulm. 
Fig. 14a von innen. 
N = 5 n I ,, innen. > „ Eckingen bei Ulm. 
77 77 ’ Metatarsale V 77 ” eh} kb} 7 ch} &2) 
er} - eh) ” ” IV 2 aussen 7 ei) 7 „ ” 
Fig. 17a von innen. 
” ” ” „ Ill ER) ER Dr PR Eckingen bei Ulm. 
Fig. 18a von innen. 
90 hr n ” ID er 5 „ Weisenau. Copie aus H. 
v. Meyer’s Manuscript. Fig. 19a von innen. 
” » > » I , innen. Untermiocaen von Eckingen bei Ulm. 


Paracynodon leptorhynchus Fıru. sp. Metacarpalien von oben. Phosphorite von Querey. Idem Fig. 23. 
Pseudamphicyon sp. Metacarpale IV von innen aus den Phosphoriten von Quercy. Idem Fig. 24. 
Paracynodon leptorhynchus FırH. sp. Metacarpalia von vorne aus den Phosphoriten von Quercy. 
Idem Fig. 21. 

Pseudamphicyon sp. Metacarpale IV von aussen aus den Phosphoriten von Querey. Idem Fig. 22. 
Paracynodon leptorhynchus Fınu. Metatarsalia von oben a. d. Phosphoriten v. Querey. Idem Fig. 29. 
Amphicyon lemanensis Pom. Metatarsalia von oben. Untermiocaen von Ulm. 

“ major Larr. ?, Unterer M, von oben. Obermiocaen von Sansan. 
Pseudamphieyon lupinus Scuuoss. Metacarpale V von vorne. Bohnerze von Ulm. 
Paracynodon leptorhynchus Fıra. sp. Metatarsalia von vorne. Phosphorite von Quercy. Idem Fig. 25. 
Pseudamphicyon lupinus Scauoss. Metacarpale III von hinten. Bohnerze von Ulm. 
Amphicyon lemanensis Pom. Metacarpalia von oben. Untermiocaen von Ulm. 
Dinocyon Thenardi Jourv., Oberer P, von unten. Aus den Bohnerzen von Heudorf in Baden. 


Palaeontographica Ba. XLVI. Mei, DSUVZ 


= 


A: 
" 


Tafel-Erklärunse. 


Tafel XV. 


N 


Fig. 1. Hybodus Fraasi Browx. © Solnhofen °/s nat. Grösse. 
(Original im palaeontologischen Staatsmuseum München.) 


a Praefrontallücke 4 Pharyngobranchialien 
b Nasenkapsel \ * Brustgürtel 
c Praeorbitalfortsatz \ s Metapterygium 
d Supraorbitalleiste t Mesopterygium 
e Postorbitalfortsatz \ u Propterygium 
f Palatoquadratum \ » Flossenradien 
9 Muskelgrube des Unterkiefers ' ıw Basalknorpel der Flosse 
h Hyomandibulare | x Seitenlinie der rechten Seite 
i Hintere Schädelwand | x’ Abdruck der rechten Seite der Seitenlinie 
j Kiemenstrahlen des Hyomandibulare . 2’ Abdruck der linken Seite ., e 
J‘ Kiemenstrahlen | 4 Rippen 
le Oeccipitalleiste | 2 Schleimkanäle 
2 Ohrkapsel af Atfterflosse 
m Linke Seite des Schädels | df Brustflosse 
n Palatobasalfortsatz | cf Bauchflosse 
o Gelenkkopf des Unterkiefers, ha Haemapophysen 
o‘ Gelenk zwischen Hyomandibulare und | in Intercalaria 
Hyoid na Neurapophysen 
» Kiemenbogen no Notochorda. 


Fig. 2. Stachel. Nat. Grösse. 
»„ 3. Seitenlinie und Chagrin; 3 mal vergrössert. 


„ 4. Placoidschuppen; stark vergrössert. 


a im Profil; 5 Längsschnitt; c von oben; d von unten. 


„ 5. Basalknorpel der Rückenflosse; 65 mal vergrössert. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. 


Ban Lielitlruck v. M. Rommel & Co., Stuttgart 


Taf. XV. 


u 


ae 


BERL SE 


Fig. 1. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XVI. 


Hybodus Hauffianus E. Frass 5 
Holzmaden. 
9%. Vorderer Theil des Schädeldaches. 
a Hinterrand der vorderen Fontanelle 
b Gruben 
c Supraorbitalleiste, 
Postorbitalfortsätze. Nat. Grösse. 
a Rechter Fortsatz von aussen 
db Rechter Fortsatz von unten 
c Linker Fortsatz von innen. 
4. Kopfstacheln. Nat. Grösse. 
a Kleiner Kopfstachel von oben 
d Kleiner Kopfstachel im Profil 


> 


c Basis des grossen Stachels von hinten gesehen. 


5.  Schädeldach, restaurirt. 
«a Praefrontallücke 
c Antorbitalfortsatz 
e Postorbitalfortsatz f Gruben 
g Parietalloch. 


6. Hybodus Hauffianus E. 
kunde, Berlin.) 
a. Rechter Unterkieferast 
a‘ Linker ; 
d Palatoquadratum rechts 


FRAAS & 


b' » links _ 
ce Rechtes Hyomandibulare 
c’ Linkes 5 

d Hyoid 


e Praefrontallücke 

f Antorbitalfortsatz 

9 Supraorbitalleiste 

h Postorbitalfortsatz 

? Gruben 

J Parietalloch 

7: Kopfstacheln 

2 Palatobasalfortsatz 

m Ohrkapsel 

n Gelenkpfanne des Palatoquadratum 
n‘ Gelenkkopf des Unterkiefers 


Palaeontographica Bd. NLVI. 


b Nasenkapsel 
d. Supraorbitalfortsatz 


mit ca. 250 gefressenen Belemniten im Leibe. 
(Original im Naturalienkabimet Stuttgart.) 1 


Ob. Lias Holzmaden. 


| 


Ob. Lias 


1 nat. Grösse. 


(Original im Museum für Natur- 


o Gelenkkopf am Proximalende des Hyomandi- 


bulare 
p Rechte Hälfte des Brustgürtels 
p’‘ Linke R n Hr 
q Basalknorpel der Brustflosse 
q' 5 „ Rückenflosse 
” Flossenradien der Brustflosse 
1 e „ Bauchflosse 
s Kiemenbogenfragmente 
t Rippen 
u Becken 


v Proximaltheil des Basipterygium der Bauchflosse 

w Segmentirter Distaltheil des Basipterygium 

x Proximaltheil (Mixipterygium) des Pterygo- 
podium 

y Endknorpel und Stachelfragmente des Pterygo- 
podium 

= Neura- und Haemapophysen. 


Palaeontographica Bd. XLVI, 


Lichtdruck v. M, Rommel & 00, 


Stuttgart 


Taf, XVI, 


ta 
Belem 


Hybosussuull 


> 


[S®) 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XVII. 


Pseudokingena Deslongchampsi Dav., von vorne 2 nat. Grösse. Von La Stuva. 
i von vorne, Fig. 2a von hinten, Fig. 2b von der Seite, Fig. 2 c 
Stirnansicht. Von Lavarella. 
“ Capellinii Di-STEFANO, von vorne # nat. Grösse. Fig. 3a Stirnansicht, Fig. 3b von 
der Seite, Fig. 3c von hinten, Fig. 3d von vorne. Von Lavarella. 
Terebratula chrysilla Usuise, von der Seite. Von La Stuva. 


” ” ” 


S gozzanensis Par., von vorne, Fig. 5a von der Seite. Von Lavarella. Idem Fig. 10, 10 a. 
e Neumayri Haas, Stirnansicht, Fig. 6a von der Seite. Von Lavarella. Idem Fig. 11, 11a. 


De Lorenzoi n. sp., von hinten, Fig. 7a Stirnansicht, Fig, 7b Seitenansicht, Fig. 7c 
vorne. Von La Stuva. 


“ “ = Stirnansicht eines anderen Exemplares. Von La Stuva. 
ni gozzanensis PAr., von der Seite, Fig. 9a von vorne, Fig. 9b Stirnansicht. Von Lavarella. 
5 53 „ Stirnansicht, Fig. 10 a von hinten. Von Lavarella. Idem Fig. 5. 


er Neumayri Haas, von vorne, Fig. 11a von hinten. Von Lavarella. Idem Fig. 6. 
Waldheimia Meneghini Par., von vorne. La Stuva. 
Terebratula sp., von vorne, Fig. 13a von vorne, # nat. Grösse, Fig. 13b Stirnansicht, Fig. 13 c von 
hinten, Fig. 13 d von der Seite. La Stuva. 


en „ von vorne. La Stuva. 

Waldheimia Partschi Opp., Stirnansicht, Fig. 15a von vorne, Fig. 15b von der Seite. Lavarella. 
Eh oxygonia UHLie, von der Seite, Fig. 16a von vorne, Fig. 16b von hinten, Fig. 16 c 
Stirnansicht. La Stuva. 

n securiformis GENMM., Stirnansicht, Fig. 17 a von vorne, Fig. 17 b von der Seite. Lavarella. 
» oxygonia Uruıg, Seitenansicht. La Stuva. 

" batillaeformis n. sp., Stirnansicht, Fig. 19 a von vorne, Fig. 19 b von der Seite. La Stuva. 
” Meneghinit Par., von vorne, Fig. 20a von hinten. Lavarella. Idem Fig. 22. 


ampezzana n. Sp., von hinten, Fig. 21a von vorne, Fig. 21b von der Seite, Fie. 21c 
2: ’ 8 S D g 
Stirnansicht. La Stuya. 


= Meneghinii Par., von der Seite. La Stuva. Idem Fig. 20. 
” ” „ „ EE „ „ „ Idem Fig. 119, 
5 ampezzana n. sp., Stirnansicht, Fig. 24a von der Seite, Fig. 24b von hinten, Fig. 24 c 


von vorne, La Stuva. 
Rhynchonella retroplicata Zrrr., von hinten, Fig. 25a. von vorne, Fig. 25 b von hinten, 2 nat. Grösse, 
Fig. 25c von der Seite, Fig. 25 d Stirnansicht. La Stuva. 


ar Reynesi Gemm., von hinten, Fig. 26a von vorne, Fig. 26b von vorne, 2 nat. Grösse, 
Fig. 26c von der Seite, Fig. 26d Stirnansicht. La Stuva, 
33 inversaeformis n. sp., von hinten, Fig. 27 a von vorne, Fig. 27 b Stirnansicht, Fig. 27 c 


von der Seite. La Stuva. 
2 nat. Grösse von vorne. La Stuva. 


” „ „ 1 


N pusilla Gemm., von hinten, Fig. 29a von vorne, Fig. 29b Stirnansicht, Fig. 29c von 
der Seite. La Stuva. 
n pilulla n. sp., von hinten, Fig. 30a von vorne, Fig. 30b #2 nat. Grösse, Fig. 30 c 


Stirnansicht, Fig. 30 d von der Seite. La Stuva. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd.XM. Taf. XVII. 


Klein & Volbert gedr 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XVII. 


Fig. 1. Bhynchonella aft. Alberti Opr., von der Seite, Fig. 1a von hinten, Fig. 1b Stirnansicht, Fig. 1c von 


vorne. La Stuva. 


9, 3 Zugmayri GEMmM., Stirnansicht, Fig. 2 von der Seite. La Stuva. 

3. 2 „ von vorne. La Stuva. 

4. ER ee „. var. (af. Orsinii Gemm.), von der Seite, Fig. 4a Stirnansicht. La Stuva. 
= ; variabilis var. rimata GEYER, von vorne, Fig. 5a von der Seite, Fig. 5b von hinten, 

Lavarella. 

6. Zitteli Gemm. var. Calderinii Par., Stimansicht, Fig. 6a von vorne. Lavarella. 

To nn variabilis SCHLOTH., Stirnansicht, Fig. 7a von vorne. Lavarella. 

8. & 55 iy von vorne, Fig. S Stirnansicht. Lavarella. 

9 % Zitteli Gema., von der Seite, Fig. 9a von vorne, Fig. 9b Stirnansicht. Lavarella. 

10. En palmata Opp., Stirnansicht, Fig. 10a von der Seite, Fig. 10b von vorne. La Stuva. 
It. “ „ von vorne, Fig. 11a von der Seite. Lavarella. 

12% FF sp. cfr. @reppini Opr., von vorne, Fig. 12a von der Seite. La Stuva. 

13. 5 cfr. flabellum Menzcn. ?, von vorne. La Stuva. 

14. 5 Greppini Opp., Stirnansicht, Fig. 14a von der Seite, Fig. 14b von vorne. Lavarella. 
15. Hh fascicostata UHLie, von vorne, Fig. 15a Stirnansicht, Fig. 15 b von hinten. Lavarella. 
16. 5 Dalmasi Duwm., Stirnansicht, Fig. 16 a von der Seite, Fig. 16b von vorne. Lavarella. 
17% ae ir „ von der Seite, Fig. 17a Stirnansicht. Fig. 17b von vorne, Fig. 17 ce 


von hinten. La Stuva. 
18. Spiriferina decipiens n. sp., von hinten. Fig. 18a von der Fig. 18b Stirnansicht. La Stuva. 


Idem Fig. 

19. m: » von der Seite, Fig. 19a a La Stuva. Idem Fig. 21. 

20. „ age Orr., kleine Klappe. Lavarella. Idem Fig. 23. 

2]. ” decipiens n. sp., von vorne, Fig. 21a von hinten. La Stuva. Idem Fig. 19. 

22. en ’s „ von vorne. La Stuva. Idem Fig. 18. 

23 Sn angulata Opp., von der Seite, reconstruirt. Lavarella. Idem Fig. 20. 25. 

24. ; deeipiens n. sp., von vorne, 2 nat. Grösse. La Stuva. 

25. en angulata Opr., grosse Klappe von hinten, Fig. 25a Schnabelansicht. Lavarella. Idem 
Fig. 30. 

26. n gryphoidea Uri, von der Seite. La Stuva. 

als 5 a “ Stirnansicht, Fig. 27a von hinten, Fig. 27b von vorne. Ln Stuva. 
Idem Fig. 29. 

28. rostrata SCHLOTH., von hinten. Lavarella. Idem Fig. 30. 

29. o gryphoidea Uruis, von der Seite. La Stuva. Idem Fig. 27. 

30, an rostrata SCHLOTH., von der Seite. Lavarella. Idem Fig. 28. 


Palaeontographica. Bd. XLVI, 


Palaeontoyraphica Bd.XLM. 


ABirkmaier, Ih. Klein & Volbert gedr 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XIX. 


Protosphyraena penetrans Core. S. 224. 


Fig. 1. Cranium von oben. 


Eth. — Ethmoid Eth.lat. — Ethmoid laterale 
Fr. = Frontale Sq. — Squamosum 
Psp. = Parasphenoid Osp. — Orbitosphenoid 
Asp. —= Alisphenoid Prot. = Prooticum 
001. = Opisthoticum Sot. — Sphenoticum 
Ptot. = Pteroticum Bock. == Basioceipitale 
Eoc. = Exoceipitale Vom. — Vomer. 
» 2. Cranium von unten. 
»„ 3. Praemaxilla und Maxilla von innen. 
„ 4. Zahn im Ersatz begriffen. a Junger Zahn ober einer alten Wurzel. 
»„ 5. Medianknochen mit P. penetrans gefunden. S. Seite 225. 


Protosphyraena nitida Core. S. 227. 


Fig. 6. Praemaxilla und Maxilla. 
».. 7. Dentale. 


Palaeontographica. Bd. XLVF. 


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Palaeontographica Bd. XLVI. 


. Krapf gez. 


Taf. XIX, 


ur PIER 


Liehtdruck der Uofkuusiansialt von Martın Kommel & Us. 


RE N Kerr een sa rien 


vu. Ym Ar, Eur 


Fig. 1. 
un: 
or 

4. 
Fig. 5. 
nal, 
UT. 


Palaeontographica. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XX. 


Protosphyraena obliquidens nov. sp. S. 225. 


Brustflosse mit Cleithron von imnen. 
Rostrum von unten. 

Praemaxilla. 

Dentale von innen. 


Protosphyraena tenuis nov. sp. S. 226. 


Brustflosse von aussen. + natürliche Grösse. 
Rostrum von der Seite. 
Praemaxilla und Maxilla von innen. 


Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. XLVI. Tat. XX. 


as Pr. 
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u NENNT NA. Namen ee 


7 


Jichtdruck dor Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Oo,, Btuttgurt. 


€. Krapf gez. 


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Tafel-Erklärung. 


Tafel XXI. 


Thryptodus Zitteli nov. sp. S. 233. 


Fig. 1. Schädel von oben. 


Eth. — Ethmoid Sot. — Sphenoticum 
Eth.lat. — Ethmoideum laterale Prot — Prooticum 

Fr. —= Frontale Ptot — Pteroticum 
Na. — Nasale Eot. — Epioticum 

P: — Palatinum Soc. = Supraoceipitale 
Vom. = Vomer Eoc. = Exoceipitale 
Psp. — Parasphenoid Or. = Supraorbitale 


[8o} 


Die drei Supraorbitalia der linken Seite in ihrer natürlichen Lage. 


„3. Schädel von unten. 

„  %*a. Entoglossum und Copula 4b. 

» 5. Unterkiefer von innen; m. Verknöcherung des Mecxev'schen Knorpels. 

»„ 6. Hyoid-Bogen von innen; e. Epihyale, c. Ceratohyale, %. Hypohyale, db. Basihyale. 
„ 7. Maxilla: a. von innen, b. von aussen. 

„8. Fünftes Ceratobranchiale. 

„ .9. Ein vorderer Wirbel. 

„ 10. Verknöcherte Basis eines Bartfadens. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. XLVI, 
Taf. XXI, 


Any 


TERN 
NN 
KON 


Fig. 


De I SRH 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XXI. 


Thryptodus rotundus nov. sp. S. 235. 


Copula von oben. 
Parasphenoid von unten. 


Pseudothryptodus intermedius nov. sp. S. 236. 


Praemaxilla, a. von aussen, b. von innen. 

a. Entoglossum, b. Copula. 

Drittes Ceratobranchiale der rechten Seite. 

Viertes Ceratobranchiale der rechten Seite. 

Fünftes Ceratobranchiale der rechten Seite. 

Dünnschliff eines Branchiale. Vergrössert 120, S. 236. 


Syntegmodus altus nov. sp. S. 253. 


Cranium von der Seite. 
; Eth.lat. — Ethmoideum laterale Ptot. — Pteroticum 


Psp. — Parasphenoid Fr. = Frontale 
Osp. — Orbitosphenoid Pa. = Parietale 
Spot. = Sphenoticum Asp. — Alisphenoid 
Pro. = Prooticum Eoc. — Exoccipitale. 


. Dünnschliff quer durch die Osteodentinmasse des Parasphenoids. a. Ein grosser Kanal, welcher 


senkrecht zur Oberfläche läuft. b. Ein feiner Kanal mit Abzweigungen. 
Parasphenoid einer unbekannten Gattung, a. von unten, b. von oben. S. 253. 
Parasphenoid einer zweiten Species dieser Gattung von unten. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Taf. XXII. 


Palaeontographica Bd. XLVI. 


Stuttgart. 


Lichtdruck der Hofkunstanrtult von Murtin Rommel & Co., 


€. Krapf gez. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XXIII. 


Ichthyodectes occidentalis Leıpy. S. 242. 


Fig. 1. Cranium von unten. 


Osp. — Orbitosphenoid Btot. — Sphenoticum. 
Asp. — Alisphenoid Prot. —= Prooticum 
Bsp. — Basisphenoid Ptot. — Pteroticum. 
Fr. —= Frontale. 
3 Schultergürtel von innen. ec. = Coracoid; sc. = Scapula; sp. = „Spangenstück“. 


Eine Schuppe, welche die verzweigten Seitenlinien zeigt, a untere Seite, 4mal vergrössert. 
Eine Schuppe von dem Rumpfe. 

Drei Branchialia mit ‚Gill rakers“. 

Schwanzende der Wirbelsäule. 


oo er wm 


Ichthyodectes etenodon CopE. S. 243. 


Fig. 7. Rechte und linke Praemaxilla von einem stark asymmetrischen Individuum. 
„» 8. Eine Schuppe mit der verzweigten Seitenlinie. 


Ichthyodectes multidentatus Core. S. 243. 


Fig. 9. Maxilla, a. auf der inneren Seite geschliffen, b. auf der äusseren Seite geschliffen. 


Saurodon pygmaeus nov. sp. S. 248. 


Fig. 10. Unterkiefer von innen. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. XLVI. Tat. XXIN. 


€. Krapf gez, Lichtdruck der Hofkunstanstult von Murtin Kommel & Co,, Stuttgart, 


Tafel-Erklärung. 


Tafel XXIV. 


Saurodon phlebotomus (Core. S. 248. 


Praemaxilla von innen. 
Maxilla von innen. 
Unterkiefer von innen. 
Unterkiefer von aussen. 
Praedentale. 


= 
fa 
jole} 
DD m 


SER aS 


Saurocephalus Broadheadi Stzwarn. S. 252. 


Fig. 6. Unterkiefer von aussen: 6a der Zahnrand von innen. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. R 


Palaeo hi Bd. XLVI. 
aeontographica Taf. XXIV. 


ed rin. 


rufen zug. 
nn 20Er 


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€. Krapf gez. 


Lichtdruck dor Hofkunstanstult von Murtin Rommel & Co., Stuttgart. 


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Tafel XXV. 
Saurocephalus Broadheadi Srzwarn. 5. 252. 
Fig. 1. Cranium von der Seite. 
Eth. — Ethmoid Soc. = Supraoecipitale 
Eth.lat. — Ethmoideum laterale Eoc. — Exoceipitale 
Fr. — Frontale Boc. — Basioceipitale 
Vo. — Vomer Sot. — Sphenoticum 
Psp. — Parasphenoid Ptot. — Pteroticum 
Osp. — Orbitosphenoid Prot. — Prooticum. 
Saurocephalus lanciformis Harran. S. 251. 
2. Maxilla und Praemaxilla von innen. 
3. Unterkiefer von innen. 
4. Praedentale, 
5. Dünnschliff des Zahnersatzes. 
Pachyrhizodus curvatus nov. sp. S. 265. 
6. Maxilla von innen. 
7. Unterkiefer von innen. 
8. Mesopterygoid von innen. 
Bd. XLVI. 


Palaeontographica, 


Tafel-Erklärung. 


Palaeontographica Bd. XLVI. : 
Tal, XXV. 


Lichtdruck der Hofkunstunstalt von Murtin Rommel & Co., Stuttgart. 


C, Krapf gez. 


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Fig. 


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1, 


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Tafel-Erklärung. 


Tafel XXVI. 


Osmeroides polymicerodus StzwArn. S. 256. 


Schädel von der Seite, alle Knochen in der Lage wie gefunden. 


Fr. — Frontale Osp. == Orbitosphenoid 
Na. — Nasale Asp. = Alisphenoid 
Mx. = Maxilla, rechte Ptot. — Pterotienm 
Ma‘. = Maxilla, linke Eoc. = Exoceipitale 
Pnz. = Praemaxilla Boc. == Basioceipitale 
Dent. — Dentale Psp. = Parasphenoid 
Art. = Articulare Pt. — Pterygoid 
Pop. = R. Praeoperculum Mspt. — Mesopterygoid 
Pop. = L. Praeoperculum Mtpt. — Metapterygoid 
St. — Branchiostegi Qu. = Quadratum 
C. — Ceratohyale Ir: — Hypohyale 


Linkes Operculum. 
Maxilla von einem kleineren Exemplar von innen. 
Zwei vordere Wirbel. 


U 


Osmeroides evolutus Cops ? 8. 257. 


Unterkiefer, längs zusammengefaltet. 
Praemaxilla von aussen. 


Pachyrhizodus latimentum Cope. S. 263. 


Rechte Maxilla von innen. 
Linke Praemaxilla von aussen. 
Schwanzende der Wirbelsäule. 


Pachyrhizodus leptognathus StEwArD. S. 264. 


Parasphenoid, a. von der Seite, b. von unten. 
Ein „Gill raker“. 

Eine Schuppe. 

Praemaxilla von innen. 

Maxilla, hinteres Ende. 

Unterkiefer. 

Brustilosse. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


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Palaeontographica Bd. XLVI. 
Taf. XXVI. 


C. Krapf gez, 


Tafel-Erkläruns. 


Tafel XXVH. 


Cimolichthys nepaeolica Cope. S. 271. 
Fig. 1. Schädel von der Seite. 


Eth. — Ethmoid Ptot. — Pteroticum 
Eth.lat. — Ethmoideum laterale Spot. — Sphenoticum 
Fr. —= Frontale Mspt. = Mesopterygoid 
Pma. — Praemaxilla Mtpt. — Metapterygoid 
Mae. — Maxilla Prsp. — Parasphenoid 
IMEX. — Supramaxilla Hymd.— Hyomandibulare 
Den. == Dentale Qu. = Quadratum 

Pt. — Pterygoid Orb. = Suborbitale. 


Palatinum von einem zweiten Exemplar. 
Längsschnitt eines Zahnes. X 30. 


nm 


Cimolichthys semianceps Core. S. 273. 


Fig. 4. Hintertheil des Craniums von oben. 
Fr. — Frontale; Ptot. = Pteroticum; Prot. — Prooticum; Eot. — Epioticum; Soe. 
— Supraoceipitale; Boc. — Basioceipitale; Zoc. —= Exoceipitale. 
» 5. Dasselbe von unten. 
»„ 6. Palatinum von unten. 


Cimolichthys Merrillii Core. S. 272. 
Fig. 7. Palatinum von unten. 


Cimolichthys contracta Core. S. 273. 


Fig. 8. Wirbelsäule hinten; a. Median-Scuta-Reihe, 5. Seiten-Scuta-Reihe. 
» 9. Schwanzende einer Wirbelsäule, wahrscheinlich C. nepaeolica Cops angehörig. 


Pachyrhizodus caninus Copr. S. 262. 


Fig. 10. Maxilla von unten. 
„ 11. Praemaxilla von unten. 
„ 12: Palatinum. 


[0 0} 


Enchodus petrosus Copr. S. 27 


Fig. 15. Kiefer. Pmx. — Praemaxilla; Pal. — Palatinum; Dent. —= Dentale. 
„ 14. Osteodentinmasse des Palatinums mit Fangzahn. 
„ 15. Zahn im Längsschnitt. >< 30. 


Enchodus dolichus Cope. S. 279. 


Fig. 16. Palatinum. «a Vorhängender Lappen, welcher zur Basis des neuen Zahnes heranwächst. 
„ 17. Structur des Centrums eines Zahnes. >< 20. Querschnitt. e 


Enchodus Shumardi Lripy. S. 280. 


. 18. Kiefer. D. = R.Dentale; D’. — L. Dentale; A. = Artieulare; P. — Rechtes Palatinum; 
P‘. — Linkes Palatinum; O0. — Praeoperculum. 
„ 19. Dentale von aussen. 


Palaeontographica. Bd. XLVI. 


Palaeontographica Bd. XLVI. 
Taf, XXVII, 


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€. Krapf gez. 


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3 Herausgegeben 


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_PALAEONTOGRAPHICA. 


AUG 19 1089 | 


Br BEITRAEGE 


_ NATURGESCHICHTE DER VORZEIT. 


KARL A. v. ZITTEL, 


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> . ö 
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Be Stickler, Ludw., Ueber den microscopischen Bau der Faltenzühne von Eryops megacephalus Uope. 

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, Stimetur). — Biotit - Hypersthen- Andesit. — Camptonit. — Cordierit- 


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PS NOV 146 1888 
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-  PALABONTOGRAPHICA. 


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- NATURGESCHICHTE DER VORZEIT. 
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Be: KARL A. v. ZITTEL, 


Er Professor in München. 

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+ Unter Mitwirkung von 

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B als Vertretern der Deutschen Geologischen Gesellschaft. 

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1899. 


Ausgegeben im Oktober 1899, 


Lethaea geognostica 
oder 
Beschreibung und Abbildung 


n) der 
ür die Gebirgsformation bezeichnendsten Versteinerungen 
> © Herausgegeben von einer Vereinigung von Palaeontologen, 
I. Theil: Lethaea palaeozoica 
e von 
Ferd. Roemer, RE von Fritz Frech. 
1880, 


18.— 


m 8%. 1899. (177 a). Preis Mk. 
1876. Cart. Preis Mk. 28.—, 


£ Atlas. Mit 62 Tafeln. gr. 8°. 


2 Mikroskopische 
Structurbilder der Massengesteine 


a in farbigen Lithographien. 
R Herausgegeben von 


Dr. Fritz Berwerth, 
0. Professor der Petrographie an der Universität in Wien. 


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Lieferung III 
X. mit Tafel 17—24 
Re Preis Mk. 20.—. 


Inhalt von Lieferung I—III: 
.; R Amphibol-Peridotit. — Aplit. — Augit-Minette, — Augitporphyrit 
- (Intersertalstructur, Hyalopilitische Structur). — Basalt (Intersertalstructur, 
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2  Structur). — Biotit - Hypersthen - Andesit. — Camptonit, 
% glimmerhornfels. — Diabas. — Elaeolithsyenit. — Granitit (Biotitgranit, 
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‚Theralith. — Trachyt (Trachyt-Struetur, Orthophyrische Structur). 
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80 Tafeln mit 320 Mikrophotographien. 


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Beit t 1833 


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Rat Prof. Dr. von Fritsch, Prof. Dr. Garcke, 
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der Zoologie. 


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Kansas. (S. 213—284, Taf. XIX—XXVII) 


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